Der Lizenzvertrag

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2. Rechtslage ab dem 1.1.2002

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§ 313 BGB regelt jetzt den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Inhaltlich sind die Grundsätze der Rechtsprechung übernommen worden. Es kann daher auf die Ausführungen in Rn. 85 verwiesen werden.97

89 Die Ausführungen zur Rechtslage vor dem 1.1.2002 bleiben nach wie vor relevant, da es aufgrund der gesetzlichen Laufzeit von Schutzrechten, aber auch aufgrund des sehr oft sehr langen Geheimnisschutzes von geheimem Know-how und entsprechenden Lizenzverträgen immer noch Lizenzverträge gibt, die nach dem Recht vor dem 1.1.2002 abgeschlossen wurden. BGH, 21.11.1968, NJW 1969, 233, 234; BGH, 13.11.1975, NJW 1976, 565, 566; Benkard, PatG, Rn. 206 ff., 209 ff. zu § 15 m.w.N. 90 Lüdecke/Fischer, S. 469; Reimer, PatG, Anm. 55 und 112 zu § 9; Tetzner, Anm. 20 zu § 9. 91 Schade, S. 93; Pfaff/Osterrieth, S. 241, Rn. 245; Benkard, PatG, Rn. 206 ff. zu § 15. 92 BGH, 10.11.1977, GRUR 1978, 166; Benkard, PatG, Rn. 134 ff., 206 zu § 15. 93 BGH, 15.3.1973, GRUR 1974, 40, 43; Benkard, PatG, Rn. 206 f. zu § 15. 94 Vgl. Falck, GRUR 1965, 302; Schade, S. 102; Storch, GRUR 1978, 168; Benkard, PatG, Rn. 206 f. zu § 15. 95 BGH, 11.10.1977, GRUR 1978, 166. 96 Henn, Rn. 9, 29, 298 ff. m.w.N.; Stumpf, Der Know-How-Vertrag, Rn. 174, 219 f. 97 Palandt/Grüneberg, § 313 Anm. 1 ff., 62.

VI. Verzug
1. Rechtslage vor dem 1.1.2002

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Hinsichtlich des Verzugs bot der Lizenzvertrag keine Besonderheiten. Erbrachte einer der Vertragspartner die ihm obliegende Leistung schuldhaft nicht rechtzeitig,98 so konnte ihm der andere Teil eine angemessene Frist mit der Erklärung setzen, dass er die Annahme der Leistung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist war er berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder den Vertrag zu kündigen. Dabei trat das Kündigungsrecht an die Stelle des im § 326 BGB a.F. vorgesehenen Rücktrittsrechts, weil es sich hier um ein Dauerschuldverhältnis handelt.99

2. Rechtslage ab dem 1.1.2002

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Auch für den Verzug gilt, wie für andere Pflichtverletzungen, die grundlegende neue Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB, wobei der Verzugsschaden gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu ersetzen ist. Voraussetzung für den Verzug ist grundsätzlich die Mahnung (§ 286 Abs. 1 BGB). Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertiger Zahlungsaufstellung leistet (§ 286 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BGB).100

98 § 284 BGB a.F.; § 326 BGB a.F. 99 §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 542 BGB a.F.; vgl. zur Verzugsproblematik auch Henn, Rn. 205 ff., und Benkard, PatG, Rn. 159 ff. zu § 15. 100 S. auch Henn, Rn. 347 f., und Pfaff/Osterrieth, S. 221 f.; Benkard, PatG, Rn. 159 ff. zu § 15.

VII. Positive Vertragsverletzung
1. Rechtslage vor dem 1.1.2002

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Über die im BGB a.F. ausdrücklich geregelten Fälle hinaus, in denen die Verpflichtung des Schuldners durch Verzug oder durch von ihm herbeigeführte Unmöglichkeit verletzt wurde, kamen Fälle von Forderungsverletzungen vor, die weder eine Unmöglichkeit der Leistung noch einen Mangel noch Verzug darstellten. Es handelte sich hier um die sog. positive Vertragsverletzung. Im Zusammenhang mit Lizenzverträgen kamen positive Vertragsverletzungen in verschiedenster Hinsicht in Betracht. Hingewiesen sei lediglich auf die Fälle, in denen zur Verfügung gestellte Erfindungen schädliche Nebenwirkungen hatten. Dem Lizenznehmer war hier, soweit den Lizenzgeber ein Verschulden trifft, nach allgemeinen Grundsätzen ein Schadensersatzanspruch oder ein Kündigungsrecht zuzubilligen.101

2. Rechtslage ab dem 1.1.2002

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Ab dem 1.1.2002 wird nicht mehr zwischen Haupt- und Nebenpflichten unterschieden: § 280 BGB ist jetzt die grundlegende Haftungsnorm. § 280 BGB ist im Zusammenhang mit § 241 Abs. 2 BGB zu sehen, der jede Partei eines Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei verpflichtet.

Wichtig ist die „Unterscheidung zwischen echten vertraglichen (leistungsbezogenen) Nebenpflichten und bloßen Schutzpflichten (nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten)“.102 Der Gläubiger kann Schadensersatz statt der Leistung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281–283 BGB verlangen, § 280 Abs. 3 BGB. Wenn der Schuldner die Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Fristsetzung ist gemäß § 281 Abs. 2 entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat. Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht (z.B. bei einer Pflicht zur Unterlassung einer bestimmten Handlung), tritt an deren Stelle eine Abmahnung (§ 281 Abs. 3 BGB). Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung, ist der Schuldner zur Rückforderung seiner Leistung berechtigt (§ 281 Abs. 5 BGB unter Verweis auf die Rücktrittsvorschriften der §§ 346–348 BGB).

Bei nicht leistungsbezogenen Nebenpflichtverletzungen (bloße Schutzpflichten) kann der Gläubiger gemäß § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zumutbar ist (§§ 282, 241 Abs. 2 BGB).

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Die vor dem 1.1.2002 ebenfalls über die Grundsätze der positiven Forderungsverletzung zu behandelnde Haftung für die schuldhafte Verletzung von nach Lizenzvertragsende noch bestehenden Pflichten (z.B. können aufgrund der sog. Auslaufklausel noch beim Lizenznehmer vorhandene lizenzgebührenpflichtige Vertragsgegenstände noch bis zu einem bestimmten Datum verwertet werden oder es bestehen nach Vertragsende z.B. weiterhin noch bestimmte Haftungs-, Geheimhaltungs-, Abrechnungs-, Zahlungs-, Exportgenehmigungspflichten) werden ab 1.1.2002 nach der grundsätzlichen Haftungsnorm des § 280 BGB beurteilt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Rn. 64 ff., 90 verwiesen.

101 Vgl. auch OLG Düsseldorf, 1.5.1929, JW 1929, 3093 Nr. 3; siehe auch Benkard, PatG, Rn. 159 ff. zu § 15, sowie Henn, Rn. 161, 179 f., zur positiven Vertragsverletzung im Zusammenhang mit Lizenzverträgen. 102 Ann/Barona, Rn. 124.

VIII. Verschulden bei Vertragsschluss
1. Rechtslage vor dem 1.1.2002

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Grundlage der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss war vor dem 1.1.2002 das enttäuschte Vertrauen.103 Unter diesem Gesichtspunkt verpflichtete auch der grundlose Abbruch der Vertragsverhandlungen zum Ersatz des Vertrauensschadens, wenn derjenige, der die Verhandlungen abbricht, zuvor durch sein Verhalten das Vertrauen geweckt oder genährt hatte, der Vertrag werde mit Sicherheit zustande kommen.104 Diese Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen beruhte auf der Überlegung, dass der Eintritt in die Vertragsverhandlungen ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis erzeugt, das die Beteiligten dazu verpflichtet, ihr Verhalten so einzurichten, dass dem anderen Vertragsinteressenten kein vermeidbarer Schaden entsteht.

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Bei Lizenzverträgen kann es hierbei mehrere Ausformungen dieses Grundgedankens des Verschuldens bei Vertragsschluss geben. So kann z.B. unter Umständen ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gegeben sein, wenn der Lizenzgeber schon bei Abschluss des Vertrages wusste, dass eine Beeinträchtigung des Schutzrechtes droht und dies dem Lizenznehmer verschweigt.

Weiterhin kann ein Fall des Verschuldens bei Vertragsschluss vorliegen, wenn laufende Vertragsverhandlungen über eine Lizenzvergabe grundlos abgebrochen werden, die so weit gediehen waren, dass der als Lizenznehmer vorgesehene Verhandlungspartner nach dem Gang der Verhandlungen darauf vertrauen durfte, dass der in Aussicht genommene Vertrag mit ihm zustande käme.105

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Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass bei Lizenzverträgen oft nicht vermieden werden kann, dass Fabrikationsgeheimnisse weitergegeben werden. Der Lizenzgeber muss dabei auf die Wahrung seines Geheimhaltungsinteresses besonders bedacht sein, wenn das Patent noch nicht angemeldet worden ist, da sonst die sog. Neuheit des Patents gem. § 3 PatG gefährdet106 oder aber ein zu einem Patent gehörendes Fabrikationsgeheimnis offenkundig wird.107 Bei der Frage der Neuheit des Patents ist in diesem Zusammenhang besonders darauf hinzuweisen, dass durch die Novellierung des deutschen Patentgesetzes die in § 2 Patentgesetz 1968 geregelte sog. 6-monatige Neuheitsschonfrist ersatzlos weggefallen ist.

 

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In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich im Übrigen, ausdrückliche Vereinbarungen der Vertraulichkeit der im Rahmen eines Angebotes zur Verfügung gestellten Informationen, Unterlagen usw. zu treffen. Dies gilt insbesondere deshalb, da die Frage, ob alleine durch die Abgabe eines Angebotes ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass nach der Lebenserfahrung ein gemeinsames Interesse aller Beteiligten an der Geheimhaltung zu erwarten ist, von der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird. Ist daher davon auszugehen, dass die Vertraulichkeit der zur Verfügung gestellten Kenntnisse entweder ausdrücklich oder nach den Umständen vereinbart worden ist, wird ein Verstoß gegen dieses Gebot der Vertraulichkeit im Rahmen der Anbahnung eines Vertrages zu einem Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss führen. Von seinem Umfang her handelte es sich bei diesem Schadensersatzanspruch um den Ersatz des sog. Vertrauensschadens. Dies bedeutete, dass der geschädigte Gläubiger so zu stellen war, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Gültigkeit des Geschäftes vertraut hätte.108

2. Rechtslage ab dem 1.1.2002

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Ab dem 1.1.2002 sind die Grundsätze für die Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss Bestandteil der §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2 BGB, ohne dass sich daraus im Vergleich zu den Ausführungen in Rn. 92 ff. Änderungen ergeben dürften.109

103 BGH, 22.2.1973, BGHZ 60, 221; siehe auch Henn, Rn. 352; Blaurock, ZHR 147 (1983), 334 ff.; Kurz, Mitt. 1997, 201 ff.; Lutter, Der Letter of Intent, 3. Aufl. 1998; Münchener Vertragshandbuch, Band 3, Wirtschaftsrecht, 2. Halbbd., 1997 (Thümmel), I. 1., S. 1 ff.; Pagenberg/Geissler, Lizenzverträge, 5. Aufl. 2003, S. 317 f.; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, Einf. vor § 145 Rn. 18, § 311 Rn. 34 ff. 104 BGH, 18.10.1964, NJW 1965, 43. 105 BGH, 12.6.1975, BB 1975, 1128; Henn, Rn. 352. 106 Vgl. dazu BGH, 13.12.1977, GRUR 1978, 297. 107 Vgl. dazu Stumpf, Der Know-How-Vertrag, Rn. 13. 108 Ablehnend: BGH, 24.10.1961, GRUR 1962, 86; positiv: BGH, 4.3.1955, BB 1955, 429; BGH, 13.12.1977, GRUR 1978, 297; Henn, Rn. 352; Pfaff/Osterrieth, S. 176 ff. 109 OLG Rostock, 30.1.2002, Mitt. 2004, 133.

IX. Vertragsstrafe

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Bei Lizenzverträgen wird in den letzten Jahren immer häufiger versucht, Vertragsstrafe-Klauseln zu verhandeln und vertraglich abzusichern. Es kann nicht empfohlen werden, Vertragsstrafe-Klauseln zu vereinbaren. Die Lizenzverträge sind ohnehin schon Risikoverträge, und zwar vor allem in technischer und kaufmännischer Hinsicht. Unabhängig davon, dass diese Risiken nicht auch noch durch rechtliche Rahmenbedingungen verschärft werden sollten – die vertrauensvolle Zusammenarbeit steht im Vordergrund – stellt sich u.a. die aufgrund der genannten Risiken nicht unerhebliche Frage nach den Bemessungskriterien bei der Bestimmung der Vertragsstrafe. Angesichts der Unsicherheit der tatsächlich erzielbaren Lizenzeinnahmen und im Hinblick auf die vorgenannten Risiken kann die angemessene (!) Höhe einer Vertragsstrafe wohl nur sehr schwierig bestimmt werden.110 Diese Ausführungen gelten erst recht für Verträge, die vor Abschluss eines Lizenzvertrages abgeschlossen werden (z.B. Geheimhaltungsvertrag, Letter of Intent, Optionsvertrag).

110 Vgl. z.B. BGH, 30.9.1993, NJW 1994, 45 ff. = GRUR 1994, 146 ff., jeweils m.w.N.; BGH, 28.1.1997, BB 1997, 1554 f.; siehe auch OLG Karlsruhe, 17.6.1992, GRUR 1992, 883 f.; LG München I, 12.11.1992, CR 1993, 766 f.; OLG Düsseldorf, 26.3.1993, CR 1993, 761; OLG Frankfurt, 28.4.1993, CR 1994, 355 f.; OLG Hamburg, 29.7.1999, GRUR 2000, 166; zu Bauverträgen BGH, 23.1.2003, CR 2003, 647 ff. > 5 % unangemessen; BGH, 17.1.2002, BB 2002, 698 f.: Tagessatz von 0,5 % der Auftragssumme unwirksam; OLG München, Schlussurt. v. 14.11.2013, GRUR-RR 2014, 277 – Janosch (Unangemessene Benachteiligung des Lizenznehmers bei Zahlung von Garantiesumme als Vertragsstrafe); BGH, 13.11.2013, Mitt. 2014, 299 – Vertragsstrafen-Klausel; OLG Frankfurt, GRUR-Prax 2014, 316 zur Vertragsstrafenbemessung im Normalfall; Weber, BGH: Landgerichte für alle Vertragsstrafeklagen ausschließlich zuständig, GRUR-Prax 2017, 20; Strauß, GRUR-Prax 2015, 131; Schmitt-Gaedke/Arz, WRP, 2015, 1196 ff.; OLG Frankfurt, 11.12.2018, GRUR-Prax 2019, 418; OLG Frankfurt, 12.2.2019, GRUR 2019, 289 ff. – Google Cache (Vertragsstrafeversprechen eines nicht gewerblich handelnden Verletzers); Metzger, GRUR 2019, 1015 ff.

C. Pflichten des Lizenznehmers, die sich aus der Natur des Lizenzvertrages ergeben oder die vereinbart werden

I. Pflicht zur Zahlung der Lizenzgebühr
1. Bemessung der Lizenzgebühr
a) Allgemeines

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Als Gegenleistung für die Gewährung der Lizenz steht an erster Stelle die Pflicht des Lizenznehmers, eine Lizenzgebühr zu zahlen. Hierüber müssen genaue Vereinbarungen getroffen werden. Beim Abschluss des Lizenzvertrages erhebt sich daher die Frage, wie die Lizenzgebühr zu berechnen ist.

Die Rechtsprechung und die Literatur haben sich mit dieser Frage vor allem in Bezug auf die Arbeitnehmererfindungen beschäftigt, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, wenn er dessen Erfindung in Anspruch nimmt, eine angemessene Vergütung zu zahlen hat. Zu deren Berechnung ging man früher von der Vergütung aus, die für eine freie Erfindung in der Wirtschaft gezahlt wurde. Diese Methode ist auch in den Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst vorgesehen. Die Bestimmung der Vergütung, die ein freier Erfinder erhalten würde, macht jedoch erhebliche Schwierigkeiten. Es würde im Rahmen dieser Ausführungen zu weit gehen, dies im Einzelnen zu erörtern. Es darf hierzu vor allem auf die Schrift von Lüdecke „Die Lizenzgebühren für Erfindungen“ verwiesen werden, in der die Problematik eingehend dargestellt ist.1

b) Bewertungsfaktoren

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Es sei hier nur auf einige wesentliche Gesichtspunkte hingewiesen, die für die Festlegung der Lizenzgebühr eine Rolle spielen können. Es sind dies z.B.:

 A. Allgemein Umfang des Benutzungsrechts (Monopolstellung, die der Lizenznehmer erlangt)

 B. Verkaufsobjekt1. Art des Erzeugnisses (einmalige oder wiederkehrende Fertigung, Type)2. Verkaufspreise3. Kalkulation4. Geplante Stückzahl des Erzeugnisses und seiner Teile

 C. Fertigung1. Fertigungsreife2. Entwicklungs- und Versuchskosten3. Mögliche Fertigungsart (Einzelfertigung, Serienfertigung)4. Anforderungen an die Fertigung (maschinelle Ausrüstung, Werkzeuge, Modelle, Vorrichtungen, Arbeitskräfte, Materialbeschaffung)5. Einordnung in das Fertigungsprogramm6. Auftretende Engpässe und sonstige Schwierigkeiten7. Fertigungskosten8. Zusätzlicher Finanzbedarf und seine Deckungsmöglichkeiten9. Fertigungsrisiken10. Auswertung und Untervergabe von Lizenzen

 D. Marktsituation1. Marktanteil (nach den in Betracht kommenden Ländern spezifiziert)2. Konkurrenzlagea) Marktstellung des Lizenzgebersb) Mitbewerber (auch künftig mögliche)aa) in Bezug auf das Erzeugnisbb) in Bezug auf die Lizenzc) Konkurrenzerzeugnisse3. Lieferfähigkeit (eigene und fremde)4. Aufnahmefähigkeit des (betreffenden) Marktes; (vorsichtig geschätzte) Umsatzerwartung5. Import/Export im Lande des Lizenznehmers (Zollschutz)6. Entstehende Konkurrenz auf dritten Märkten (drohende Umsatzverluste, Gewinnminderungen)7. Einfluss auf die Ergebnisentwicklung (Gewinne oder Verluste)8. Wie hoch ist das Risiko?9. Gefahr der technischen Überholung

 E. Technischer Stand1. Weiterentwicklung im eigenen Unternehmen (Konzentration der Entwicklungsarbeit aus Gründen der Rationalisierung und Sicherheit)2. Weitergabe von Ergebnissen der Forschungs- und Entwicklungsarbeit (vertragliche Ansprüche)3. Weiterentwicklung in fremden Unternehmen (Rückfluss von Know-how bzw. Verbesserungserfindungen)4. Voraussichtliches Veralten der betreffenden Type (technischer Fortschritt)5. Patentlage6. Patentlizenzen und sonstige Know-how-Verträge7. Spezielle (ungeschützte) Erfahrungen8. Technischer Reifegrad; Automatisierungsgrad9. Produktionsverhältnisse beim Lizenznehmer10. Möglicherweise frei werdende Kapazität

 F. Absatzverhältnisse1. Konditionen (auch Garantieleistungen)2. Kundendienst (Service)3. Werbung (einschließlich Unterlagen)4. Verwendung des Namens des Lizenzgebers (Eintragung des Markennamens im Empfängerland; negative Wirkungen bei verminderter Qualität)5. Verkaufsorganisation6. Bindungen des Lizenznehmers hinsichtlich der Belieferung bestimmter Märkte

 G. Lizenznehmer1. Nutzen für den Lizenznehmera) eingesparte Kosten; ermäßigte Selbstkosten (z.B. Entwicklungskosten, ausbleibende Fehlentwicklungen, Beratungskosten, Kosten für die Beschaffung von Produktionsmitteln und den Aufbau zusätzlicher Abteilungen)b) größere Umsatzmengec) erhöhte Verkaufserlöse2. Entwicklungsstand des Lizenznehmersa) Ausbildungsniveau des Landes, wirtschaftliche Verhältnisseb) bestehendes Unternehmenaa) mit Fertigung ähnlicher Erzeugnissebb) ohne Fertigung ähnlicher Erzeugnissec) neues Unternehmen3. Finanzielle Stärke des Partners4. Erfahrungen mit Fairness des Lizenznehmers (Vertrauensverhältnis)

 H. Entstehungskosten der Erfindung1. Berechenbare Größen (z.B. Kosten aus der Beratung durch Spezialisten des Lizenzgebers, Recherchekosten, Eintragungskosten usw.)2. Schätzwerte3. Vergleichbare (Markt-)Preise für Teile der Erfindung (auch Erfahrungen aus vorangegangenen ähnlichen Fällen)4. Kosten des Firmenzeichens (Werbung für den Firmennamen oder das spezielle Erzeugnis)5. Nutzenentgang beim Lizenznehmer

 I. Art der Zusammenarbeit1. Kapitalverhältnisse (Beteiligung)2. Einfluss auf die Geschäftsführung (z.B. Preisbestimmung)3. Rechnungslegung; Büchereinsicht4. Lieferung von Teilen (unter Berücksichtigung der Termine) an den Lizenznehmera) vollständige Lieferung zur Montageb) komplette Teile-Sätzec) Lieferung schwierig zu fertigender Teile (zwecks Qualitätssicherung)d) Normteilee) vitale Teile (mit der Möglichkeit der Umsatzkontrolle)f) Bewertung der Teile5. Lieferung von Unterlagen aus Konstruktion, Fertigung und Montage6. Bereitstellung von speziellem Material und Sondermaschinen7. Lieferung von Werkzeugen, Vorrichtungen, Modellen8. Austausch von Mitarbeiterna) Fertigungsarbeiter (Regelung der Vergütung, auch der Differenzen bei Unterschieden zum heimatlichen Verdienst)b) Spezialistenc) Führungskräfte9. Qualitätskontrolle

 J. Sonstige Faktoren1. Zusätzliche Vergabe von Know-how in Unterlagen (z.B. Zeichnungen, umfangreiche textliche Erläuterungen, Abbildungen, Schemata, Pläne)2. Steuerliche Aspekte (z.B.: Was bleibt nach der steuerlichen Belastung von der Lizenzgebühr übrig?)3. Juristische Fragen (z.B. Kündigung des Vertrags, Urheber- und Eigentumsrechte, Weitergabe an Dritte, Rückgabe von Unterlagen, Genehmigungszwang durch ausländische Regierung)4. Kenntnis aller Argumente für den Wert des Know-how5. Ablauf des Patentes (Laufzeit des Vertrages)6. Laufende Hingabe (schrittweise Einbringung) von zusätzlichem Know-how (unvollständiges Know-how kann schlechte Erzeugnisse zur Folge haben)7. Beginn der Wirksamkeit der Lizenz (Auswirkung auf den Ertrag, Anlaufzeit)8. Zahlungsweisea) einmalige Abfindung (ggf. in Raten)b) umsatzabhängige (produktionsabhängige) Vergütungc) Kapitalbeteiligungd) Vergütung der sonstigen Kosten (z.B. für Reisen, Beratung, Steuern auf die Lizenzgebühr)e) sonstige Regelung (z.B. Kombination der verschiedenen Möglichkeiten, Sonderzahlungen für die Hingabe von Zeichnungen, Entgelt für Know-how)9. Transfer-Möglichkeit (Risiko)10. Mögliche Sicherungen (z.B. Zurückbehalten von Neuentwicklungen, statischen Berechnungen)11. Verhandlungsposition12. Risiko über die Vertragsdauer hinaus13. Politische Einflüsse (z.B. staatliche Einstellung und Vorschriften beim Lizenznehmer)

 

100

Schon aus der Aufzählung der für die Bewertung der Lizenzgebühr erheblichen Faktoren, die keineswegs vollständig ist, lässt sich ersehen, dass eine Berechnung der Lizenzgebühr nach festen Formeln nicht möglich ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die Berechnung der einzelnen Faktoren, sondern auch die Festlegung ihres Verhältnisses zueinander erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Lüdecke kommt daher in seiner o.g. Schrift zu dem Ergebnis, dass sich feste Formeln oder fixe Zahlen, aufgrund derer die Lizenzgebühr errechnet werden kann, nicht aufstellen lassen. Derartige Formeln können allenfalls dem Fachmann gewisse Anhaltspunkte geben.

101

Dies ergibt sich auch aus der Rechtsprechung zur Ermittlung einer angemessenen Lizenzabgabe als Schadensersatz für Patentverletzungen,2 bei der sich das Reichsgericht und der Bundesgerichtshof mit allgemeinen Grundsätzen zu helfen versuchten. Die Lizenzgebühr sei nach dem „Üblichen und Billigen“, nach dem „Vernünftigen“, nach dem, was bei vertraglicher Vereinbarung ausbedungen worden wäre, und nach dem objektiven, sachlich angemessenen Wert zu bemessen.

102

Dieselben Probleme treten auch bei der Rechtsprechung über die angemessene Höhe von Lizenzen nach § 13 des Patentgesetzes auf.