Dunkles Spiel im Elderreich

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„Ich weiß, dass es keinen Sinn ergibt, aber da er mein Zauberer und mein Gefährte ist, will mein Drache auch für keine noch so kurze Zeit von ihm getrennt sein. Ich muss mit ihm zusammen sein. Muss wissen, dass er in Reichweite ist. Oder in einem Turm eingeschlossen.“ Ich zwinkerte Quinn zu. „Da das keine Option ist, muss er bei mir sein. Bei dir weiß mein Verstand, dass du gut auf dich selbst aufpassen kannst. Es ist nur so, dass mein Drache auch dich keiner Gefahr aussetzen will. Ich kann euch nicht beide beschützen. Ich habe mit Quinn schon genug zu tun.“

„Hey, ich brauche keinen Beschützer …“

„Ehrlich, du musst mich nicht beschützen, Boss. Ich sage nicht, dass ich unverwundbar bin, aber es ist ziemlich … unwahrscheinlich.“

„Trotzdem könnte es passieren.“ So lächerlich sich das auch anhörte, Bill konnte verletzt werden. Meinen Drachen kümmerte es nicht, wie unverwundbar er war. Beschütze den Clan. Das Gefühl pulsierte in meinem Blut. Eines der stärksten Gefühle, die ich je empfunden hatte.

Bill neigte den Kopf zur Seite und seine großen Augen füllten sich mit Tränen. „Wow, ich fühle mich geschmeichelt. Noch nie hat sich jemand Gedanken über meine Sicherheit gemacht.“

„Schon gut, mein Großer. Kein Grund, sentimental zu werden. Ich erkläre dir nur, was Sache ist.“ Bill lächelte mich an und ich konnte fühlen, wie meine Wangen heiß wurden.

Quinn lehnte sich an Bill und auch seine Augen sahen verdächtig feucht aus. „Er ist kein so übler Bursche, nicht wahr, Dämon?“

„Das wird mir jetzt langsam zu viel.“ Ich räusperte mich. „Und außerdem müssen wir wieder an die Arbeit.“

„Also kann ich mitkommen?“ Bill nahm die Brille ab und wischte sich die Augen mit einem Taschentuch ab, das er aus seiner Westentasche zog.

„Absolut nicht.“ Hatte er mir eigentlich zugehört?

„Aber Boss …“

„Ich bin nicht bereit, dich da draußen einzusetzen.“ Ich hob die Hände, um seinem Widerspruch zuvorzukommen. „Ich brauche Zeit, um meinen Drachen davon zu überzeugen, dass du klarkommst. Ich werde daran arbeiten, ich verspreche es.“

Bill schob seine üppige Unterlippe vor und verschränkte die Arme. „Na schön, aber wenn ihr in Schwierigkeiten geratet, dann ruft nicht mich zu Hilfe.“

Quinn öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber eine gewaltige Explosion im Untergeschoss erschütterte das Haus und wir gingen alle in Deckung.

KAPITEL 10

„Was zur Hölle war das?“, schrie ich.

Bill richtete sich auf und seine Brille saß schief. „Ich würde nachsehen, aber du willst ja nicht, dass ich mich beteilige.“

Ich knurrte nicht, aber ich war nahe dran. Ich rappelte mich hoch und rannte zur Treppe, die zu einem Büro führte. Quinn war mir auf den Fersen.

„Na schön, ich werde helfen!“, rief Bill. Ich hörte nicht, wie er verschwand, aber ich wusste, dass er nachsehen würde, was passiert war.

Rauch quoll aus der Tür von Starfig Investigations, die nun einen spaltbreit offen stand. Ich wusste, dass Bill die Tür vor dem Mittagessen immer versperrte. Er war so penibel. Als wir hereinkamen, trat Bill aus dem Büro, von dem nun Rauch in den Warteraum strömte.

„Boss, jemand hat dein Büro durchwühlt und versucht, an unsere Akten zu kommen. Deshalb der Knall.“

Da die kunstvoll verzierten Aktenschränke mit einem sehr starken Zauber belegt waren, überraschte mich das nicht. Den Möchtegern-Einbrecher aber vermutlich schon. Der Mistkerl hätte schon sehr gut geschützt sein müssen, um nichts abzubekommen. Wie auch immer, es war ihm nicht gelungen, meine Aktenschränke zu knacken, in denen ich alle geheimen Verträge und Schriftrollen aufbewahrte.

Wonach hatte er wohl gesucht? Vielleicht wollte er auch nur Schaden anrichten oder etwas finden, das Flintheart zu seinem Vorteil nutzen konnte.

„Ich schätze, jetzt wissen wir, was mit ‚oder sonst‘ gemeint war. Nicht sehr kreativ. Folgen alle Bösewichte demselben Schema?“

„Twig, das ist kein Scherz! Wie ist der hier reingekommen?“ Quinn betrachtete das Empfangsbüro, als hätte er es noch nie gesehen. „Hier gibt es genug Schutzzauber, um nahezu alles fernzuhalten. Dafür habe ich gesorgt.“

„Ich bin nicht sicher“, antwortete ich.“ Gute Frage. Es musste jemand gewesen sein, der entweder stark genug war, um die Schutzzauber zu überwinden, oder jemand, der im Besitz von sehr hochwertiger Magie gegen Schutzzauber war. Mir war nicht bewusst gewesen, dass Flintheart über derartige Verbindungen verfügte. Dennoch war ich nicht wirklich überrascht. Er war schon lange genug im Stadtrat, um seine dicken kleinen Finger in allen möglichen Angelegenheiten zu haben. Warum sollte er sich also nicht auch Zugang zu illegaler Magie gegen Schutzzauber verschaffen können? „Ist irgendwer reingekommen, während ich beim Mittagessen war, Bill?“

„Wir hatten zwei Lieferungen.“ Er deutete auf den Schreibtisch und ein paar Schriftrollen.

„Aber nichts, das mir komisch vorgekommen wäre.“

„Sieht so aus, als ob du doch dazukommst, ein wenig Detektivarbeit zu machen, Bill.“

„Wirklich?“

„Wird er?“ Quinn drückte meinen Arm.

„Ich brauche dich als Manager meiner Wahlkampagne.“

„Du willst, dass ich … deine Kampagne leite?“ Sein Gesichtsausdruck wandelte sich von begeistert zu enttäuscht.

„Ja, ich möchte, dass du im Bezirk Flyer verteilst und dabei herausfindest, von wem die Drohung kam.“

„Das wissen wir doch, Twig. Es ist logisch, dass es Flintheart oder einer seiner Unterstützer war.“

„Ich weiß. Aber ich möchte dahinterkommen, wen er anheuert. Und wenn du es herausgefunden hast, möchte ich, dass du dich mit ihnen unterhältst.“ Ich ließ das für einen Moment wirken.

Bills Lächeln strahlte, als wäre Wintersonnenwende und er hätte das größte Geschenk bekommen. „Ist das dein Ernst, Boss?“

„Twig, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.“

„Keine Sorge, Quinn. Ich tue ihnen ja nichts, ich werde nur so tun als ob.“ Bill rieb sich erwartungsvoll die Hände. „Das wird ein Bedürfnis befriedigen, das ich schon lange unterdrücke.“

„Anderen Wesen einen riesigen Schrecken einzujagen?“

„Genau.“

Ich kicherte, als ich den Flur entlangging. Bill war schon liebenswert.

Als ich mein Büro betrat, schnappte ich nach Luft und der heitere Moment löste sich auf wie Wasser im Feuerstrahl eines Drachen. Alles war komplett verwüstet. Der Schreibtisch war gegen die Wand geschoben, die Stühle umgestoßen und überall lagen Papiere verstreut. Meine Aktenschränke spuckten immer noch schwarzen Rauch und der Wandteppich mit meinem Familienwappen war zerfetzt. Es war also nicht alles daran schlecht. Um noch eine Beleidigung hinzuzufügen, hatte der Einbrecher mit Asche ‚Stirb, mickriges Halbblut‘ an die Wand geschrieben.

Und wieder ein Hauch eines vertrauten Geruchs. Mein Drache knirschte mit den Zähnen. Wieso konnte ich den Duft nicht zuordnen? Ich atmete tief ein und das Aroma verflüchtigte sich rasch. Besonders neben dem starken Geruch von Schwefel und Traumfenchel. Interessant. Jemand versuchte, seinen Geruch zu tarnen.

„Du meine Güte!“ Quinn schäumte vor Zorn, als er mein Büro betrat und das Graffiti sah. Er schnippte mit den Fingern und die Papiere sortierten sich und stapelten sich ordentlich auf meinem Schreibtisch. „Du solltest mich denjenigen finden lassen, der das getan hat. Ich werde mich um ihn kümmern. Bill kann dich begleiten.“

„Nicht so schnell, mein blutrünstiger Zauberer. Du musst mir mit unserem aktuellen Fall helfen. Überlass Bill den …“ Ich machte eine wegwerfende Handbewegung in Richtung der Schrift an der Wand. Ich hätte wissen müssen, dass sich im Elderreich politisch zu engagieren, solchen Mist einschließen würde. Drachen waren da viel direkter. Wir forderten unsere Rivalen heraus und rissen ihnen das Herz heraus. Ganz einfach.

Obwohl ich zugeben musste, dass die Wortwahl interessant war. Mein Drachenname war Twig, der Mickrige, was nur wenige Wesen im Elderreich wussten. War es ein Zufall, dass er Teil der Botschaft war? Konnte Flintheart ihn herausgefunden haben? Wenn ja, wie?

Ich ging durch den Raum und etwas fühlte sich nicht richtig an. Mit der Hilfe von Bill und Quinn brachte ich mein Büro wieder in Ordnung. Nachdem wir die Möbel wieder aufgestellt hatten und Quinn die Schrift von der Wand entfernt hatte, sah ich mich um, durchsuchte meine Schreibtischschubladen und schnitt eine Grimasse.

Quinn sah mich an. „Was ist los?“

„Kennst du diesen Stein?“ Ich griff nach dem faustgroßen Quarz in meiner obersten Schublade.

„Quinn stieß mich regelrecht zur Seite. „Fass ihn nicht an. Er könnte verhext sein.“ Er murmelte ein paar Worte und hielt erst einmal, dann noch einmal die Hand über den Stein. Er verzog vor Konzentration das Gesicht. Dann nahm er ihn aus der Lade. „Es ist einfach nur ein Stein.“

Ich nahm ihn und drehte ihn in meiner Hand. Warum hatte der Eindringling einen Stein in meinen Schreibtisch gelegt? Mein Blick wanderte wieder zur Schublade zurück und ich stöhnte.

„Was ist denn, Twig?“, fragte Quinn.

„Der Hammer ist weg.“

KAPITEL 11

„Wexy Winnie muss der langweiligste Kobold sein, den ich je gesehen habe.“ Quinn spähte durch das Loch zwischen den Wälzern der Bibliothek, in der wir uns versteckten. Das Hauptarchiv der Fecks Universität war riesig. Mit unzähligen Reihen von Büchern, ohne ein Staubkörnchen. Während er sprach, strich Quinn abwesend mit der Hand über die Buchrücken einiger besonders dicker Wälzer, ohne jedoch den Blick von Winnie abzuwenden. „Was glaubst du, wie lange wir noch hier rumhängen sollen?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“

 

Wir hockten seit drei Stunden in diesem Gang und langweilten uns zu Tode. Nun, ich zumindest. Quinn hatte seine Zeit wenigstens damit verbracht, nach Antworten auf Pies Dilemma zu suchen. Er hatte in einigen umfangreichen Werken nachgeschlagen, in der Hoffnung, einen Zauber zu finden, der Pie ins Jenseits schicken könnte. Leider war seine Suche ergebnislos geblieben, weshalb er besonders schlecht gelaunt war. Mein Zauberer mochte es nicht, zu versagen.

Soweit wir erkennen konnten, betrieb Winnie alle möglichen philologischen Studien. Zumindest behauptete Quinn das. Ich hatte nur ‚Linguistik‘ bla bla, langweilig, bla bla und ‚Studie literarischer Texte‘, bla bla, noch mehr langweiliger Mist gehört und muss zugeben, dass meine Gedanken ein wenig abgeschweift waren. Laut Icegem war Winnie keine echte Historikerin, sondern von der Fakultät für Sprachen und Soziologie. Waren alle Akademiker so unerträglich spießig wie Icegem? Wahrscheinlich.

Abgesehen davon, dass wir herausgefunden hatten, dass Winnie an etwas Philologischem – war das überhaupt ein Wort? – arbeitete, war schwer zu sagen, was genau sie Stunde um Stunde im Zentralarchiv tat. Sie hatte Bücher und Schriftrollen auf einem kleinen Tisch ausgebreitet, saß über ein Pergament gebeugt, kritzelte wie wild Notizen darauf und murmelte dabei vor sich hin.

Das Licht in dem Archiv kam von weißen, rechteckigen Steinen, die entlang der grauen Wände aufgestellt waren. Da die oberen Stockwerke keine Fenster hatten, teilten farbige Wandmalereien die Mauern in gleichmäßige Abschnitte. Unter jedem Bild war eine Inschrift mit schlauen Sprüchen zu lesen. Wissen ist Macht, Macht ist nicht immer Wissen. Wahrheit und Licht bringen Licht und Wahrheit hervor. So tiefschürfend wie ein Tümpel in der Trockenzeit.

„Hältst du es für wahrscheinlich, dass sie den Hammer gestohlen hat? Sie wirkt nicht, als wäre sie der Typ dafür.“ Quinn schielte wieder zwischen den Büchern zu Winnie.

„Wie genau sieht denn ein Hammer-Dieb aus?“ Ich musste ihm aber zustimmen. Sie und Bill mussten im selben Laden einkaufen. Dieselben dick gerahmten Brillen und statt einer Weste trug sie ein langes, formloses Kleid, baumelnde Ohrringe und einen bunten Schal. Andererseits war Bill der lebende Beweis dafür, dass das Aussehen täuschen konnte.

„Du denkst also, es hat mit dem Absender dieser schrecklichen Botschaft zu tun, wer auch immer das ist?“

„Wahrscheinlich. Wir sollten nichts ausschließen.“

„Warum will irgendjemand diesen Hammer? Du hast gesagt, er sei nichts wert.“

„Er enthält keine wertvollen Metalle oder Edelsteine, aber offensichtlich hatte er für irgendwen irgendeinen Wert.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, warum. Ich habe es überprüft, er verfügt über keinerlei Magie.“

„Vielleicht eine Ahnung. Mein Bauchgefühl sagt auch, dass er einen Zweck hat.“

„Ja, ja, ja!“ Winnies Aufschrei hallte von den Wänden wider. „Jippaa, du wirst alles zurücknehmen müssen.“

Wir hörten das Rücken des Stuhls. Winnie war aufgestanden.

Quinn seufzte erleichtert. „Na endlich.“ Es stellte sich heraus, dass wir beide mit Tatenlosigkeit nicht gut umgehen konnten. Man lernte nie aus.

„Mist“, flüsterte ich. „Sie kommt auf uns zu.“ Wir standen mit dem Rücken zur Wand, nur ein Weg führte aus diesem Gang heraus und Winnie würde uns mit Sicherheit sehen. Wir mussten noch viel darüber lernen, wie man jemanden beschattete und dabei nicht gesehen wurde. Als Winnie in die Nähe unseres Verstecks kam, begann Quinn einen Zauberspruch zu murmeln. Uns lief die Zeit davon, also packte ich ihn, schob ihn mit dem Rücken gegen die Wand und presste meine Lippen auf seine. Er quietschte, aber mein Kuss verschluckte das Geräusch.

„Studenten“, murmelte Winnie, als sie vorbeiging. „Habt ihr kein Zimmer?“

Kaum dass sie an uns vorbei war, unterbrach ich den Kuss. Quinn sah zu mir auf und seine Pupillen waren riesig.

„Wow, darauf wäre ich nie gekommen.“ Dann packte er mich am Kragen und zog mich in einen weiteren leidenschaftlichen Kuss. Hätten wir keinen Job zu erledigen gehabt, hätte ich ihn an Ort und Stelle vernascht.

Wir lösten uns keuchend voneinander und in seinen Augen lag das Versprechen, dass wir das später zu Ende bringen würden. Quinn schob mich weg, huschte ans Ende des Ganges und spähte um die Ecke.

„Alles leer. Wir sollten uns beeilen, ich kann sie nirgendwo sehen.“

Wir folgten der breiten, gewundenen Treppe, so schnell wir es wagen konnten, und erblickten Winnie, als sie durch die Türen des Archivs ins Abendlicht stürmte. Wir drosselten unser Tempo und folgten ihr. Sie überquerte den Campus und ihre Sandalen klapperten über die glitzernden Gehwege, als sie sich beeilte, zu ihren Wohnräumen zu kommen. Junge Lehrkräfte wohnten oft auf dem Campus, um Geld zu sparen. Vielleicht hatte Icegem Winnies Stellung an der Universität korrekt beschrieben.

Wir standen draußen und lehnten uns gegenüber von ihrem Quartier, einem roten Ziegelbau, an einen Baum. Anders als das blitzsaubere Archiv war dieses Haus vernachlässigt und renovierungsbedürftig. Nicht gerade baufällig, aber es war offensichtlich, dass die Absolventen ihr Geld nicht in die Erhaltung der Wohnungen investierten. Wir versuchten, uns unverdächtig zu verhalten und im Schatten zu bleiben. Als könnten ein Halbdrache und ein Zauberer im Elderreich unverdächtig wirken. Wir taten trotzdem unser Bestes.

„Sollen wir bleiben, bis sie schlafen geht?“, fragte Quinn.

„Ja, das werden wir wohl müssen.“

„Glaubst du, wir können Bill dazu bringen, eine Runde zu übernehmen? Ich werde langsam hungrig.“

„Du bist derjenige, der mich drängt, das Geschäft zu erweitern. Das ist es nun mal, was Privatdetektive tun.“

Quinn zog die Nase kraus. „In meinem Kopf hat sich das viel cooler angehört.“

Bald darauf wurde es vollständig dunkel und wir behielten Winnies Fenster im Auge. Wir hatten den Ort vorher ausgekundschaftet und wussten, welches Fenster ihres war. Quinn hatte die Wohnung in ihrer Abwesenheit durchsuchen wollen, aber ich konnte das nicht dulden. Es würde nicht gut aussehen, wenn jemand, der für den Stadtrat kandidierte, bei einem Einbruch erwischt wurde. Außerdem waren wir keine Diebe und hatten keinerlei Beweis, dass sie den Hammer hatte, nur Icegems Überzeugung, dass sie irgendwie involviert war. In Wahrheit hielt mich der Umstand ab, dass ich mich nicht dem Zorn meines Vaters aussetzen wollte, wenn wir erwischt wurden.

Wir hätten beinahe übersehen, dass Winnie mit einer kleinen Laterne in der Hand aus dem Haus schlüpfte. Quinn und ich tauschten vielsagende Blicke. Wohin konnte die gute Frau Professor um diese späte Stunde wohl unterwegs sein? Wir nahmen wortlos die Verfolgung auf.

Winnie schulterte einen großen Rucksack und murmelte vor sich hin, als wir wieder zurück über das gepflegte öffentliche Gelände trotteten. Sie steuerte auf das graue, turmartige Gebäude zu, das ihr Büro beherbergte. Sie stellte die Laterne ab und legte die Hand auf das Türschild. Ein schwaches Leuchten und die Tür sprang auf. Sie sammelte ihre Sachen ein, spazierte in das Gebäude und die Tür schlug hinter ihr zu.

Wir liefen hinüber und probierten zur Sicherheit den Türknopf. Nichts. Fest verschlossen. Wir konnten nicht einfach so in ein Fecks Gebäude einbrechen. Dann wäre unsere Tarnung im Eimer. Und die Universität hatte bestimmt zusätzliche Schutzmaßnahmen eingesetzt, um zu verhindern, dass jemand die Schlösser mithilfe von Magie knackte. Wie saßen fest.

Quinn kramte in seinem Umhang, holte einen kleinen Beutel hervor und drückte ihn mir in die Hand. Dann verschwand seine Hand wieder suchend in dem weiten Mantel. Sein Gesicht leuchtete triumphierend auf, als er einen kleinen Pinsel hochhielt.

„Halt das mal für mich. Es dauert nicht lange.“ Er öffnete den Beutel, tauchte den Pinsel in ein blaues Puder und bestrich den Türknopf und seine Umgebung. Es leuchtete und Handabdrücke kamen zum Vorschein. Eine Menge Abdrücke. Überlappend.

Er runzelte die Stirn. „So funktioniert das nicht. Ich brauche einen guten Handabdruck.“

„Soll ich nachsehen, ob ich im Erdgeschoß ein Fenster aufdrücken kann?“ Das konnte womöglich einen Alarm auslösen, aber mein Bauchgefühl sagte, dass wir da rein mussten. Irgendwas ging hier vor und vielleicht war Icegem nicht so verrückt, wie ich gedacht hatte. Oder betrieb Winnie spätnachts weitere Forschungen? Der kalte Schauder, der über meine Haut jagte, sagte etwas anderes.

„Lass mich etwas anders versuchen.“ Quinn tauchte den Pinsel wieder in den Beutel und drehte ihn, bis er mit blauem Puder bedeckt war. Dann bestrich er eine Stelle neben den Scharnieren. Ein Handabdruck erschien. „Ja! Ich wusste doch, dass sich irgendwer mal da angelehnt haben muss.“

„Und was jetzt?“ Quinns Wissen um Kräutermagie überraschte mich immer wieder. Ich hatte gehört, dass manche Menschen darin hervorragend waren. Aber Feen und andere Wesen im Elderreich verließen sich lieber auf ihre eigene Art von Magie. Die meisten wollten keine Zeit investieren, um etwas so Banales zu lernen.

„Jetzt gehen wir rein.“ Quinn hielt seine Hand über den Abdruck und der blaue Schimmer übertrug sich auf seine Handfläche. Als er sie an den Türknopf legte, klickte das Schloss. Wir waren drin.

„Nett.“ Ich hielt die Tür auf und Quinn schlüpfte durch. Schwach brennende Fackeln beleuchteten die Korridore und ließen Teile der Halle im Schatten. Es ging doch nichts über die Atmosphäre eines Kellergewölbes.

Winnie war nirgends zu sehen. Direkt am Eingang hing ein großer Orientierungsplan des Gebäudes. Ich suchte darauf nach ihrem Büro.

„Hast du nicht gesagt, ihr Büro wäre im zweiten Stock?“, fragte Quinn und begann die Treppe hinaufzusteigen. Ich eilte hinter ihm her.

„Ich glaube nicht, dass sie in ihrem Büro sein wird!“, rief ich ihm nach.

Quinn blieb stehen, bis ich ihn eingeholt hatte. „Was verschweigst du mir? Ich kann durch unsere Verbindung fühlen, dass du dir Sorgen machst.“

„Tut mir leid, ich kann das abstellen, wenn es dich zu sehr ablenkt.“

Er seufzte. „Es lenkt mich nicht ab. Ich möchte nur wissen, warum du so unruhig bist.“

„Ich bin nicht unruhig. Es ist nur … Etwas stimmt nicht, ich kann es fühlen.“ Und dieses Gefühl nahm zu.

Quinn schien darüber nachzudenken, als wir um die Ecke zum nächsten Stockwerk bogen. Als wir den zweiten Stock erreichten, legte er die Hand auf meinen Arm und ich stoppte.

„Wenn irgendwas … Verrücktes geschehen sollte, dann erwarte ich, dass du mir vertraust. Ich will nicht, dass du mich beschützt, wenn ich auf mich selbst aufpassen kann. Du möchtest nicht, dass ich Macht über dich ausübe. Ich verdiene denselben Respekt.“

„Ich kontrolliere dich nicht.“

„Du versuchst es, wenn du mich nicht tun lässt, worin ich gut bin. Ich zerbreche schon nicht. Ich bin auch ein Teil dieses Teams.“

Unsere Blicke trafen sich und obwohl mein Drache bei dem Gedanken knurrte, dass Quinn in Gefahr sein könnte, nickte ich langsam. Ich würde es versuchen.

„Gut“, sagte er.

Wir schlichen so leise wie möglich durch die Gänge, was bei meiner Größe nicht leicht war. Die Korridore auf dieser Ebene waren schmal und nicht für jemanden mit meinem Körperbau gemacht. Mein Kopf berührte fast die Decke. Sagte eine Menge darüber aus, wie junge Lehrkräfte behandelt wurden. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie beengt erst die Büros sein mussten. Wir suchten, bis wir Winnies Büro fanden. 221B.

Kein Licht schien unter der Tür durch. Quinn trat näher und legte ein Ohr an die Holzverkleidung. Mein Gehör war wesentlich besser als seines, weshalb ich ihm hätte sagen können, dass niemand drin war. Ich konnte überhaupt auf dem gesamten Stockwerk nichts hören.

„Wo könnte sie sein?“

„Im Keller. Ich habe auf dem Plan ein großes Labor gesehen.“

„Ein Labor? Wozu braucht eine Sprachwissenschaftlerin ein Labor?“

„Gute Frage.“

„Du glaubst wirklich, dass sie den Hammer hat, nicht wahr?“

„Wozu sollte der nochmal gut sein?“ Ich wandte mich wieder der Treppe zu und beschleunigte meine Schritte.

„Ihm werden alle möglichen Kräfte zugeschrieben, aber soweit ich weiß, ist das nur eine Legende. Nach allem, was ich gelesen habe, und das ist nicht viel, hat Scrodbun nie wieder eine Schlacht verloren, nachdem er den Hammer hatte. Falls er je existiert hat. Es gibt Wissenschaftler, die seine Existenz anzweifeln.“

Während Quinn erklärte, eilten wir über die Stufen und folgten der Treppe, bis wir im Keller standen.

 

„Dort.“ Quinn deutete auf ein Licht unter einer Tür am Ende eines düsteren Korridors.

Ich hielt einen Finger an meine Lippen. Er nickte. Wir schlichen so schnell und leise wie möglich durch den Gang. Am Eingang mit der Bezeichnung Labor 042 horchten wir beide an der Tür. Wir konnten Winnie drinnen fluchen hören. Laut.

„Was treibt sie?“, murmelte ich.

Quinn zuckte mit den Schultern und lauschte weiter.

Ich legte mein Ohr wieder an die Tür. Winnie lachte. Es klang …seltsam. Schadenfroh, aber irgendwie komisch.

Quinn blinzelte in den dunklen Korridor und schien all seine Aufmerksamkeit darauf zu konzentrieren, was hinter der Tür vor sich ging.

Winnie begann einen Sprechgesang, ihre Stimme wurde in eigenartigen Intervallen lauter und leiser. Quinns Augen wurden groß und der Mund stand ihm offen.

„Oh verdammt, nein! Twig, wir müssen sie stoppen. Sofort.“

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