Der geschäftliche Betrieb als "Dritter" im Sinne des § 299 StGB

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3. Schlussfolgerung



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Aus den aufgezeigten verschiedenen Funktionen des Rechtsguts wird deutlich, dass erst durch eine Kombination beider Ansätze – welche im Grundsatz für möglich gehalten wird – die Doppelfunktion des Rechtsgutsbegriffs ihre volle Geltung entfalten kann. Dennoch erscheint es zumindest im Rahmen dieser Untersuchung sinnvoll, einen der genannten Ansätze vorzuziehen und auf den anderen nur zu Überprüfungszwecken zurückzugreifen. Ohne eine solche Festlegung ist ein Einstieg in die Rechtsgutsdiskussion kaum möglich, da nicht klar ist, ob dem Strafrecht vorgelagerte Kriterien das Rechtsgut diktieren oder die Norm selbst dieses vorgibt. Die Entscheidung über den jeweiligen einzuschlagenden Weg darf sich durchaus daran orientieren, welches Erkenntnisanliegen sich hinter der Frage nach dem geschützten Rechtsgut verbirgt.



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Für die nachfolgende Bearbeitung erscheint es sinnvoll, dem systemimmanenten Konzept den Vorzug zu geben. Ziel der Untersuchung soll keine generelle Überprüfung des vom Gesetzgeber intendierten Rechtsgüterschutzes sein. Vielmehr soll dargelegt werden, ob ein bestimmtes Verhalten unter den gesetzlichen Tatbestand des § 299 StGB fällt oder nicht. Der Ebene des gesetzlichen Tatbestandes kommt bei der Ermittlung des Rechtsguts große Bedeutung zu. Durch die Schaffung einer Strafnorm legt der Gesetzgeber zugleich den Schutzzweck der Norm fest. Auf systemtranszendente Gesichtspunkte soll nachfolgend nur dann eingegangen werden, wenn es fraglich erscheint, ob sich der vom Gesetzgeber festgelegte Wert noch innerhalb der verfassungsrechtlich festgelegten Grenzen bewegt.



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Dennoch darf die Vorgehensweise nach dem systemimmanenten Ansatz nicht dazu führen, dass durch das Rechtsgut allein der Sinn und Zweck einer Strafnorm beschrieben wird. Eine zu extensive Anwendung des Ansatzes würde dazu führen, dass sich die Strafwürdigkeit eines Verhaltens allein aus der Verletzung des Rechtsguts ergeben müsste. Der vom Strafrecht garantierte Rechtsgüterschutz ist jedoch nur fragmentarischer Natur. Aufgrund des „ultima ratio-Gedankens“ kann das Strafrecht nur dort zur Geltung kommen, wo weniger einschneidende Mittel für den Rechtsgüterschutz nicht genügen. Zudem werden lediglich bestimmte Angriffswege auf ein geschütztes Rechtsgut und nicht dessen generelle Beeinträchtigung unter Strafe gestellt. Insoweit entwickelte

Roxin

 den Terminus des „subsidiären Rechtsgüterschutzes“ durch das Strafrecht.



Das ermittelte Rechtsgut dient im Ergebnis insoweit der Auslegung der Norm, als ohne dessen mögliche Verletzung eine Strafbarkeit nicht angemessen erscheint. In einem dieser Bestimmung nachfolgenden Schritt ist aber zu ermitteln, ob die Verletzung des Rechtsguts auch in der vom gesetzlichen Tatbestand umschriebenen objektiven sowie subjektiven Art und Weise erfolgte und daher durch den Gesetzgeber mit der jeweiligen Norm mit Strafe bedroht ist.



Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen

 ›

C

 › II. Das Rechtsgut des § 299 StGB






II. Das Rechtsgut des § 299 StGB



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Als die von § 299 StGB geschützten Rechtsgüter werden gleich ein ganzes Bündel verschiedenster Interessen und Schutzrichtungen angeführt. Die wohl in der Literatur und Rechtsprechung vorherrschende Meinung spaltet diese in Haupt- und Nebenrechtsgüter bzw. unmittelbar und mittelbar von der Norm geschützte Güter. Über deren Verhältnis zueinander herrscht nur wenig Klarheit. Nachfolgend sollen die verschiedenen vertretenen Auffassungen im Überblick dargestellt und jeweils einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.






1. Schutz des lauteren Wettbewerbs



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Die Bestechung und Bestechlichkeit von Angestellten im Wirtschaftsverkehr führt insbesondere dazu, dass objektive Kriterien bei der Bestimmung von Kaufpreisen, bei der Vergabe von Aufträgen sowie bei der Bestellung von Waren in den Hintergrund treten. Stattdessen treten eigennützige Motive in den Vordergrund. Wettbewerbsverzerrungen sind die Konsequenz.





a) Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung






aa) Strafrechtliche Literatur



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Einig sind sich deshalb die Vertreter der ganz überwiegenden Auffassung in der strafrechtlichen Literatur, dass die Vorschrift des § 299 StGB vornehmlich dem Schutz des freien, redlichen, lauteren bzw. fairen Wettbewerbs dient. Zum Teil finden sich abweichende Formulierungen wie „fairer Leistungswettbewerb“ oder auch „Wettbewerb als Institution“. Damit ist jedoch in der Sache nichts anderes gemeint. Schon bei der Vorgängervorschrift des § 12 UWG a.F. war es herrschende Meinung, dass die Norm – zumindest primär – den lauteren Wettbewerb schützt. Begründet wird der Institutionenschutz zunächst mit dem Wortlaut des § 299 StGB, welcher in Abs. 1 ein Handeln

im Wettbewerb

 und in Abs. 2 ein Handeln

zu Zwecken des Wettbewerbs

 und damit ein Wettbewerbsverhältnis voraussetzt. Auch die Tatsache, dass sich die Vorschrift im 26. Abschnitt des StGB befindet, welcher die Überschrift

Straftaten gegen den Wettbewerb

 trägt, sowie der Ursprung der Vorschrift aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb werden als Argumente für dieses Rechtsgutsverständnis ins Feld geführt.



Neben dem lauteren Wettbewerb als Institution werden von der herrschenden Ansicht verschiedene Personengruppen als unmittelbar oder mittelbar (mit-)geschützt angesehen, ohne allerdings den grundsätzlichen Schutz des Wettbewerbs durch die Norm in Frage zu stellen. So werden zunächst die Mitbewerber und teilweise präzisierend auch deren Vermögensinteressen und ihre Chancengleichheit genannt. Auch die Interessen des Geschäftsherrn werden vereinzelt als mitgeschützt angesehen. Schließlich wird auch der Schutz der Allgemeinheit vor einer Verteuerung und Verschlechterung der Waren befürwortet. Nicht immer ist klar, ob die Ansichten die weiteren geschützten Interessen auch als Rechtsgüter betrachten. So sprechen sich beispielsweise

Fischer

und

Bannenberg

für einen nur mittelbaren Schutz der Mitbewerberinteressen und des Geschäftsherrn aus. Da die genannten Auffassungen insgesamt das Rechtsgut des lauteren Wettbewerbs nicht per se in Frage stellen, sondern lediglich weitere Rechtsgüter von § 299 StGB umfasst sehen, soll eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglich vertretenen Ansätzen hinsichtlich zusätzlich geschützter Personengruppen an dieser Stelle zunächst unterbleiben und stattdessen an späterer Stelle – bei der Frage eines möglichen Individualschutzes – detailliert erfolgen.



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Aber auch die grundsätzliche Geeignetheit des lauteren Wettbewerbs als strafrechtlich geschütztes Rechtsgut ist in der strafrechtlichen Literatur nicht gänzlich unumstritten. So bemerkte

Tiedemann

 im Jahr 2001, dass die Frage, ob der wirtschaftliche Leistungswettbewerb überhaupt ein strafschutzwürdiges Rechtsgut sei, eine aktuelle Grundfrage des Besonderen Teils sei. Die diesbezüglich im Wesentlichen vertretenen Stimmen gegen ein Rechtsgut des freien Wettbewerbs sollen nachfolgend dargestellt und kritisch hinterfragt werden.





bb) Gegenstimmen gegen das Rechtsgut des lauteren Wettbewerbs



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Gegen die Anerkennung des freien Wettbewerbs als Schutzgut des § 299 StGB wird vor allem der Einwand erhoben, dass ein solches Rechtsgut viel zu unbestimmt sei. In Bezugnahme auf

Rittner

stellt

Lüderssen

 fest, dass der Wettbewerb als ein offenes und nicht determiniertes System grundsätzlich nicht als Rechtsgut in Frage käme. Hinsichtlich des UWG sei der Wettbewerb schließlich als Institution zumindest nicht durch Strafvorschriften geschützt. Damit spricht

Lüderssen

 zugleich der damals noch geltenden Strafnorm des § 12 UWG a.F. den wettbewerbsschützenden Charakter ab.



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Jaques

 begründet die Ungeeignetheit des lautereren Wettbewerbs als Rechtsgut des § 299 StGB aus der Tatsache, dass dieser als Institution durch die einzelne Tathandlung nicht verletzt werden könne. Ferner sei eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs erst die Folge der Verletzung anderer Strafrechtsgüter und der Wettbewerb mithin nur ein „Sammelbecken“ der dahinter stehenden Interessen. Seine Auffassung veranschaulicht

Jaques

 mit einem Beispiel: Er führt an, dass die stärkste Form der Behinderung des Mitbewerbers ein gewaltsames Vorgehen durch physischen Zwang wie beispielsweise durch Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Sachbeschädigung oder auch Brandstiftung sei. Bei keinem dieser Delikte würde man jedoch auf die Idee kommen, die Lauterkeit des Wettbewerbs als das durch die jeweilige Norm geschützte Rechtsgut zu betrachten.



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Auch

Szebrowski

 sieht den lauteren Wettbewerb nicht als Rechtsgut des § 299 StGB an. Der Wettbewerb sei ein Begriff hoher Abstraktion, mit dem versucht werde, die verschiedensten Interessen und Handlungen unterschiedlichster Personengruppen am Markt zusammen zu fassen und unter einen Sammelbegriff zu stellen. Der Schutz dieser verschiedenen Einzelinteressen erfolge durch vielschichtige und unterschiedlichste Rechtsinstitute. Die pauschale Kriminalisierung wettbewerbswidrigen Verhaltens sei ungenau und in der Sache nicht überzeugend. Auch verfassungsrechtlich sei ein solches Rechtsgutsverständnis bedenklich, lasse es doch nicht den vom Gesetzgeber geforderten Normappell erkennen. Das Rechtsgut sei bei einem solchen Normenverständnis in unzulässiger Weise entmaterialisiert. Schließlich sei der Wettbewerb als Institution nicht durch die einzelne Tathandlung verletzt. Das Rechtsgut des § 299 StGB müsse deshalb auf niedrigerer Abstraktionsstufe im Rahmen des konkret beeinträchtigten Interesses bzw. Wertes gesucht werden.

 



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Ebenfalls gegen den Schutz des lauteren Wettbewerbs durch § 299 StGB wendet sich

Pragal.

 Die Institution des Wettbewerbs sei nur ein Konglomerat äußerst unterschiedlicher Einzelinteressen, nicht jedoch ein einheitlich zu fassendes Rechtsgut. Zudem streiten nach seiner Auffassung gewichtige Argumente gegen die von der herrschenden Meinung streng vorgenommene Differenzierung zwischen den Rechtsgütern der einzelnen Korruptionsdelikte. So sei die für die Bestimmung des Amtsträgers, Richters und des für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten maßgebliche Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 2-4 StGB derart intransparent, dass die Übergänge zwischen § 299 StGB und §§ 331 ff. StGB häufig fließend seien. Damit lasse sich eine so große strukturelle Ähnlichkeit im Unrechtsgehalt erkennen, dass eine Besinnung auf die Gemeinsamkeiten der Delikte als sinnvoller zu betrachten sei.



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Schließlich spricht sich

Achenbach

 gegen den freien Wettbewerb als strafrechtlich zu schützendes Rechtsgut aus. Weder der Verfassung noch dem einfachen Recht ließen sich hinreichend gewichtige Argumente für dessen Schutz entnehmen. Infolge der ständig wechselnden wirtschaftlichen Abläufe ließe sich der Wettbewerb nur schwer definieren und in der Folge auch schwer bestimmen. Der Schutz eines unbestimmten Universalrechtsguts im Unterschied zu konkret und präzise formulierten Individualrechtsgütern sei insgesamt kritikwürdig. In Bezug auf die Wettbewerbsdelikte des 26. Abschnitts führe ein solches Vorgehen zu einer Überdehnung der Strafbarkeit.






cc) Rechtsprechung



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Die Rechtsprechung hingegen geht unzweifelhaft davon aus, dass der lautere Wettbewerb – zumindest unter anderem – als das von § 299 StGB bzw. der Vorgängervorschrift des § 12 UWG a.F. geschützte Rechtsgut anzusehen ist. Der Bundesgerichtshof führte in seiner

„Allianz-Arena-Entscheidung“

 vom 9.8.2006 zuletzt aus, dass Schutzgut des § 299 StGB die

strafwürdige Störung des Wettbewerbs sowie die abstrakte Gefahr sachwidriger Entscheidungen

 sei. Dennoch stellen insgesamt nur wenige Entscheidungen ausdrücklich auf den Schutz des lauteren Wettbewerbs ab.



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Daneben wird in der Rechtsprechung – ähnlich wie in der strafrechtlichen Literatur – ein „Wirrwarr“ an (mit-)geschützten Einzelinteressen genannt. So werden der Schutz des Geschäftsherrn vor der Pflichtwidrigkeit seiner Angestellten, der Schutz der Mitbewerber vor einer bestimmten Art des unlauteren Wettbewerbs, die Bekämpfung der Auswüchse im Wettbewerb im Interesse der Allgemeinheit, die Gefolgschaftstreue des Angestellten sowie der Anstand und die gute Sitte des geschäftlichen Lebens im Verhältnis der Wettbewerber untereinander als Rechtsgüter des § 299 StGB bzw. des § 12 UWG a.F. angeführt. Dabei wird allerdings nicht immer deutlich, ob die Rechtsprechung die jeweiligen Einzelinteressen tatsächlich als eigenständige Rechtsgüter begreift, da zumeist nur pauschal von einem Schutz der jeweiligen Personengruppen die Rede ist. Auch geht aus den jeweiligenn Entscheidungen nur selten hervor, ob das Gericht allein das in den Vordergrund gestellte Rechtsgut als geschützt ansieht, oder ob daneben auch der lautere Wettbewerb als (mit-)geschützt gelten soll. Zudem ist die Rechtsprechung auch insgesamt uneinheitlich. Während in frühen Entscheidungen des Reichsgerichts etwa zumindest der primäre Schutz des Geschäftsherrn verneint wurde, stellt eine spätere Entscheidung diesen sogar in den Vordergrund.



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Insgesamt betrachtet kann dennoch festgehalten werden, dass keine der genannten Entscheidungen ausdrücklich den Schutz des lauteren Wettbewerbs durch die Strafnorm des § 299 StGB bzw. des § 12 UWG a.F. verneint. Im Gegenteil betont eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs den freien Wettbewerb als Rechtsgut des § 299 StGB, so dass insgesamt davon auszugehen ist, dass dieses Rechtsgutsverständnis durch die Rechtsprechung im Allgemeinen anerkannt ist.






dd) Präzisierung in der jüngeren strafrechtlichen Literatur



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Teilweise wird jüngst versucht, den lauteren Wettbewerb als Rechtsgut des § 299 StGB weitergehend zu präzisieren. Ausgehend von der Überlegung, dass der lauterkeitsrechtliche Aspekt des Wettbewerbs im Rechtsgut des § 299 StGB seinen Ausgang haben müsse, sucht

Koepsel

 nach einer konkreten Regel, nach der eine unlautere Wettbewerbsverletzung zu bejahen ist. Dabei wendet sie sich nicht grundsätzlich gegen den Schutz des Wettbewerbs, doch ist sie der Auffassung, dass dieser präziser beschrieben werden müsse, um eine angemessene Auslegung der Vorschrift des § 299 StGB zu ermöglichen. Um dies zu erreichen versucht sie, den Unrechtskern des § 299 StGB – in Abgrenzung zu dem gewünschten Normalfall eines lauteren Wettbewerbs – präziser zu bestimmen. Eine lautere Bevorzugung eines bestimmten Produkts liege dann vor, wenn derjenige Unternehmer bevorzugt wird, der die beste Leistung erbringt. Der Wettbewerb sei daher in strafwürdiger Weise geschädigt, wenn nicht das Leistungsprinzip als Entscheidungsmaßstab für die Bevorzugung im Wettbewerb diene, sondern unsachgemäße Motive die Vergabe des Auftrags bestimmen würden. Zwar sei der Leistungsbegriff und der darauf aufbauende Leistungswettbewerb aufgrund der Tatsache, dass die Bewertungen einer Leistung den individuellen Bedürfnissen der jeweiligen Marktteilnehmer obliegen, in gewisser Weise subjektiviert, doch ließen sich immer noch genügend bestimmbare und objektivierbare Parameter des Produkts an sich (Geld, Ware, Dienstleistung), seiner unmittelbaren Eigenschaften (Qualität, Preis, Aussehen und Verpackung) sowie der Erwerbsmodalitäten (Service, Lage des Geschäftslokals, Lieferfrist, Zahlungsmodalitäten) als maßgebliche Faktoren des Leistungsprinzips festlegen. Dieser Leistungswettbewerb werde durch die Durchbrechung des Leistungsprinzips mit Hilfe der Korruptionsdelinquenz ausgehöhlt. Der „

Schutz des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab für Bevorzugungen im Wettbewerb“

 sei daher das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut.





b) Eigene Stellungnahme



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Im Folgenden soll zunächst mit Hilfe der Auslegung des § 299 StGB zum Wettbewerbsschutz durch die Vorschrift Stellung genommen werden. Im Anschluss wird auf die einzelnen Kritikpunkte, die gegen ein solches Rechtsgutsverständnis vorgebracht werden, und die von

Koepsel

 vorgeschlagene Präzisierung eingegangen.





aa) Argumente aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Norm



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Zunächst spricht der Wortlaut des Gesetzes dafür, dass durch § 299 StGB der freie Wettbewerb geschützt werden soll. So muss nach § 299 Abs. 1 StGB eine unlautere Bevorzugung bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen

im Wettbewerb

 erfolgen. Nach § 299 Abs. 2 StGB muss der Vorteil

zu Zwecken des Wettbewerbs

 erfolgen. Der wettbewerbsrechtliche Bezug der Norm ist damit ausdrücklich statuiert.



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Auch systematische Gesichtspunkte, namentlich die Einfügung der Vorschrift in den 26. Abschnitt des StGB, welcher die Überschrift „Straftaten gegen den Wettbewerb“ trägt, sprechen auf den ersten Blick für den mit der Norm bezweckten Wettbewerbsschutz. Allerdings ist das systematische Argument zumindest zweifelhaft. Es würde zum einen voraussetzen, dass die einzelnen Abschnitte des Besonderen Teils des StGB unter dem Aspekt des Rechtsgüterschutzes klassifiziert sind. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall, wie beispielsweise der Diebstahl gem. § 242 StGB oder die Sachbeschädigung gem. § 303 StGB belegen, die zwar in unterschiedlichen Abschnitten des Besonderen Teils stehen, beide jedoch – zumindest unter anderem – das Eigentum schützen. Hinzu kommt zum anderen der Umstand, dass für den Tatbestand der „Wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen“ gem. § 298 StGB, welcher ebenfalls im 26. Abschnitt des StGB geregelt ist, große Uneinigkeit darüber herrscht, ob das von der Norm geschützte Rechtsgut ebenfalls der freie Wettbewerb ist. Dennoch bildet die Stellung der Norm im 26. Abschnitt zumindest eine gewisse Indizwirkung hinsichtlich des Schutzes des freien Wettbewerbs, da die einzelnen Abschnitte des Besonderen Teils mit den Überschriften „Straftaten gegen…“ vielfach tatsächlich das in der Abschnittsüberschrift genannte Gut schützen.



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Auch die Entstehungsgeschichte der Norm kann für die Bestimmung des Rechtsguts wichtige A