Der Lizenzvertrag

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II. Unterlassungsansprüche
1. Unterlassungsanspruch des Patentinhabers

415

Neben dem bereits dargelegten Schadensersatzanspruch hat der Patentinhaber zur Abwehr künftiger Eingriffe in seine Rechtsposition einen Unterlassungsanspruch gem. § 139 Abs. 1 PatG. Voraussetzung für diesen Anspruch ist die sog. Beeinträchtigungs- und Wiederholungsgefahr.87 Eines Verschuldens des Patentverletzers bedarf es nicht.88 Der Patentinhaber verliert seinen Anspruch auf Unterlassung nicht durch die Erteilung von Lizenzen.89

2. Unterlassungsanspruch des Inhabers einer ausschließlichen/alleinigen Lizenz

416

Ebenso wie der Inhaber einer ausschließlichen alleinigen Lizenz Schadensersatzansprüche geltend machen kann, kann er aus eigenem Recht auf Unterlassung klagen. Auf die Ausführungen über den Schadensersatzanspruch des Inhabers einer ausschließlichen Lizenz90 wird Bezug genommen. Es besteht daher kein Bedürfnis für eine Verpflichtung des Lizenzgebers, den Inhaber einer ausschließlichen Lizenz vor Verletzungen durch Dritte zu schützen. Die herrschende Meinung verneint daher eine derartige Verpflichtung des Lizenzgebers.91

3. Kein Unterlassungsanspruch des Inhabers einer einfachen Lizenz
a) Allgemeines

417

Der Inhaber einer einfachen Lizenz hat aufgrund des obligatorischen Charakters seiner Rechtsposition kein Recht, auf Unterlassung zu klagen. Wegen der Gründe hierfür wird auf die Ausführungen oben92 verwiesen.

b) Schutz des Inhabers einer einfachen Lizenz durch den Lizenzgeber vor Patentverletzungen

418

Der Inhaber einer einfachen Lizenz kann ein erhebliches Interesse daran haben, dass ihn der Patentinhaber vor Eingriffen Dritter schützt. Da in der Einräumung eines einfachen Lizenzrechts die Gewährung eines positiven Benutzungsrechts zu sehen ist,93 kann man daraus die Verpflichtung des Lizenzgebers ableiten, den Inhaber einer einfachen Lizenz vor Übergriffen durch Patentverletzer zu schützen. Wenn man die Bestimmungen über die Pacht heranzieht, ergibt sich, dass der Lizenzgeber dem Lizenznehmer gegenüber verpflichtet ist, Störungen abzuwenden.94

Dass der Inhaber einer einfachen Lizenz durch Patentverletzungen in der Ausübung seiner Rechte gestört werden kann, steht außer Zweifel. Hierauf weist schon Pietzcker95 hin. Die Verletzung kann darin liegen, dass die Konkurrenzlage des Lizenznehmers beeinträchtigt wird, weil der Verletzer im Gegensatz zum Lizenznehmer keine Lizenzgebühr zu bezahlen hat. Sie kann aber auch darin liegen, dass das Fabrikat durch schlechte Qualität in seinem Ansehen geschädigt wird.

419

Kommt der Lizenzgeber der Aufforderung des Lizenznehmers, innerhalb einer angemessenen Frist gegen den Patentverletzer einzuschreiten, nicht nach, so soll dem Lizenznehmer nach Rasch96 ein Kündigungsrecht zustehen.

Die herrschende Meinung in der Literatur lehnt jedoch einen Schutzanspruch des Inhabers einer einfachen Lizenz gegenüber dem Lizenzgeber ab.97 Reimer98 weist darauf hin, dass der Lizenzgeber auch Freilizenzen vergeben könne und damit Dritte den Lizenzgegenstand benutzen könnten, ohne eine Gebühr zu zahlen.

420

Ein Recht des Lizenzgebers, willkürlich Freilizenzen zu vergeben, ist zu verneinen. Der Lizenzgeber würde hierdurch gegen seine Vertragsverpflichtungen verstoßen. Im Miet- und Pachtrecht hat die Rechtsprechung den Grundsatz herausgearbeitet, dass es sich aus dem Zweck des Mietvertrags ergeben könne, dass der Vermieter nicht andere Räume im selben Gebäude an ein Wettbewerbsunternehmen vermieten darf, ohne dass es einer ausdrücklichen Vertragsklausel bedürfte.99 Aus ähnlichen Erwägungen muss man auch verlangen, dass der Lizenzgeber nicht willkürlich Freilizenzen vergibt. Ob die Vergabe von Freilizenzen gerechtfertigt ist, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Darüber hinaus ist es wohl auch unzulässig, dass der Lizenzgeber, nachdem er bereits eine Lizenz erteilt hat, weitere Lizenzen vergibt, die in Anbetracht ihrer geringen Lizenzgebühr einer Freilizenz gleichkommen. Ein solches Verhalten verstößt ebenfalls gegen Treu und Glauben, es sei denn, dass es durch einen besonderen Umstand gerechtfertigt ist. Die Tatsache, dass der Lizenzgeber selbst neben dem Lizenznehmer produzieren kann, ohne eine Gebühr zu zahlen, rechtfertigt keine andere Auffassung. Der Lizenzgeber hat in der Regel die Kosten für die Entwicklung zu tragen. Im Übrigen muss der Lizenznehmer mit Konkurrenz von vornherein rechnen, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist. Er kann sich daher bereits beim Abschluss überlegen, ob er unter diesen Umständen ein Lizenzrecht erwerben will. Die Gefahren, die ihm durch Verletzungshandlungen Dritter drohen, lassen sich dagegen in keiner Weise abschätzen. Im Einzelfall kann es unbillig sein, dass der Lizenznehmer Lizenzgebühren zahlen soll, obwohl auch Dritte das Schutzrecht benutzen, ohne hierfür eine Erlaubnis zu haben und Gebühren zu zahlen.

Aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu einer Auflösung des Vertrags zu kommen, weil die Lizenz infolge der Schutzrechtsverletzung wertlos geworden ist, kann aber nur in besonders krassen Fällen gelingen, abgesehen davon, dass die Beweisführung sehr schwierig ist.100

c) Vertragliche Vereinbarungen

421

Infolge der ungeklärten Rechtslage empfiehlt es sich, vertragliche Vereinbarungen über die Vorgehensweise zu treffen.101 Die Formulierungen müssen dabei sehr allgemein gefasst werden, weil sich die Frage, wer prozessieren soll und unter welchen Voraussetzungen dies geschehen kann, nach dem Recht des Landes richtet, in dem der Prozess zu führen ist. Hier können sich erhebliche Unterschiede ergeben.102

d) Der Schutz bei Vereinbarung einer Meistbegünstigungsklausel

422

Eine besondere Situation ist gegeben, wenn eine Meistbegünstigungsklausel vereinbart wurde.103 Der Bundesgerichtshof führte u.a. aus: „Das BerG ist der Auffassung, dass trotz Fehlens einer vertraglichen Vereinbarung für einen Lizenzgeber, der seinem einfachen Lizenznehmer eine Meistbegünstigung eingeräumt hat, außer den im Vertrag geregelten Pflichten aus dem Grundsatz der Erfüllung eines Schuldverhältnisses nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Verpflichtung erwachsen kann, gegen Verletzer vorzugehen.“104 Dieser Rechtsauffassung ist zuzustimmen.

Der Bundesgerichtshof verweist darauf, dass Meistbegünstigungsklauseln den Zweck haben, dass der durch eine solche Klausel begünstigte Lizenznehmer nicht schlechter stehen soll als andere Lizenznehmer am gleichen Schutzrecht und der Lizenznehmer sich mit der Klausel insbesondere Sicherheit dafür verschaffen will, dass andere Lizenznehmer infolge einer geringeren Belastung durch Lizenzabgaben das Erzeugnis nicht niedriger kalkulieren und daher zu einem günstigeren Preis auf den Markt bringen können. Zu Recht verweist er darauf, dass dieser wirtschaftliche Zweck der Meistbegünstigungsklausel im praktischen Ergebnis u.U. jedoch dann nicht erreicht wird, wenn dritte Personen das Schutzrecht unberechtigt benutzen und dadurch, weil sie im Gegensatz zum Lizenznehmer keine Lizenzgebühren zahlen, dessen Konkurrenzlage beeinträchtigen. In einem derartigen Fall kann und wird nach dem Bundesgerichtshof in der Regel beim Vorhandensein einer Meistbegünstigungsklausel nach Treu und Glauben eine der Sicherung des positiven Benutzungsrechts des einfachen Lizenznehmers dienende Nebenpflicht des Gebers einer entgeltlichen einfachen Lizenz zu bejahen sein, gegen die Verletzer vorzugehen.105 Es handelt sich dabei im Übrigen rechtlich nicht um eine vom Lizenznehmer selbstständig einklagbare Nebenpflicht des Lizenzgebers, sondern106 um eine „Last“ im Sinne einer Verteidigungslast des durch eine Meistbegünstigungsklausel gebundenen Lizenzgebers. Erfüllt der Lizenzgeber seine „Verpflichtung“ nicht, duldet er vielmehr fortgesetzte Verletzungshandlungen eines Dritten, ohne dagegen einzuschreiten, kann das Bestehen auf Lizenzzahlungen seitens des Lizenzgebers unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit gegen Treu und Glauben verstoßen. Die fortgesetzte Duldung von Verletzungshandlungen eines Verletzers kann der Gewährung einer Freilizenz gleichkommen, so dass sich der Lizenzgeber, der eine Meistbegünstigung eingeräumt hat, nach Treu und Glauben so behandeln lassen muss, als habe er eine Gratislizenz gewährt, auf die der Lizenznehmer kraft seines Meistbegünstigungsrechts gleichfalls Anspruch hätte.107

Bei der nach § 242 BGB zu beurteilenden Frage, ob eine „Verpflichtung“ des Lizenzgebers in dem gekennzeichneten Sinne besteht, kommt es auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls an. Entgegen der Meinung der Revision kann eine generelle „Verpflichtung“ des Lizenzgebers, d.h. eine schlechthin und unbedingt bestehende Verpflichtung, gegen jeden dritten Verletzer vorzugehen, in dieser Allgemeinheit nicht anerkannt werden. Es kommt stets auf den Einzelfall an, ob eine solche Verpflichtung besteht, wie weit sie geht und welche Auswirkungen die Missachtung einer derartigen Verpflichtung hat.108

e) Keine Abtretung des Unterlassungsanspruchs

423

Ist der Lizenzgeber selbst nicht gewillt, seinen Anspruch auf Unterlassung geltend zu machen, so erhebt sich die Frage, ob der Unterlassungsanspruch abgetreten werden kann. Unterlassungsansprüche sind in der Regel höchstpersönlicher Art und können daher nicht abgetreten werden.109 Eine Ausnahme besteht, wenn sie mit einem Recht verknüpft sind, wie dies z.B. bei den Unterlassungsansprüchen, die aus dem Schutzrecht entspringen, der Fall ist. Sie können dann zusammen mit diesem Recht abgetreten werden.110 So führt das Reichsgericht in seiner Entscheidung vom 15.6.1935111 aus, dass der Unterlassungsanspruch nur mit dem Patentrecht abgetreten werden kann.

 

f) Einräumung der Prozessführungsbefugnis

424

Wenn auch die Abtretung des Unterlassungsanspruchs nicht als zulässig zu erachten ist, kann fast das gleiche Ergebnis dadurch erzielt werden, dass der Lizenzgeber den einfachen Lizenznehmer ermächtigt, den Unterlassungsanspruch in eigenem Namen für Rechnung des ermächtigenden Patentinhabers geltend zu machen, vorausgesetzt, der Ermächtigte hat ein eigenes rechtliches Interesse an der Geltendmachung des Rechtes.112 Das Reichsgericht betonte in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass auf diese Weise dem praktischen Bedürfnis Genüge getan wird, dem ein Klagerecht nicht besitzenden Inhaber einer einfachen Lizenz die Klage durch eine solche Ermächtigung zu ermöglichen.113 Die Prozessführungsbefugnis kann auch für alle während der Lizenzdauer vorkommenden Verletzungshandlungen eingeräumt werden. Die Frage, ob der Lizenzgeber die Prozessführungsbefugnis an mehrere Lizenznehmer erteilen kann, ist zu verneinen, weil die Prozessführungsbefugnis der Abtretung eines Anspruchs sehr nahe kommt und eine Abtretung nur einmal wirksam erfolgen kann. Wäre die Erteilung der Prozessführungsbefugnis für denselben Anspruch an verschiedene Personen möglich, so widerspräche dies der Prozessökonomie.

4. Unterlassungsanspruch bei Lizenzverträgen, denen keine Schutzrechte zugrunde liegen114

425

Ein Unterlassungsanspruch besteht nur dann, wenn die Nachahmung des nicht geschützten Lizenzgegenstandes einen unlauteren Wettbewerb darstellt.115 Zur Erhebung der Klage ist dann sowohl der Lizenznehmer als auch der Lizenzgeber berechtigt.

87 BGH, 19.6.1951, BGHZ 2, 394; BGH, 18.12.1969, GRUR 1970, 358, 360; OLG Karlsruhe, 5.3.1980, GRUR 1980, 784; Benkard, PatG, Rn. 27 f. zu § 139. 88 RG, 17.12.1920, RGZ 101, 135, 138. 89 Vgl. Benkard, PatG, Rn. 17 zu § 139; Bueb, GRUR 1938, 470; Dyckerhoff, GRUR 1933, 613; Klauer/Möhring, PatG, Anm. 34 zu § 9; Rasch, S. 72; Reimer, PatG, Anm. 65 zu § 9; anderer Meinung Lutter, GRUR 1933, 441. 90 Vgl. Rn. 400. 91 Kisch, S. 218; Klauer/Möhring, PatG, Rn. 31 zu § 9; Petzcker, Anm. 32 Ziff. 1 zu § 6; Rasch, S. 54; Reimer, PatG, Anm. 64 zu § 9. 92 Vgl. Rn. 39, 381. 93 Vgl. Rn. 15. 94 § 581 Abs. 2 i.V.m. 535 BGB. 95 Pietzcker, Anm. 18 zu § 6. 96 Rasch, S. 31 ff. 97 Benkard, PatG, Rn. 101 zu § 15; Isay, Anm. 15 zu § 6; Klauer/Möhring, PatG, Rn. 45 zu § 9; Pietzcker, Anm. 29b zu § 6; Tetzner, Anm. 43 zu § 9; vgl. aber auch RG, 15.6.1932, MuW 1932, 466. 98 Reimer, PatG, Anm. 72 zu § 9. 99 Vgl. den Überblick bei Palandt/Weidenkaff, § 535 Rn. 27. 100 Vgl. Rn. 85 f. 101 Vgl. dazu Checkliste (Anhang I) D. 17. 102 Vgl. dazu Rn. 446. 103 S.o. erst Rn. 279, 381 und dann BGH, 29.4.1965, GRUR 1965, 591; vgl. auch GVO Patent Art. 2 Abs. 1 Nr. 11 GVO Know-how, Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 GVO TT. 104 Vgl. dazu Benkard, PatG, Rn. 153 zu § 15; Klauer/Möhring, PatG, Rn. 45 zu § 9. 105 Übereinstimmend Lüdecke/Fischer, C 61 und C 107, sowie Rasch, S. 49. 106 BGH, 29.4.1965, GRUR 1965, 591 mit ausdrücklichem Hinweis auf Lüdecke/Fischer, C 107. 107 BGH, 29.4.1965, GRUR 1965, 591 f.; Lüdecke/Fischer, C 61 und C 107; Rasch, S. 49; Benkard, PatG, Rn. 153 zu § 15. 108 BGH, 29.4.1965, GRUR 1965, 591 f.; Benkard wie vor. 109 A.A. KG, 11.1.1933, MuW 1933, 206. 110 Vgl. Benkard, PatG, Rn. 18 zu § 139. 111 RG, 15.6.1935, RGZ 148, 146 = GRUR 1936, 42 = MuW 1935, 395 = Mitt. 1935, 308. 112 RG, 15.6.1935, RGZ 148, 146; Benkard, PatG, Rn. 17 f. zu § 139; Reimer, PatG, Rn. 65 zu § 47. 113 RG, 15.6.1935, RGZ 148, 146, 147. 114 Vgl. dazu auch Stumpf, Der Know-How-Vertrag, Rn. 89. 115 Vgl. Rn. 413.

III. Abhängigkeitsklage
1. Recht des Patentinhabers zur Erhebung der Abhängigkeitsklage

426

Abhängigkeit eines jüngeren von einem älteren Patent liegt vor, wenn die Benutzung des jüngeren Patents nur unter Benutzung wesentlicher Erfindungsgedanken eines älteren Patents möglich ist. Näheres hierzu siehe in den einschlägigen Kommentaren zum Patentgesetz. Liegt eine Abhängigkeit vor, so darf das abhängige Patent nur benutzt werden, wenn der Inhaber des älteren Patents eine Lizenz erteilt. Die Entscheidung darüber, ob ein Patent von einem anderen abhängig ist, kann schwierig sein. An der Feststellung, ob dies der Fall ist, besteht ein rechtliches Interesse. Die Berechtigung des Inhabers des älteren Patents, Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche geltend zu machen, hängt von der Vorfrage ab, ob das jüngere Patent das ältere verletzt. Ein rechtliches Interesse des Patentinhabers an der Feststellung der Abhängigkeit besteht auch dann, wenn er an einen Dritten eine Lizenz vergeben hat. Er ist daher zur Klageerhebung befugt.116

2. Recht des Inhabers einer ausschließlichen/alleinigen Lizenz zur Erhebung der Abhängigkeitsklage

427

Aus denselben Gründen, nämlich dem engen Zusammenhang von Schadensersatzansprüchen und Unterlassungsansprüchen mit der Abhängigkeitsklage, ist auch die Befugnis des Inhabers einer ausschließlichen oder alleinigen Lizenz zur Erhebung der Klage auf Feststellung der Abhängigkeit zu bejahen, soweit dieser ein rechtliches Interesse hieran hat.117

3. Kein Klagerecht des Inhabers einer einfachen Lizenz

428

Der Inhaber einer einfachen Lizenz, der kein dingliches Recht besitzt, ist dagegen nicht zur selbstständigen Klageerhebung befugt. Der Lizenzgeber kann ihm aber unter Umständen eine Prozessführungsbefugnis einräumen.118 Es ist auch möglich, dass sich der Lizenzgeber vertraglich verpflichtet, den Lizenznehmer zu schützen.

116 Benkard, PatG, Rn. 81 zu § 9; Klauer/Möhring, PatG, Anm. 35 zu § 9; Krausse/Katluhn/Lindenmaier, Anm. 32 zu § 9; Reimer, PatG, Anm. 66 zu § 9. 117 Vgl. RG, 30.4.1919, RGZ 95, 304 = Bl. 1919, 114; Benkard, PatG, Rn. 79 zu § 9; Klauer/Möhring, PatG, Rn. 35 zu § 9. 118 Vgl. z.B. Klauer/Möhring, PatG, Rn. 46 zu § 9.

IV. Nichtigkeitsklage
1. Allgemeines

429

Gemäß §§ 21, 22 PatG kann ein Patent auf Antrag für nichtig erklärt werden, wenn sich ergibt, dass

 1. der Gegenstand des Patentes nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,

 2. das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann,

 3. der wesentliche Inhalt des Patentes den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),

 4. eine unzulässige Erweiterung i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 4 vorliegt.

Die Nichtigkeitsklage ist im deutschen Recht dem Grundsatz nach als Popularklage ausgestaltet, d.h. jedermann kann Klage erheben. Der Kläger braucht ein besonderes Interesse nicht nachzuweisen. Es wird unterstellt, dass er die Interessen der Allgemeinheit wahrnimmt.119 Der Lizenznehmer ist aufgrund des Umstands allein, dass er eine Lizenz erworben hat, nicht gehindert, die Nichtigkeitsklage zu erheben,120 selbst wenn es sich um einen ausschließlichen Lizenznehmer handelt.121 Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Popularklage gilt für den unter 3. genannten Nichtigkeitsgrund der sog. widerrechtlichen Entnahme. Dieser Widerrufsgrund kann nur von dem Verletzten gem. § 59 Abs. 1 PatG geltend gemacht werden.

Die Frage der Nichtigkeitserklärung ist nach deutschem Recht, ähnlich wie auch nach französischem oder italienischem Recht,122 der Zuständigkeit des Bundespatentgerichtes123 bzw. dem Bundesgerichtshof124 übertragen, deren Urteile immer absolute Wirkung haben.

2. Verzicht des Lizenznehmers auf Erhebung einer Nichtigkeitsklage

430

Lizenzverträge enthalten oft eine Klausel, in der sich der Lizenznehmer verpflichtet, keine Nichtigkeitsklage zu erheben.125

Der Bundesgerichtshof führt aus, dass er an der Rechtsprechung des Reichsgerichts festhalte, wonach es zulässig ist, durch Vertrag auf das Recht zur Erhebung der Nichtigkeitsklage zu verzichten und wonach dieser Verzicht im Nichtigkeitsprozess auch geltend gemacht werden kann.126 Auch unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Interesses an der Vernichtung materiell unwirksamer Patente bestünden gegen Nichtangriffsabreden in Lizenzverträgen keine Bedenken. Derartige Abkommen trügen meist den Charakter von Vergleichen, durch die Streitigkeiten über das Patent auf gütlichem Wege beseitigt werden sollen. Sie seien wirtschaftlich voll gerechtfertigt und nützlich.127 Weiterhin ist auch zu berücksichtigen, dass gerade der Inhaber des Schutzrechtes ein berechtigtes Interesse daran haben kann, dass nicht ausgerechnet sein Lizenznehmer eine Nichtigkeitsklage erhebt, da der Lizenznehmer durch die Verwertung des Patents in besonderem Maße mit den technischen Feinheiten und den spezifischen patentrechtlichen Problemen vertraut geworden ist bzw. von dem Patentinhaber vertraut gemacht worden ist. Gerade der Lizenznehmer hat es daher besonders leicht, selbst nur leichte Schwächen eines Patentes, die sonst unberücksichtigt blieben, auszunutzen.128 Die vertragliche Abrede kann nach deutschem Recht dem Kläger in dem Nichtigkeitsprozess entgegengehalten werden und würde zur Abweisung der Klage führen.129 Der Verzicht wirkt jedoch nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht über die Dauer des Lizenzvertrages hinaus.130

Nichtangriffsvereinbarungen in Anspruchsregelungs- und -verzichtsvereinbarungen fallen in der Regel nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV.131

3. Unzulässigkeit der Erhebung einer Nichtigkeitsklage

431

Auch wenn keine vertraglichen Vereinbarungen getroffen sind, kann es Treu und Glauben widersprechen, dass der Lizenznehmer Nichtigkeitsklage erhebt. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage kann als unzulässige Rechtsausübung anzusehen sein, wenn sich aus den vertraglichen Beziehungen ergibt, dass der Angriff auf das Patent gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.132 Der Bundesgerichtshof verweist dabei darauf, dass gerade das Bestehen eines Lizenzvertrages die Annahme einer Nichtangriffspflicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nahelegen kann, da die Erhebung einer Nichtigkeitsklage in diesen Fällen häufig dem Sinn und Zweck des Lizenzvertrages zuwiderlaufen würde.133 Dies gilt insbesondere bei einer ausschließlichen Lizenz, die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und eine besondere Rücksichtnahme auf die gegenseitigen Interessen der Beteiligten erfordert und bei Lizenzverträgen mit gesellschaftsähnlichem Charakter.134 Als gegen Treu und Glauben verstoßend wird es auch angesehen, wenn ein Lizenznehmer ein Patent, das ihm aufgrund einer sog. Verbesserungsklausel überlassen wurde, mit der Nichtigkeitsklage angreift.135 Unzulässig dürfte weiterhin eine Nichtigkeitsklage sein, wenn der Lizenzgeber Lizenzen als Gegenleistung für die Zurücknahme oder Unterlassung einer Nichtigkeitsklage erteilt hat.136

 

119 Benkard, PatG, Rn. 33 zu § 22 m.w.N.; Kraßer für die Deutsche Landesgruppe der AIPPI, GRUR Int. 1990, 611. 120 Benkard, PatG, Rn. 33 zu § 22; Schippel, GRUR 1955, 322, 325, wo auch Rechtsprechung für Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien angegeben ist; in diesen Ländern wird die Frage in ähnlicher Weise beurteilt. Dagegen wird im englischen Recht eine andere Auffassung vertreten. Zitate hierfür siehe ebenfalls bei Schippel. 121 Benkard, wie vor. 122 Zur Situation in Frankreich und Italien vgl. Schweyer, GRUR Int. 1983, 149; Schweyer, 150, weist im Übrigen darauf hin, dass das Schweizerische Bundesamt für geistiges Eigentum auch schiedsrichterliche Entscheidungen über die Patentnichtigkeit für zulässig erachtet. 123 § 81 Abs. 4 PatG. 124 § 110 Abs. 1 PatG. 125 Vgl. Rn. 541, 785 ff., 800 ff. 126 BGH, 20.5.1953, GRUR 1953, 385, ebenso BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 243; Benkard, PatG, Rn. 39 ff. zu § 22. 127 Vgl. auch RG, 28.3.1914, Bl. 1914, 348; RG, 23.9.1922, Bl. 1922, 146. 128 Vgl. Bartenbach, Rn. 2042 ff.; Klauer/Möhring, PatG, Rn. 80 zu § 9. 129 Vgl. BGH, 14.7.1964, GRUR 1965, 135, 137; BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 243; siehe zum amerikanischen Recht z.B. Court of Appeals, 30.8.1983, GRUR Int. 1985, 493, wonach auch bei noch wirksamem Lizenzvertrag die Nichtigkeitsklage des Patentlizenznehmers zulässig ist, und ders., 7.7.1988, zur Lizenzgebührenzahlungsverpflichtung in einem Vergleich in einem Patentverletzungsverfahren, wenn das Patent später für nichtig erklärt wird, wobei ein Angriff des Patents durch den Lizenznehmer nicht entgegensteht; Minssen/Schindler, GRUR Int. 2008, 192 ff. mit vielen interessanten Nachweisen. 130 BGH, 2.3.1956, GRUR 1956, 264; OLG Karlsruhe, 23.4.1968, WRP 1968, 409. 131 Vgl. Rn. 548–550, 557, 583, 620, 781, 795–798, 904. 132 BGH, 14.7.1964, GRUR 1965, 135, 137; BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 243, 244, und Benkard, PatG, Rn. 44 zu § 22. 133 BGH, 14.7.1964, GRUR 1965, 135, 137; BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 243; BGH, 4.10.1988, GRUR 1989, 39. 134 BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 242; RG, 22.1.1921, RGZ 101, 235, 237. 135 BGH, 29.1.1957, NJW 1957, 911 = GRUR 1957, 485 ff. Bezüglich der Rechtsstellung des Lizenznehmers bei Nichtigkeitsklagen vgl. auch BGH, 20.4.1961, DB 1961, 1063. 136 Isay, Anm. 18 zu § 6; Schippel, GRUR 1955, 325.

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