Perry Rhodan - Die Chronik

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Die Gespräche wurden geführt, und Kneifel machte sich ans Werk. Am 12. August, also keine vier Wochen später, stand der Titel des ersten neuen Zeitabenteuers fest, und Verlagsredakteur Joachim Bulla schickte den Text einer Werbeseite an William Voltz: »Ich informiere Sie davon, damit Sie die Leser-Kontaktseite entsprechend abstimmen können.« Was Voltz auch umgehend tat.

Die Werbeseite selbst erschien zweimal nacheinander in allen drei Auflagen von PERRY RHODAN, in ATLAN und TERRA ASTRA sowie in je einer Ausgabe der Taschenbuchreihen TERRA, TERRA FANTASY, ZBV und DOC SAVAGE, nicht zu vergessen in den beiden Auflagen der PLANETENROMANE – nur wenige Wochen vor Erscheinen des Romans im November 1975.

»Nun kam ein Abenteuer nach dem anderen ans Tageslicht«, schrieb Hans Kneifel elf Jahre später rückblickend im PERRY RHODAN WERKSTATTBAND. »Die Lücken in der Chronik, die den weißen Flecken in Atlans Gedächtnis entsprachen, konnten gefüllt werden. Eine Anzahl neuer Bände wurde hergestellt.« Diese Anzahl sollte sich schließlich auf 23 Romane belaufen, die anfangs auch wirklich alle zwei bis vier Monate erschienen.

Kneifel hatte einen Königsweg beschritten. Er hatte die Haupthandlung abermals in die Frühzeit von Atlans Exil auf der Erde verlegt und arbeitete sich langsam durch die Jahrtausende vor, die Rahmenhandlung aber – die schildert, wie der Arkonide dem Tode nahe in einem Koma liegt – war Bernhards Wunsch gemäß zur aktuellen Handlungszeit der Heftserie auf Gäa in der Provcon-Faust angesiedelt, der neuen Heimatwelt der Terraner.

Der Effekt von »Tunnel-Romanen« sollte sich wegen der bereits geschriebenen Manuskripte allerdings erst mit Band 154 einstellen, als schon drei neue Zeitabenteuer erschienen waren. Von da an waren durch einen »Erlass« des Lektors auch die Romane der anderen Autoren im 36. Jahrhundert angesiedelt und handelten von einer Expedition der Laren, den Abenteuern eines auf Gäa auftauchenden Unbekannten und den Eskapaden Galto Quohlfahrts, Dalaimoc Rorvics und Tatcher a Hainus, bis die neue Regel schon mit Band 161 ausgerechnet durch William Voltz’ letzten PLANETENROMAN wieder gebrochen wurde. Die folgenden Taschenbücher spielten zwar teilweise noch zur Zeit des Neuen Einsteinschen Imperiums, aber auch wieder in früheren Handlungszeiten.

Die Innenillustrationen werden entsorgt

Kurt Bernhardt beschäftigte sich damals intensiv mit einer Neugestaltung von PERRY RHODAN. Nachdem er am 2. Juli seinen Bericht an alle Autoren verschickt hatte, erklärte er sechs Tage später in einem Schreiben an William Voltz: »Aufgrund der Gruppendiskussion, die Sie selbst erlebt haben, wurde veranlaßt, daß Herr Bruck keine Illustrationen für PERRY RHODAN (1. Auflage) mehr macht. Ich bin der Auffassung, daß wir hierüber eine Information auf der Kontaktseite bringen müssen, denn ich gehe davon aus, daß ungefähr die Hälfte der PERRY RHODAN-Leser nach wie vor mit den Bruck-Illustrationen rechnet. Die Information muß daher ganz sachlich sein und auch begründen, warum wir diese Illustrationen nicht mehr bringen.«

Bernhardt machte gleich einen Vorschlag, wie das geschehen könnte. »Ein sehr guter Weg wäre, wenn Sie die Kontaktseiten ab sofort nicht mit zwei Druckseiten Umfang herausbringen, sondern mit drei Seiten. Die Kontaktseiten haben ja nach wie vor eine sehr gute Resonanz, und ich habe den Eindruck, daß Sie bisher viel zu wenig Raum hatten für das Material, das Ihnen hierfür zur Verfügung steht.«

Abschließend bat Bernhardt darum, dass Voltz ihn nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub umgehend anrufe, damit sie die Einzelheiten besprechen könnten. Voltz antwortete am 12. Juni zum Thema Innenillustrationen knapp: »Bitte teilen Sie mir mit, wann diese nicht mehr erscheinen.« Außerdem bat er um den baldmöglichen Abdruck eines Textes in dieser Sache, den er im selben Schreiben an Bernhard formulierte: »Einem vielfach geäußerten Wunsch unserer Leser entsprechend, bringen wir anstelle der Innenillustrationen ab sofort eine zusätzliche LKS in PERRY RHODAN, so daß nun insgesamt drei Kontaktseiten erscheinen. Auf diese Weise haben wir die Möglichkeit, noch mehr auf Ihre Briefe einzugehen und längere Kurzgeschichten und Beiträge zu veröffentlichen.«

Voltz wollte sichtlich eine Entschädigung für die Leser durchsetzen, sie hatten tatsächlich oft um eine dritte Leserkontaktseite gebeten, aber er wusste auch um das Machbare, denn er schloss mit den Worten: »Übrigens müssen die drei Seiten in allen drei Auflagen gebracht werden – sonst entsteht Durcheinander!!!«

Anscheinend wurde zur Vermeidung des Durcheinanders ein einfacher Ausweg gewählt: Die dritte Leserseite ließ noch Jahre auf sich warten. Dafür wurden mit Band 727 die Innenillustrationen von Johnny Bruck abgesetzt, ohne dass eine Begründung oder ein Hinweis in eigener Sache auf der LKS erschienen wäre.

Das war im Juli 1975. Erst viereinhalb Jahre später wurde diese lieb gewonnene Einrichtung fortgeführt, von Themistokles Kannellakis, einem jungen Künstler aus München, der bald auch als Coverzeichner für SF und Fantasy immer erfolgreicher werden sollte.

Schützenhilfe vom Sternenmädchen

Die Autorenkonferenz für FRANKENSTEIN am 16. Juni 1975 war ein Fiasko gewesen. Aber Dirk Hess, der den größten Teil des Konzepts entwickelt hatte, gab nicht so schnell auf. Zwei Tage später richtete er ein Schreiben an Cheflektor Kurt Bernhardt, in dem er seinem Unbehagen darüber Ausdruck verlieh, dass das geplante Projekt zerredet worden sei.

Es dürfe nicht vergessen werden, erklärte er, »dass FRANKENSTEIN primär ein Horror-Objekt ist. Wir hatten zwar vor, Science Fiction-Elemente in die Serie einfließen zu lassen, sollten uns aber davor hüten, dieselben Erkenntnisse und Grundsätze wie bei der RHODAN-Serie zu übernehmen.« Außerdem schlug er vor, die Serie in vierzehntägigem Rhythmus innerhalb der VAMPIR-Reihe des Hauses zu veröffentlichen. »Dies mindert erhebliche Risiken, wie sie beim Start einer neuen Reihe immer auftreten und entbindet uns davon, kostspielige Werbekampagnen zu starten.«

Hess schlug ein möglichst kleines Team aus Horror-Spezialisten vor, die sich zu regelmäßigen Arbeitsgesprächen treffen sollten, ergänzt um vierwöchentliche Arbeitsgespräche zwischen ihm und William Voltz. Außerdem erbat er eine Lektorierung seines Romans durch Sabine Illfeld von der VAMPIR-Redaktion und ihre Stellungnahme, ob seine derzeitige Schreibweise den Anforderungen genüge, die an Romane dieser Reihe gestellt würden.

Wenige Tage nach seinem Schreiben nahm Kurt Bernhardt an einer Züricher Tagung der Ancient Astronauts Society teil, bei der er zwei langjährige Freunde des PERRY RHODAN-Mitbegründers Clark Darlton kennen lernte, die Präastronautik-Schriftsteller Erich von Däniken und Peter Krassa, deren Theorien zum Teil in die Serie eingegangen waren. Und auf derselben Veranstaltung hatte Bernhardt auch seine erste Begegnung mit der Esoterik. Er lernte eine Kölner Gruppe kennen, die sich mit Weissagung und Kartenlegen befasste. Und der begeisterungsfähige Cheflektor, immer auf der Suche nach neuen Projekten und neuen Einflüssen für bestehende Projekte, sah sogleich eine große Chance …

Am 24. Juli 1975 legte er einem Schreiben an William Voltz Unterlagen bei, die ihm für das stagnierende Horror-Projekt FRANKENSTEIN nützlich erschienen. Sie handelten vom »Sternenmädchen, der Tarot-Magierin«, die auf diese Welt gekommen sei, um allen Freude zu bringen. Weissagung und Kartenlegen sollte die Menschen durch die Jahrtausende alten Pharaonen-Mysterien der Ägypter zu einem Leben in wahrer Liebe führen. »Wir leben in einer schnellen Zeit«, hieß es auf den fotokopierten Handzetteln der Kölner Esoterik-Gruppe. »Wir sind nicht mehr isoliert auf dem Planeten Erde. Wir schauen staunend in das WELTALL. Fliegt mit. Wir fliegen im Live-Jet zu den Planeten. Wir transmittieren mit Psi-Sonden in die Abenteuer einer neuen Welt. Wir erleben die Neue Zeit. Fliegt mit.«

In seinem Begleitbrief an William Voltz erläuterte Bernhardt seine Idee: »Diese Leute waren auch auf der Züricher Tagung, und ich glaube, dass hier eine Kombination zwischen unserer neuen Serie FRANKENSTEIN und dem ›Sternenmädchen mit den Tarot-Karten‹ gemacht werden könnte. Ich habe mit den Leuten in Köln gesprochen und vereinbart, dass ich nach meinem Urlaub mit Ihnen und mit Herrn Gehrmann über diese Sache spreche, bzw. wird Herr Kaiser von dieser Firma auch dort sein. Ich habe den wahnwitzigen Plan, dieses ›Sternenmädchen‹ redaktionell in unsere Romanserie mit einzubauen.«

Anscheinend wurde kein weiteres Wort mehr darüber verloren. Bernhardt ließ das Horror-Projekt stillschweigend sterben, und Dirk Hess verzichtete auf den Versuch, vielleicht doch noch zu retten, was zu retten war. »Die Zeit war noch nicht reif für ein solches Projekt, über das Kids von heute nur müde lächeln würden«, resümiert er im Februar 2004.

Und doch blickt Hess auch etwas wehmütig auf das große Potenzial der Serie zurück, die sich nicht zuletzt durch die äußere Gestaltung Ausdruck verschafft hätte. »Der Originalcover-Entwurf für FRANKENSTEIN war vom späteren Bundesfilmpreisträger Klaus Dill gestaltet worden. Ob die Arbeit noch im Verlagsarchiv existiert, weiß ich nicht. Das Cover bildete den phantastisch verschlungenen Rahmen eines Zauberspiegels ab. Im Spiegel erschien großflächig das jeweilige Romanthema, während der Spiegelrahmen aus versteinert, hölzern wirkenden Körper- und Tierelementen, also einem phantastischen Bestiarium, bestand.«

Klaus Dill, der als Gestalter von Kinoplakaten bekannt wurde, malte Anfang der Neunzigerjahre auch Titelbilder für Haffmans, einen damals hoch angesehenen Literaturverlag. Die FRANKENSTEIN-Serie war mit großen Ambitionen verbunden gewesen, und es ist ein Jammer, dass sie letztlich aus Angst vor einer Indizierung gar nicht erst auf den Markt kam.

 

Getrennte Wege

Jahrelang hatte es bei ATLAN, dem kleinen Bruder von PERRY RHODAN, der am 6. Oktober 1969 ebenfalls von K. H. Scheer gestartet und inzwischen von William Voltz exposémäßig geleitet wurde, immer dieselben Hauptfiguren gegeben. Bis zur Einführung der EXCLUSIV-Romane am 11. Juni 1973 war das Psycho-Team aus Ronald Tekener und Sinclair Marout Kennon die treibende Kraft gewesen – der Smiler mit den Lashat-Pocken, smarter Herzensbrecher und Waffensammler, und das Gehirn eines verwachsenen Zwergs im Robotkörper, der es hasst, in einer Vollprothese durchs Leben zu gehen.

Im letzten Krimi-Zyklus der Serie änderte sich das. Die Bände erschienen nun alternierend mit der EXCLUSIV-Reihe, und Exposéautor Voltz nutzte die Gelegenheit für die »Querschaltung« eines Protagonisten, den er fast elftausend Handlungsjahre überwinden ließ. Der Wechsel der Zeiten erfolgte in ATLAN 173, in dem Ronald Tekener sich als Hobbyarchäologe auf einem fremden Planeten aufhält, während Kennon in seiner Abwesenheit das USO-Hauptquartier Quinto-Center leitet. Als dort neue Informationen über den verschollenen Atlan eintreffen, macht das Team sich gemeinsam auf die Suche und entdeckt die Traummaschine, die Atlans Geist in der Vergangenheit festhält.

Tekener und Kennon retten den Lordadmiral, aber in dem Robotermenschen erwacht eine eigenartige Sehnsucht: Nun will er an die Traummaschine angeschlossen werden. Atlan gewährt ihm zwei Stunden, in denen Kennons Bewusstsein sich in seinem ursprünglichen, verwachsenen Körper befindet und im Jahre 10.498 arkonidischer Zeitrechnung. Die kurze Erfahrung zeigt Kennon, wie wichtig ihm der Besitz seines Originalkörpers ist. Er lässt sein Gehirn im Roboterleib mit einem Lebenserhaltungssystem verbinden und an die Traummaschine anschließen. Dann wechselt er endgültig die Epoche.

Die Leser brauchten nicht lange auf ein Wiedersehen mit Kennon zu warten. Schon in ATLAN EXCLUSIV 176/37, also drei Realwochen später, erfuhren sie, dass der Plan des Kosmokriminalisten aufgegangen war. Er war wieder in seinem schwächlichen Körper zu der Zeit gelandet, in der Orbanaschol III. den jungen Kristallprinzen Atlan erbittert verfolgte. Damit begann Kennons Vergangenheitszyklus, der die gesamte Laufzeit der EXCLUSIV-Serie andauerte. Er wurde fast ausschließlich von H. G. Francis geschrieben, der Voltz bei mindestens zwei Bänden auch mit Exposé-Vorschlägen versah.

Handlungsmäßig fällt es Kennon nicht schwer, sich in der Gesellschaft des Großen Imperiums zurechtzufinden – immerhin hat er ausführliche Studien über die galaktischen Altvölker getrieben. Er baut sich einen Roboter namens Gentleman Kelly, der ihm als Transportmittel dient, nimmt den Namen Lebo Axton an und beschließt, auf Arkon II eine Position zu erlangen, durch die er den Kristallprinzen heimlich unterstützen kann.

Immer wieder taucht Axton in der Serie auf, firmiert in ATLAN 183 als Mutantenjäger für den arkonidischen Geheimdienst, tritt in ATLAN 195 endgültig in Orbanaschols Dienste, wird in ATLAN 204 auf seine Loyalität geprüft und plant in ATLAN 211 den Sturz des Usurpators, der neun Romane später auch erfolgt. In ATLAN 231 versucht er den flüchtigen Ex-Regenten aufzuspüren und wird in ATLAN 239 beinahe als Kämpfer für Atlan enttarnt.

Es folgen fünf Doppelromane, bis Lebo Axton im letzten Band von ATLAN EXCLUSIV wieder in die Zukunft gerissen wird, weil die Traummaschine versagt. Er kann sie reparieren, aber nach einem neuerlichen Ausfall stirbt sein Gehirn im Roboterkörper ab. Axton ist in der Vergangenheit gefangen – als erste »virtuelle« Hauptfigur des PERRY RHODAN-Universums.

Sinclair Marout Kennons Geschichte endete damit nicht. Der Atlantis-Zyklus, der mit ATLAN 300 startete, sah noch mehrere Auftritte mit ihm, darunter eine Begegnung mit dem Lordadmiral der USO, bevor sich seine Spur endgültig in der Zeit verlor.

Der Smiler wechselt die Serie

Aber nicht nur der Robotmensch wurde aus der klassischen ATLAN-Serie in eine neue Handlung hinübergerettet, auch Ronald Tekener sollte den Lesern des Perryversums erhalten bleiben, wenngleich er im EXCLUSIV-Zyklus keine Rolle mehr spielte.

Seinen letzten ATLAN-Auftritt hatte Tekener in Band 175, mit dem die Ära der SF-Krimis innerhalb der Serie endete. Er hatte seinen Psychopartner Kennon noch darin unterstützt, sich an die Traummaschine anschließen zu lassen. Nun lauscht er dem Bericht von Atlans Sohn, eines Wanderers durch Raum und Zeit, der den Lordadmiral auffordert, mit Hilfe eines speziellen Geräts in die Vergangenheit zu reisen, um seine Mutter Ischtar zu unterstützen. Atlan weigert sich, weil er seiner einstigen Geliebten nicht mehr traut.

In der abschließenden Szene versichert der Smiler ihm, richtig gehandelt zu haben. Und das alles auch nicht geträumt zu haben. »Ich persönlich bin sicher«, sagt Tekener, »dass sowohl Sinclair Marout Kennon, der in der Traummaschine liegt, als auch Chapat, Ihr Sohn, zumindest Ihren Weg kreuzen werden. Denken Sie daran, dass es in Ihren Träumen und in Chapats Seelenwanderung keine Grenzen von Raum und Zeit gab.«

Unerwähnt blieb Tekeners weiteres Schicksal. Aber der treue Leser wusste Bescheid. Seinen ersten Auftritt bei PERRY RHODAN hatte der Smiler schon in Band 680 gehabt, der fünf Realmonate zuvor – im September 1974 – erschienen war, chronologisch gesehen 616 Jahre nach den in ATLAN 175 geschilderten Ereignissen!

Damals provozierten Tekener und zwei weitere USO-Agenten auf dem Mars ihre Verhaftung durch die Überschweren, um eine Revolte in einem Gefangenenlager anzuzetteln. Drei Monate später fungiert Tekener in PERRY RHODAN 697 als Atlans Stellvertreter, und gemeinsam schmieden sie einen Plan gegen Leticron, den Anführer der Überschweren, der die Herrschaft über die Milchstraße angetreten hat.

Nach seinem letzten Auftritt in der ATLAN-Serie vergingen lediglich drei Realwochen, bis Tekener voll bei PERRY RHODAN einstieg. H. G. Ewers schildert in Band 707, dass der Smiler zu den von Atlan ausgesandten Beobachtern der galaktischen Szene gehört. Sein Einsatzgebiet ist der Mars, wo er seit Jahren als terranischer Sklave lebt – unter dem Namen Kalteen Marquanteur. Da er zu unbequem und gefährlich geworden ist, wird er von den Überschweren zum Saturn deportiert und dort mit Leticrons Plan konfrontiert, die Unsterblichkeit zu erlangen – ein Plan, der scheitert.

Drei Romane in Folge wurden für diese Handlung aufgewendet, mit der Tekener sich eindrucksvoll einen Platz in der PERRY RHODAN-Serie erkämpfte. Francis, Darlton und Voltz beteiligten sich an der Etablierung dieses Charakters.

1978, drei Realjahre später, als die Handlung mit Lebo Axton in ATLAN EXCLUSIV abgeschlossen war, zeigte H. G. Francis noch einmal, dass er eine besondere Vorliebe für das Psycho-Team hatte. Er setzte Sinclair Marout Kennon und Ronald Tekener auch in den Taschenbüchern ein – einzeln und im Team, sage und schreibe zehn Mal.

Der Smiler, der die Serie heute noch begleitet, gehört mittlerweile zu den langlebigsten und wichtigsten Charakteren von PERRY RHODAN.

Der Horror des Serienkarussells

Als ATLAN-Autor Dirk Hess Anfang 1974 den Auftrag erhielt, sich eine Unterhaltungsserie auszudenken, die Frankenstein in den Mittelpunkt stellte, aber eigentlich eine Mischung aller phantastischen Spielarten bildete, war das Ergebnis eine Serie, die er DAS BÖSE nannte. Sie hatte auch stark metaphysische Anklänge. Es ging um den Kampf der ordnenden Mächte in einem chaotischen Universum, darin als Spielball ausgeliefert der positive Held, dessen Unterbewusstsein die kosmische Bedrohung kennt – erste Vorboten der legendären Ordnungshüter namens Kosmokraten und ihrer mysteriösen Abgesandten, die bei PERRY RHODAN einige Jahre später Einzug halten sollten.

Hess verließ sich nicht darauf, dass Cheflektor Kurt Bernhardt seine Serie annehmen würde. Als Alternative entwickelte er ein zweites Konzept, das er MONKO nannte. Wie der Autor dem Chronisten im April 2004 erklärte, ging es darin »um das Gehirn eines Dämonenjägers im Körper eines riesigen Gorillas. Hintergrund ist die periodische Bedrohung der Erde durch ein Dimensionstor auf einer verwunschenen Insel mit merkwürdigen Zeitflecken.«

Leider wurde tatsächlich nichts aus der FRANKENSTEIN-Serie, wie Bernhardt das erste Projekt gewöhnlich nannte. Jedenfalls nicht als deutsche Produktion. Der Cheflektor nutzte die Zugkraft des klassischen Horrornamens und kaufte eine Serie des Amerikaners Donald F. Glut ein, die 1975 startete und es in VAMPIR auf zehn Bände bringen sollte.

In der Folge stieg Hess als Autor bei ATLAN aus, wurde aber auch in das Team von DÄMONENKILLER übernommen, wo er 1976 sein produktivstes Jahr überhaupt erlebte. Er verfasste seinen ersten Roman für VAMPIR und fünf Romane für Ernst Vlceks Serie unter dem Pseudonym Derek Chess, das er früher einmal für einen SF-Roman bei Zauberkreis verwendet hatte, und es entstand sein einziger Roman für TERRA ASTRA. Unter dem Pseudonym Derek van Cleef veröffentlichte er 1977 bei der Konkurrenzreihe GEMINI des Kelter Verlags, die gerade angelaufen war, noch den Roman »Apokalypse 2000«.

Sage und schreibe 27 Jahre vergingen, bis Dirk Hess – nach seiner Pensionierung – fast noch einmal ins Perryversum eingetaucht wäre. Er sollte im Juli 2004 den neunten Band der zwölfteiligen Miniserie »Obsidian« vorlegen und damit einen Gastauftritt als ATLAN-Autor haben, aber leider kam er mit dem sehr aufwendigen Exposé nicht zurecht.

Es hat den Anschein, als habe Kurt Bernhardt damals, nach der Einstellung von DÄMONENKILLER im Mai 1977, eine neue Serie starten wollen, die sich wie Vlceks Erfolgsserie erst in VAMPIR bewähren sollte. Dabei griff er auch auf das zweite Serienkonzept von Hess zurück, denn als Band 255 erschien »Die Rache des Monko«, der erste Roman von dessen alternativer Horrorreihe. Es gab jedoch keine Fortsetzungen, erklärt Hess, »da ich mich bei Erscheinen des Romans bereits von Pabel getrennt hatte.«

Die Serienprojekte von Dirk Hess bei Pabel waren gescheitert, aber mit diesem Schicksal stand er nicht allein. Auch andere Autoren hatten offenbar den Auftrag erhalten, neue Konzepte für eine Horrorserie zu entwerfen. 1977 erschienen neben der amerikanischen Übernahme »Barnabas der Vampir« von Marilyn Ross, die es im Laufe der Jahre auf insgesamt elf Bände brachte, die ersten Romane von Georges Gauthier um den gleichnamigen Geisterjäger in VAMPIR. Der Autor Walter Mauckner ließ – quasi als Versuchsballons – noch weitere Mehrteiler um Louis Morell und Roger Mansfeld folgen.

Vermutlich war auch die 1977 in Wochenabständen erschienene Horror-Trilogie von Lafcadio Varennes, die in Ichform die Abenteuer eines Dämons schilderte, eine Auftragsarbeit für Bernhardt. Hinter dem Pseudonym verbarg sich Susanne Wiemer, eine äußerst produktive Autorin, die für Bastei schon PROFESSOR ZAMORRA entwickelt hatte und dort 1979 gemeinsam mit ihrem Mann Udo als S. U. Wiemer auch die monatliche SF-Taschenbuchserie SÖHNE DER ERDE ins Leben rief, die es immerhin auf sechsundzwanzig Romane aus ihrer beider Feder bringen sollte.

Den Zuschlag bei VAMPIR erhielt allerdings wieder ein Horrorkonzept des Wiener PERRY RHODAN-Autors Ernst Vlcek. Das war kein Zufall, denn immerhin hatte dessen erste Horrorserie DÄMONENKILLER zu Spitzenzeiten die gleiche enorme Auflagenhöhe wie die SF-Serie erreicht. »Hexenhammer« startete im März 1978 mit Romanen des Erfolgsteams Paul Wolf und Neal Davenport alias Vlcek und Luif, die ab Band acht aber nicht mehr als Autoren in Erscheinung traten. Unter den ersten zehn Bänden finden sich als Autoren auch Earl Warren, Cedric Balmore und Damion Danger, hinter dem sich kein Geringerer als Helmut Rellergerd verbarg, der im Juli 1973 mit dem ersten Band der Reihe GESPENSTER-KRIMI im Bastei Verlag gleichzeitig seine heute noch erscheinende Serie um John Sinclair gestartet hatte. Dass Rellergerd nicht mehr Ausgaben schrieb, liegt sicher daran, dass JOHN SINCLAIR im Januar 1978 als eigene wöchentliche Serie ausgegliedert wurde, was den Autor vollkommen auslastete. Earl Warren war noch viermal vertreten, und mit Band zwölf stieß Georges Gauthier alias Walter Mauckner hinzu, der ab Band vier als Waldo Marek schrieb und die vier letzten Hefte der Serie verfasste.

Zwanzig Ausgaben des »Hexenhammer« waren erschienen, der als Nachfolger von DÄMONENKILLER gedacht gewesen war, jeweils zweiwöchentlich innerhalb von VAMPIR. Aber sie konnten die Erwartungen, die Kurt Bernhardt an die Serie knüpfte, nicht einmal ansatzweise erfüllen, so dass sie im Januar 1979 eingestellt wurde. Nur drei Monate später erschien als VAMPIR 316/317 ein Zweiteiler von Roy Kent, der einen weiteren Versuch darstellte und den Auftakt zu einer neuen Serie hätte bilden können. Hinter diesem Pseudonym verbarg sich Walter Appel, der als Earl Warren schon bei DÄMONENKILLER und »Hexenhammer« dabei gewesen war, den Voltz möglicherweise auf Bernhardts Vorschlag hin für FRANKENSTEIN angefragt hatte und der auch viele Jahre lang für die erfolgreiche Westernserie RONCO DER GEÄCHTETE tätig gewesen war.

 

Vier Wochen danach erschien ein dritter Roman von Kent, hinter dem sich diesmal der frühere PERRY RHODAN-Autor Kurt Brand verbarg. Er hatte bereits vorher unter Cora Shapiro zwei VAMPIR-Romane verfasst. Beide Pseudonyme tauchten nie mehr auf.

Freie Liebe im Mikrokosmos

Bei ATLAN ging es mittlerweile um Abenteuer im Mikrokosmos, die bei den Lesern bereits zur Legende geworden sind. In Band 187, dem ersten EXCLUSIV-Heft ohne Doppelnummerierung, gab der Kristallprinz seinen Einstand in dieser unwirklichen Welt. Zwar gelang ihm schon nach wenigen Heften wieder die Rückkehr, aber jetzt wollte er sich in den Besitz des Molekularverdichters der Maahks bringen, »Zwergenmacher« genannt, der den Schrumpfungsprozess hervorgerufen hatte.

Das wäre doch die ideale Waffe gegen Orbanaschol, der statt seiner auf dem Thron saß!

Das Schicksal – oder der Exposéautor – hatten anderes vor. Als Atlan seine Geliebte Ischtar bittet, den Stützpunkt der Maahks anzufliegen, damit sie sich in den Besitz der Waffe bringen, spielt Ra der Barbar ihm aus Eifersucht einen Streich. Der Kristallprinz gerät erneut in die Gewalt der Methanatmer, die ihn auch diesmal wieder in den Mikrokosmos versetzen – gemeinsam mit Crysalgira, einer arkonidischen Prinzessin, die ihrem Geliebten Chergost gefolgt war, einem Sonnenträger, der von Orbanaschol in den Kampf gegen die Maahks geschickt wurde, um dessen Affäre mit Crysalgira zu beenden.

Im Mikrokosmos erfahren Atlan und die Prinzessin, dass sie von jenseits der Gefühlsbasen und jenseits von Yarden kämen und nur dort wieder nach Hause zurückfinden könnten. Der Jubiläumsband 200 erzählt die Geschichte der Herrscher des Mikrokosmos, der Varganen, und ihrer Abspaltung von degenerierten Unsterblichen des Makrokosmos, die Gefühlsbasen errichteten, von denen aus sie ganze Völker in ihrem Sinne beeinflussten.

Die folgenden sechzehn Hefte schildern die Abenteuer des Kristallprinzen und Crysalgiras, die sich ihm ohne echte Liebe hingibt, und die Bemühungen der Varganin Ischtar, Atlan aus dem Mikrokosmos zurückzuholen. Ra gerät auf seinen Entdeckungsflügen, die er vor Ungeduld unternimmt, an einen Widerstandskämpfer gegen Orbanaschol namens Bel Etir Baj, mit dem er Arkon II aufsucht, wo er zur Sensation in der Arena wird.

Atlan und Crysalgira stoßen unterdessen auf die Ingenieure der Vernichtung, werden in den Konflikt zweier Sternenvölker verwickelt und bedienen sich einer ganzen Flotte, um den Weg nach Yarden zu finden – während Ischtars Hoffnung erlischt, in der Nähe des Maahk-Stützpunktes etwas für Atlans Rückkehr tun zu können.

Die Goldene Göttin fliegt mit ihrem Doppelpyramidenschiff nach Kraumon, wo sie Atlans Gefährten Fartuloon, Corpkor und Eiskralle an Bord nimmt, und zieht mit ihnen von einer ehemaligen Siedlungswelt der Varganen zur nächsten. In ATLAN 212 erreicht sie schließlich den Planet Yarden, die Drehscheibe zwischen Makro- und Mikrokosmos.

Auch Atlan und Crysalgira sind inzwischen dort eingetroffen, in Begleitung von Atlans Sohn Chapat. Beim Kampf um ihre Freiheit erleben der Kristallprinz und seine Gefährten das Ende von Yarden – und Prinzessin Crysalgira findet den Tod.

Was anschließend mit dem kleinen Chapat geschieht, ist unbekannt. Er verschwindet unter geheimnisvollen Umständen. Die älteren Leser der Serie wissen, dass er ein Realjahr zuvor in den Bänden 160 bis 175, die in der Gegenwart des Solaren Imperiums spielen, als Zeitnomade wieder auftauchte. Das Schicksal seiner Mutter Ischtar bleibt unbekannt.

Damit waren die Mikrokosmos-Abenteuer im Varganen-Zyklus abgeschlossen. Harvey Patton blieb es in ATLAN 217 überlassen, die Entscheidung der Gefährten mitzuteilen, den Untergrundkampf gegen Orbanaschol persönlich weiterzuführen.

Atlan und seine Gefährten sind gestrandet, der Makrokosmos hat sie wieder. Als ein arkonidisches Schlachtschiff auf ihren Notruf reagiert und sie an Bord nimmt, kommt es zur Meuterei – in einem bravourösen Abenteuer, der ersten ATLAN-Folge von Kurt Mahr seit einem Jahr. Der Weg zu einem neuen Handlungsabschnitt war geebnet.

Die Alten sterben nicht

Nicht immer hat man bei PERRY RHODAN das volle Potenzial der Phantasie nutzen können. Gelegentlich musste die Schere im Kopf herhalten – immerhin hatte die Bundesprüfstelle bereits die Einstellung von Ernst Vlceks beliebter Romanserie DÄMONENKILLER und des Comics VAMPIRELLA erzwungen.

Das war letzten Endes auch der Grund, warum die von Dirk Hess konzipierte FRANKENSTEIN-Serie nie das Licht der Welt erblickte. Diese geradezu traumatischen Erfahrungen wollte der Verlag unter keinen Umständen noch einmal durchmachen.

Wenn so etwas PERRY RHODAN widerführe … nicht auszudenken!

Wie ernst diese Gefahr genommen wurde, zeigt ein Vorfall im September 1974, als Voltz die ersten Exposés des neuen Aphilie-Zyklus an die Mitarbeiter verschickte. Das Exposé von PERRY RHODAN 702 sah eigentlich vor, dass auf der von Gefühlserkaltung befallenen Erde die alten Menschen in sogenannten Stummhäusern getötet werden.

Kaum hatte Cheflektor Bernhardt diese Handlungsvorgabe in die Hände bekommen, erklärte er am 6. September in einem Rundschreiben: »Das Ende dieses Exposés kann nicht so gestaltet werden, wie es an die Autoren geschickt wurde. Mit Herrn Voltz wurde bereits hierüber gesprochen und er wird darüber mit Herrn Ernsting, der der Autor dieses Romans sein wird, eine entsprechende Änderung vornehmen. Nur zu Ihrer Information: In den Stummhäusern können die alten Leute nicht getötet werden. Ein solches Thema kann man eventuell in einer literarischen Buchausgabe bringen, aber nicht in einer Unterhaltungsheftreihe. Wenn die Autoren daher dieses Exposé lesen, dürfen sie keinen falschen Eindruck gewinnen. Die alten Leute werden in einem frustrierten Zustand in diesen Stummhäusern leben, ganz auf sich angewiesen und in vollständiger Einsamkeit.«

Eine literarische Buchausgabe mit dieser Thematik gab es sogar schon. Der amerikanische Autor Harry Harrison, ein enger Freund von Clark Darlton, hatte 1966 in dem SF-Magazin SF Impulse seinen Roman »Make Room! Make Room!« veröffentlicht, der sieben Jahre später mit Charlton Heston und Edward G. Robinson in den Hauptrollen verfilmt wurde. In »Soylent Green« (dt. »Jahr 2022 … die überleben wollen …«) wird Harrisons großartiger Roman um eine übervölkerte Welt, in der Hunger und Mangelerscheinungen der Hauptantrieb für die zahlreichen Verbrechen sind, um eine zusätzliche Dimension erweitert: Es stellt sich heraus, dass das einzige Nahrungsmittel, das auf der Erde noch reichlich hergestellt werden kann, Soylent Green, aus dem Fleisch der Menschen besteht, die sich aus Überdruss angesichts dieser Welt in Selbstmordkliniken zurückgezogen haben.

Auch hier griff übrigens schon die Schere im Kopf. Der kannibalistische Aspekt, der dem Film zusätzliche Tiefe verleiht und ihn in bleibender Erinnerung hält, war dem Romanautor Harry Harrison zu harter Tobak – er distanzierte sich von »Soylent Green«.