Perry Rhodan - Die Chronik

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Die Auseinandersetzung zog sich geraume Zeit hin, und der Roman wurde zuletzt noch einmal umgearbeitet. »So kam ich zu meinem einsamen Negativ-Rekord«, schrieb Patton im besagten WERKSTATTBAND, aber zum Ausgleich bot man ihm an, einige Taschenbücher zu verfassen – »nach meinen eigenen Exposés, wohlbemerkt …«

Den Abenteuern des Kristallprinzen blieb der Autor allerdings auch weiterhin verbunden, und am 12. Juli 1975 setzte Voltz sich in einem Schreiben an Bernhardt dafür ein, dass Patton in dieser Serie verstärkt eingesetzt werden sollte. Tatsächlich blieb er ATLAN noch lange Zeit erhalten und wurde 1977 auf Vorschlag seines Lektors Günter M. Schelwokat außerdem ins Autorenteam der neuen Heftserie ORION berufen.

Freuden und Leiden

Sechs PLANETENROMANE sollte Harvey Patton insgesamt schreiben, angefangen im März 1976 mit dem Band »Angriff der Phantome«, in dem es um ein Kadettenschulschiff des Solaren Imperiums geht. Ab 1977 lenkte er sechs Jahre lang gemeinsam mit Hans Kneifel, H. G. Ewers und Horst Hoffmann die Geschicke von Commander Cliff McLane und seiner Besatzung. Acht Romane erschienen in ORION, das ein Jahr zuvor als eigene wöchentliche Heftserie gestartet war, bevor diese auf Grund mangelnden Erfolges wieder in TERRA ASTRA integriert wurde. Dort verfasste Patton bis 1983 weitere zwölf Romane.

Bei ATLAN war der Autor schon 1978 mit Band 338 wieder ausgestiegen, woraufhin er in den beiden Folgejahren, als ORION nur noch vierwöchentlich erschien, einen Zweiteiler und einen Einzelband in TERRA ASTRA folgen ließ. 1982 brachte er beim Konkurrenzverlag Zauberkreis unter dem Titel »Kampf um Ergon II« einen Nachdruck von »Detektiv der Sterne« sowie mit »Verwehte Spuren« ein neu verfasstes Abenteuer der Interstellar Detective Agency unter. Im Jahr darauf, als ORION eingestellt wurde, erschienen zwei weitere Romane bei Zauberkreis-SF, denen 1984 noch ein Roman für TERRA ASTRA folgte.

Dann schien die schlechte finanzielle Situation für Patton, durch schwere Krankheiten und Operationen verstärkt, sich endlich zu bessern. Sein 1967 zugleich als UTOPIA-Heft und Leihbuch erschienener Roman wurde in TERRA ASTRA nachgedruckt, und Patton verfasste nach vier Jahren Pause seinen sechsten und letzten PLANETENROMAN. Außerdem stieg er wieder bei ATLAN ein. Auf Band 702 folgten noch dreizehn weitere Hefte, bis diese Serie – für alle Beteiligten überraschend – zu Beginnn des Jahres 1988 eingestellt wurde.

Jetzt stand Patton endgültig vor dem Aus. Seine doch sehr an den Sechzigerjahren orientierte Vorstellung von Science Fiction und sein etwas antiquierter Schreibstil hatten ihm zunehmend Schwierigkeiten bereitet. Kurz vor dem Tod seines Lektors Günter M. Schelwokat im April 1992 hatte er noch ein Manuskript für einen PLANETENROMAN abgeliefert, das aus Qualitätsgründen abgelehnt worden war. Auch die monatliche SF-Reihe bei Zauberkreis, die an Moewig gefallen war, hatte man eingestellt. Peschke konnte nirgends mehr Fuß fassen. 1994 starb er im Alter von einundsiebzig Jahren.

William Voltz, Comic-Fan

Wer kennt sie nicht, die Superhelden des Marvel-Universums? Ob Spider-Man, die Fantastischen Vier oder Hulk, ihre Erfolgsgeschichte reicht mehr als ein halbes Jahrhundert zurück. Aber wer ahnt schon, dass es eine Verbindung zu PERRY RHODAN gibt?

William Voltz, der seit dem Jubiläumsband 500 zunehmend die Handlung der Serie gestaltete, hatte von jeher eine Schwäche für Comics gehabt. Er hatte sich in Wort und Tat für Verbesserungen an PERRY RHODAN IM BILD eingesetzt und eine ganze Anzahl PERRY-Comics getextet. Auch als Autor der Bastei-Comicserie BUFFALO BILL war er tätig gewesen, allerdings wie damals üblich anonym. Da er hierüber keine Aufzeichnungen führte, ist leider auch nicht mehr nachvollziehbar, welche Beiträge von ihm stammen.

Jedenfalls war Voltz ein Kenner, der hinsichtlich seiner Lieblingszeichner hervorragenden Geschmack bewies. Der deutsche Williams Verlag veröffentlichte gerade handgeletterte Übersetzungen der wichtigsten und besten klassischen Marvel-Comics, als Voltz sich im August 1975 an einen Leser namens Roland Schnepel wandte. Er bestellte bei ihm mehrere Comics, die ein Jahr zuvor in den USA erschienen waren, nämlich die ersten beiden MARVEL TREASURY EDITIONS, die einen Nachdruck des ersten Comics, den Jack Kirby für Marvel gezeichnet hatte, und seine Trilogie aus THE FANTASTIC FOUR über den Silver Surfer und Galactus enthielten. Auf seiner Wunschliste stand auch das erste SPECIAL der Reihe mit einem Nachdruck der ersten Konfrontation zwischen dem Hulk und dem Ding sowie ein FOUR GODS-Poster, ebenfalls von Kirby geschaffen.

Schnepel legte Voltz gratis noch die klassischen Hefte CAPTAIN MARVEL 33 und STRANGE TALES 178 bei, mit der Entstehungsgeschichte von Thanos und dem ersten Warlock-Abenteuer von Jim Starlin. Er wies auch auf die Film-Adaption von Stanley Kubricks »2001 – Odyssee im Weltraum« hin, für die Kirby einige seine besten Zeichnungen geliefert hatte.

Voltz gehörte damit zur ersten Generation der Verehrer anspruchsvoller Superhelden-Comics in Deutschland, die Mythos und Action miteinander verbanden.

Invasoren aus dem Mikrokosmos

In Band 142/20 von ATLAN war erstmals von den Varganen die Rede gewesen, einem rätselhaften Volk, das in der arkonidischen Mythologie breiten Raum einnimmt. Seinen ersten Auftritt hat es in Gestalt der Göttin Ischtar, die schon in der terranischen Frühzeit enge Kontakte zu den Arkoniden unterhielt. ATLAN 150/24 von Dirk Hess enthält den Bericht des jungen Barbaren Ra über seine Erinnerungen an eine Frau dieses Namens, die ihn auf der Erde an Bord ihres Raumschiffs nahm und per Hypnoschulung ausbildete. Sie erklärte, eine der letzten lebenden Varganen zu sein und seit Äonen die Galaxien zu durchqueren.

Sechzehn Hefte später beschreibt H. G. Ewers die erste Begegnung Atlans mit Ischtar auf dem Planeten Frossargon. Von ihr verführt, zeugt Atlan mit der Varganin den später Chapat genannten Sohn. Als er in ATLAN 174/36 von Chapat erfährt, liegt sein Sohn in einer viereckigen Überlebenskapsel und verständigt sich telepathisch mit seiner Umwelt.

Parallel zu diesen Erlebnissen kommt es außerhalb der Handlungsebene von ATLAN EXCLUSIV im alternierend erscheinenden Memory-Zyklus rund zehntausend Jahre später zu einer Begegnung des Zeitwanderers Chapat mit seinem Vater. Der Lordadmiral lehnt die dringende Bitte seines Sohnes allerdings ab. Er will nicht mit Chapat in die Vergangenheit reisen, um Ischtar zu helfen, die Atlan immer noch liebt. Ein Grund wird nicht genannt. Der SF-erfahrene Leser kann nur vermuten, dass kein Zeit-Paradoxon ausgelöst werden soll.

Mit Band 175 endete die alternierende Handlungsführung der USO-Romane und der Jugendabenteuer des Kristallprinzen. Vier Hefte später wurde Chapat in das Reich der Varganen im Mikrokosmos entführt. Sein Vater lässt sich mit Hilfe eines Apparates der Maahks verkleinern und macht sich auf die Suche nach ihm. Dabei wird Atlans Jugendliebe Farnathia entführt, die wie sein Freund Ra sehr eifersüchtig auf die jüngsten Entwicklungen reagiert. Im Kampf gegen Ischtar stirbt sie, aber auch Atlan erleidet tödliche Verletzungen. Nur dank der überlegenen varganischen Medotechnik wird er gerettet.

Im August 1975, genau fünfzig Wochen nach dem ersten Auftritt Ischtars in ATLAN 150/24, wurde das Rätsel um ihr Volk endgültig gelüftet. Wegen der anfangs alternierenden Erscheinungsweise der EXCLUSIV-Serie entsprach diese Zeitspanne 37 Romanen. ATLAN 200, der zweite große Jubiläumsband der Serie, den diesmal nicht K. H. Scheer, sondern William Voltz verfasste, bot einen geschichtlichen Rückblick darauf, weshalb die Varganen überhaupt den Mikrokosmos verließen und welches Schicksal sie erwartete, wirft aber auch ein erhellendes Licht auf die Entwicklung ihres Volkes nach der Rückkehr.

Vorausgegangen waren etliche Romane, in denen die Hauptfiguren eine Welt nach der anderen aufsuchten und dort ihre Abenteuer erlebten. Fast ein halbes Jahr lang hielt dieses Planeten-Hopping an. Dabei waren neun Autoren am Werk. Der Neuzugang Hess und der Veteran Ewers waren mit jeweils sechs Beiträgen am fleißigsten, gefolgt von Clark Darlton, Peter Terrid und Marianne Sydow mit jeweils vier. Shepherd, Patton, Kneifel und Francis beteiligten sich mit jeweils drei Romanen, wobei Letzterer seinen eigenen Zyklus mit den Abenteuern von Lebo Axton schrieb, den in die Vergangenheit des Kristallreichs verschlagenen USO-Agenten Sinclair Marout Kennon.

Neunzehn Romane dieser Autoren sollten noch folgen, bevor der Varganen-Zyklus endgültig abgeschlossen war und der jugendliche Kristallprinz Atlan sich neuen Abenteuern zuwenden konnte. In den Daten-Exposés für die ATLAN-Miniserien OMEGA CENTAURI und OBSIDIAN, die 2003 und 2004 herauskamen, trug Rainer Castor später historische Einzelheiten nach. Sein zuvor erschienener PERRY RHODAN PLANETENROMAN 411 schildert einen Atlan, der die feste Überzeugung vertritt, dass die technischen Artefakte und manipulierten Sonnensysteme der Varganen, deren Alter auf 900.000 Arkonjahre geschätzt wurde, auf die Aktivitäten der mysteriösen Oldtimer der galaktischen Frühzeit zurückgehen.

Eine Buchausgabe des Varganen-Zyklus, bearbeitet von Castor, startete im Juni 2004. Er umfasst die Bände 24 bis 31 der ATLAN-Blaubände und liegt inzwischen vollständig vor.

Info zur Romanserie: Die Varganen

So nennt sich ein Teil des Volkes der Tropoyther, das rund 675.000 Arkonjahre vor der Handlungszeit an einer Expedition in den Makrokosmos teilnimmt, um die Milchstraße zu erforschen. Unter dem Einfluss des Drugun-Umsetzers, der ihnen den Transfer ermöglichte, entwickelt sich bei einigen Größenwahn. Sie beginnen Sonnensysteme zu manipulieren und errichten ein gewaltiges Sternenreich. Aber dann stellen sie fest, dass sie zwar körperlich unsterblich, aber auch unfruchtbar geworden sind. Um der um sich greifenden Lethargie und Depression zu entgehen, versetzen Tausende sich in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in biologischen Tiefschlaf. Der Rest rebelliert gegen den größenwahnsinnigen Expeditionsleiter Mamrohn und kehrt in den Mikrokosmos zurück. Im Laufe der nächsten Jahrhunderttausende zerfällt das Reich der Varganen, und die letzten Vertreter ziehen sich auf die Versunkenen Welten zurück. Einige kleinere Gruppen von Rebellen bleiben im Makrokosmos – unter der Führung Ischtars, die als letzte Königin des Reiches gilt.

 

Eifrige Autoren

Die Umstellung von ATLAN auf wöchentliches Erscheinen hatte es erforderlich gemacht, neue Autoren für die Serie zu gewinnen. Die meisten – Hess, Terrid, Sydow und Patton – sollten ihr auch für längere Zeit erhalten bleiben. Cheflektor Kurt Bernhardt spornte seine Schäfchen stets zu verstärkter Mitarbeit an. Beim Varganen-Zyklus wirkte sich das in bisher nicht gekanntem Ausmaß auch auf die Exposé-Arbeit aus.

Am eifrigsten beteiligte sich wohl Peter Terrid an der Gestaltung dieses Zyklus. In einem Brief vom 6. Januar 1975 spricht er von sage und schreibe sieben Exposés, die er William Voltz auf einen Schlag zur Ansicht beilege. Die Absicht war, sie in die laufende Handlung einzubauen, um den vielseitig beschäftigten Exposéredakteur zu entlasten. Das dürfte in der Handlung nach Band 200 in weiten Teilen geschehen sein, wobei der Autor, der die Entwürfe einreichte, auch jeweils die endgültige Fassung zur Romanausarbeitung bekam.

H. G. Francis schrieb zwei Exposé-Vorschläge, die sich auf das Schicksal von Lebo Axton alias S. M. Kennon bezogen, und Dirk Hess schickte Voltz am 8. April 1975 einen Handlungsabriss für die Serie mit den Worten: »Ich würde mich freuen, wenn sich daraus ein paar Abenteuer verwenden ließen. Wie ich Dich kenne, drehst Du das Ganze geschickt durch deine Ganglien und produzierst serienträchtige Zyklen!«

Am 9. Juli 1975 wandte Terrid sich, als er gerade an ATLAN 222 saß, »zur weiteren Gestaltung und zum Fortgang der Serie« mit ein paar Vorschlägen an Kurt Bernhardt, die darauf hinausliefen, dass die Romane künftig wieder stärker miteinander verzahnt und verschränkt werden sollten. Er schlug vor, ausgewählte Leser oder Clubs mit der Aufgabe zu betrauen, alle Völker, Gruppen, Tiere, Raumschiffe und Planeten zu katalogisieren. Die so entstandene Liste sollte der Redaktion als Arbeitsunterlage dienen, die künftig eine einheitlichere Gestaltung und Handlungsführung ermöglichte.

Am 18. Juli 1975 erklärte Bernhardt in einem Schreiben an den Exposéredakteur, dem Terrid einen Durchschlag geschickt hatte: »Ich finde es gut, dass Herr Ritter an den Projekten, an denen er arbeitet, so großes Interesse hat. Sicher sind viele Vorschläge nicht verwendbar. Ich möchte mich aber trotzdem mit Ihnen darüber unterhalten.«

Bernhardt hatte stets zahlreiche Pläne im Hinterkopf und bereits am 14. Mai ein Schreiben an Voltz geschickt, in dem es heißt: »Ich schicke Ihnen eine Karte zu. Sammeln Sie diese unter dem Thema ›Bearbeitung der Neuauflage des PERRY RHODAN-Lexikons‹. Diese Sache wird in absehbarer Zeit auf uns zukommen.«

Vielleicht wurde bei dem Gespräch Mitte Juli auch der Plan geboren, das PERRY RHODAN-Lexikon neu herauszubringen. Auf jeden Fall erfolgte daraufhin eine stärkere Einbindung von Lesern, die künftig bei der Neuverwertung älterer Romane auf inhaltliche Stimmigkeit achteten. Als einige Jahre später die Reihe der PERRY RHODAN-Silberbände startete, übernahm Franz Dolenc diese Aufgabe.

Ein Marineoffizier im All

Im August 1975 startete im Pabel Verlag mit dem Band »Seiner Majestät Lieutenant« die Romanserie SEEWÖLFE. Sie bildete eine Besonderheit, erschien sie doch in dem damals völlig neuen Format des Taschenhefts, das Ende der Neunzigerjahre von Bastei-Lübbe für Serien wie DIE UFO-AKTEN und VAMPIRA wieder aufgegriffen wurde.

Bei SEEWÖLFE handelte es sich um gekürzte Übersetzungen der englischen Seefahrer-Serie FOX eines gewissen Adam Hardy. Die Hauptfigur war der Brite George Abercrombie Fox, der seine Abenteuer während der Napoleonischen Kriege erlebt.

Hierzulande ahnte unter den Lesern niemand, dass der Autor als Arthur Frazier und Neil Langholm mit WOLFHEAD und THE VIKINGS auch zwei Wikinger-Serien verfasst hatte. Sie sind nie ins Deutsche übersetzt worden. Und es ahnte auch niemand, dass sich hinter Adam Hardy ein SF-Autor verbarg!

In Wahrheit hieß Hardy nämlich H. Kenneth Bulmer und war ein 1921 in London geborener Profischriftsteller, der seit 1952 schon mehr als sechzig SF-Romane veröffentlicht hatte. Und nicht nur das: Seit Jahrzehnten unterhielt er Verbindungen zu diversen deutschen SF-Spezialisten im Umfeld von PERRY RHODAN. Seine ersten Lektoren hierzulande waren Clark Darlton und Günter M. Schelwokat.

Darlton hatte ihn nicht nur 1954 in seine legendäre Heftreihe UTOPIA-GROSSBAND aufgenommen, sondern auch drei seiner Romane selbst ins Deutsche übersetzt, Schelwokat veröffentlichte ihn in den verschiedenen TERRA-Heftreihen und brachte ihn außerdem zu Taschenbuchehren – zuletzt in UTOPIA CLASSICS.

Auch bei Goldmann und Bastei-Lübbe erschienen damals Romane aus Bulmers Feder, aber Anfang der Siebzigerjahre kannte man ihn am ehesten als Verfasser eines sechsteiligen Zyklus über Weltentore, die von einer mächtigen und skrupellosen Organisation beherrscht und kontrolliert werden. Der »Dimensionszyklus« erschien zwischen 1972 und 1974 in TERRA ASTRA und wurde ab 1984 in dieser Reihe sogar nachgedruckt, was Bulmer veranlasste, eigens für Schelwokat einen neuen siebten Roman zu schreiben, der aber wegen der Einstellung der deutschen Heftreihe nicht mehr erscheinen konnte.

In England und Amerika erschienen Bulmers Romane unter einer Vielzahl von Pseudonymen, während er in Deutschland für seine SF fast immer – außer bei Philip Kent und Tully Zetford – seinen richtigen Namen verwendete. Allerdings hatte er 1972 noch eine Science Fantasy-Serie gestartet, die zu seinem größten Erfolg überhaupt werden sollte. Für sie hatte er sich ein brandneues Pseudonym ausgedacht: Alan Burt Akers.

Der erste Band seiner Saga von Dray Prescott, »Transit nach Scorpio«, enthält bereits alles, was die Serie auszeichnen sollte. In der Tradition von TARZAN-Autor Edgar Rice Burroughs schildert Bulmer darin einen Marineoffizier, der gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts von einer rätselhaften Macht, deren Symbol der Skorpion ist, nach Kregen versetzt wird, auf eine wilde, barbarische Welt, auf der es von unterschiedlichen Rassen wimmelt. In einem Hexenkessel aus Intrigen und Verrat greift er dort im Auftrag seiner unbekannten Herren, die allein ihn wieder in die Heimat versetzen können, in die Geschehnisse ein.

In Deutschland sollte diese Serie noch erfolgreicher werden als in Großbritannien und den USA. Nach siebenunddreißig Bänden erschienen die weiteren Romane als Originalausgaben, in halbjährlichen Abständen exklusiv geschrieben für den deutschen Markt. Erst 1997 beendete Bulmer mit Band 53 seine Serie aus Alters- und Krankheitsgründen.

Der erste Band im Heyne Verlag war zeitgleich mit dem Start der SEEWÖLFE erschienen, übersetzt von seinem literarischen Agenten Thomas Schlück, der den Grundstock seiner erfolgreichen Agentur einige Jahre zuvor Clark Darlton abgekauft hatte.

Piraten und Science Fiction

Nach vierzehn Ausgaben erfolgte eine Umstellung bei den SEEWÖLFEN. Die Abenteuer von George Abercrombie Fox waren abgeschlossen, und so trat im August 1975 eine andere Hauptfigur an deren Stelle: Oliver Lancelot Killigrew, Kaperfahrer und Blockadebrecher, Entdecker und Eroberer zur Zeit des berühmten Weltumseglers Francis Drake. Auch seine Abenteuer erschienen vorerst noch zweiwöchentlich und im Taschenheftformat.

Cheflektor Kurt Bernhardt hatte die Idee gehabt, die erfolgreiche FOX-Serie durch eine deutsche Serie fortzusetzen, die nach dem Vorbild von PERRY RHODAN aufgebaut war. Das hieß, es gab ein festes Autorenteam, und die Romane wurde nach Exposés verfasst. Außerdem gab es eine Leserseite, die sinnigerweise »Schatztruhe« genannt wurde.

Bernhardt fand auch die richtigen Mitarbeiter: Wilhelm Kopp, der als Davis J. Harbord schrieb, verfügte über ein großes nautisches Archiv, und seine Kollegen Manfred Wegener und Hermann Werner Peters hatten beide viel Serienerfahrung vorzuweisen.

Wundert es noch jemanden, dass sie die auf SF-Gebiet gesammelt hatten? Wegener hatte schon bei MARK POWERS mitgeschrieben und nach einem Intermezzo bei REN DHARK mit H. G. Francis zusammen die leider recht kurzlebige SF-Serie REX CORDA gegründet, und Peters, schon bei REN DHARK mit zwölf Romanen vertreten, hatte anschließend als Bert Stranger und Staff Caine auch bei Kurt Brands pazifistischer SF-Serie RAUMSCHIFF PROMET mitgewirkt. Nach Brands Weggang hatte er sogar die Leitung übernommen. Später war er als Redakteur und Autor zu JERRY COTTON gewechselt. Jetzt arbeitete er in beiden Funktionen für Pabel und verantwortete unter anderem die verlagsinterne Betreuung des PERRY RHODAN REPORTs.

Wegener, der bei den SEEWÖLFEN als Fred McMason schrieb, konnte bei der Exposéarbeit für diese Serie hervorragend seine Kenntnisse als Steuermann nutzen. Nach dem Vorbild des PERRY RHODAN COMPUTERs brachte er unter der Überschrift »Klabautermann« sein seemännisches Wissen noch in einhundertsechzig zusätzlichen Beiträgen an den Leser. Und auch Titelbildzeichner Firuz Askin, der Jahrzehnte später als Karl May-Illustrator für den Weltbild Verlag von sich reden machen sollte, profitierte von seiner Sachkundigkeit.

Schon kurz nach Einführung der neuen Heftromanserie wurde nach dem Vorbild der PLANETENROMANE zudem eine Taschenbuchreihe mit den SEEWÖLFEN gestartet, für die Wegener den Großteil der Bände selber verfasste. Hier stand jedoch nicht der Freibeuter Killigrew, sondern ein Schiffsjunge im Mittelpunkt der Handlung.

Die Arbeit für die SEEWÖLFE nahm Wegener voll in Beschlag. Wie intensiv er sich in die Thematik vertiefte, zeigt sich darin, dass er 1987 im Franz Schneider Verlag ein nautisches Lexikon vorlegte. Es trägt den Titel »Seefahrt A–Z. Schiffe, Seefahrer, Seemannschaft, Tips für die Praxis«. Wilhelm Kopp trug dazu eine Fülle an Hintergrundmaterial bei.

Wegener bedauerte es, dass die Arbeit an den SEEWÖLFEN ihm keine Zeit mehr ließ, Science Fiction zu schreiben, und so nahm er 1989 den Jubiläumsband 700 zum Anlass, die Galeone Killigrews kurzfristig ins Jahr 1943 zu befördern. Er erfand einfach eine neue Handlung um das Philadelphia-Experiment, ein Zeitreise-Experiment der amerikanischen Marine. Danach geriet Killigrews Crew wieder in historisches Fahrwasser.

Kurzbiografie: Manfred Wegener

Der Autor wurde am 6. Oktober 1935 in Danzig geboren. Seine Familie floh kurz vor Kriegsende nach Kopenhagen. Nach der mittleren Reife in Heiligenhafen an der Ostsee wurde er Seemann und befuhr acht Jahre lang die Weltmeere, bevor er zur Binnenschifffahrt auf dem Rhein wechselte. Aus der 1957 geschlossenen Ehe gingen ein Sohn und eine Tochter hervor. Anfang der Sechzigerjahre wurde er Schleusenwärter am Neckar. Sein Debüt als Schriftsteller gab er 1963 in der SF-Serie MARK POWERS, gefolgt von Beiträgen für KOMMISSAR X und FLEDERMAUS sowie REN DHARK. Nach der Einstellung der zusammen mit H. G. Francis geschaffenen SF-Serie REX CORDA verfasste er zwischen 1966 und 1970 zehn Beiträge für ZAUBERKREIS-SF, teils als Calvin F. Mac Roy. Anschließend schrieb er für COMMANDER SCOTT, GEMINI, KOJAK, JOHN CAMERON, RONCO, SEEWÖLFE und PLUTONIUM POLICE. Rund fünfhundert Hefte und Taschenbücher von KOMMISSAR X und SEEWÖLFE betreute er auch als Redakteur und Lektor. Nach der Einstellung dieser beiden Reihen schrieb er bis 1996 für die Westernserie LASSITER sowie Kurzkrimis für Zeitschriften. Es folgten zwei SF-Hardcover für den Blitz-Verlag, die Mitarbeit am neuen RAUMSCHIFF PROMET und ein Abstecher zur Gruselserie MARK HELLMANN. Er starb 1999 überraschend in einem Krankenhaus bei der Überprüfung seines Herzschrittmachers, den er nach einer Reanimation eingepflanzt bekommen hatte.

Ein ideenreicher Cheflektor

Alle Schriftsteller, auch die Macher von PERRY RHODAN, werden manchmal gefragt, woher sie eigentlich ihre Ideen nehmen. Eine eindeutige Antwort gibt es nicht, Ideen können buchstäblich überall geboren werden – auch in der Phantasie eines Cheflektors.

Am 11. September 1975 schrieb Kurt Bernhardt, der die Serie seit ihrer Entstehung fünfzehn Jahre zuvor im Verlagshaus betreute, einen Brief an Exposéautor Voltz. Er forderte ihn darin auf, an seinen Hinweis zu denken, »daß die gesamte Tierwelt ein menschliches Gehirn eingepflanzt bekommt, so daß die Tiere den Menschen, von der Intelligenz und vom Verstand her, gleich sind. Da könnte man meines Erachtens ganz schöne Handlungsfäden ziehen, und wir hätten wieder eine neue Sache für PERRY RHODAN.«

 

Bernhardt brachte noch viele andere Vorschläge ein, die von Voltz umgesetzt wurden – aber dieser war nicht darunter. Sicher eine weise Entscheidung …

PERRY RHODAN goes to Washington

Schon im Laufe des Jahres 1974 hatte sich ein reger Austausch zwischen Clark Darlton und dem neuen Leiter des Erich Pabel Verlags, Winfried Blach, entwickelt. Außerdem korrespondierte der Mitbegründer von PERRY RHODAN ausführlich mit Rolf Meibeicker von der Werbeabteilung, der sich sehr für die Serie engagierte und über neue Entwicklungen im Haus stets auf dem Laufenden war. Die beiden waren auch Darltons Ansprechpartner, als es Anfang 1975 um den Weltcon der Ancient Astronauts Society in Zürich ging und er seinem Verlag eine Verbindung mit Erich von Däniken schmackhaft zu machen versuchte.

Etwa um diese Zeit hatte Darlton erfahren, dass ein PERRY RHODAN-Con in den USA stattfinden sollte. Ace Books sollte ihn veranstalten, der von Donald A. Wollheim geleitete amerikanische Verlag von PERRY RHODAN. Die dortige Lizenzausgabe war sehr erfolgreich, und die Leser wünschten sich einen Con, wie sie auch für Trekkies und SF-Fans allgemein stattfanden. Ursprünglich war von Florida die Rede gewesen, aber nun sollte es Washington werden, und als Datum wurde der 16. bis 18. April 1976 gehandelt.

Im Erich Pabel Verlag, wo man diese Entwicklung aufmerksam verfolgte, herrschte beträchtliches Interesse. Der US-Markt bot gewaltige Möglichkeiten, und so kam es zu einer Besprechung zwischen Cheflektor Kurt Bernhardt und Winfried Blach, ob der Verlag nicht an dem Con teilnehmen sollte. Ein großer Ausstellungsraum war schon in Aussicht gestellt. Man überlegte, ob man William Voltz nicht als Abgesandten schicken könne.

Als der Exposéredakteur Ende Januar 1975 von diesen Neuigkeiten erfuhr, reagierte er zurückhaltend. Er befürchtete, vielleicht auf Englisch eine Rede halten zu müssen, wurde aber beruhigt, dass es lediglich um die eine oder andere Diskussion gehe. Vielleicht brauche er auch bloß den Ausstellungsraum zu hüten, wobei Darlton ihm helfen könne. Der hatte schon einen Flug erster Klasse zugesichert bekommen, aber da er seine Ehefrau Bibs mitnehmen wollte, zog er die Touristenklasse vor. Er brauchte dann nur noch die Differenz zu bezahlen, damit sie gemeinsam fliegen konnten. Sein Plan sah vor, sich anschließend zu zweit den Wilden Westen anzuschauen. Immerhin war er auch Western-Autor!

Mittlerweile stand Darlton auch mit dem amerikanischen Veranstalter des Cons, Tim Whalen, in Verbindung. Der teilte ihm mit, dass der RHOCON I in Washington schon am 2. Januar 1976 stattfinden werde. Heller Wahnsinn!, fand Darlton. An Silvester! Er setzte sich bei Whalen dafür ein, den Con auf den April oder Mai zu verlegen. Lektor Müller-Reymann, der im Verlag die Krimis und das PERRY RHODAN-JAHRBUCH betreute, riet er mündlich, in dem Buch einen vorläufigen Termin – Anfang oder Frühjahr 1976 – zu nennen.

Vierzehn Tage später erhielt Voltz von einem entsetzten Darlton ein Programmheft mit allen Con-Daten und die Info, dass es bei dem neuen Termin bleibe. Darlton überlegte sich nun ernsthaft, ob er fliegen sollte, seine Frau werde jedenfalls nicht mitkommen. Er wolle einfach nur hinüberrauschen und drei Tage im kalten Winter von Washington seine Pflicht tun, bevor er schnellstens wieder nach Hause zurückkehrte.

Seine Pflicht tun – das hieß, dort den Ehrengast zu geben!

Die Whalen-Korrespondenz

Kurz darauf, im April 1975, kamen die Vorbereitungen für den RHOCON I offiziell in Gang. Tim Whalen, der Chairman der Veranstaltung, wandte sich auf Deutsch in einem umfangreichen Brief an Cheflektor Bernhardt. Er teilte ihm mit, dass seine Organisation ihm gratis einen Raum mit 44 Quadratmetern »auf der Hauptetage der Versammlung« zur Verfügung stelle, der von allen Teilen des Hotels Sheraton Park leicht zu erreichen sei.

»Ich werde einige Mitglieder von RHOCON beauftragen, sich für den Erich Pabel Verlag um die Führung dieses Raumes zu kümmern. Dann bliebe William Voltz mehr Zeit, seine Funktionen bei RHOCON I wahrzunehmen und Ihre Firma zu repräsentieren.«

Weiter schreibt Whalen, dass er in seinem Fanzine RHOCONZINE von dem Material berichtet habe, das beim Leserservice erhältlich war. Außerdem habe er die deutschen Heftpreise genannt und die Adresse von Mr. Meibeicker bekannt gegeben.

»Das könnte zur Folge haben, daß aus Amerika Anfragen an den PERRY RHODAN Dienst kommen.«

Whalen wies auch darauf hin, dass viele Fans sich beim Con mit deutschem Material eindecken wollten, so dass der Verlag besser einiges mitbringen sollte. Ausgehend von rund 2500 Besuchern schlug er 2000 Hefte von PERRY RHODAN vor, korrigierte sich dann aber: »Das scheint etwas zu wenig. Ich könnte mir vorstellen, dass 90% der Fans eines, um die 40% zwei und 10% mehr als zwei Exemplare haben wollen.«

Bei ATLAN, das in den USA im Juli des Jahres als Sonderreihe im Taschenbuch starten sollte, setzte er einen voraussichtlichen Bedarf von 300 bis 500 Heften an, um die 300 bei DRAGON, das trotz großer Hoffnungen des Verlags nie nach Amerika verkauft wurde; die Comics und das Lexikon sollten mit jeweils rund 100 Exemplaren vertreten sein. Er sprach sich auch für andere Science Fiction des Verlags aus, »die man nicht an die PERRY RHODAN-Fans, sondern an Leute verkaufen könnte, die deutsch lesen können.« Und zu guter Letzt schlug er vor: »Eine kleinere Auswahl von anderem Material wird vielleicht von einigen Fans gekauft werden, die alles besitzen müssen.«

Bernhardt antwortete Whalen, dass er das Schreiben an William Voltz und Rolf Meibeicker weiterleite, »who probably will represent in Washington our publishing house, i.e. the German edition of PERRY RHODAN [die in Washington vermutlich unser Verlagshaus, d.h. die deutsche Ausgabe von PERRY RHODAN repräsentieren werden].«

Auf diese Ankündigung hin nahm der Chairman des Cons am 6. Mai 1975 mit Voltz persönlich Kontakt auf, dessen Adresse er von Darlton erhalten hatte, und erklärte auf Englisch: »Auch wenn in den Vereinigten Staaten bisher erst ein Buch von Ihnen erschienen ist, bin ich sicher, dass wir viel Freude an Ihren Romanen haben werden.«

Und vier Tage, nachdem Voltz ihm am 27. Mai geantwortet hatte, schrieb er dem Mann, der mittlerweile die Handlungsvorgaben der gesamten Serie verfasste: »Ihr erster Roman gefiel mir. Und ich kenne mehrere Leute, die ebenfalls den Eindruck haben, dass sie im Laufe der Zeit zum beliebtesten Autor der Serie werden könnten. In Deutschland liegt diese Entwicklung natürlich schon fünfzehn Jahre zurück.«

Eine Woche später wandte Whalen sich in einem Schreiben auf Deutsch auch an Kurt Bernhardt und versicherte ihm, dass die amerikanischen Leser sich besonders auf den Erwerb der Risszeichnungen und des Lexikons freuten. Besonders auf Letzteres, das der Chairman gern in seinem Fanzine vorstellen würde. »Ich spreche selbst noch wenig Deutsch – ich lerne die Sprache erst seit diesem Jahr – fühle mich aber doch dazu imstande, die Grundideen zu übersetzen. Es vermittelt einen großartigen Einblick in die Serie.«

Noch einmal versichert er, »daß diese Dinge sowie weiteres PR Service Material wie auch die Exemplare von PERRY RHODAN, ATLAN, DRAGON, PLANET Novels und PERRY Comics gut aufgenommen werden und sich vermutlich gut verkaufen. An einem guten Verkauf bin ich schon deshalb interessiert, weil dadurch vielleicht Ace Books ermutigt wird, auch diese Bücher zu übersetzen und sie neben PERRY RHODAN erscheinen zu lassen«. Damit trat er beim Verlag offene Türen ein und erhielt natürlich die Erlaubnis, einige Risszeichnungen in seinem Fanzine abzudrucken. Er regte auch den Verkauf von Titelbildern der Serie aus der Feder von Johnny Bruck an und bat um die Zusendung eines Exemplars des Jahrbuchs, von dem er schon so viel gehört habe.