Staatshaftungsrecht

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II. Rechtsweg

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Der Amtshaftungsanspruch ist nach Art. 34 S. 3 GG vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Sachlich zuständig ist gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG in erster Instanz unabhängig vom Streitwert das Landgericht.

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Wegen der Regelung des Art. 34 S. 3 GG darf ein Verwaltungsgericht nicht über einen Amtshaftungsanspruch entscheiden. Das gilt selbst dann, wenn in der gleichen Angelegenheit über einen Folgenbeseitigungsanspruch, für den der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet ist, zu entscheiden ist. Dies ergibt sich auch aus § 17 Abs. 2 S. 2 GVG. Die Folge ist, dass in diesem Fall eine Doppelspurigkeit des Rechtsweges auftreten kann.[4] § 17 Abs. 2 S. 1 GVG gibt aber vor, dass das angerufene Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet. Da der Amtshaftungsanspruch vor den ordentlichen Gerichten zu klären ist, ist ein gleichzeitig sich ergebender Folgenbeseitigungsanspruch ebenfalls dort zu prüfen.

Eine Doppelspurigkeit kann somit vermieden werden.

2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › D. Prozessuale Fragen › III. Konkurrenzen

III. Konkurrenzen

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Der Amtshaftungsanspruch ist eine abschließende Haftung nach Deliktsrecht. Er schließt eine persönliche Haftung des Amtswalters aus, soweit er hoheitlich tätig geworden ist. Wegen der Überleitung der Haftung nach Art. 34 GG auf den Staat können auch gegen den Staat keine anderen Ansprüche aus Delikt, z.B. § 831 BGB, geltend gemacht werden.

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Alle übrigen Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche können neben § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG geltend gemacht werden, insbesondere wegen enteignungsgleichem bzw. aufopferungsgleichem Eingriff, aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen und öffentlich-rechtlichen Verträgen, sowie aus Gefährdungshaftung.[5]

Anmerkungen

[1]

Maurer § 26 Rn. 40.

[2]

BGHZ 122, 85 ff.

[3]

BGHZ 53, 217, 219; 77, 11, 15; 99, 326, 330; Maurer § 26 Rn. 42; hinsichtlich anderer Konstruktionen – Anstellungs- und Funktionstheorie – vgl. Ossenbühl/Cornils S. 112 ff.; Wittreck/Wagner Jura 2013, 1211, 1223 ff.

[4]

Peine § 17 Rn. 1143; Maurer § 26 Rn. 47.

[5]

Vgl. zum Ganzen: Maurer § 26 Rn. 45 f.

2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › E. Exkurs: Haftung öffentlich Bediensteter bei privatrechtlicher Betätigung

E. Exkurs: Haftung öffentlich Bediensteter bei privatrechtlicher Betätigung

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Der Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG deckt nur das hoheitliche Handeln eines Amtswalters ab. Jedoch kann ein öffentlich Bediensteter auch im privatrechtlichen Bereich handeln.

2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › E. Exkurs: Haftung öffentlich Bediensteter bei privatrechtlicher Betätigung › I. Anwendungsbereich

I. Anwendungsbereich

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Gemeint ist damit der Bereich der staatlichen Verwaltung, der sich nach den Vorschriften des Privatrechts gestaltet. Dazu gehört das Beschaffungswesen – z.B. Kauf von Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen wie Tisch, Stuhl, PC oder Kfz bis hin zum Toilettenpapier – die Auftragsvergabe nach Werk- und Dienstvertragsrecht aber auch die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Verwaltung selbst.

2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › E. Exkurs: Haftung öffentlich Bediensteter bei privatrechtlicher Betätigung › II. Beamtenhaftung

II. Beamtenhaftung

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Bei diesen von Art. 34 GG nicht erfassten Tätigkeiten haftet der Beamte selbst nach § 839 Abs. 1 BGB. Der Begriff „Beamter“ ist jetzt im statusrechtlichen Sinne zu verstehen. Beamter ist also nur derjenige, der durch Ernennungsurkunde Beamter geworden ist. Der Beamte kann sich auf die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB berufen, da sie mangels einer Haftungsübernahme des Staates in den Fällen der Eigenhaftung des Beamten nach wie vor ihren Sinn hat.[1]

Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit ist hier ein Anspruch gegen den Staat selbst.

Der Staat, für den der Beamte tätig wird, haftet daneben zusätzlich aus § 831 BGB einschließlich der Möglichkeit, sich zu exkulpieren. Bei leitenden Beamten mit Organstellung haftet der Staat nach §§ 823, 31, 89 BGB.

2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › E. Exkurs: Haftung öffentlich Bediensteter bei privatrechtlicher Betätigung › III. Haftung für sonstige Bedienstete

III. Haftung für sonstige Bedienstete

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Soweit Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes privatrechtlich für den Staat tätig werden, findet § 839 BGB keine Anwendung, da sie gerade nicht unter den statusrechtlichen Beamtenbegriff fallen. Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes haften direkt nach § 823 BGB. Eine Subsidiaritätsklausel besteht in diesen Fällen nicht, so dass die sonstigen Bediensteten und der Staat nebeneinander haften.

Der Staat haftet selbst über § 831 BGB einschließlich der Entlastungsmöglichkeit und wenn es sich bei den Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes ausnahmsweise um leitende Angestellte mit Leitungs- bzw. Organfunktion handelt nach §§ 823, 31, 89 BGB.

Anmerkungen

[1]

BGHZ 89, 263, 273 f.; 147, 381, 391 ff.

2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › F. Übersicht zur Haftung eines Amtswalters hinsichtlich seiner hoheitlichen bzw. privatrechtlichen Tätigkeit

F. Übersicht zur Haftung eines Amtswalters hinsichtlich seiner hoheitlichen bzw. privatrechtlichen Tätigkeit[1]

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Tätigwerden im
hoheitlichen Bereich durch privatrechtlichen Bereich durch
Beamte sonstige Bedienstete Beamte sonstige Bedienstete
Haftung des Staates § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG §§ 823, 31, 89 oder § 831 BGB §§ 823, 31, 89 oder § 831 BGB
Haftung des Amtswalters § 839 BGB mit Verweisungsmöglichkeit auf den Staat § 823 BGB

Anmerkungen

[1]

 

Schema nach Maurer § 26 Rn. 65.

2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › G. Übungsfall Nr. 1

G. Übungsfall Nr. 1

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2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › G. Übungsfall Nr. 1 › „Abgeschleppt mit Schaden“

„Abgeschleppt mit Schaden“

A parkt sein Kfz im absoluten Halteverbot. Das Fahrzeug wird deshalb von der privaten Abschleppfirma U im Auftrag der Stadt K abgeschleppt.

Als A sein Fahrzeug nach drei Tagen abholt, stellt er zwei Beschädigungen fest.

Zum einen ist die vordere linke Felge eingedellt. Der Schaden beläuft sich auf 300 €. Zum anderen befindet sich an der rechten Seitentür ein langer Kratzer. Dieser Schaden beträgt 500 €.

A findet heraus, dass der Schaden an der Felge entstanden ist, weil ein Mitarbeiter der U unachtsam war, als das Fahrzeug auf das Abschleppfahrzeug aufgeladen wurde.


[Bild vergrößern]

Der Schaden an der Seitentür ist nach Angaben der U während der Zeit entstanden, als das Fahrzeug auf dem Parkplatz der Firma U gestanden hat. Dieser Platz ist für jedermann zugänglich, und es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass Unbekannte das Kfz mutwillig beschädigt hätten.

A hat die beiden Schäden zwischenzeitlich reparieren lassen.


[Bild vergrößern]

A wendet sich an die Stadt K, um den Schaden ersetzt zu bekommen. Die Stadt K lehnte das Begehren des A mit dem Hinweis auf die Firma U ab. U müsse den Schaden vorrangig ersetzen.

U wiederum, von A mit der gleichen Forderung konfrontiert, verweist auf die Stadt K, da U für diese tätig geworden ist.

A fragt nun Rechtsanwalt R nach den Möglichkeiten, den Schaden ersetzt zu bekommen.

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2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › G. Übungsfall Nr. 1 › Lösung

Lösung
A. Materiell-rechtliche Lage

In Betracht kommen Ansprüche des A gegen die Firma U und die Stadt K.

JURIQ-Klausurtipp

In der vorliegenden Fallgestaltung ist es angezeigt, zuerst die materiellen Ansprüche zu prüfen. Nur wenn solche bestehen, stellt sich die Frage nach dem verfahrensrechtlichen Vorgehen.

Beginnen Sie in staatshaftungsrechtlichen Klausuren immer mit Ansprüchen gegen die öffentlich-rechtliche Körperschaft, wenn zugleich eine Person des Privatrechts haften könnte.

Der Grund dafür liegt in der Struktur des Staatshaftungsrechts. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB ist der eigentliche Haftungstatbestand, der sich jedoch nicht gegen den Staat, sondern gegen den Beamten im haftungsrechtlichen Sinne richtet. Art. 34 GG ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern leitet die Haftung nur auf den Staat über, soweit die Voraussetzungen einer Amtshaftung vorliegen. Die Folge ist, dass mit der Überleitung zugleich die persönliche Haftung des Beamten entfällt.

I. Ansprüche gegen die Stadt K
1. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB analog

A könnte gegen die Stadt K einen Anspruch auf Schadensersatz aus einer analogen Anwendung von § 280 Abs. 1 S. 1 BGB haben.

a) Anwendbarkeit

Die Schadensersatznorm des § 280 BGB und die das Vertretenmüssen regelnden §§ 276, 278 BGB gelten auch innerhalb öffentlich-rechtlicher Rechtsverhältnisse, soweit diese schuldrechtsähnliche Leistungsbeziehungen begründen und die Eigenart des Öffentlichen Rechts dem nicht entgegensteht.

b) Öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis

Voraussetzung für eine Haftung aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB analog ist das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses. Die öffentlich-rechtliche Verwahrung ist als ein solches Schuldverhältnis anerkannt.

Durch die Abschleppmaßnahme könnte ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis zwischen A und der Stadt K zustande gekommen sein. Ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis kann durch Verwaltungsakt, öffentlich-rechtlichen Vertrag oder durch den bloßen Realakt der Inbesitznahme zustande kommen. Nach § 24 Nr. 13 OBG NRW i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 PolG NRW ist eine sichergestellte Sache in Verwahrung zu nehmen. Diese Vorschrift gilt jedoch nur für die Sicherstellung nach § 43 PolG NRW, § 24 Nr. 13 OBG NRW, nicht dagegen für die Durchsetzung eines Wegfahrgebots im Wege der Ersatzvornahme, als die die hier vorliegende Abschleppmaßnahme zu charakterisieren ist. Durch die Ersatzvornahme sollte die Verletzung eines Gebots beseitigt werden. Das Ziel ist die Einhaltung der Rechtsordnung, nicht hingegen die Begründung eines Verwahrungsverhältnisses. Dass die Firma U tatsächlich das Fahrzeug des A in Verwahrung genommen hat, ist lediglich eine Nebenfolge. Damit allein wird noch kein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis mit seinen besonderen Fürsorge- und Obhutsverpflichtungen begründet. Ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis liegt nicht vor.

Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB analog scheidet aus.

2. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG

A könnte gegen die Stadt K einen Anspruch auf Schadensersatz aus Amtshaftung gemäß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG haben.

Anknüpfungspunkt für eine Haftung im vorliegenden Fall kann allein das Verhalten der Mitarbeiter der Abschleppfirma U sein.

a) Hoheitliches Handeln

§ 839 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus, dass ein Beamter gehandelt hat, während nach Art. 34 S. 1 GG „jemand“ in Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt haben muss. Möglicherweise kann dabei auf den Mitarbeiter der Firma U abgestellt werden, der die Abschleppmaßnahme durchgeführt hat. Es ist aber zweifelhaft, ob dieser Mitarbeiter überhaupt von dem Tatbestand des § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG erfasst wird.

aa) Beamter

Während § 839 Abs. 1 S. 1 BGB verlangt, dass der Schädiger ein Beamter ist, genügt es für die Anwendung des Art. 34 S. 1 GG, dass „jemand“ in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt hat. Für die Staatshaftung maßgeblich ist allein Art. 34 S. 1 GG. Dies gilt auch in den Fällen, in denen kein statusrechtlicher Beamter gehandelt hat, weil nach dem Willen des Verfassungsgebers auch in diesen Fällen eine Staatshaftung gegeben sein soll. Bei § 839 Abs. 1 S. 1 BGB gilt deshalb der so genannte haftungsrechtliche Beamtenbegriff. Danach ist „jemand“ i.S.d. Art. 34 S. 1 GG jeder, der hoheitlich tätig ist.

Folglich ist es für die Staatshaftung unbeachtlich, dass der Mitarbeiter der Firma U kein Beamter im statusrechtlichen Sinn ist.

bb) Hoheitliches Handeln

Entscheidend ist allein, ob die Firma U bei der Ausführung des Abschleppauftrags der Stadt K hoheitlich gehandelt hat. Das wiederum hängt von der Funktion ab, die U wahrgenommen hat.

Ein hoheitliches Handeln könnte angenommen werden, wenn die Firma U als Beliehene tätig geworden ist.

Die Firma U wird jedoch im vorliegenden Fall aufgrund eines mit der Stadt K geschlossenen Werkvertrages tätig. Die zivilrechtliche Beauftragung schließt ein Tätigwerden der U als Beliehene aus, zumal ein förmlicher Beleihungsakt fehlt.

Aufgrund des mit der Stadt K abgeschlossenen Werkvertrags scheidet auch die Annahme einer Stellung der U als Verwaltungshelferin aus. Verwaltungshelfer haben keine selbstständigen Entscheidungsbefugnisse. U hingegen konnte frei darüber entscheiden, wann genau die Abschleppmaßnahme durchgeführt werden sollte und wie sie zu organisieren war, insbesondere mit welchen Mitarbeitern und mit welchen Mitteln. Darauf hatte die Stadt K keinen Einfluss. Auch fand keine Überwachung dergestalt statt, dass die Stadt K auf die Art und Weise der Tätigkeit der U noch hätte Einfluss nehmen können. Daher kann die Firma U nicht als Verwaltungshelferin der Stadt K angesehen werden.

Mangels einer Einordnung der Firma U als Beliehene oder Verwaltungshelferin stellt sich die Frage, wie sich die Tätigkeit dieses selbstständigen Unternehmers, dessen sich die Stadt K bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben bedient, zu qualifizieren ist.

Nach der sog. Werkzeugtheorie der Rechtsprechung ist maßgeblich, ob die beauftragende Körperschaft, hier die Stadt K, in so weitgehendem Maße auf die Durchführung der Arbeiten des privaten Unternehmers Einfluss genommen hat, dass sie diese wie eigene gegen sich gelten lassen muss; so als wenn der Unternehmer lediglich als Werkzeug bei der Durchführung ihrer hoheitlichen Aufgaben tätig geworden wäre.

Ob die Mitarbeiter der Stadt K so weitgehend im Umfang Einfluss auf die Firma U genommen haben ist zweifelhaft. Sie haben die Abschleppmaßnahme konkret nicht beaufsichtigt. Deshalb spricht mehr dafür, die Werkzeugeigenschaft der Firma U zu verneinen. Damit scheidet eine Haftung der Stadt K nach § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG aus. A hat somit nur die Möglichkeit, zivilrechtliche Ansprüche gegen die Firma U geltend zu machen.

 

Dieses Ergebnis wird seitens der Literatur stark kritisiert. Die Werkzeugtheorie sei geeignet, die öffentliche Hand zu einer „Flucht ins Privatrecht“ anzuregen. Auch sei es dogmatisch nicht zwingend anzunehmen, dass der Staat in seinem öffentlich-rechtlichen Funktionskreis nicht nach öffentlichem Recht, sondern nach privatem Deliktsrecht handle. Vielmehr sei unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 278 BGB jeder private Unternehmer als „jemand“ i.S.d. Art. 34 S. 1 GG anzusehen, der in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten für den Hoheitsträger Dritten gegenüber tätig wird. Nach dieser Ansicht haftet die Stadt K sowohl für den Schaden, der bei der Abschleppmaßnahme entstanden ist, als auch für den Schaden infolge der Aufbewahrung des Fahrzeugs durch die Firma U.

Der BGH hat trotz dieser Kritik grundsätzlich an der Werkzeugtheorie festgehalten, sie jedoch modifiziert. Danach kommt es nicht mehr allein auf den Aspekt des Entscheidungsspielraums bzw. der Weisungsgebundenheit an, sondern auch auf die Nähe zum öffentlich-rechtlichen Funktionsbereich. In einer Gesamtschau aller Umstände orientiert sich der BGH dabei am hoheitlichen bzw. nicht hoheitlichen Charakter der wahrgenommenen Aufgabe, an der Sachnähe der übertragenen Tätigkeit zu dieser Aufgabe und schließlich dem eigenen Entscheidungsspielraum des Unternehmers.

Dies bedeutet, dass nunmehr auch nach der modifizierten Auffassung des BGH eine Staatshaftung für die Abschleppmaßnahme selbst gegeben ist, also für den Schaden, der beim Aufladen des Fahrzeuges entstanden ist.

Fraglich ist jedoch, ob sich die Haftung auch auf die während der Verwahrung des Fahrzeuges bei der Firma U entstanden Schäden erstreckt.

Nach Ansicht des OLG Hamm sind die Mitarbeiter des Abschleppunternehmers nur während der eigentlichen Abschleppmaßnahme als Werkzeuge der beauftragenden Körperschaft anzusehen. Hinsichtlich des sich anschließenden Zeitraums der Verwahrung sind sie dagegen keinerlei Einflussnahme durch den Staat mehr unterworfen, so dass insoweit eine Haftung der beauftragenden Körperschaft ausscheiden muss.[1]

Dieses Ergebnis ist kritisch zu hinterfragen. Hintergrund der modifizierten Werkzeugtheorie des BGH ist jedoch, dass sich der Staat jedenfalls im Bereich der Eingriffsverwaltung seiner Haftung nicht mehr durch Flucht in das Privatrecht entziehen können soll.

Sowohl die eigentliche Abschleppmaßnahme als auch die anschließende Verwahrung des Fahrzeugs stellen aus Sicht des A einen Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG dar, so dass eine einheitliche Beurteilung des Sachverhalts vorzugwürdig ist. Der Einfluss der Behörde auf die Abschleppmaßnahme ist nicht größer oder kleiner als auf die anschließende Verwahrung. Die Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Beschädigung kann den Geschädigten zudem in erhebliche Beweisschwierigkeiten bringen, denn er dringt mit seinem Amtshaftungsanspruch nur durch, wenn er darlegen und beweisen kann, dass der Schaden während des Abschleppvorgangs eingetreten ist. Diesen Nachweis wird er regelmäßig nicht erbringen können, weil er bei der Durchführung der Abschleppmaßnahme nicht anwesend war, und Zeugen nur äußerst schwer zu finden sein dürften. Auch aus diesem Grund ist die Differenzierung des OLG Hamm abzulehnen.

Vielmehr ist einheitlich von einem hoheitlichen Handeln der Abschleppfirma U auszugehen.

Hinweis

Selbstverständlich können Sie auch die Auffassung des OLG Hamm vertreten und dann nach den beiden Schadenspositionen differenzieren. Bezüglich des Kratzers an der Seitentür haftet die Stadt K dann nicht, auch nicht aus § 831 Abs. 1 S. 1 BGB, da die Firma U nicht als ihre Verrichtungsgehilfin anzusehen ist. Diesen Schaden kann A dann nur von der Firma U ersetzt verlangen.

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