Perry Rhodan - Die Chronik

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Seit Ende 2001 gab es dann endlich eine neue Antwort: die PERRY RHODAN CHRONIK. Michael Nagula, der Serie seit seiner Kindheit auf Engste verbunden – als Leser, Kritiker, Verfasser von redaktionellen Beiträgen und schließlich als PERRY RHODAN-Autor –, machte sich daran, die Geschichte hinter der Geschichte zu schreiben.

Alle zwei Wochen erschien fortan eine Folge der Chronik in der dritten und fünften Auflage der Serie. Michael (und in den ersten drei Folgen Heiko Langhans) zeichnete den Weg Perry Rhodans und der Terraner zu den Sternen nach – und den Weg seiner Schöpfer.

Als PERRY RHODAN-Leser, der mit der Serie aufgewachsen ist und seine Kindheit und Teenagerjahre mit Perry & Co. mitgefiebert hat, muss ich an dieser Stelle ein Geständnis machen: Die Geschichte hinter der Geschichte ist mindestens so spannend wie die eigentliche Geschichte – zuweilen sogar spannender.

Wie das? Ganz einfach: Sie ist neu und frisch und immer für eine Überraschung gut.

Dass das so ist, ist allein Michael zu verdanken. Als Redakteur in Rastatt hatte ich das Vergnügen (und die Ehre), die PERRY RHODAN CHRONIK in den ersten Jahren zu betreuen. Michael stürzte sich mit mitreißendem Engagement in die Aufgabe. Er recherchierte, nahm Kontakt mit Autoren und Wegbegleitern der Serie auf. Mit einem Erfolg, der zuweilen unheimlich anmutete: Es schien, als kenne Michael jeden in der deutschen Science Fiction-Szene. Und die wenigen, die er nicht kannte, sprach er an. Wie zum Beispiel Inge Mahn, die Witwe von William Voltz und Kurt Mahr, die ihm Einblick in die Korrespondenz ihres ersten Mannes mit dem Verlag gewährte.

Auf diese Weise hat Michael so manche Perle ans Tageslicht gebracht. Über Projekte, die sich noch im Planungsstadium zerschlagen haben, ebenso wie über die Entstehungsgeschichte anderer, die uns Lesern in seliger Erinnerung sind. (Und als Redakteur schauderte ich über die strikten Hierarchien und den zuweilen militärischen Umgangston der ersten Jahre …)

Michael grub Material aus, das verblüfft. Sei es das Cover der belgischen PERRY RHODAN-Ausgabe, Fotos aus dem italienischen Studio, das die PERRY RHODAN-Comics zeichnete, die inzwischen bereits zu Pop-Art-Denkmälern geworden sind, oder bislang unbekannte Autorenschnappschüsse. Er würdigte die Macher von PERRY RHODAN. Natürlich die Altmeister, aber auch diejenigen, die nur wenige Beiträge zum Perryversum lieferten. Wer, zum Beispiel, erinnert sich noch an Klaus Fischer? Michael tut es.

Dabei verlor er bei aller Liebe zur Serie nie aus den Augen, dass PERRY RHODAN nicht für sich allein steht. PERRY RHODAN hat die Geschichte der bundesrepublikanischen Science Fiction bestimmt, aber die Serie ist trotz ihres wahrhaft gigantischen Umfangs nur ein Teil dieser Geschichte. Michael präsentierte die Macher der Serie in ihrem Gesamtschaffen. Walter Ernsting war Mitgründer von PERRY RHODAN, aber auch der Mann, der sich später intensiv mit der Präastronautik auseinandersetzte und Jugendbücher schrieb. Ernst Vlcek war einer der wichtigsten und fleißigsten PERRY RHODAN-Autoren, aber seine Liebe zum Horrorgenre war ihm ein steter Begleiter – Michael beleuchtete beides. Und er ging noch weiter: Er bettete seine Darstellung in den Kontext der Geschichte der Bundesrepublik ein. Der Held Perry Rhodan, der den Atomkrieg verhindert und die Menschheit eint, ist offensichtlich ein Kind des Kalten Krieges. Michael zeigte auf, wie Romanfigur und Serie dem Wandel der Gesellschaft folgen – und ihm zuweilen vorangehen.

Dass eine derart ausführliche Darstellung Platz benötigte, verstand sich von selbst. Nur, wie viel, das hat mich dann doch überrascht. Glaubten wir anfangs noch, mit zwei, maximal drei Folgen pro Publikationsjahr auszukommen, gelangten wir rasch in ganz andere Größenordnungen: Das RHODAN-Jahr 1974 verlangte nach zehn Folgen, das Jahr 1975 bereits dreizehn. Michael blieb dran und schrieb die Chronik bis in das RHODAN-Jahr 1980 weiter. Dann, 2007, wurde die dritte Auflage der Serie eingestellt. Die Chronik fiel der Einstellung zum Opfer, trotz ihrer Beliebtheit bei den Lesern. Die letzte Folge war die Nummer 147.

Doch, wie man weiß, ist Perry Rhodan unsterblich – und die Serie und alles darum herum ist nicht totzubekommen. Nun ist die PERRY RHODAN CHRONIK wieder zurück. Sorgfältig überarbeitet, erweitert und in Buchform. Band eins der Chronik liegt seit Wochen auf meinem Nachttisch. Die Chronik ist meine Lieblingslektüre. Ein Leckerbissen, der viel zu schnell zur Neige zu gehen droht. Ich teile mir die Lektüre gut ein, schwelge in Reminiszenzen an den Lesestoff meiner Jugend, folge dem Auf und Ab früherer Autorengenerationen und staune darüber, wie viel sich verändert hat – und wie viel über die Jahrzehnte gleich geblieben ist.

PERRY RHODAN ist und bleibt eben die größte Soap Opera des Universums!

Wie PERRY RHODAN immer größer wurde

Als PERRY RHODAN am 8. September 1961 erstmals auf den Markt kam, befand sich Deutschland mitten im Kalten Krieg. Juri Gagarin hatte durch seine Erdumkreisung die Sowjetunion zur führenden Raumfahrtnation gemacht, und der neue US-Präsident John F. Kennedy hatte daraufhin erklärt, noch vor Ende des Jahrzehnts einen Menschen auf den Mond zu schicken und sicher zur Erde zurückzubringen.

Das war die herrschende Grundstimmung, als im ersten PERRY RHODAN-Heft, angesiedelt im Juni 1971, der deutschstämmige Perry Rhodan, Major der US Space Force, dieses Versprechen einlöste, auf dem Mond landete und im Besitz einer außerirdischen Technologie zurückkehrte, die den Dritten Weltkrieg verhinderte.

Raumfahrt ohne Technik erschien schon seit Jules Vernes Zeiten unvorstellbar, und so war Technik auch in der Science Fiction das häufigste Mittel, an neue Schauplätze zu gelangen. PERRY RHODAN machte da keine Ausnahme. In den ersten sechs Jahren, dreihundert Hefte lang, wurde mit einer immer ausgeklügelteren technischen Bestückung die Erforschung der Milchstraße und benachbarter Galaxien vorangetrieben. Dabei herrschte durchaus ein »Feind-im-Weltall-Konzept«, wie William Voltz es einmal nannte. Es wimmelte von Wesen, die den Terranern Übles wollten – auf der Erde wie auch im Weltraum.

In der bundesrepublikanischen Wirklichkeit kam es unterdessen zu drastischen Veränderungen auf sozialem, kulturellem und politischem Gebiet. Die Jugend brach mit den Werten der älteren Generation, mehr Freiheit und Demokratie wurden eingefordert – und so mehrten sich bald auch bei PERRY RHODAN kritische Leserstimmen, die immer raffiniertere Techniken und Waffensysteme ablehnten, selbst wenn sie der Verteidigung dienten. Das war genau die Argumentation der Kalten Krieger gewesen, gegen die sich die Serie bei ihrem Start gewendet hatte, und durch die Medienberichterstattung, allen voran die ZDF-Sendereihe »Monitor«, bekam man das auch mitleidlos unter die Nase gerieben. Der Druck auf die Macher von PERRY RHODAN, ihre Serie neu zu erfinden, stieg.

Ein »Neustart« erfolgte im April 1969 mit PERRY RHODAN 400, dessen Handlung tausend Jahre nach dem vorigen Heft angesiedelt war. Abermals ging es darum, eine mögliche Bedrohung der Menschheit abzuwenden, doch wurde nun zur »Verteidigung« vor angreifenden Flotten das Sonnensystem um fünf Minuten in die Zukunft versetzt und damit unangreifbar gemacht. Kriegerische Auseinandersetzungen gab es vorwiegend als Light-Fassung, und die Wiederwahl von Perry Rhodan zum Großadministrator des Solaren Imperiums erfolgte fast ein wenig verstohlen. Nur war dieser Neustart nicht tragfähig genug, es gelang den Machern im Verlauf des gesamten Zyklus nicht, ein klares Konzept zu finden. Die Serie durchlief inhaltlich wie auflagenmäßig ein noch nie dagewesenes Tief.

Der Wiederaufstieg von PERRY RHODAN begann schließlich mit dem aufwendig gestalteten Jubiläumsband 500, der im April 1971 erschien. Er sollte für zehn Jahre der letzte Romanbeitrag von K. H. Scheer zur Serie sein, der krankheitsbedingt auch die folgenden zehn Exposés nicht schreiben konnte. Immer stärker kamen nun die Konzepte des Kriegsdienstverweigerers William Voltz zum Tragen. In der Gründungs- und Aufbauphase der Serie durch seinen langjährigen Freund Scheer hatte er den idealen Nährboden für humanistische Auffassungen gefunden, die nach seiner offiziellen Übernahme der Exposéredaktion mit Band 650 zunehmend das Gesicht der Serie prägten. Voltz’ Handlungen orientierten sich bewusst an den neuen gesellschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit, aber auch am jüngsten naturwissenschaftlichen Kenntnisstand. Während der nächsten zehn Jahre machte er die kosmischen Mythen in der Serie zu seinem Markenzeichen.

K. H. Scheer hatte mit Clark Darlton die Serie begründet, und gemeinsam hatten sie eine Melange aus Technik und kosmischen Träumen geschaffen, bis der wachsende Einfluss von Voltz Scheers technologische Vision zunehmend ins Kosmologische und Mythische erweiterte. Und so gegensätzlich die beiden Autoren zunächst auch erscheinen mögen, hat gerade diese Verbindung den anhaltenden Erfolg der Serie ermöglicht.

Fünfzig Jahre sind seit dem Start von PERRY RHODAN vergangen. Auf Scheer und Voltz folgten Ernst Vlcek mit Thomas Ziegler und Kurt Mahr, Robert Feldhoff und jetzt Uwe Anton als Exposéautoren, die der Serie ihren Stempel aufdrückten. Und doch hätte sie niemals so lange bestehen können, wenn nicht Scheer und Voltz schon in frühen Jahren ein derart tragfähiges Fundament aus Technologie und Humanismus aufgebaut hätten.

Von diesem Spannungsverhältnis lebt PERRY RHODAN heute noch. So sehr die Serie sich auch der grandiosen Zusammenarbeit aller Beteiligten verdankt – ein großartigeres Vermächtnis hätten K. H. Scheer und William Voltz ihnen nicht hinterlassen können.


Ein Jubelband mit Überlänge

 

Mit 84 Seiten war der PERRY RHODAN-Jubiläumsband 700, der im Januar 1975 erschien, um ein Viertel umfangreicher als üblich. Als Serviceleistung für den Leser hatte er ein umlaufendes Titelbild und einen Leserbriefanteil von vier Seiten, also von doppelter Länge. Sie brachten einen Ausblick auf den neuen Handlungsbogen, der Aphilie-Zyklus genannt wurde, eine Würdigung der amerikanischen PERRY RHODAN-Ausgabe, die gerade mit dem fünfzigsten Taschenbuch erschienen war, eine Umfrage nach den besten Heften und Autoren der Fantasyserie DRAGON, die Meldung, dass H. J. Bruck den Deutschen Hugo 1975 verliehen bekommen hatte, und einen SF-Witz von Michael Thiesen, damals SF-Fan, inzwischen enger redaktioneller Mitarbeiter von PERRY RHODAN. (Der Leser-SF-Witz im folgenden Heft stammte übrigens von keinem Geringeren als Horst Hoffmann, der schon bald zu den fleißigsten Autoren im erweiterten Perryversum zählen sollte.)

Im Innenteil fand sich die eher unspektakuläre Risszeichnung eines interplanetarischen terranischen Verbindungsschiffes von Rudolf Zengerle, dem Risszeichner der ersten Stunde. Und am Heftende stand ein Verzeichnis »aller« bisher erschienenen Bände – allerdings erst ab Nr. 321 – sowie der erste PERRY RHODAN COMPUTER. Er hatte »Die Aphilie« zum Thema und wurde als Werbemaßnahme, ebenso wie einige weitere Folgen der neuen Einrichtung, auf die Leserseiten von TERRA ASTRA übernommen.

Der Leser konnte spüren, dass sich etwas verändert hatte. Zum ersten Mal seit Jahren vermittelte ein Jubiläumsband wieder eine Art Aufbruchstimmung …

Offizieller Führungswechsel

Es war schon eine Weile her, dass William Voltz die Exposéredaktion für die Handlung der Serie offiziell von K. H. Scheer übernommen hatte. Anfang 1974 hatte er mit dem Exposé für den Jubiläumsband 650 seinen ersten Meilenstein gesetzt, und ein Jahr später schien Cheflektor Kurt Bernhardt endgültig Klarschiff machen zu wollen.

Der Pabel Verlag stand unter der neuen Leitung von Winfried Blach, als Bernhardt am 22. Januar 1975 in einem Rundschreiben an ihn und die Serienautoren verkündete, dass ab sofort alle Kopien der Manuskripte für PERRY RHODAN und ATLAN nicht mehr an Scheer, sondern an Voltz zu schicken seien. Er fügte hinzu, dass auch immer alle Exposés und Manuskripte zu lesen seien. »Nur wenn die Autoren beide Reihen laufend lesen, ist eine erfolgreiche Zusammenarbeit für beide Serien gewährleistet.«

Am 17. April schickte Bernhardt Voltz einen Verlagsvertrag in dreifacher Ausfertigung, der dessen neuen Status als verantwortlicher Exposéautor von PERRY RHODAN bestätigte und sich stark an den früheren Vertrag mit Scheer anlehnte. »Ich bin der Meinung, daß ich alle Ihre Interessen in den Vertrag aufgenommen habe«, schrieb Bernhardt, aber »ich habe ihn noch nicht unterschrieben. Wenn er in Ordnung ist, versehen Sie alle Exemplare bitte mit Ihrer Unterschrift und schicken Sie sie mir zurück.«

Eine lange Entwicklung vom Ideenlieferanten der Sechzigerjahre über die redaktionelle Tätigkeit an allen Fronten hatte damit ihren verdienten Höhepunkt erreicht. Der Wechsel in der Exposéredaktion war jetzt schwarz auf weiß bestätigt.

Abenteuer auf drei Ebenen

Im Zyklus über das Konzil der Sieben hatte die Handlung erstmals wieder einen engeren Zusammenhalt gehabt, auch wenn PERRY RHODAN 699 fast mit einem Cliffhanger endete. Die Abenteuer im Mahlstrom der Sterne und in der Provcon-Faust schienen gerade erst begonnen zu haben. Aber dessen war sich der Exposéautor bewusst.

»Mehr als jemals zuvor sind wir bei der Ausarbeitung der Handlungskonzeption auf Ihre Wünsche und Anregungen eingegangen«, schreibt William Voltz auf den Leserseiten von Band 700. »Ein Teil der Handlung spielt auf der Erde, wo eine Menschheit ohne Liebe mit besonderen Problemen zu kämpfen hat. Mit dieser neuen Thematik halten neue, bisher kaum angewandte Spannungseffekte ihren Einzug in PERRY RHODAN. Es geht um das Verhalten von Menschen auf einer Erde, auf der die Roboter menschlicher sind als die Ureinwohner dieses Planeten. Und es geht um das Schicksal einer kleinen Gruppe von Menschen unter der Führung von Roi Danton, die der Menschheit ohne Liebe helfen wollen.«

Aber das war nur einer von mehreren Schwerpunkten. »Auch auf Weltraumabenteuer brauchen Sie nicht zu verzichten. Mit der SOL, dem gewaltigsten Schiff, das jemals von Menschenhand geschaffen wurde, ist Perry Rhodan aufgebrochen, um die Heimatgalaxis zu erreichen. Auf diesem Flug durch Raum und Zeit wird er in zahlreiche Abenteuer verstrickt und gerät in Konfrontation mit jener Macht, die hinter dem Konzil der Sieben steht.«

Und es gab einen weiteren Schwerpunkt: »Um die Handlung noch abwechslungsreicher, farbiger und spannender zu gestalten, haben wir eine dritte Handlungsebene entwickelt. Dabei geht es um das Schicksal der Neuen Menschheit, die sich unter der Führung von Atlan in der Heimatgalaxis auf besondere Art mit den Problemen auseinanderzusetzen beginnt.«

Der neue Zyklus sollte ständig zwischen diesen Handlungsebenen wechseln.

Medaillon, Provcon-Faust und Balayndagar

Seit jenen schicksalhaften Tagen im Juli 3580, als Terra und Luna durch die Hilfe des Insektenvolkes der Ploohn in eine neue Umlaufbahn eingeschert waren, sind hundertzwanzig Jahre vergangen. So lange bestrahlt nun schon die Sonne Medaillon den Heimatplaneten der Menschheit – eine fremde Sonne, deren fünf- und sechsdimensionale Strahlungskomponenten auf Gene und Psyche der meisten Menschen einen entsetzlichen Einfluss ausüben. Die sogenannte Aphilie beraubt sie ihrer Gefühle.

Als man dies nach vierzig Jahren bemerkt, ist es zu spät. Perry Rhodan und seine Getreuen werden ihrer Ämter enthoben. Die von der Sonne Veränderten beginnen alle normal Gebliebenen zu verfolgen und eine Schreckensherrschaft zu errichten.

Der Jubiläumsband 700 spielt achtzig Jahre danach. Der Anführer der Aphiliker ist Reginald Bull. Er hält die Macht auf Terra in Händen und hat Perry Rhodan mit dem Raumschiff SOL verbannt. In den nächsten fünf Romanen schildern H. G. Ewers, Clark Darlton, Hans Kneifel, Ernst Vlcek und William Voltz, wie einige Immune auf Terra, die sich zu der von Roi Danton geleiteten »Organisation Guter Nachbar« zusammengefunden haben, aus dem Untergrund heraus wichtige Missionen durchführen.

Die besondere Vorliebe von Voltz für Roboter kommt dabei zum Tragen. Frei nach den Asimovschen Gesetzen erweisen sich gerade jene Roboter, deren Positronik nicht über ein Zellplasmateil verfügt, als »menschlich« und retten zahlreiche Leben.

Mit PERRY RHODAN 706 wird auf die Dunkelwolke Provcon-Faust in der Milchstraße umgeblendet, wo es Lordadmiral Atlan im Laufe der vergangenen Jahrzehnte gelungen ist, ein Staatengebilde aufzubauen, das sich Neues Einsteinsches Imperium oder NEI nennt. Dort hat ein Teil der ursprünglichen Menschheit eine sichere Zuflucht gefunden.

Als das Gerücht die Runde macht, dass die Tage Leticrons, des Ersten Hetrans der Milchstraße, gezählt sind, lässt der Lordadmiral Erkundungen in die von den Laren beherrschten Gebiete der Menschheitsgalaxis durchführen. Auch der USO-Spezialist und Aktivatorträger Ronald Tekener wird aktiv, der damit dauerhaft zu PERRY RHODAN überwechselt – inhaltlich gesehen 736 Jahre nach seinem letzten Auftritt, der in ATLAN 175 erfolgte, einem Roman, der erst drei Wochen vorher im Zeitschriftenhandel gelegen hatte!

Mit Band 710 setzt die dritte Handlungsebene des Zyklus ein: Das Hantelraumschiff SOL mit Perry Rhodan und seinen Getreuen an Bord sucht seit 38 Jahren einen Weg zurück in die heimatliche Milchstraße. Endlich misst man sie an, und die SOL-Zelle 1 landet mit dem Mittelteil auf einem Planeten in der Kleingalaxis Balayndagar, um Vorräte an Bord zu nehmen. Nur: Ein Start ist nicht mehr möglich. Während die SOL-Zelle 2 allein in die Heimat aufbricht, stellt sich heraus, dass die Kelosker, ein Konzilsvolk, das Bordgehirn SENECA auf ihre Seite gebracht haben. Sie sind für das Startversagen verantwortlich.

Aber anscheinend sind die Handlungen der Kelosker von Angst geprägt. Sie bringen das Shetanmargt an Bord, ein technisches Großgerät, in dem ihre gesamte Wissenschaft, Kultur und Historie gespeichert ist – auch die für das Konzil entwickelten Strategien.

Und als SENECA, von Gewissensbissen geplagt, die Kelosker endlich ausmanövrieren kann, ist es eigentlich schon zu spät, denn jetzt zeigt sich, dass ihre Angst alles andere als unbegründet war. Die Große Schwarze Null, das Black Hole im Zentrum Balayndagars, expandiert nämlich und verschlingt ganze Sonnensysteme.

In PERRY RHODAN 717, einem Roman, der während der Apokalypse von Balayndagar spielt, beschreibt Voltz, wie Alaska Saedelaere und Icho Tolot den Rechenmeister der Kelosker, Dobrak, den Einzigen, der das Shetanmargt voll zu nutzen vermag, von einem Planeten abholen und dabei auf ein Raumschiff der Laren treffen, dessen Mannschaft die gleiche Absicht verfolgt. Aber der Rechenmeister folgt den Solanern – auf eine Art geschildert, die wundervoll seine fremde Denkungsart nahebringt.

Die Apokalypse fordert ihren Tribut. Auch die SOL kommt gegen den vernichtenden Sog der Schwerkraft nicht an. Um überhaupt eine Überlebenschance zu haben, bleibt ihr nichts anderes übrig, als mitten in das Black Hole hineinzufliegen …

Info zur Romanserie: Die Kelosker

Ihre rund 3,30 Meter großen Körper wirken monströs und plump und sind von einer grau-gelben Lederhaut überzogen. An eine Schwerkraft von etwa einem Gravo gewöhnt, stehen sie auf kurzen, dicken Laufstummeln und bedienen sich bei der Fortbewegung zusätzlich zweier stummelartiger Gliedmaßen in der Körpermitte. Als Arme besitzen sie 1,80 Meter lange Tentakel, die in jeweils zwei Greiflappen enden und außerdem zur Stützung dienen. Auf zwei Meter breiten Schultern sitzen übergangslos die einen Meter breiten und einen halben Meter hohen Köpfe, aus denen sich vier kegelförmige Knochenwülste – die sogenannten Paranormhöcker – erheben; sie sind mit dem darunter liegenden Großhirn verbunden. Zwei rund vierzig Zentimeter lange Augen ziehen sich rechts und links um den Kopf herum, ein drittes sitzt als Ellipse auf der Stirn, ein viertes unmittelbar darunter. Der vierzig Zentimeter breite Mund der Sauerstoffatmer ist mit farblosen Hautlappen verschließbar.

Als Mitgliedsvolk des Hetos der Sieben sind sie in diesem Machtverbund die rechnerischen Planer und Strategen. Sie können fünf- und sechsdimensionale Zusammenhänge erkennen und definieren und dringen mathematisch sogar in die Bereiche der siebten Dimension vor.

Gefühlsarmut und mutierte Kinder

Ausgerechnet zu Beginn des »Aphilie«-Zyklus, als bei PERRY RHODAN die Gefühlsarmut zum beherrschenden Thema der Handlung wurde, forderte der Verlag die Autoren zu verstärkter Mitarbeit auf. Nach dem Motto: Jetzt aber gefühlvoll.

»Jeder PERRY RHODAN-Autor kann ab Nr. 707 Einzelexposés schreiben. Das Thema muß nur im Rahmen des Zyklus liegen«, heißt es in einem Rundschreiben vom 6. September 1974. »Es ist zweckmäßig, sich vorher telefonisch mit Herrn Voltz in Verbindung zu setzen, um das Thema festzulegen. Die Exposés werden entsprechend honoriert. Damit ist allen Autoren – was sie sich schon seit Jahren gewünscht haben – die Möglichkeit gegeben, aktiv an der Serie mitzuarbeiten.«

Es dauerte eine Weile, bis die Autoren auf diese veränderten Umstände reagierten. Sie waren es gewohnt, den roten Faden der Handlung vorgegeben zu bekommen, und das Einbringen eigener Vorstellungen war eher eine Frage der Interpretation gewesen, nicht so sehr des Inhalts. Als Erster reagierte H. G. Ewers und baute in seinen Doppelband 714/715 sogleich zwei neue Handlungsträger ein: Ulturpf und Kjidder Emraddin, fünf Jahre alt, zwei mutierte Kinder der SOL – die eine kann als Dimensionsgängerin beliebige Existenzebenen aufsuchen, der andere als EPI-Indoktrinator kraft seines Geistes alle elektronischen, positronischen und inpotronischen Vorgänge beeinflussen.

Die Zwillinge werden dem Bordgehirn der SOL allerdings so lästig, dass sie am Ende des Doppelbandes in eine Scheintodstarre versetzt werden, aus der sie nur SENECA wieder befreien kann – beziehungsweise der Exposéautor, wenn er sie neuerlich einsetzen wollte. Was er auch tat. In PERRY RHODAN 717 sorgte er dafür, dass sie sich aus Furcht vor einer kosmischen Katastrophe in eine andere Dimension zurückzogen.

Als Nächster reichte Kurt Mahr ab Dezember 1974 ausführliche Vorschläge für den weiteren Verlauf der Handlung ein, sogar Exposés für ganze Heftumfänge, die William Voltz denn auch als Grundlage für einige Romane des Bruckmühler Autors dienten.

 

Das neue Verfahren brachte zwar mehr Lockerheit im Umgang mit der Handlung, griff aber nur begrenzt. Recht bald stellte sich nämlich heraus, dass der große Überbau, der rote Faden, an dem sich die Hefte entlang entwickelten, einzig von einem Exposéautor gewährleistet werden konnte, der allerdings das Talent mitbringen musste, die Handlung auf die Fähigkeiten und Vorlieben der einzelnen Mitarbeiter maßzuschneidern.

Ovarons Tod

Fast sechs Realjahre vorher hatte Ovaron, ein Angehöriger der Cappins aus der Galaxis Gruelfin, in PERRY RHODAN 437 seinen Einstand gegeben. Damals hatte er im Rahmen einer Geheimaufgabe den auf einer Insel inmitten eines Asphaltsees stationierten Zeitläufer kontrollieren und Zeitreisen verhindern sollen. Er war offiziell Chef der Geheimpolizei Golamo, der Streitkräfte und der Energieversorgung der von Lasallo geleiteten Cappingruppe auf Lotron im Tranat-System, wie die Cappins die Erde und das Sol-System nannten.

In den folgenden Romanen 438 bis 449 wird Ovaron seines Postens enthoben, erfährt durch Rhodan von der Bedrohung durch den Todessatelliten, stellt sich bedingungslos auf die Seite der Terraner und kehrt mit ihnen in die Handlungsgegenwart zurück. Sie bringen im Todessatelliten eine Sextadimbombe an, durchbrechen die cappinsche Wachflotte und zünden die Bombe, woraufhin Ovaron feststellt, dass das Sextagonium unwirksam geworden ist, und aus der Vergangenheit neue Vorräte holt. Dabei wird er durch ein Zeitparadoxon gedoppelt, stößt auf Rhodans tot geglaubten Sohn Roi Danton, verändert seine psychische Individualstrahlung und löst schließlich die Explosion der Sextadimbombe aus, die den Todessatelliten zerstört, woraufhin Mausbiber Gucky ihm eigenhändig einen Zellaktivator überreicht.

Ab Band 450 verlagern sich die Abenteuer des Cappins in seine Heimat Gruelfin, die er mit Rhodan und seinem Flaggschiff aufsucht. Die Terraner wollen sich für seine Hilfe dankbar erweisen und verhelfen ihm nach vielen Erkundungen der Galaxis zur Position des Herrschers über das Reich der Cappins und Takerer. Band 460 schildert, wie eine alte Speicherbank auf einem Archivplaneten ihn als einzig rechtmäßigen und echten Ganjo bestätigt.

Bei weiteren Vorstößen entdecken die Freunde den Planeten, auf dem Ovaron vor 200.000 Jahren als Maßnahme gegen seine erbittertsten Feinde, die Takerer, automatische Pedopeilstationen produzieren ließ. Damit konnten sie Terra erst erreichen. Eine Fehlfunktion seiner Tryzom-Körperchen veranlasst ihn nun, gegen seinen Willen einige Verbündete zu übernehmen, aber Rhodan lässt ihn nicht fallen. Gemeinsam zerstören sie die Anlagen der Takerer, in denen Zentauren und Höhlenmenschen gezüchtet wurden, Ahnen der heutigen Menschheit – um die Zukunft eben dieser Menschheit zu ermöglichen.

Bis zum Ende des 400er Zyklus erlebte Ovaron noch fast jede Woche Abenteuer an der Seite Rhodans, bevor er für ein Jahr Realzeit aus der Handlung verschwand. Als er in Band 569 wieder auftauchte, brachte er zur Rettung der Menschheit vor der Verdummung und den Auswirkungen des Schwarms gleich eine ganze Gruppe seines Volkes mit.

Erst in PERRY RHODAN 722 ist wieder von Ovaron die Rede, als Atlan, der Lordverwalter des Neuen Einsteinschen Imperiums, einen Notruf an ihn absetzt. Der Freund der Terraner, dessen monströs veränderter Körper in der verbotenen Zone des Regierungspalastes in einer Nährlösung am Leben erhalten wird, sehnt schon lange den Tod herbei und stirbt nach einer letzten Großtat für sein Volk.

Vier Realmonate später, in Band 738 der Serie, erwähnt der Lordverwalter Atlan in einem Gespräch, dass die Cappins sich einfach nicht rühren und er für das Schweigen nur eine Erklärung habe. Ovaron müsse gestorben sein, weil sein Zellaktivator durch die dimensional übergeordneten Impulse bei der Pedotransferierung geschädigt worden sei.

Info zur Romanserie: Ovaron

Umgerechnet auf terranische Zeit, wurde Ovaron aus dem Volk der Cappins im Jahre 3394 n. Chr. geboren. Er ist 1,96 Meter groß, athletisch und kräftig, hat ein schmales Gesicht mit großer Nase und ein vorspringendes, breites Kinn, hellbraune Haut und bräunliche Augen sowie lange schwarze Haare, die meist von einem Konturreif zusammengehalten werden. Er ist ein vorzüglicher Pedotransferer, kann also seinen Körper mittels technischer Hilfe über weite Strecken in Nullzeit transportieren und fremde Bewusstseine übernehmen. Tryzome, atomar umgewandelte Moleküle in seinem Blut, machen ihn zu einem Tryzom-Tänzer mit der Fähigkeit, zweigleisig zu denken. Sein Körper stirbt im Jahre 3580 n. Chr., aber eine Dekade später stellt sich heraus, dass sein Bewusstsein weiterexistierte. Ein Gänger des Netzes erklärt ihm, dass er die Fehlfunktion seines Aktivators durch seine Fähigkeit der Pedotransferierung überlebte. Der letzte Kontakt zu ihm erfolgt nach weiteren neunzehn Jahren, dann verliert sich seine Spur.

Ein Aufschrei geht durch die Leserschaft

Am 2. Juli 1975 verfasste Cheflektor Kurt Bernhardt ein Rundschreiben an alle Autoren, in dem er feststellte: »Wir erhalten ununterbrochen Kritik und Beschwerden über den PERRY RHODAN-Band Nr. 722, in dem Ovaron seinen Tod findet, obwohl er Träger eines Zellaktivators ist.« Das sei ein »großer Hammer«, und als Schuldige sehe er die Exposéautoren und den Verfasser des Romans: Voltz, Scheer und Ewers. »Ich mache mir natürlich Gedanken, wie solche Fehler in Zukunft zu vermeiden sind, bzw. ich muß eine Organisationsform finden, die solche Fehler unbedingt ausschließt.«

Noch eine Woche später spricht er in einem Schreiben an K. H. Scheer davon, dass es sich um die schlimmste Resonanz der letzten Jahre bei den Lesern handele. Eine Figur, die mit dem Zellaktivator ausgestattet sei, sterben zu lassen, sei eine riesengroße Panne.

Scheer entgegnete, dass ein Aktivatorträger nur biologisch unsterblich sei, durch Unfall, Mord oder Diebstahl des Geräts aber mühelos getötet werden könne. Ewers’ Schilderung in Band 722 sei demnach völlig korrekt gewesen. Er legte eine Liste der Aktivatorträger bei, gültig ab Band 500, die alle Autoren besäßen, auch Ewers, dem man bestenfalls vorhalten könne, dass er Ovaron in dem Roman nicht als Aktivatorträger bezeichnet habe.

Auch Voltz fand in seiner Antwort vom 12. Juli, dass es sich zwar um einen Fehler gehandelt habe, der aber angesichts »des vorliegenden Datenbergs außerordentlich gering ist. Im Verhältnis zu früher ist die Koordination der Handlung besser, die Fehlermenge hat sich nachweisbar verringert. Ausschließen lassen sich solche Widersprüche aber nicht, es sei denn, wir wollten die Autoren in ein noch engeres Schema pressen.«

Zu guter Letzt befand Voltz: »Da weder Herr Schelwokat noch ich entdeckte Fehler an die große Glocke hängen, wissen Sie nicht, was alles ausgemerzt wird!« Allerdings habe er den Autor des entsprechenden Romans gebeten, den Fehler bei nächster Gelegenheit zu korrigieren. Das sei in Band 738 auch in logischer Form geschehen.

Bernhardt musste wohl oder übel einsehen, dass die Leserbeschwerden über Ovarons Tod von der Sache her falsch waren. Schon in Heft 408 waren während der Second-Genesis-Krise sämtliche Altmutanten gestorben, obwohl sie Aktivatorträger waren.

Unsterblich bedeutete eben nicht unverwundbar – diesem Trugschluss, der Kritikern der Serie immer wieder als Indiz für Allmachtsphantasien galt, waren viele Leser aufgesessen!

Essay: WER LIEST PERRY RHODAN? – von William Voltz

Ich habe mir an Hand der Leserbriefe natürlich Gedanken gemacht, wer unsere Leser sind. Es läßt sich da ein guter Querschnitt herausfinden. In erster Linie wird PERRY RHODAN von jungen Leuten gelesen, also Lesern von 15 bis 29 Jahren, die die Hauptschicht stellen. Es sind aber auch ältere Leser dabei. Ich glaube, was die Frauen angeht, so sind es zwei Drittel männliche und ein Drittel weibliche Leser. In letzter Zeit hat sich das etwas zugunsten der weiblichen Leser verschoben. Wahrscheinlich schon deshalb, weil wir uns etwas von der »Nur-Technik« abgekehrt haben und auch andere Dinge ansprechen.