Berufsbezug in südeuropäischen DaF-Hochschulcurricula vor und nach der Krise von 2008

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

(3) Curriculumforschung und -entwicklung im DaF-Bereich: Die 2000er Jahre

Schon in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends schlägt sich der Einfluss des GER und somit auch der deutschsprachigen Fassung Profile Deutsch (Glaboniat, Müller, Rusch, Schmitz & Wertenschlag, 2005) auf DaF-Hochschulcurricula nieder (s. Funk, 2016, S. 152). Funk (ebd., S. 152) spricht hier von einem „[…] partielle[n] Paradigmenwechsel […]“, den er in die Nähe einer verstärkt wirtschaftsorientierten Bildungslandschaft rückt. Der Einfluss des GER wird von DaF-Experten überwiegend negativ bewertet, vor allem aufgrund seiner stark standardisierenden Wirkung (Iluk, 2002; Krumm, 2002; Königs, 2004, S. 7–8). Eine Standardisierung im Bereich fremdsprachlicher Kompetenzen birgt die Gefahr, dass sich offene in geschlossene Curricula4 verkehren. In neueren DaF-Curricula werden Elemente wie Emotionsausdruck, Problemlösestrategien und regionale Besonderheiten vermisst. Iluk verweist auf die Notwendigkeit, fremdsprachliche Emotionsbekundungen auf allen Niveaustufen zu lernen (2002, S. 101), stellt aber fest, dass dies in Curricula nicht ausreichend umgesetzt wird (ebd., S. 98, S. 101).

Auch Schmidt (2010, S. 930) plädiert für mehr literarische, kreative und interkulturelle Aspekte in künftigen DaF-Curricula. Diese seien durch die Kompetenz- und Outputorientierung des GER aus dem Fokus geraten. Am GER, den Funk (2016, S. 152) als „[…] Orientierungspunkt, Forschungsgegenstand und Streitpunkt der Fremdsprachendidaktik in Deutschland“ bezeichnet, orientieren sich seit den 2000er Jahren zudem zahlreiche moderne Sprachprüfungen wie für DaF etwa sämtliche ÖSD-Prüfungen. Auch derartige standardisierte Formen der Leistungsmessung werden in der Forschung ab den 2000er Jahren immer wieder als Bedrohung für DaF-Curricula angesehen, da die Gefahr besteht, dass sich der Unterricht an den Anforderungen für die Prüfungen, nicht an Curricula orientiert. Dies erkennt man jedoch bereits vor Erscheinen des GER (Macht, 1995). Macht (ebd., S. 284) sieht durch den „[…] back-wash effect […]“ von Prüfungen gar die Wirkkraft von Lehrplänen aufgelöst.

Vergleichbare negative Auswirkungen werden in der DaF-Fachliteratur der 2000er Jahre auch dem Bologna-Prozess zugeschrieben (Nied Curcio, Rößler, Schlanstein, Schlicht & Serra Borneto, 2005). Nach Inkrafttreten der Bologna-Erklärung hat sich eine Gruppe von Germanisten (DAAD) in Rom um ein neues Curriculum für den DaF-Unterricht an italienischen Hochschulen bemüht (ebd., S. 136), das ausführliche Kannbeschreibungen enthält, was unter anderem zu Vergleichbarkeit und Transparenz führt (ebd., S. 137). Innovativ am Zugang dieser Gruppe ist eine rasterhafte Gestaltung des Curriculums, die dazu beiträgt, den Unterricht modular und in Abhängigkeit von der Ausrichtung des Studiums auch berufsbezogen gestalten zu können (ebd., S. 141). Generell ist eine deutliche Tendenz festzustellen, universitäre Curricula modular auszugestalten (s. etwa Gerholz & Sloane, 2011, S. 4–5). Zudem entsteht der Anspruch an das römische Curriculum, Bezugspunkt für hochschulisches DaF-Curriculumdesign innerhalb und außerhalb Italiens zu sein (Nied Curcio, Rößler, Schlanstein, Schlicht & Serra Borneto, 2005, S. 141).

In den 2000er Jahren wird noch stets die übermäßig starke wirtschaftliche und berufsorientierte Ausrichtung von DaF-Curricula beanstandet, diese Kritik wurde vor allem durch Bologna-Prozess sowie GER und somit durch gestufte Lehrzielpräzisierung erneut angefacht (s. Prikoszovits, 2017b, S. 88; Krumm, 2007, S. 120). Andernorts wird der Berufsbezug jedoch vermisst, etwa in Marokko. So schreibt Bouchara (2008, S. 467): „Darüber hinaus nehmen bedauerlicherweise […] die Inhalte und Zielsetzungen des Germanistikstudiums in keiner Weise Bezug auf Berufsfelder für Germanistik-Absolventen“. Wenn Bouchara den Bezug auf Berufsfelder in marokkanischen Curricula auch vermisst, so wird in den 2000er Jahren curriculare Berufsbezogenheit dennoch immer mehr zum Forschungsschwerpunkt. Daller (2005) setzt sich damit auseinander, vor welche Herausforderungen in ihrer Ausbildung britische Studierende mit Blick auf künftige Arbeitstätigkeiten gestellt werden. Einen spezifischeren Zugang zur berufsbezogenen Curriculumentwicklung präsentiert in den ausgehenden 2000er Jahren etwa Chen (2009), die in ihrer Abhandlung ein von Deutschland und China erarbeitetes Konzept für ein DaF-Rahmencurriculum in der Automobilindustrie beschreibt. Ein derartiges Curriculum kann als grenzüberschreitend angesehen werden und es beinhaltet Interessen und kulturelle Aspekte der beiden involvierten Länder (s. Christ, 2007, S. 76; Prikoszovits, 2017b, S. 88).

Vor allem durch den GER und den Bologna-Prozess ausgelöste Diskurse zur Kompetenzorientierung im FSU lassen auch die DaF-Curriculumdiskussion der 2000er Jahre nicht unberührt. So führt Hof (2002, S. 81) aus: „An die Stelle von eng definierten Kenntnissen und Fertigkeiten sollen Fähigkeiten und Dispositionen treten, die selbstständig und flexibel in eigenverantwortliches Handeln in privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Situationen umgesetzt werden können.“ Für vorliegende Arbeit sind hierbei die beruflichen Situationen und die Herleitung berufs- und gleichsam kompetenzorientierter Lehr- und Lernziele von großer Bedeutung (Abschnitt 2.5).

Ein zentraler Ausgangspunkt in der Diskussion um die Kompetenzorientierung in Curricula für den FSU ist, dass im Unterricht durch Lernende erworbenes Wissen in ein anwendbares Können transformierbar sein muss. Hier gilt es also, im Unterricht einen hohen Situations- und Handlungsbezug herzustellen (s. Arras, 2009, S. 214; Hof, 2002, S. 80). Arras (2009, S. 207) hält hierzu weiter fest, dass durch eine Kompetenzorientierung im FSU Lernende in die Lage versetzt werden sollen, Schwierigkeiten sprachlicher wie auch interkultureller Art zu lösen. Demnach sollte Kompetenzorientierung also Fertigkeiten zur Lösung von Problemen mit sich bringen, die – wie bereits dargelegt – in Curricula jedoch vermisst werden. Künftig werden gemäß Arras (ebd., S. 209) zu bewältigende Probleme in einem der Kompetenzorientierung verpflichteten Unterrichtsmaterial verstärkt tonangebend sein. So könne man sich überwiegend frei im Design von sowohl Curricula als auch Unterrichtsmaterialien bewegen und sich weniger eng an Lehrwerke binden.

Hieran zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zu Iluks (2002) und Krumms (2002) Bedenken, durch den GER könnten Fähigkeiten wie Emotionsbekundungen und Problemlösestrategien ausgeklammert sowie Curricula negativ beeinflusst werden. Laut Arras (2009, S. 212) wird durch die Kompetenzorientierung auch die Frage nach individuellem Können und eben nicht die Suche nach individuellem Unvermögen eingeläutet. Diesen positiven Aspekt ergänzt sie (ebd., S. 213) um die sich durch den GER eröffnenden Chancen hin zu einer Individualisierung und weg von „[…] schablonenhafter Lernkultur […]“. Kompetenzorientierung bedeute auch Lernerorientierung. Arras sieht hier zudem einer notwendigen Individualisierung eine ebenso notwendige Standardisierung vorgeschaltet, wenn sie standardisierten Leistungsbeschreibungen das Potenzial zur individuellen Dokumentation des Lernforschritts zuschreibt.

Zwar räumt Arras (ebd., S. 212–213) ein, dass es auch Kritik am GER gebe, doch in Kontrast zu Iluk (2002) und Krumm (2002) bewertet sie sein Potenzial vor allem in Hinblick auf Kompetenzorientierung als sehr positiv, auch mit Blick auf Curricula für den DaF-Unterricht. In der einschlägigen Forschung divergieren in den 2000er Jahren demnach die Ansichten zum GER und somit zur Kompetenzorientierung in DaF-Curricula noch stark.

(4) Curriculumforschung und -entwicklung im DaF-Bereich: Die 2010er Jahre

Bereits zu Beginn der 2010er Jahre liegt mit dem Fachgutachten zur Kompetenzorientierung in Studium und Lehre der deutschen Hochschulrektorenkonferenz (Schaper, Reis, Wildt, Horvath & Bender, 2012) jedoch ein wichtiger und umfassender Leitfaden zur kompetenzorientierten Curriculumentwicklung an europäischen und internationalen Hochschulen vor. Kompetenzorientierung kann und soll nun also bereits tragendes Prinzip in der Lehrplangestaltung sein. Gemäß Schaper, Reis, Wildt, Horvath & Bender (2012, S. 30) sollten das Lehren und Lernen im Hochschulbereich vielschichtig kompetenzorientiert angelegt sein, was Felder wie etwa Curriculumdesign oder Leistungsmessung betrifft. Der Kompetenzorientierung werden hier durchgehend wichtige Funktionen zugesprochen, selbst im Bereich des Qualitätsmanagements. Zudem bringt Kompetenzorientierung in Curricula die heute erwünschte Berufsbezogenheit in Curricula für den FSU mit sich, da dynamischem Können mehr Platz eingeräumt wird als statischem Wissen.

Deutsch wird meist nicht als erste Fremdsprache gelernt, sondern reiht sich häufig als zweite oder dritte Fremdsprache in das Fremdsprachenrepertoire eines Individuums ein. Dies führte laut Schmidt (2010, S. 930–931) zur Konzeption des „[…] Gesamtsprachencurriculums […]“, in dem Ziele für sämtliche Sprachen, die Lernende im Laufe ihrer Ausbildung erwerben, niedergeschrieben sind. Laut Hufeisen (2016, S. 167) ist allerdings auch die Verflechtung schulischer Sprachenangebote zum einen miteinander und zum anderen mit Sachfächern ein Anliegen des Gesamtsprachencurriculums. Dabei könnten auch verschiedene Jahrgänge vernetzt werden und zudem werde Projektorientierung häufig berücksichtigt (ebd., S. 168). Die Stärken des Gesamtsprachencurriculums sieht Hufeisen im Reichtum der interkulturellen Sprachhandlungsfähigkeit mehrsprachiger Menschen sowie in höherer beruflicher Wettbewerbsfähigkeit (ebd., S. 168). Dies verdeutlicht auch eine gewisse berufliche Ausrichtung des Gesamtsprachencurriculums. Hufeisen (ebd., S. 169–170) erwähnt hier das Projekt mit gesamtsprachencurricularem Schwerpunkt PlurCur am Europäischen Fremdsprachenzentrum in Graz. Als Erfolg der PlurCur-Projektschulen führt sie etwa „[…] eine schulweite mehrsprachige Grammatikterminologieliste für alle Sprachen (inklusive der jeweiligen L1)“ (ebd., S. 170) an. Hufeisen unterstreicht generell den Wert projektorientierter Ansätze im Gesamtsprachencurriculum. Curricular verankerte Projektarbeit findet sich im FSU der 2010er Jahren immer häufiger (s. etwa Vogel, 2016, S. 197; Prikoszovits, 2017b).

 

Kulturell bereicherndes und Horizonte eröffnendes Fremdsprachenlernen wird in den 2010er Jahren nach wie vor als bedroht angesehen, nun vor allem von im Zuge der PISA-Studie eingeführten, international gültigen Bildungsstandards (s. Christ, 2016, S. 58). Aktuelle Curriculumentwicklung im DaF-Bereich erfolgt unter anderem anhand von so genannten Sprachbedarfs- und Sprachgebrauchsanalysen (Kiefer, Schlak & Iwanow, 2012; Seyfarth, 2015). Bei entsprechenden Erhebungen etwa an für DaF-Lernende künftig relevanten Arbeitsorten wird ermittelt, welche sprachlichen Anforderungen dort bestehen und welche Elemente somit in zielgruppenspezifische Curricula einfließen sollen und müssen (Abschnitt 2.5.3). Daraus resultierende passgenaue Unterrichtskonzepte stehen im Gegensatz zu einem Unterricht, der sich aus nicht-lernendenorientierten, mit für Lernende irrelevanten Inhalten befüllten Curricula herleitet. Ähnliche Ansätze gibt es auch immer häufiger im schulischen Bereich.

Nach 2010 erscheinen zum Themenfeld der DaF-Curricula immer mehr Publikationen, die sich einer Berufsbezogenheit verschreiben, welche nicht länger als ausschließlich störend oder gar negativ empfunden wird (s. Prikoszovits, 2017b, S. 88). Die Rezession der späten 2000er und frühen 2010er Jahre hat Auswirkungen auf die Berufsausbildungswege von Auszubildenden und Studierenden gehabt. Auch an Universitäten hat Berufsbezogenheit Einzug gehalten (Cothran, 2010; Katelhön, Costa, de Libero & Cinato, 2013; Augart, 2014), germanistische Studiengänge müssen ihr Bestehen zunehmend rechtfertigen, was vor allem über die Forcierung der Berufsorientierung in Curricula erreicht wird. Schramm und Seyfarth (2015, S. 44) sprechen hier treffend von „Germanistik zwischen Wissenschaft und beruflichen Perspektiven“. Prikoszovits (2017b, S. 88) hält hierzu fest: „Was in den 1990er und noch in den 2000er Jahren als Störfaktor in DaF-Hochschulcurricula ausgemacht wurde, wurde in den 2010er Jahren zu einem notwendigen und erwünschten Schwerpunkt in Lehrplänen“. Dies lässt den immer enger werdenden Zusammenhang zwischen DaF-Hochschulcurricula und berufsbezogenem DaF-Unterricht erkennen – einen Zusammenhang, der sich seit den 1990er Jahren graduell zu entwickeln begonnen hat, sich immer noch weiterentwickelt und entsprechender Forschung bedarf. Der vorliegende Band verschreibt sich einer solchen Forschung unter besonderer Berücksichtigung der folgenschweren Wirtschaftskrise, die als zusätzlicher Einflussfaktor für die Aufnahme berufsbezogener Elemente in DaF-Hochschullehrpläne angenommen wird. Die Studie setzt an der Schnittstelle DaF-relevante Curriculumforschung – Forschung zum berufsbezogenen DaF-Unterricht an und vermag Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie mit Berufsbezug in hochschulischen DaF-Curricula in Regionen Europas verfahren wird, in denen aufgrund gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen eine Stärkung der Berufsorientierung im DaF-Hochschulunterricht angemessen und sinnvoll erscheint. Vor allem die Berücksichtigung spanischer DaF-Hochschulcurricula stellt ein großes Potenzial dar, da die Schnittstelle DaF-relevante Curriculumforschung – Forschung zum berufsbezogenen DaF-Unterricht in Spanien in den vergangenen Jahren tendenziell weniger im Fokus stand als in Italien (s. Prikoszovits & Springer, 2018, S. 752–754).

2.2 Terminologie

Schmidt (2010, S. 921) erläutert, dass der Terminus „Curriculum“ aus dem Lateinischen kommt und abhängig von der jeweiligen Gebrauchssituation mit „Wettlauf/Wettrennen“, „Lauf/Umlauf/Kreislauf“, „Rennwagen/Streitwagen“ oder „Laufbahn/Rennbahn“ übersetzt wird. Daraus wird die heutige Bedeutung des Begriffes „Curriculum“ in Bildungszusammenhängen noch nicht deutlich (s. Adamson & Morris, 2014, S. 310). Erst wenn man erwägt, dass der Begriff häufig in Verbindung mit dem Genitivattribut „artis“, also „[…] artis curriculum […]“ (Georges, 1962, S. 1837–1838), gebraucht und darunter der Erwerb einer „ars“, also einer „Kunst(fertigkeit)“ (Schmidt, 2010, S. 921), verstanden wird, erschließt sich, weshalb das „Curriculum“ zu einem im Bildungswesen häufig verwendeten Terminus avanciert ist.

Heursen (1995, S. 407) führt aus, dass es die „[…] Vertreter der frühen Aufklärung des 17. Jahrhunderts, Wolfgang Ratke (1571–1635) und Johann Amos Comenius (1595–1670), [waren], die das planvolle Lehren und Lernen als erste in einen pädagogischen Bedeutungszusammenhang stellten“. Mit den zwei Kapiteln „De curriculo scholastico“ sowie „De curriculo academico“ hat im ausgehenden 17. Jahrhundert wohl Morhof „[…] die maßgebliche Bezeichnung für den barocken Lehrplan ein[ge]führt[.]“ (Dolch, 1982, S. 318). Allerdings ist laut Schmidt (2010, S. 921) seit Beginn des 19. Jahrhunderts das lateinische Curriculum dem im deutschsprachigen Raum gebräuchlicheren Terminus „Lehrplan“ nach und nach gewichen. Robinsohn (1971) führt mit Bezug auf den Terminus „Curriculum“ aus:

Der Rückgriff auf diesen indessen aus der deutschen Pädagogik entschwundenen Begriff hat gute Gründe, kannte doch die Pädagogik des Barock noch die enge Verbindung der Bemühungen um Auswahl und Planung der Lehrinhalte, um Ausprägung der durch sie intendierten Bildungsziele und um die Erarbeitung der ihnen entsprechenden Lehrmethoden. Es soll aus dem Folgenden ersichtlich werden, daß mit der Wiederaufnahme des „verfremdenden“ Terminus zugleich die Rücknahme bildungstheoretischer Entwicklungen in Deutschland gemeint ist […]. (S. 1)

Es gilt in diesem Kapitelabschnitt noch zu erläutern, weswegen die Begriffe Curriculum und Lehrplan nur bedingt synonym verwendet werden sollten. Auch im Deutschen ist eine Unterscheidung zwischen beiden Termini sinnvoll (s. Schmidt, 2010, S. 921). Es wird im Folgenden außerdem thematisiert werden, welche anderen Begriffe im deutsch-, italienisch- und spanischsprachigen Raum für Curricula üblich sind.

2.2.1 Bezeichnungen für Curricula im amtlich deutschsprachigen Raum bzw. in Italien und Spanien
(1) Amtlich deutschsprachiger Raum

In den bisherigen Ausführungen wurde noch nicht weiter zwischen den verschiedenen Bezeichnungen für Curricula differenziert, die im amtlich deutschsprachigen Raum und in der deutschsprachigen Forschung üblich sind. Wie bereits angedeutet, ist dies jedoch sinnvoll. Durch die in den folgenden Abschnitten vorgenommenen begrifflichen Ausdifferenzierungen sollen die Dokumente zur Unterrichtsplanung des Korpus der Hauptstudie1 eine einheitliche Bezeichnung erhalten. Vorweggenommen sei, dass im Bereich der Curriculumforschung unter Experten terminologisch kein Konsens besteht. Neuner (2001, S. 798) nennt zu Beginn seiner Abhandlung folgende Termini, die in fachlichen Diskursen ohne Bedeutungsunterschiede verwendet würden: „Bildungsplan“, „Lehrplan“, „Curriculum“, „curricularer Lehrplan“, „Richtlinien“, „Rahmenrichtlinien“. Robinsohn (1971, S. 1) schreibt vom „Bildungskanon“ und „Lehrgefüge“. Quetz (2007, S. 122) spricht auch vom „Syllabus“. In der aktuellen Forschung finden sich zudem folgende Termini: „Ordnungsmittel[.] für die Berufsausbildung“, „Ausbildungsordnung“ „Rahmenlehrplan“ (Settelmeyer & Widera, 2015, S. 115), „Ausbildungsverordnungen“ (ebd., S. 116), „Ausbildungsrahmenpläne“ (ebd., S. 118), diese aber vorrangig im Bereich Deutsch als Erst- bzw. Zweitsprache. Sambanis (2016, S. 174) ergänzt diese Vielzahl an Termini noch um „Bildungsprogramm oder- empfehlung“, „Orientierungsplan“, „Rahmenplan“, „Grundsätze“ und „Leitlinien“. Vor allem an „Bildungs[…]empfehlung“ und „Orientierungsplan“ zeichnet sich der oft lediglich fakultative Charakter derartiger Dokumente ab.

Neuner (2001, S. 798–799) versucht, die Termini Curricula/Richtlinien/Lehrpläne anhand der Kriterien „[…] Funktion […]“2, „[…] Entscheidungskriterien und Prozesse, nach denen sie entstanden und aus denen sie hervorgegangen sind“ sowie „[…] Grad der Verbindlichkeit […]“ voneinander abzugrenzen, gibt allerdings zu bedenken, dass kaum scharfe Trennlinien gezogen werden können. Auch Hofer (2010, S. 40) erläutert, dass das Curriculum „[…] in einem engeren Verständnis dagegen auch als Synonym für den Begriff Lehrplan gesehen und benutzt [wird]“. Wie jedoch zu zeigen sein wird, dient das komplexere Curriculum als Oberbegriff für weniger umfangreiche Richtlinien und Lehrpläne.

(2) Italien und Spanien

Bei den in der Hauptstudie untersuchten Dokumenten handelt es sich um keine fächerübergreifenden Curricula, sondern um spezielle, durch Verantwortliche regelmäßig zu überarbeitende Beschreibungen einzelner universitärer, philologischer und nicht-philologischer DaF-Kurse, die Angaben zu Lehr- und Lernzielen, Methodik, Inhalten, Stundenausmaß, Lehrpersonal etc. enthalten. Somit erweisen sich diese Beschreibungen als an einzelnen Fakultäten ausgearbeitete Dokumente (dazu ausführlicher in Abschnitt 2.3), an denen sich diachrone Entwicklungen erkennen lassen. In Spanien heißen solche Dokumente zur Unterrichtsplanung Guías Docentes1 oder in erweiterter Form auch Planes de Estudios2. Häufig sind die Titel der entsprechenden Dokumente in Spanien wie in Italien auch schlicht die Titel der Sprachkurse, also etwa Alemán I, II oder III in Spanien sowie Tedesco I, II oder III (für beide Sprachen: Deutsch I, II oder III) in Italien. In Italien werden solche universitären Lehrpläne als Piani Didattici, Programmi Insegnamento oder in erweiterter Form auch als Ordinamenti Didattici, Regolamenti Didattici, Piani di Studio3 bezeichnet. Lehrplanbeispiele finden sich im Anhang (VII).

2.2.2 Curricula – Richtlinien – Lehrpläne

Die folgenden Ausführungen dienen dazu, den Dokumenten des Korpus der Hauptstudie eine einheitliche Bezeichnung zu geben.