Perry Rhodan - Die Chronik

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Altmutanten und Multicyborgs

Der Aphilie-Zyklus handelte im Wesentlichen von einer Erde im Mahlstrom der Sterne, die von der fremden Sonne Medaillon bestrahlt wird, wodurch es bei den Terranern zu einem Schwund der Gefühle kommt. Als nach den ersten sechs Heften zur einstigen Menschheit umgeschaltet wurde, erfuhr der Leser, dass diese sich in die Provcon-Faust zurückgezogen hatte, wo Atlan nun Herrscher des Neuen Einsteinschen Imperiums war.

Schon in Band 706 von H. G. Francis wurde deutlich, dass sich auch hier manches verändert hatte. So waren als Geheimwaffe gegen die Laren sogenannte Multicyborgs oder Mucys geschaffen worden. Drei von ihnen, die Überschweren gleichen, will Atlan im Sol-System einsetzen, wo seit Jahren Ronald Tekener als Beobachter für das NEI arbeitet.

Im Folgeband, den H. G. Ewers verfasste, fliegen sie mit einem Passagierschiff zum Mars. Das Besondere: Sie beherbergen die Bewusstseinsinhalte der Altmutanten Wuriu Sengu, Tako Kakuta und Betty Toufry. Als sie erfahren, dass Tekener nach einem schweren Kampf zum Verhör in die Stahlfestung Leticrons auf dem Saturnmond Titan gebracht wurde, beschließen sie, ihm zu folgen. Clark Darlton beschreibt, wie die drei Mucys auf Tekener stoßen und gemeinsam verhaftet werden, woraufhin sie allesamt zum Titan gebracht werden.

Aber Leticron, der Erste Hetran der Milchstraße, durchschaut Tekeners Maske und erkennt die Bewusstseinsinhalte der Altmutanten in den Mucys. William Voltz beschreibt im abschließenden Heft des Vierteilers, wie Leticron mit Hilfe des PEW-Metalls, das einer der Mucys besitzt, seinem Geist Zugang zur Stahlfestung und damit eine ewige Existenz verschaffen will. Als er den Mucy töten lässt, kann Betty Toufrys Bewusstseinsinhalt sich in den Körper eines anderen Mucys retten. Der dritte Mucy tötet den Hetran, worauf dessen Geist in das PEW-Metall wechselt. Aber ein Übergang in die Stahlfestung ist nicht möglich, so dass er für immer in dem faustgroßen Metallklumpen gefangen bleibt.

Die weitere Beschäftigung mit Leticron musste neun lange Jahre warten. Erst 1984 nahm sich Arndt Ellmer in der Erzählung »Der Geist der Festung« seines makabren Schicksals an. Sie erschien im fünften PERRY RHODAN JUBILÄUMSBAND, der anlässlich einer Gesamtauflage der Serie von 900 Millionen Exemplaren herauskam. Weitere Informationen über die Klone des Ersten Hetran gab Ernst Vlcek schon in Heft 846 der Serie.

Die Multicyborgs sollten noch in weiteren Romanen eine Rolle spielen, ja, sie waren sogar eines der schillerndsten Themen von 1976. Konsequent zu Ende gedacht erwiesen sie sich für die Serie allerdings als nicht sonderlich tragfähig. Cyborgs, die sich äußerlich und ihrem Selbstverständnis nach nicht von Menschen unterscheiden, waren auf Gefühle von Minderwertigkeit und Selbstzweifel reduziert, und die besonderen Möglichkeiten, die sich durch den Einsatz der nichtorganischen Körperteile ergaben, konnten sich bei PERRY RHODAN nicht recht entfalten – zu stark war die »Konkurrenz« der Mutanten.

Schließlich begingen sie im Rahmen der Serie aus Verzweiflung kollektiv Selbstmord – und es waren mehrere Milliarden Mucys. Horst Gehrmann alias H. G. Ewers hatte diesbezüglich moralische Bedenken. Am 26. November 1975 schrieb er an William Voltz: »Sicher wird eine entsprechende Kritik über die Massenvernichtung der Mucys kommen. Mir hat das auch nicht gefallen. Warum müssen wir die meisten Probleme durch Massenvernichtungen lösen? Meiner Meinung nach sollte schon bei der Erschaffung neuer Themen und neuer Figuren (z.B. der Mucys) konkret festgehalten werden, wie diese Themen beendet bzw. diese Figuren aus dem Spiel gebracht werden. Über die Mucys hat man sich zu wenig Gedanken gemacht, wie weit man damit gehen kann – und dann: Rübe runter!«

Info zur Romanserie: Multicyborgs

Die auch Mucys genannten Wesen sind eine künstlich erzeugte Lebensform, aber denkende und fühlende Geschöpfe, deren Intelligenz sie befähigt, jeden Auftrag durch eigenständiges und folgerichtiges Handeln zu bewältigen. Ihre Gehirne sind mit einer sehr leistungsfähigen Mikropositronik siganesischer Fertigung angereichert oder auch – bei Entdeckungsgefahr – mit Plasmazusätzen von der Hundertsonnenwelt. Sie sind sorgsam erzogen und in die menschliche Gesellschaft integriert, wo sie die gleichen Rechte und Pflichte wie alle anderen Menschen genießen. Je nach Einsatzzweck werden sie halb- oder vollorganisch hergestellt; Kunstteile sind in jedem Fall zur Tarnung von lebendem Gewebe umgeben. Sie können die Gestalt von Menschen erhalten, eines Überschweren oder exotischer Wesen; unterschiedliche Stoffwechselmechanismen können sie auf nahezu jeder Extremwelt bestehen lassen.

Der Traum der Cyborgs

In PERRY RHODAN 706 hatten sie ihren Einstand gefeiert, aber es sollte nur ein Jahr dauern, bis sie wieder von der Bildfläche verschwanden: die Multicyborgs.

Nach einer Einführung in Form eines Vierteilers, die den ganzen März 1975 währte, tauchten sie erst in Band 721 wieder auf, von Ernst Vlcek geschildert. Allerdings besaß der Multicyborg in diesem Roman nicht die Gestalt eines Terraners oder Überschweren, sondern eines Maahks und hatte das Gehirn von Grek-24, des einzigen Methanatmers, der nach der Invasion der Laren noch in der Milchstraße geblieben war.

Schon zwei Romane später begann die »Entsorgung« der künstlichen Geschöpfe. Clark Darlton eröffnet damit, dass sechzehn Handlungsjahre zuvor neunhundert Mucys auf Wonderfalg als Kolonisten ausgesetzt wurden, ohne Hilfsmittel, nur auf die Materialien des Planeten angewiesen. Als Tifflor den Erfolg des Experiments begutachten will, wird er von den Mucys vertrieben, die sich als Wonderfalger betrachten. Aber nach dem Auftauchen einer Raumflotte der Überschweren werden sie nach Gäa evakuiert, der neuen Erde.

Noch in PERRY RHODAN 736 macht Clark Darlton deutlich, dass Atlan einer Befreiung der Milchstraße durch Rhodan skeptisch gegenübersteht und stattdessen auf die Entwicklung des Multicyborg-Projekts setzt. Und vier Romane später scheint sich das durch Kolonial-Mucys zu bestätigen, die auf ihrem Planeten durch Hochenergie-Kontrastbildprojektoren beim Herannahen von Feinden ein von Menschen bewohntes Sonnensystem simulieren. Aber dann erkennen die Laren die Täuschung und vernichten das System.

Ihren Höhepunkt findet die Mucy-Problematik im abschließenden Vierteiler, der mit PERRY RHODAN 761 einsetzt. Hans Kneifel schildert, wie der Mucy Smolk das Gefühl entwickelt, ein menschliches Wesen zu sein. Als Rhodan seiner Forderung, die Existenz seiner Seele zu bestätigen, mit Zurückhaltung begegnet, tötet er sich. Anschließend lässt H. G. Ewers die Wissenschaftler der SOL rätseln, an welcher Emotio-Krankheit die Mucys leiden, die anderenorts einen Aufstand anzetteln. Als die Laren ein weiteres getarntes System der künstlichen Menschen anfliegen, vernichten die Mucys ihre Planeten aus Enttäuschung und Verzweiflung selbst. Zwei Hefte später grassiert auch auf Gäa eine Selbstmordwelle.

Kurt Mahr bietet im PERRY RHODAN COMPUTER von Band 762 eine Erklärung dafür an, warum die Mucys untergehen müssen: »Über einen Zug der menschlichen Existenz gab es bisher nur verwaschene Theorien – hypothetische Hypothesen sozusagen: Das war der schwache Funke Hyperenergie, der dem menschlichen Bewusstsein innewohnt. Man wusste, dass er da war, aber seine Funktion kannte man nicht. Das Bewusstsein des Mucy besitzt kein einziges Quant Hyperenergie. Die Mucy-Konstrukteure wussten nicht, wie sie ihre Produkte damit hätten ausstatten sollen. War das der Konstruktionsfehler?«

Ein geschickter Schachzug, um zu erklären, dass keine Menschlichkeit in ihnen war, weshalb man sie alle umbringen durfte. Es war wohl die Faszination des Augenblicks, die William Voltz veranlasst hatte, die Mucys überhaupt in die Serie einzuführen. Kurz zuvor waren die ersten REN DHARK-Taschenbücher erschienen, die ihn daran erinnert haben dürften, dass Cyborgs in Brands Serie den Stellenwert von Mutanten einnehmen.

Von diesem Konzept muss ein großer Reiz ausgegangen sein …

Anderthalb Jahre später kam Hans Kneifel in einem PLANETENROMAN noch einmal auf die Multicyborgs zurück. Atlan ist in »Der purpurne Drache« gezwungen, den Siedlern von Karthago II, die sich für echte Menschen halten, die Wahrheit über ihre Herkunft mitzuteilen. In dem Folgeband »Der brennende Arkonide«, der fast zwei Jahre auf sich warten ließ, bricht ein Aufstand auf diesem Planeten aus, und Atlan kehrt schwer verletzt nach Gäa zurück, wo ihn fortan seine Erinnerungen an die Frühzeit der Erde heimsuchen.

Obwohl thematisch in sich abgeschlossen, geht dieser Zweiteiler damit den »Zeitabenteuern« handlungsmäßig voraus und bildet eine Art Prequel oder Nullausgabe. Er erschien Anfang 2003 übrigens auch als PERRY RHODAN PLANETEN-ROMAN im Rahmen einer Sammler-Edition des Weltbild Verlags – erstmals als Hardcover, mit einem ausführlichen Vorwort und in neuer Bearbeitung.

Lizenzen, wohin das Auge blickt

Auf der Leserseite von PERRY RHODAN 700 hatte William Voltz noch stolz erklärt, dass die Taschenbuchausgabe der Serie bei Ace Books inzwischen Band 50 erreicht habe und die Fan-Clubs in den USA wie Pilze aus dem Boden schössen. Nun bemühte sich Cheflektor Kurt Bernhardt, das Interesse an weiteren ausländischen Ausgaben zu wecken.

PERRY RHODAN war das absolute Zugpferd für Lizenzverkäufe des Verlags. Die größte Weltraumserie der Welt erschien schon seit längerem auch in Holland, Frankreich und Japan, und unmittelbar nach der Frankfurter Buchmesse 1974 konnte Bernhardt in einem Rundschreiben vom 23. Oktober an alle Autoren verkünden: »Wir haben auf der letzten Messe Erfolge mit den ausländischen Lizenzen der PERRY RHODAN-Serie gehabt. Wir stehen zur Zeit in Vertragsverhandlungen mit Spanien, Finnland und Brasilien. Ace Books bringt im Frühjahr die PERRY RHODAN-Taschenbücher 3wöchentlich.«

 

Dabei handelte es sich allerdings um jeweils zwei Originalhefte in einem Taschenbuch, die PLANETENROMANE waren nur gegen Ende der Laufzeit mit einem einzigen Titel vertreten: »Im Zentrum der Galaxis« von Clark Darlton. Aber die Verhandlungen verliefen so erfolgreich, dass Bernhardt seinem Lieblingsautor Voltz am 17. Dezember 1974 mit stolzer Stimme mitteilte, »im PERRY RHODAN JAHRBUCH kann auch gleichzeitig angekündigt werden, dass die finnische PERRY RHODAN-Ausgabe der Heftserie in Vorbereitung ist. Dann können Sie weiterhin ankündigen, dass Atlan im Frühjahr nächsten Jahres bei Ace Books monatlich erscheinen wird – und zwar mit der Serie ATLAN EXCLUSIV.«

Und auf der Leserseite von Band 728 konnte Voltz schließlich sogar verkünden, dass der erste neue Lizenznehmer von PERRY RHODAN im Ausland, Finnland, seine Produktion gestartet hatte. Nicht ohne Stolz bildete er auch gleich das Titelbild des ersten Bandes ab. Es war ein Motiv von Johnny Bruck – wenngleich dieses Cover auf Deutsch das Heyne-Taschenbuch »Der Sternenschöpfer« von Olaf Stapledon geziert hatte. Damit orientierte sich die finnische an der dänischen Ausgabe, die kurz vorher gelaufen war.

Kustanuus Oy hieß der Verlag, der PERRY RHODAN am 17. Juni 1975 mit dem Roman »Kauhun hetkiä kuussa« in Finnland einführte. Leider sollten es insgesamt nur sechzehn Ausgaben werden, die alle in der zweiten Jahreshälfte erschienen. Die Hauptübersetzer waren M.-L. Vuorjoki und ein gewisser R.N., dann übernahm für Band zwölf und dreizehn P. Synimaa, bevor R. Halonen und Raili Niemelä die letzten beiden Folgen übertrugen; nummernmäßig orientierte sich die Lizenzausgabe an der deutschen Serie.

Praktisch im fliegenden Wechsel startete zum Zeitpunkt der Einstellung der finnischen die erste brasilianische Übersetzung von PERRY RHODAN. Am 22. Oktober 1975 war dort »Missão Stardust« an den Verkaufsstellen zu finden, und dieser Übernahme war ein erheblich längeres Leben beschieden. Ediouro Coquetel hieß der in Rio de Janeiro ansässige Verlag, der die Heftserie in der Editora Tecnoprint sechzehn Jahre lang wöchentlich herausbringen sollte – alle von Richard Paul Neto übersetzt und unter Einhaltung der Originalreihenfolge.

Erst im Jahre 1991 wurde die Serie mit Band 536 »Crepúsculo dos Ídolos« von Ernst Vlcek eingestellt. Bis ein neuer Verlag gefunden war, Star Sistema e Projetos Limitida in Belo Horizonte, sollten zehn Jahre vergehen. Dann startete PERRY RHODAN erneut – allerdings mit Band 650, dem Beginn des Zyklus »Hetos der Sieben«. Die Ausgabe läuft nach wie vor sehr erfolgreich. Damit ist die brasilianische Ausgabe heute eine der am längsten laufenden Lizenznahmen – nur noch übertroffen von Holland, Frankreich und Japan.

Auch Clark Darlton setzte sich für Auslandsverkäufe ein. Am 4. Januar 1975 machte er William Voltz ein verspätetes Neujahrsgeschenk. »Im übrigen sagte mir Ace zu, DRAGON eventuell ab Herbst zu bringen, aber das kann auch noch bis 1976 dauern. Wenn alles klappt, können wir im November mit dem Vice President von Ace Books, Waxman, sprechen. Und ich bin froh, dass er meinen Vorschlag akzeptierte, nur EXCLUSIV zu bringen.«

Am 28. Februar setzte Darlton noch eins drauf, als er Voltz mitteilte, dass ein italienischer Verlag PERRY RHODAN haben wolle. Am 3. Juli bot Kurt Bernhardt das PERRY RHODAN JAHRBUCH in den USA an, und am 22. Dezember 1975 beantwortete Bernhardt eine Anfrage von Voltz nach dem italienischen Lizenznehmer. Außerdem startete in diesem Jahr eine französische Lizenzausgabe der Comicserie »PERRY – Unser Mann im All«, von der bis 1976 zweiundzwanzig Ausgaben erschienen.

Nie wieder sollte man bei PERRY RHODAN so viele Auslandsgeschäfte gleichzeitig tätigen …

COMMANDER SCOTT

Acht Jahre war es mittlerweile her, seit der Bastei Verlag mit seiner SF-Serie REX CORDA nach nur 38 Heften mit dem Versuch scheiterte, eine Konkurrenz zu PERRY RHODAN aufzubauen. Jetzt setzte der frischgebackene Redakteur Michael Kubiak auf ein anderes Konzept, das den Titel COMMANDER SCOTT tragen sollte.

Als Grundlage diente die Taschenbuchreihe CAP KENNEDY, die der Brite E. C. Tubb von 1973 bis 1975 unter dem Pseudonym Gregory Kern für den amerikanischen Markt verfasste – als Konkurrenz für die Lizenzausgabe von PERRY RHODAN. Zwar konnte sie sich nicht behaupten und wurde nach nur sechzehn Bänden wieder eingestellt, aber in Deutschland dienten diese Bände und ein zusätzlicher Roman, der in den USA erst 1983 herauskommen sollte, als Ausgangsmaterial für eine SF-Heftserie, die von deutschen Autoren unter demselben Pseudonym weitergeführt wurde.

Es war ein bunter Reigen, der sich als deutsche Inkarnation von Gregory Kern versammelte. Den Anfang machte der beliebte SF-Übersetzer und linke PERRY RHODAN-Kritiker Horst Pukallus mit Band 9, unmittelbar gefolgt von dem SF-Veteran aus Leihbuchzeiten Manfred Wegener, der bei Moewig gerade seine Piratenserie SEEWÖLFE unterzubringen versuchte. Band 12 sah – frisch von Kurt Brands SF-Serie RAUMSCHIFF PROMET – Ronald Maria Hahn als Autor. Alle drei ließen noch jeweils vier Romane folgen.

Mario Werder, der hauptsächlich Gruselromane schrieb, verfasste mit Band 13 und 18 die gleiche Anzahl von Romanen für COMMANDER SCOTT wie für die im Marken Verlag erschienene SF-Reihe ZEIT-KUGEL. Band 37 stammte von Hans Joachim Alpers, der für TERRA ASTRA schon mehrere Romane als Mischa Morrison geschrieben hatte. Sie waren dem Lektor Günter M. Schelwokat durch einen Mittelsmann angeboten worden, weil Alpers selbst bei ihm aufgrund seiner harten linken Kritik nicht sehr beliebt war. Ironie des Schicksals, dass Alpers später – nach entsprechenden Erfahrungen bei Fischer und Knaur – selbst eine umfangreiche SF-Taschenbuchproduktion bei Moewig herausgeben sollte und 2007 mit dem bei Heyne erschienenen ARA TOXIN-Roman »Necrogenesis« außerdem noch einen Beitrag zum PERRY RHODAN-Universum leistete.

Pikanterweise schrieben auch zwei Autoren aus dem Perryversum an der Serie mit. Neben Hans Peschke, der parallel zu seinen ersten ATLAN-Romanen die Bände 23, 35, 39 und 41 verfasste, war kein Geringerer als Horst Gehrmann alias H. G. Ewers vertreten, ein Stammautor von PERRY RHODAN. Er verfasste die Bände 20, 33 und 40.

Die Übersetzer der siebzehn Originalromane wechselten. Thomas Schlück, der als SF-Literaturagent die Serie an Bastei vermittelt hatte, übertrug mit »Galaxis der Verlorenen« auch Band eins – er trug übrigens ein Titelbild des TERRA ASTRA-Künstlers Eddie Jones, der ebenfalls über die Agentur Schlück lief. Danach ging die Aufgabe des Übersetzens an Leni Sobez und Bodo Baumann, die gleichzeitig für Moewig arbeiteten, Letzterer auch als Autor. Bei Frank N. Stein, der mit Band 38 die letzte amerikanische Folge ins Deutsche brachte, handelte es sich um das humorige Pseudonym des Redakteurs.

Ein wesentlicher Grund für den Tod von COMMANDER SCOTT, der plötzlich, aber für viele keineswegs unerwartet mit Band 42 das Zeitliche segnete, war die unterschiedliche Darstellung des Charakters, die so weit auseinanderlief, dass er bei manchen Leser geradezu als »schizophren« galt. Im englischen Original war er Richter, Ankläger und Henker in einer Person gewesen – die deutschen Autoren legten ihn deutlich softer an.

Ein neues Testfeld für Autoren

Die Leserseite in PERRY RHODAN gab es nun schon geraume Zeit. Seit ihrer Einführung am 1. Juli 1967 in Band 302 war sie zu einer festen Einrichtung geworden und umfasste bald sogar zwei Seiten. Anfangs hatten sich die Beiträge auf Lobhudeleien und Clubgründungen der Leser beschränkt, und natürlich war sie von jeher ein Podium für Verlagsmitteilungen gewesen. In den Siebzigerjahren waren auch immer mehr Sachartikel zu den Themenbereichen UFOs, Parapsychologie, Kosmologie und Physik erschienen, und im November 1974 verstärkte sich der Magazincharakter noch …

Auf der Leserseite von PERRY RHODAN 691 schreibt William Voltz: »Wir werden diesmal einem unserer Grundsätze untreu und veröffentlichen die SF-Story eines Lesers. Es handelt sich sozusagen um einen Testfall. Wenn diese Veröffentlichung Anklang findet, werden wir jeden Monat eine (sofern vorhanden) gute Leserstory abdrucken.«

Ob es nun eine unbewusste Vorahnung war oder einfach nur vom guten Geschmack des Redakteurs zeugte, der Autor dieser ersten Story, die den Titel »Blockierte Seelen« trug, war niemand anders als H. Hoffmann – H für Horst. Ein Jahr später veröffentlichte er als Neil Kenwood seinen ersten SF-Roman bei Kelter und begann kurz darauf, für TERRA ASTRA zu schreiben. Im Fandom hatte er das satirische Magazin WATCHTOWER herausgegeben, das im damals sehr teuren Offset-Verfahren daherkam. Den Lesern war er schon seit einiger Zeit als Briefeschreiber, Zeichner und Witzeautor bekannt, aber niemand konnte wissen, dass er 1982 ins Autorenteam von PERRY RHODAN aufgenommen werden würde.

Voltz ahnte zu diesem Zeitpunkt sicher auch nicht, dass er mit seiner Ankündigung, künftig Lesergeschichten bringen zu wollen, eine Lawine lostrat. Zwar hielt er niemals den von ihm verkündeten monatlichen Erscheinungsrhythmus bei, aber die Einsendungen der Leser rissen nicht mehr ab. Weitere Storys wurden ab Band 706 veröffentlicht, und kurz darauf ging Voltz dazu über, die meisten eingesandten Beiträge auf der Leserseite von ATLAN unterzubringen, damit der vielseitige Charakter der LKS von PERRY RHODAN gewahrt bleiben konnte.

Wie sich herausstellte, war diese Veröffentlichungsmöglichkeit ein ideales Testfeld. Sofort meldeten sich hochtalentierte Autoren der damaligen Fanszene wie Manfred Borchard und Jens Ehlers zu Wort, und im ersten Jahr dieser Einrichtung erschienen – abgesehen von Hoffmanns Erzählung – noch weitere literarische Kostproben künftiger Profis.

So stammte die Leserstory in PERRY RHODAN 717, der dritte Erzählbeitrag überhaupt, mit dem Titel »Selbstmord?«, von Peter Griese, der in Band 748 gleich mit einer zweiten Story nachlegte. Band 739 enthielt Andreas Eschbachs erste veröffentlichte Kurzgeschichte »Welt des Unheils«. Und Band 715 brachte zwar keine Erzählung, dafür aber eine Aufstellung der Mutanten in PERRY RHODAN, zusammengetragen von einem gewissen J. (für den Mittelnamen Josef) Nagula. Seine Erzählung »Bevölkerungsimplosion« wurde kurz darauf auf der Leserseite der zweiten Auflage von ATLAN 25 nachgereicht.

Was diese Autoren verbindet? Sie alle schrieben später für PERRY RHODAN!

Auch in der zweiten Auflage der Serie sollten mit der Zeit immer mehr Leserstorys erscheinen, bis sie Jahre später sogar zu einer festen Einrichtung in jedem PERRY RHODAN-Heft wurden. Redakteur Voltz ließ der Kreativität der Leser freien Lauf und würzte die Stories oft mit gezeichneten und geschriebenen Witzen, wobei die veröffentlichten Einsendungen immerhin mit stolzen 30,- DM honoriert wurden.

Die SF-Witze erscheinen schon lange nicht mehr, aber die Zeichnungen der Leser finden sich in Form von Cartoons und Illustrationen noch immer gelegentlich auf der LKS der Erstauflage von PERRY RHODAN.

SF-Witze der Woche

Aus dem Veranstaltungskalender einer Lokalzeitung: »Die nächste Tagung der Gesellschaft für Außersinnliche Wahrnehmung findet am 3. Dezember statt – wo, werden Sie ja wissen!«

(Eingesandt von G. Horstmann aus Waldshut)

Ein Arkonide betritt ein Restaurant, geht zum Versorgungsautomaten und bedient einige Tasten. Der Automat reagiert aber nicht. Ein zweiter Arkonide betritt den Raum, drückt einige Tasten, und wieder geschieht nichts. Sie beraten, ob sie einen Reparaturrobot rufen oder ein anderes Lokal aufsuchen sollen. Da kommt ein Terraner herein. Er drückt auf die KAFFEE-Taste, und nichts geschieht. Der Terraner blickt kurz hinter die Maschine, grinst und steckt den Stecker in den Netzanschluss. Der Becher füllt sich mit Kaffee. – »Siehst du«, sagt da der eine Arkonide zu seinem Genossen, »deshalb kann ich die Terraner nicht leiden!«

(Eingesandt von Fred Ohnewald aus Aalen)

Warum haben die Arkoniden so wenig Erfindungsgabe? – Weil sie sich nichts aus den Rippen schneiden können.

(Eingesandt von M. Poersch aus Waldeck)

Wer ist der klügste Terraner? – Zweifellos Erich von Däniken, der erinnert sich sogar an die Zukunft!

(Eingesandt von Horst Heilke aus Minden)

Ein Siganese läuft im Schatten eines Ertrusers durch die sonnendurchglühte Wüste einer Ödwelt. Sagt der Siganese zu dem Ertruser: »Wenn es dir zu warm wird, tauschen wir.«

(Eingesandt von J. Schwab aus Rötenberg)

Alle Witze stammen von Leserkontaktseiten der Jahre 1974/1975.

In der Dakkarzone

William Voltz hatte in PERRY RHODAN 717 eine gewaltige Zäsur gesetzt. Auf der Suche nach der heimatlichen Milchstraße war die SOL Zeuge des Untergangs einer Galaxis geworden und in ein Schwarzes Loch geflüchtet. War die Flucht gelungen? Lebte die Besatzung noch? Der Exposéautor wusste die Spannung zu nutzen.

 

Es wurde umgeblendet …

Eine Figur aus PERRY RHODAN 703 kam wieder zu ihrem Recht: Jocelyn der Specht, ein gewissenloser Aphiliker, der seinen Beinamen der Gewohnheit verdankt, bei starker Anspannung mit dem rechten Zeigefinger zu trommeln. Diese Kneifelsche Eigenentwicklung hilft in Band 718 einer Anzahl Frauen, auf deren Welt alle männlichen Kinder gestorben sind, terranische Männer für ihr Gemeinwesen zu rekrutieren.

Aber erst im Folgeheft von H. G. Francis gelingt es dieser Gruppe mit Hilfe von Roi Danton und Reginald Bull, der die Aphilie abschütteln konnte, ihre Welt wirklich vor dem Aussterben zu bewahren. Jocelyn der Specht sollte noch einmal in Band 733 auftauchen.

Erneut wurde umgeblendet …

In der Heimatgalaxis der Menschheit sucht Atlan Hilfe gegen die Unterdrücker. Er leitet ein Todeskommando auf Last Hope und schickt Ronald Tekener nach Andromeda, versucht mit Ovaron Verbindung aufzunehmen, dem alten Freund der Menschheit, aber trotz der Hilfe durch die Bewusstseinsinhalte der Altmutanten André Noir, Tama Yokida, Betty Toufry, Wuriu Sengu und Tako Kakuta scheitern alle Versuche.

Auch eine Kolonie der Multicyborgs kann Atlan nicht weiterhelfen. Also besinnt sich die Menschheit im Kampf gegen die Laren und Überschweren auf sich selbst und beruft eine Geheimkonferenz der Rebellen ein. Die Unterdrücker vernichten den Tagungsort, ohne zu ahnen, dass es sich um einen Bluff handelt. Die wahre Konferenz findet nämlich ganz woanders unter Julian Tifflors und Tekeners Leitung statt.

Und endlich schließt sich die Klammer …

In PERRY RHODAN 726 löst William Voltz über die Hauptfigur Alaska Saedelaere die Spannung auf: Rhodan konnte an Bord der SOL dem Untergang der Galaxis entkommen. Der Sturz durch einen Dimensionstunnel führte in eine Zwischenwelt voller Geheimnisse und Gefahren – die Dakkarzone. Die Folgebände berichten von der Begegnung mit den Spezialisten der Nacht und dem Volk der Zgmahkonen, die keine Fremden in ihrem Machtbereich dulden, weil sie als Nullbewahrer eine Aufgabe zu erfüllen haben.

In einem Doppelband von Voltz, der diesen Handlungsabschnitt beendet, entbrennt die Auseinandersetzung in voller Stärke. Nur mit knapper Not gelingt es den Terranern, die aus der Dakkarzone führenden Dimensionstunnel zu erkunden, ein Tunnelschiff zu kapern und sich mit der SOL zu retten – allerdings zu einem schrecklichen Preis: Der Haluter Icho Tolot, wie alle Vertreter seines Volkes eingeschlechtlich, verliert dabei sein Kind!

Nach der Flucht aus der Dakkarzone verlassen die Spezialisten der Nacht die SOL. Sie erzeugen in einem Hangar des Schiffes ein Schwarzes Loch von zehn Meter Durchmesser, durch das sie einer nach dem anderen für immer verschwinden.

Info zur Romanserie: Spezialisten der Nacht

Die sechs weiblichen und sechs männlichen Echsenwesen wissen nicht, dass sie vor langer Zeit im Auftrag der Koltonen – des ausgestorbenen siebten Konzilsvolks – gezüchtet wurden, um deren Wissen und Macht über Schwarze Löcher zu bewahren. Äußerlich ähneln sie den Zgmahkonen, einem Mitgliedsvolk des Hetos der Sieben, das als eigentlicher Begründer des Konzils gilt. Die Haut glänzt silbrig und zeigt manchmal blaue Reflexe. Die Augen berühren sich fast oberhalb der Nasenschlitze. Sie besitzen zwei Arme und zwei Beine, sind humanoid, schlank und muskulös, allerdings »nur« zweieinhalb Meter groß und zierlicher gebaut als Zgmahkonen. Dafür ist ihr Kopf durch die per Züchtung überstark entwickelten Gehirnzentren um die Hälfte größer. Sie haben die Gabe des Wesenspürens für fünf- und sechsdimensionale Energien, was sie befähigt, das große Schwarze Loch in der Dakkarzone zu »verstehen«. Außerdem sind sie besonders langlebig.

Kurt Brand schreibt Taschenbücher

Er war einer der ersten Autoren von PERRY RHODAN und hatte als Verfasser von Leihbüchern begonnen – gebundenen Büchern, die bis weit in die Sechzigerjahre hinein eigens zum Ausleihen in Volksbüchereien, später auch Zeitschriftenläden und Antiquariaten, hergestellt wurden. Der Siegeszug des Taschenbuchs zwang viele Autoren, von dieser Produktionsform Abschied zu nehmen – so auch Kurt Brand.

Die vorhandenen Leihbücher wurden anschließend oft als Hefttroman in gekürzter Form wiederverwertet, etwa K. H. Scheers ZBV-Serie oder Arbeiten von Clark Darlton und auch Brand, aber neue Leihbücher wurden nicht mehr in Auftrag gegeben – und der Wechsel zum Taschenbuch fiel schwer. In den meisten Fällen mussten die Autoren für den wachsenden Markt der Heftromane tätig werden.

Kurt Brand konnte davon ein Lied singen. Obwohl er sich unablässig bemühte, auf dem Taschenbuchsektor Fuß zu fassen, fruchteten seine Bemühungen nie lange. Das erste Taschenbuch aus seiner Feder war ein PERRY RHODAN PLANETENROMAN, schon 1962 erschienen. Ein zweiter PLANETENROMAN wurde Jahre später zum ersten REN DHARK-Taschenbuch umgeschrieben, dem bis 1976 noch fünf weitere folgen sollten.

REN DHARK sollte Brands größter Taschenbucherfolg bleiben. Es war der Gipfelpunkt einer Entwicklung, die nach der Einstellung der gleichnamigen Heftserie begonnen hatte.

In diesem Zusammenhang verdient eine Anekdote Erwähnung, die mit der Serie und ihrem Erfinder in Zusammenhang steht: Schon Mitte 1967 hatte es bei REN DHARK einen tragischen Unfalltod gegeben. Hans-Joachim Freiberg war mit dem Auto gegen einen Baum gefahren. Er hatte drei Romane zur Serie beigesteuert – der offizielle vierte »Rettung naht, die Giants kommen!«, im Oktober des Jahres erschienen, war bei Freibergs Tod erst halb fertig gewesen und wurde von Kurt Brand anonym zu Ende geschrieben.

Und Brand erwies Freiberg noch einen Freundschaftsdienst. Wie Werner Kurt Giesa, sein Vertrauter der späten Jahre, sich im Mai 2004 erinnert, gelang es Brand kurz darauf, »postum dessen SF-Roman ›Erfolgsaussichten 11%‹ zu lancieren, der in der Krimi-Reihe unter den Namen ›John Fryberg‹ und ›H. J. Fryberg‹ erschien – der eine Name auf dem Buchrücken, der andere im Buchinneren, und der richtige im Titelverzeichnis. Er ist ein grausiges Machwerk und handelt von einem Abwehrkampf der Menschheit gegen feindliche Invasoren à la E. E. Smith, im großen galaxienumfassenden Rahmen gehalten, inhaltlich trivial, lediglich interessant durch Freibergs sehr vom ›Science‹-Anteil geprägten Stil.«

Der Roman trug die Bandnummer 790, und nur fünf Ausgaben später erschien Brands erstes Krimi-Taschenbuch, was vermuten lässt, dass er es unmittelbar im Anschluss daran verfasste – zu einer Zeit, als REN DHARK gerade eingestellt worden war. Es sollte der erste von drei Krimis sein, die ab 1969 in jährlichen Abständen als Band 795, 803 und 814 in der Reihe der Kelter-Taschenbücher unter dem Pseudonym Philipp Mortimer erschienen – mit einem Helden namens Phlipp Mortimer. »Phlipp pfeift Mord«, »Phlipp jagt ›Adria‹« und »Phlipp schießt scharf« lauten die Titel der heute sehr gesuchten Romane.

Laut Giesa hatte der Autor damals bei Kelter noch einigen Einfluss, was sich auch daran zeigt, dass schon Mitte 1970 innerhalb der Heftreihe KELTER KRIMI seine »Checkpart 2000«-Serie über die internationale Polizeiorganisation Special Globe Guard startete, die insgesamt 54 Abenteuer erlebte. Nach ihrer Einstellung im Oktober 1972 veröffentlichte auch Torsten Reschke zwei Krimis im KELTER TASCHENBUCH. Er hatte zuvor – anonym wie alle anderen Autoren – acht Romane zu »Checkpart 2000« beigetragen.