Der Lizenzvertrag

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Wenn Pietzcker82 ausführte, dass der Lizenzgeber in keinem Fall den entgangenen Gewinn zu ersetzen hatte, nicht einmal bei Arglist, und dies damit begründete, dass niemand mit genügender Sicherheit sagen könnte, ob das Patent in der Hand des Lizenznehmers einen Gewinn abgeworfen hätte, so vermochte dies nicht zu überzeugen. Der Umstand, dass der Nachweis über die Höhe des entgangenen Gewinns nur schwer geführt werden konnte, durfte nicht dazu führen, diesen Schaden völlig auszuschließen. Der Nachweis des entgangenen Gewinns konnte auch bei anderen Verträgen schwierig sein. Notfalls konnte mit der Schadensregelung gemäß § 287 ZPO durch Entscheidung des Gerichts nach freier Überzeugung und Würdigung der Umstände des Einzelfalls geholfen werden.

c) Mängelhaftung bei Lizenzverträgen, denen keine Schutzrechte zugrunde liegen

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Hinsichtlich der Haftung für Sachmängel an Geheimverfahren und Erfindungen, für die noch kein Patent erteilt war, die aber schon zum Patent angemeldet waren, galten die Ausführungen zu den patentfähigen Erfindungen entsprechend.83

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs84 hatte der Lizenzgeber besonders bei Geheimverfahren für die Brauchbarkeit des Verfahrens zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck einzustehen und war ggf. zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet. In der Literatur war die Sachmängelhaftung bei Lizenzverträgen über Gegenstände, die nicht schutzfähig waren, bisher detailliert noch kaum erörtert worden, obwohl derartige Verträge wirtschaftlich eine große Rolle spielten. Bei solchen Verträgen war vor allem zunächst eine sehr genaue Prüfung des Inhaltes erforderlich. Bei der Mehrzahl der Verträge ging es darum, dass der Lizenzgeber dem Lizenznehmer gestattete, eine von ihm bereits hergestellte Sache nachzubauen, und sich verpflichtete, ihm die hierfür erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen sowie ihn zu beraten. Aufgrund dieser Sachlage musste man, wenn nichts anderes vereinbart war, davon ausgehen, dass der Lizenzgeber dem Lizenznehmer gegenüber dafür einstand, dass der Lizenzgegenstand technisch herstellbar und auch fabrikmäßig ausführbar war. Im Gegensatz zu Patentlizenzverträgen konnte daher diesen Verträgen häufiger eine Vereinbarung zugrunde liegen, die zur Folge hatte, dass bei Vorliegen eines Mangels der entgangene Gewinn sowie die Aufwendungen, die der Lizenznehmer für die fabrikmäßige Herstellung gemacht hatte, als Schadensersatz hätten geltend gemacht werden können.

2. Rechtslage ab dem 1.1.2002
a) Mängelhaftung für Sachmängel

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Diejenigen, die die Anwendbarkeit des Miet-/Pachtrechts für den Lizenzvertrag bejahen, müssen ab dem 1.1.2002 (bzw. aufgrund des Mietrechtsreformgesetzes ab dem 1.9.2001) nur daran denken, dass

 – § 536 BGB n.F. die Sach- und Rechtsmängelhaftung erfasst,

 – § 536 Abs. 1 BGB n.F. inhaltlich § 537 Abs. 1 BGB a.F. ersetzt und

 – §§ 536a i.V.m. 536 BGB n.F. (bisher §§ 537, 538 BGB a.F.) den Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch bei Sachmängeln regeln.

Demgegenüber muss die Literatur, die die Vorschriften zum Kauf und zur Leistungsstörung anwenden will, beachten, dass bei Sachmängeln gemäß § 433 Abs. 1, 2 i.V.m. § 280 BGB n.F. eine Pflichtverletzung mit der Folge gegeben ist, dass der Lizenznehmer

 – Rücktritt und

 – Schadensersatz (oder Aufwendungsersatz)

 – oder (statt Rücktritt) Minderung

 – Nacherfüllung nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB n.F.

verlangen kann.

Dem Lizenznehmer steht nach den Bestimmungen zur Leistungsstörung, die vor dem 1.1.2002 von der Rechtsprechung bei Sachmängeln angewandt wurden, jetzt (ab 1.1.2002) das Recht zu auf

 – Rücktritt (nach Beginn der industriellen Auswertung auf Kündigung),

 – Schadensersatz (oder Aufwendungsersatz) mit dem Recht des Lizenzgebers zur Nacherfüllung innerhalb angemessener Frist (§ 281 Abs. 1, S. 1 BGB n.F.).

Eine gesetzliche Grundlage für ein Recht auf Minderung ist in den allgemeinen Regeln zu Leistungsstörungen nicht gegeben. Zu § 281 Abs. 1, Satz 3 BGB n.F. wird nur gesagt, dass der Lizenznehmer für den Fall, dass der Lizenzgeber die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt hat, Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen kann, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

Bei Verletzung einer Garantie oder bei Nichtvorliegen einer zugesicherten Eigenschaft liegt ein Fall des § 280 Abs. 1 i.V.m. § 276 Abs. 1, Satz 1 BGB n.F. oder ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch gemäß § 536a Abs. 1 1. Fall BGB n.F. vor. Wird Schadensersatz statt der Leistung (wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung) verlangt, ist fraglich, ob der Lizenznehmer dem Lizenzgeber noch erfolglos eine angemessene Frist (zur Leistung oder Nacherfüllung) setzen muss (§ 281 Abs. 1, Satz 1 BGB n.F.) oder ob diese Frist gemäß § 536a BGB entbehrlich ist.85

Ann/Barona ist auch insoweit beizupflichten,86 dass die Lizenzverträge ausführliche Regelungen zu diesen Fragen vorsehen sollten, damit die Unsicherheit, ob die Rechtsprechung die anderen Anspruchsgrundlagen des Lizenznehmers dem Kaufrecht (§ 437 Nr. 1 BGB n.F., Nacherfüllung; § 437 Nr. 2 i.V.m. §§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB n.F., Rücktritt; § 437 Nr. 3 i.V.m. § 441 BGB n.F., Minderung) oder dem Miet-/Pachtrecht (§§ 535 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB n.F., Gebrauchsüberlassung während der Vertragsdauer/geeigneter Zustand der lizenzierten Technologie zum vertragsgemäßen Gebrauch/Zustandserhaltung während der Vertragslaufzeit; § 543 BGB n.F., Kündigung; § 536 BGB n.F., Minderung) entnimmt, sich in Grenzen hält.

8 Vgl. Rn. 13 ff. 9 §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 537 BGB a.F. 10 Benkard, PatG, Rn. 176 zu § 15 m.w.N.; Pietzcker, PatG, Anm. 12, 22, 35 zu § 6; Rasch, S. 22 ff.; Reimer, PatG, Rn. 37 zu § 9; Henn, Rn. 310 ff. m.w.N.; Pagenberg/Beier, S. 194 ff. 11 Henn, Rn. 308 m.w.N. in Fn. 197 ff. 12 Pietzcker, PatG, Anm. 12 zu § 6. 13 Krausse/Katluhn/Lindenmaier, PatG, Anm. 14 zu § 9. 14 Reimer, PatG, Rn. 37 zu § 9. 15 Klauer/Möhring, PatG, Rn. 73 zu § 9. 16 Vgl. RG, 1.3.1911, RGZ 75, 400. 17 RG, 13.4.1918, Leipziger Zeitschrift 1918, 1216. 18 RG, 12.6.1942, GRUR 1943, 35. 19 Vgl. hierzu die oben erwähnten Entscheidungen und Urteile des RG, 11.7.1939, RGZ 163, 1, und vom 12.6.1942, GRUR 1943, 35. 20 BGH, 26.11.1954, BB 1955, 78 = GRUR 1955, 338; ebenso BGH, 1.12.1964, NJW 1965, 759. 21 BGH, 26.11.1954, BB 1955, 78 = GRUR 1955, 338; ebenso BGH, 1.12.1964, NJW 1965, 759. 22 RG, 15.2.1936, GRUR 1937, 135 = MuW 1936, 173 = JW 1936, 1522 Nr. 2. 23 Anderer Meinung offenbar Lüdecke/Fischer, S. 118, der die Auffassung vertritt, dass der Lizenzgeber im Allgemeinen für die Brauchbarkeit nicht haftet, wenn er keine Zusicherungen übernommen hat. Er lässt aber u.E. außer Betracht, dass der Vertragsgegenstand zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck geeignet sein muss, während er andererseits allzu leicht das Vorliegen einer zugesicherten Eigenschaft bejaht. Vgl. Lüdecke/Fischer, S. 112. 24 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768. 25 Wie vor. 26 BGH, 1.12.1964, GRUR 1965, 298. 27 Rasch, S. 23; vgl. auch Bartenbach, Rn. 1570 ff. 28 BGH, 1.12.1964, GRUR 1965, 302 mit Anmerkungen von Falk. 29 BGH, 1.12.1964, GRUR 1965, 298. 30 §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 536 Abs. 2 BGB; auch Henn, Rn. 309 m.w.N. 31 RG, 1.4.1903, RGZ 54, 219. 32 BGH, 5.7.1972, BGHZ 59, 158, 160; BGH, 29.10.1980, DB 1981, 213. 33 BGH, 21.6.1967, BGHZ 48, 118. 34 BGH, 5.7.1972, BGHZ 59, 158, 160. 35 BGH, 5.7.1972, BGHZ 59, 158. 36 Lüdecke/Fischer, S. 112. 37 BGH, 29.10.1980, DB 1981, 213; a.A. Henn, Rn. 309. 38 Vgl. RG, 24.6.1927, RGZ 117, 315. 39 BGH, 11.6.1970, GRUR 1970, 547; BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768; Benkard, PatG, Rn. 175, 177, 183 zu § 15; Henn, Rn. 309; Bartenbach, Rn. 1615 ff. 40 Pietzcker, PatG, Anm. 12 und 22 zu § 6. 41 Malzer, GRUR 1971, 99. 42 Nirk, GRUR 1970, 333. 43 Klauer/Möhring, PatG, Rn. 74 zu § 9. 44 Krausse/Katluhn/Lindenmaier, Anm. 9 ff. zu § 9. 45 Krausse/Katluhn/Lindenmaier, Anm. 19 zu § 9. 46 Krausse/Katluhn/Lindenmaier, Anm. 19 zu § 9. 47 Vgl. Rasch, S. 24. 48 Vgl. Reimer, PatG, Anm. 40 zu § 9. 49 RG, 1.3.1911, RGZ 75, 400. 50 RG, 29.4.1931, MuW 1931, 441. 51 RG, 12.4.1913, RGZ 82, 155. 52 §§ 459 Abs. 2 und 463 BGB a.F. = §§ 434, 437 Nr. 3 BGB. 53 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768. 54 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768. 55 Vgl. z.B. Krausse/Katluhn/Lindenmaier, PatG, Rn. 19 zu § 8; Rasch, S. 26; Reimer, PatG, Rn. 37 zu § 9. 56 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768, 770. 57 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 770. 58 BGH, 6.6.1958, GRUR 1959, 618. 59 BGH, 11.6.1970, GRUR 1970, 547. 60 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768. 61 RGZ 58, 173, 180; RG, SeuffArch 76 Nr. 80; RG, WarnRspr 1915 Nr. 79. 62 Rasch, S. 27. 63 BGH, 22.5.1959, GRUR 1960, 44; BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768. 64 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768. 65 Vgl. Rn. 20 ff. 66 §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 537 BGB a.F. = §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 536 BGB. 67 §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 537 und 472 BGB a.F. = §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 536 und 441 Abs. 3 BGB. 68 § 287 ZPO. 69 RG, 1.3.1911, RGZ 75, 400. 70 § 465 BGB a.F. = § 441 Abs. 1 BGB. 71 §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 537 Abs. 2 BGB a.F. = §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 536 Abs. 2 BGB. 72 Vgl. RG, 12.4.1913, RGZ 82, 155 = Bl. 1913, 39 = JW 1913, 861 Nr. 6; RG, 4.4.1914, JW 1914, 674 Nr. 2; RG, 3.7.1937, GRUR 1938, 33 = JW 1937, 2661 Nr. 25; siehe Reimer, PatG, Anm. 39 zu § 9. 73 §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 538 BGB a.F. = §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 536a BGB. 74 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768. 75 BGH, 18.12.1974, NJW 1975, 645; a.A. Henn, Rn. 312. 76 Vgl. BGH, 22.1.1968, BGHZ 49, 350. 77 BGH, 16.1.1963, NJW 1963, 804. 78 Rasch, S. 26; Henn, Rn. 309. 79 Benkard, PatG, Rn. 184 zu § 15; Reimer, PatG, Rn. 40 zu § 9; Tetzner, Rn. 17 zu § 9. 80 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768. 81 Vgl. dazu auch Benkard, PatG, Rn. 184 zu § 15. 82 Pietzcker, PatG, Anm. 12 und 22 zu § 6. 83 Vgl. dazu näher Stumpf, Der Know-How-Vertrag, Rn. 51; Benkard, PatG, Rn. 176 ff. zu § 15. 84 BGH, 28.6.1979, GRUR 1979, 768; Henn, Rn. 310 f. 85 Ann/Barona, Rn. 131, unter Verweis auf Palandt/Weidenkaff, § 536a Rn. 14; Benkard, PatG, Rn. 180 ff. zu § 15; Pahlow, S. 399 ff., befürwortet die Anwendung der §§ 434 ff. BGB. 86 Ann/Barona, wie vor. BGH, Urt. v. 10.5.2011, Mitt. 2011, 486 – Haftung für Umstand, dass die Serienreife eines zu entwickelnden Filmscanners tatsächlich nicht erreicht wird, verneint, obwohl im Kooperationsvertrag für das „funktionsfähig entwickelte“ Gerät eingetreten war.

 

III. Haftung für Rechtsmängel
1. Rechtslage vor dem 1.1.2002
a) Voraussetzungen der Haftung

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Bei der Lizenzierung eines Schutzrechtes war es nicht allein damit getan, dass das Schutzrecht dem Lizenzgeber auch tatsächlich zusteht, sondern dieser hat auch dafür einzustehen, dass dem Lizenznehmer die Benutzung nicht durch Rechte Dritter ganz oder teilweise entzogen wurde. Dabei fanden die Vorschriften des § 581 Abs. 2 i.V.m. § 541 BGB a.F. entsprechende Anwendung. In Rechtsprechung und Lehre bestand zwar nicht über die dogmatischen Grundlagen, aber über die Haftungsfolgen weitgehende Einigkeit, wobei sich bei der Frage der Haftung des Lizenznehmers für Rechtsmängel vor allem drei Fallgruppen unterscheiden ließen. Hierbei handelte es sich zunächst um die Frage der Verfügungsbefugnis des Lizenzgebers, die Haftung für entgegenstehende Rechte Dritter sowie um die Haftung für den Bestand des Schutzrechtes einschließlich des Schutzumfanges.

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Bei der Frage der Verfügungsbefugnis des Lizenzgebers geht es in erster Linie um die Haftung für den Bestand des Schutzrechtes, d.h. vor allem um die Haftung des Lizenzgebers bei Nichtigkeit bzw. Vernichtbarkeit des Schutzrechtes. Hier ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.87 Als Rechtsmängel, durch die dem Lizenznehmer das Recht zur Benutzung entzogen werden konnte, kamen weiterhin insbesondere bereits bestehende ausschließliche und alleinige Lizenzen in Betracht, soweit der neue Lizenznehmer sie gegen sich gelten lassen musste.88 Ein Rechtsmangel lag auch vor, wenn das Schutzrecht, für das die Lizenz erteilt worden ist, von einem anderen Patent abhängig war.89

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Rechtsmängel wegen eines entgegenstehenden Schutzrechts spielten insbesondere auch eine große Rolle bei sog. Know-how-Verträgen, wenn das zur Verfügung gestellte Know-how mit einem bereits bestehenden Schutzrecht kollidierte.90

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Bei ausschließlichen und alleinigen Lizenzen konnte sich ein Rechtsmangel auch aus dem Vorhandensein von einfachen Lizenzen, Zwangslizenzen,91 Vorbenutzungsrechten92 und Wirkungsbeschränkungen des Patentes im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt und der Staatssicherheit ergeben. Der Inhaber einer einfachen Lizenz war in diesen Fällen nicht ohne Weiteres beeinträchtigt.93

b) Umfang der Haftung
aa) Allgemeines

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Hinsichtlich der Haftung war zu unterscheiden, ob der Rechtsmangel bei Abschluss des Lizenzvertrages schon vorhanden war und ihn der Lizenzgeber kannte oder aufgrund von Fahrlässigkeit nicht kannte oder ob er erst nach Abschluss des Vertrages entstanden war oder bekannt wurde und der Lizenzgeber ihn auch bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt nicht kennen konnte.

bb) Rechtsmängel, die bei Abschluss des Vertrages vorhanden sind und dem Lizenzgeber bekannt sind bzw. bekannt sein mussten

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Nach pachtrechtlichen Grundsätzen hatte der Verpächter für Rechtsmängel, die schon zur Zeit des Vertragsschlusses bestanden und durch die der Pächter im Gebrauch der gepachteten Sache beeinträchtigt wurde, auf Verlangen des Pächters auch Schadensersatz zu leisten. Dabei kam es weder darauf an, ob der Verpächter den Mangel kannte, noch ob ihn ein Verschulden traf.94 Es handelte sich hier um eine Garantiehaftung. Der Lizenznehmer war danach von der Zahlung der Lizenzgebühr befreit, wenn ihm das Benutzungsrecht durch den Mangel ganz entzogen wurde. War es lediglich beeinträchtigt, so minderte sich die Lizenzgebühr. Der Lizenznehmer konnte aber anstelle der Minderung auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.95 Er konnte auch dem Lizenzgeber eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels stellen. Nach deren Ablauf konnte er ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.96 Die dargelegten Ansprüche standen dem Lizenznehmer jedoch nicht zu, wenn er bei Abschluss des Vertrages die Mängel gekannt hatte.97

Dieses Ergebnis, nach dem der Lizenzgeber für die Befugnis zur Lizenzvergabe vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach pachtrechtlichen Grundsätzen verschuldensunabhängig gem. §§ 581 Abs. 2, 541, 538 BGB a.F. haftete, war – unbeschadet der z.T. anderen Begründungen98 – weitestgehend unbestritten.

Allerdings waren die rein pachtrechtlichen Grundsätze in Anbetracht der Besonderheiten des Lizenzvertrages nicht uneingeschränkt anwendbar, und zwar deswegen, weil bei dem Lizenzvertrag Rechtsmängel vorhanden sein konnten, die für den Lizenzgeber trotz aller Sorgfalt nicht erkennbar waren und die sich erst nach längerer Zeit herausstellen konnten, wie z.B. Vorbenutzungsrechte99 oder die Abhängigkeit100 von anderen Patenten. Es handelte sich hier um Mängel, für die dem Lizenzgeber eine unbedingte, uneingeschränkte Haftung auf Schadensersatz in Anbetracht einer angemessenen Risikoverteilung nicht zumutbar war.101 Einen Schadensersatz konnte man daher nur bejahen, wenn der Lizenzgeber den Mangel gekannt oder fahrlässig nicht gekannt hatte.

cc) Rechtsmängel, die erst nach Abschluss des Lizenzvertrages entstanden sind oder bekannt wurden und die der Lizenzgeber auch bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt nicht kennen konnte
(1) Allgemeines

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Die hier in Frage stehenden Rechtsmängel, die bei Vertragsabschluss lediglich noch nicht bekannt waren, waren denen, die erst später entstanden waren, gleichzustellen. In der Praxis waren vor allem Vorbenutzungsrechte und Abhängigkeit von anderen Patenten von Bedeutung. Deshalb sollen anhand von diesen beiden typischen Problemgruppen die Auswirkungen von Rechtsmängeln, die erst nachträglich auftreten, auf den Lizenzvertrag dargelegt werden.

(2) Abhängigkeit des Patents
(a) Allgemeines

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Der Hauptfall der sog. Abhängigkeit stellte sich derart dar, dass die in einem älteren Patent geschützte Erfindung von einem jüngeren Patent benutzt wurde, aber keine Identität, sondern eine Weiterentwicklung durch neue schöpferische Leistung vorlag. Wäre in einem solchen Fall die Erteilung des Patentes versagt worden, wäre hierdurch der Fortschritt gehemmt worden. Daher berührte die Abhängigkeit die Wirksamkeit des Patentes nicht102 und wurde vom Patentamt im Patenterteilungsverfahren auch nicht geprüft.103 Ebenso lag daher auch kein Nichtigkeitsgrund vor.104 Da die gewerbliche Verwertung der jüngeren Erfindung nur unter Benutzung des älteren Patentes erfolgen konnte, unterlag die Ausübung des jüngeren Patentes gegenüber dem Inhaber des älteren Patentes insofern einer Beschränkung, als die Zustimmung des Inhabers des älteren Patentes erforderlich war.105 Andernfalls hätte eine Patentverletzung vorgelegen. Das Verhältnis der Abhängigkeit eines Patentes zu einem Gebrauchsmuster ist in § 14 GebrMG geregelt.

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Die erforderliche Zustimmung des Inhabers des älteren Schutzrechtes kann im Wege der Lizenz erfolgen, wobei u.U. auch eine Zwangslizenz in Betracht zu ziehen ist. Anzumerken ist im Übrigen, dass die Abhängigkeit des Patentes nicht dem Inhaber des älteren Patentes das Recht gibt, das jüngere, abhängige Patent, d.h. also die Weiterentwicklung, zu benutzen.

 

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Zwischen älterem und jüngerem Patent sind die verschiedensten Überschneidungen möglich. Die Abhängigkeit kann vollkommen, teilweise oder auch nur hinsichtlich bestimmter Verwendungsmöglichkeiten bestehen. Es würde im Rahmen dieser Schrift jedoch zu weit führen, auf Einzelheiten einzugehen. Es darf auf die einschlägigen Kommentare verwiesen werden.106

(b) Auswirkungen auf die Lizenz

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Stellte sich erst nach Abschluss des Lizenzvertrages heraus, dass das zugrunde liegende Patent von einem anderen abhängig war, so zeigte sich deutlich, welcher Unterschied zwischen der Auffassung bestand, dass der Lizenzgeber durch den Lizenzvertrag lediglich auf sein Verbotsrecht verzichtete, und derjenigen, wonach der Lizenzgeber dem Lizenznehmer die Möglichkeit zur ungestörten Benutzung einräumen musste.107 Lag lediglich ein Verzicht auf das Verbotsrecht vor, so war der Vertrag auch erfüllt, wenn sich herausstellte, dass das zugrunde liegende Schutzrecht von einem anderen Recht abhängig war. War dagegen die Einräumung einer störungsfreien Benutzung der Erfindung Gegenstand des Vertrags, wie dies die herrschende Meinung annahm, so wurden die vertraglichen Rechte des Lizenznehmers durch eine Abhängigkeit beeinträchtigt, wenn der Inhaber des älteren Patents sein Verbotsrecht geltend machte. Im Gegensatz zur Nichtigkeit des Patents, bei der das Schutzrecht ganz entfällt, stand hier der Ausübung der Lizenz das Recht eines Dritten entgegen.

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Durch eine entsprechende Anwendung der pachtrechtlichen Bestimmungen108 ließen sich für Lizenzverträge angemessene und sinnvolle Ergebnisse erzielen. Der Lizenznehmer war danach für die Zeit, in der er vom Lizenzgegenstand keinen vertragsmäßigen Gebrauch machen konnte, von der Zahlung der Lizenzgebühr befreit. Lag lediglich eine Beeinträchtigung der vertraglichen Rechte vor, so konnte die Gebühr gemindert werden.109

Zu diesem Ergebnis kam auch die Entscheidung des Reichsgerichts vom 17.10.1934,110 wenn auch mit einer anderen Begründung. Das Gericht sah die Verpflichtung des Erfinders in dem zur Entscheidung stehenden Fall darin, eine patentfähige Erfindung zu liefern und nicht eine unabhängige. Die Vergütungspflicht sei daher begründet, aber nach Treu und Glauben111 unter Ausfüllung einer Vertragslücke zu mindern, weil infolge der Abhängigkeit eine zusätzliche Lizenz an den Inhaber des älteren Patents zu zahlen war. Diese gekünstelte Konstruktion war entbehrlich, wenn man die Verpflichtung des Lizenzgebers darin sah, den vertragsmäßigen Gebrauch einzuräumen und bei Störungen die Vorschriften über Pacht entsprechend anwendete.112

343

Anstelle der dargelegten Rechte konnte der Lizenznehmer auch fristlos kündigen, wenn der Lizenzgeber eine ihm gestellte angemessene Frist zur Behebung der Störung – ohne Abhilfe zu schaffen – verstreichen ließ.113 Eine Behebung des aufgetretenen Rechtsmangels war dadurch möglich, dass das ältere Patent vernichtet wurde oder erlosch oder gerichtlich festgestellt wurde, dass eine Abhängigkeit nicht besteht, oder schließlich – und dies war der häufigste Fall – eine Genehmigung zur Benutzung des älteren Patents u.U. auch in Form einer Zwangslizenz erteilt wurde. Die Kündigung war jedoch nicht zulässig, soweit nur eine unerhebliche Behinderung oder Vorenthaltung der Benutzung vorlag, es sei denn, dass der Lizenznehmer ein besonderes Interesse an der Aufhebung des Vertrages nachweisen konnte.114

344

Reimer115 wollte dem Lizenznehmer auch in den Fällen, in denen die Behinderung des Gebrauchs dadurch behoben werden konnte, dass der Inhaber des älteren Patents gegen Zahlung einer Lizenz ein Benutzungsrecht einräumte, ein Wahlrecht zwischen Minderung und Kündigung zugestehen, weil es dem Lizenznehmer nicht hätte zugemutet werden können, gegen seinen Willen langdauernde vertragliche Beziehungen mit dem ihm als Vertragskontrahenten vielleicht nicht erwünschten Inhaber des älteren Patents eingehen zu müssen. Es führte jedoch zu weit, dem Lizenznehmer auch noch ein Kündigungsrecht einzuräumen, wenn die Benutzung des jüngeren Rechtes nicht mehr beeinträchtigt wurde. Das Interesse des Lizenznehmers, mit dem Inhaber des älteren Rechtes nicht in vertragliche Verbindung zu treten, musste zurücktreten hinter dem Gesichtspunkt, dass die Vertragspartner an Verträgen, die für längere Zeit geschlossen worden sind, festzuhalten haben, wenn die Erfüllung möglich war, zumal wenn den Vertragspartner kein Verschulden an der vorübergehenden Störung traf und er alles daransetzte, diese zu beseitigen. Bei einem einfachen Lizenzvertrag, wie er hier zwischen dem Lizenznehmer und dem Inhaber des älteren Patents in Betracht kommt, besteht auch keine derart enge Bindung, dass es entscheidend auf die Person des Inhabers des älteren Patents ankäme. Im Übrigen ist es möglich, dass der Lizenzgeber vom Inhaber des älteren Patents eine Lizenz für sich und seinen Lizenznehmer erwirkt. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Lizenzgeber bestand nur, wenn ihn ein Verschulden traf.116