Kommunalrecht Baden-Württemberg

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I. Öffentliche Einrichtung

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Sachlogisch setzt der in § 10 Abs. 2 GemO normierte Zulassungsanspruch zunächst eine öffentliche Einrichtung voraus (zum Begriff und zur Abgrenzung Rn. 111).

7. Teil Öffentliche Einrichtungen › C. Anspruch auf Zulassung › II. Anspruchsberechtigte

II. Anspruchsberechtigte

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Grundsätzlich haben nur die Einwohner der Gemeinde – und in den Grenzen des § 10 Abs. 3 bzw. Abs. 4 GemO die teilweise diesen gleichgestellten Grundbesitzer, Gewerbetreibende, juristische Personen und Personenvereinigungen – einen einklagbaren Anspruch auf Benutzung einer öffentlichen Einrichtung (zum Begriff des Einwohners Rn. 57).

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Personen, die nicht Einwohner der Gemeinde sind oder diesen gleichgestellt werden, haben grundsätzlich keinen Zulassungsanspruch. Eine Ausnahme gilt nur dort, wo dies spezialgesetzlich angeordnet ist.

Beispiel

§ 76 Abs. 2 SchulG regelt die Pflicht zum Schulbesuch (Schule = öffentliche Einrichtung) für den Schulbezirk, der regelmäßig größer ist als das Gemeindegebiet der Gemeinde, die die Schule unterhält. Damit haben auch Nichteinwohner einen Anspruch auf Zulassung. § 70 GewO regelt einen Zulassungsanspruch zugunsten „jedermann“, wenn es sich um eine Veranstaltung i.S.d. §§ 64 ff. GewO (Messe, Ausstellung, Jahrmarkt etc.) handelt. In diesem Fall erfolgt die Prüfung der Zulassung aber – wie oben dargestellt – anhand von § 70 GewO.

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Gebietsfremde haben – wenn die Widmung nichts Abweichendes regelt – lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung bezüglich ihres Zulassungsantrags. Dieser kann sich im Einzelfall aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung zu einem Zulassungsanspruch verdichten, wenn die ständige Zulassungspraxis für Ortsfremde eine Benutzung vorsieht.[1]

7. Teil Öffentliche Einrichtungen › C. Anspruch auf Zulassung › III. Beschränkungen des Zulassungsanspruchs

III. Beschränkungen des Zulassungsanspruchs

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Der Benutzungsanspruch der Einwohner ist in mehrerlei Hinsicht begrenzt. So kann eine Nutzung der öffentlichen Einrichtung nur im Rahmen des geltenden Rechts erfolgen. Zu beachten sind demnach die Beschränkungen, die sich aus der Rechtsordnung, insbesondere dem Grundgesetz, der Bundes- und Landesgesetze ergeben.

Beispiel

Kein Anspruch besteht, wenn die öffentliche Einrichtung in einer Form genutzt werden soll, die gegen Strafgesetze verstößt. So wurde etwa der Zulassungsanspruch einer Partei verneint, die eine öffentliche Einrichtung nutzen wollte, um dort zum Boykott gegen die Volkszählung aufzurufen (= Ordnungswidrigkeit!).[2]

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Beschränkungen des Zulassungsanspruchs können sich überdies aus Ortsrecht in Form von Benutzungsordnungen oder kommunalen Satzungen ergeben, in denen der Widmungszweck definiert ist. Allerdings sind zwei Aspekte zu beachten: zum einen muss der Widmungszweck mit höherrangigerem Recht vereinbar sein und darf z.B. keine mit Art. 3 GG unvereinbare Ungleichbehandlung beinhalten. Ebenso können nachträgliche Änderungen des Widmungszwecks, die nach Eingang des Antrags auf Zulassung beschlossen werden und den Bewerber ausschließen sollen, unwirksam sein.

JURIQ-Klausurtipp

Ist im Klausursachverhalt der Zulassungsanspruch durch den Widmungszweck eingeschränkt, müssen Sie inzident prüfen, ob diese Einschränkung rechtmäßig ist oder z.B. gegen Art. 3 GG verstößt.

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Einschränkungen können ferner aus der begrenzten Kapazität der Einrichtung resultieren. Ist diese erschöpft, ist ein gebundener Zulassungsanspruch nicht mehr gegeben. Da die Einwohner eine öffentliche Einrichtung grundsätzlich nach gleichen Grundsätzen benutzen dürfen (§ 10 Abs. 2 S. 2 GemO), wandelt sich der Zulassungsanspruch in einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Haben also mehr Bewerber die Benutzung beantragt als Kapazität vorhanden ist, muss die Gemeinde demnach anhand rechtlich zulässiger Auswahlkriterien eine Entscheidung treffen.

Hinweis

Zulässige Auswahlkriterien im Zusammenhang mit der Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen sind


die Reihenfolge der Antragstellung (sog. Prioritätsprinzip)

Beispiel

Wenn das Schwimmbad an einem schönen Sommertag wegen Überfüllung für weitere Besucher geschlossen werden muss, wurden nur die Besucher zugelassen, die rechtzeitig vor Erreichen der Kapazitätsgrenze dort waren.


das Prinzip „bekannt und bewährt“

Beispiel

Sind auf dem örtlichen Festplatz nur eine begrenzte Anzahl von Stellflächen für Schausteller vorhanden, kann deren Zulassung danach erfolgen, welche sich in der Vergangenheit als zuverlässig bewährt haben. Aus Gründen der Chancengleichheit kann es allerdings geboten sein, ein rollierendes System einzuführen, welches auch Neubewerbern eine Teilnahmechance einräumt.


der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit

Beispiel

Die begrenzten Standplätze auf einer Fachmesse können so vergeben werden, dass eine möglichst hohe Attraktivität für die Besucher erreicht wird, um die Veranstaltung möglichst wirtschaftlich zu gestalten.


der Losentscheid

Beispiel

Bewerben sich zehn Waffelbuden um die drei für Waffelbuden vorgesehenen Standplätze des örtlichen Volksfestes, ist – wenn sachliche Auswahlkriterien versagen – ein Losentscheid zulässig.

7. Teil Öffentliche Einrichtungen › C. Anspruch auf Zulassung › IV. Sonderfall: Zulassung politischer Parteien

IV. Sonderfall: Zulassung politischer Parteien

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Von besonderer Relevanz – in der Praxis wie in der Klausur – ist die Konstellation, in der eine (radikale) Partei den Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung beantragt. Grundsätzlich gelten für die Zulassung von Parteien die vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen. So steht dem Ortsverband einer Partei aufgrund der Regelung des § 10 Abs. 4 GemO ein Anspruch auf Zulassung im Rahmen des Widmungszwecks zu. Hingegen wird den Landesverbänden nur dann ein Anspruch zustehen können, wenn der Widmungszweck der begehrten Einrichtung ausdrücklich oder konkludent (Vergabepraxis!) eine Nutzung durch sie vorsieht.

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Versagt werden kann die Zulassung einer Partei nicht mit dem Hinweis, dass es sich bei ihr um eine radikale handele, solange sie vom Bundesverfassungsgericht nicht verboten wurde. Einer solchen Argumentation steht das Parteienprivileg entgegen, nach dem nur das Bundesverfassungsgericht eine Partei für verfassungswidrig erklären kann (Art. 21 Abs. 4 GG). Solange aber eine Verfassungswidrigkeit nicht festgestellt ist, kann alleine auf die Behauptung der Verfassungsfeindlichkeit eine Ablehnung der Zulassung nicht gestützt werden. Eine Ungleichbehandlung von Parteien ist bereits im Lichte von § 5 PartG i.V.m. Art. 3 Abs. 1, 3 und 21 GG unzulässig.[3]

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Droht durch die Parteiveranstaltungen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, kann dies die Ablehnung rechtfertigen, wenn diese Gefahr nicht durch den Einsatz polizeilicher Mittel beseitigt werden kann. Doch ist dabei zu beachten, dass Maßnahmen gegen den Nichtstörer (§ 9 PolG) nur in besonderen Ausnahmefällen ergriffen werden dürfen. Geht die Gefahr also nicht von der (radikale) Partei selbst, sondern von Dritten aus, kann die Zulassung nur dann versagt werden, wenn andere Handlungsoptionen gegen die Dritten nicht zur Verfügung stehen.

Drohen durch eine Benutzung Schäden an der öffentlichen Einrichtung, kann die Gemeinde die Zulassung von der Stellung angemessener Bankbürgschaften o.ä. abhängig machen, um sich vor einem finanziellen Risiko abzusichern.

7. Teil Öffentliche Einrichtungen › C. Anspruch auf Zulassung › V. Exkurs: Rechtsweg bei Ablehnung des Zulassungsanspruchs

V. Exkurs: Rechtsweg bei Ablehnung des Zulassungsanspruchs

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Entsteht Streit um die Zulassung zur öffentlichen Einrichtung oder deren Benutzung, stellt sich die Frage des Rechtsschutzes. Problematisch ist in diesem Zusammenhang meist, ob hierzu der Zivil- oder aber der Verwaltungsrechtsweg beschritten werden muss. Abzugrenzen ist nach der sog. Zwei-Stufen-Theorie:

1. Zulassungsanspruch

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Die Frage, ob die Versagung der Zulassung zur öffentlichen Einrichtung selbst rechtswidrig war (= 1. Stufe), ist stets eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Gemäß § 40 VwGO ist in diesen Fällen der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Dies gilt unabhängig davon, ob die öffentliche Einrichtung von der Gemeinde selbst oder aber von einem Privaten betrieben wird. Ist letzteres der Fall, richtet sich der Zulassungsanspruch nach § 10 Abs. 2 GemO dennoch gegen die Gemeinde. Er ist inhaltlich darauf gerichtet, dass die Gemeinde auf den Privaten ihren Einfluss geltend macht und so die Zulassung ermöglicht (dies geschieht meist auf Grundlage des zwischen der Kommune und dem Privaten geschlossenen Vertrags). Ist die Gemeinde also Mehrheitsgesellschafterin einer in privater Rechtsform betriebenen öffentlichen Einrichtung, richtet sich der Anspruch auf Geltendmachung ihres (gesellschaftsrechtlichen) Einflusses, etwa durch Weisung an den Geschäftsführer. Hat die Gemeinde nicht bereits aufgrund ihrer Stellung als Gesellschaftern Durchsetzungs- oder Weisungsmöglichkeit, z.B. weil sie lediglich Minderheitsgesellschafterin ist, soll sie sich vertraglich eine Einflussnahmemöglichkeit vorbehalten. Teils wird vertreten, die Gemeinde mache sich Schadensersatzpflichtig, wenn sie Einflussnahmemöglichkeiten nicht nutzt oder sich solche nicht vorbehält.[4]

2. Benutzungsverhältnis

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Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn sich der Streit um das „wie“ der Benutzung dreht (= 2. Stufe). Benutzt ein Einwohner eine öffentliche Einrichtung, kommt zwischen ihm und dem Betreiber eine Rechtsbeziehung betreffend die Nutzung zustande (sog. Benutzungsverhältnis). Das Benutzungsverhältnis kann sowohl öffentlich-rechtlicher wie auch privatrechtlicher Natur sein. Ist der Betreiber ein Privater, ist das Benutzungsverhältnis unzweifelhaft privatrechtlich ausgestaltet (z.B. mittels eines Mietvertrags). Betreibt die Gemeinde selbst die Einrichtung, steht ihr betreffend das Benutzungsverhältnis ein Wahlrecht zwischen öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Ausgestaltung zu, sofern spezialgesetzlich keine Sonderregelung besteht (z.B. § 51 SchulG).

Ob die Gemeinde das Benutzungsverhältnis privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich ausgestaltet hat, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Mögliche Indizien für die Zuordnung sind, ob die „Benutzungsordnung“ der Einrichtung als Satzung oder aber als allgemeine Geschäftsbedingungen bezeichnet oder ausgestaltet sind oder ob die Ausgestaltung mittels VA oder privatrechtlichem Mietvertrag erfolgt. Lässt sich eine eindeutige Zuordnung nicht treffen, ist im Zweifel eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung anzunehmen.

JURIQ-Klausurtipp

In der Klausur müssen Sie das „Problem“ der rechtlichen Charakterisierung des Zulassungsanspruchs bei dem Prüfungspunkt „Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs“ diskutieren. Ein Hinweis auf die „Zwei-Stufen-Theorie“ sollte unbedingt Erwähnung finden.

Anmerkungen

[1]

VGH BW Beschluss vom 14.4.1989 – 1 S 952/89, NVwZ 1990, 93.

[2]

VGH BW Beschluss vom 20.5.1987 – 1 S 1278/87, NJW 1987, 2698.

[3]

Beizupflichten ist Schoch NVwZ 2016, 257 ff., wonach ein Rückgriff auf diese Normen weder einen Zulassungsanspruch begründen kann noch hierfür notwendig ist.

[4]

BeckOK KommunalR BW/Fleckenstein GemO § 10 Rn. 17; dort wird aber zu Recht darauf hingewiesen, dass eine solche Schadensersatzverpflichtung eher zweifelhaft sein dürfte, weil sie zu einer Pflicht führen würde, öffentliche Einrichtungen in Eigenregie aufrecht zu erhalten.

7. Teil Öffentliche Einrichtungen › D. Anschluss- und Benutzungszwang

D. Anschluss- und Benutzungszwang

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§ 11 GemO sieht für bestimmte öffentliche Einrichtungen einen Anschluss- und Benutzungszwang vor.

7. Teil Öffentliche Einrichtungen › D. Anschluss- und Benutzungszwang › I. Begriff

I. Begriff

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Gemeinden können unter bestimmten Voraussetzungen Regelungen erlassen, wonach die in ihrem Gebiet liegenden Grundstücke an Wasserleitung, Abwasserbeseitigung, Straßenreinigung, die Versorgung mit Nah- und Fernwärme oder ähnliche der Volksgesundheit oder dem Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens einschließlich des Klima- und Ressourcenschutzes dienende Einrichtungen angeschlossen werden müssen (Anschlusszwang). Zudem kann sie die Benutzung dieser genannten Einrichtungen sowie der Schlachthöfe vorschreiben (Benutzungszwang, § 11 Abs. 1 GemO). Sinn des Anschluss- und Benutzungszwangs ist die Gewährleistung der Volksgesundheit, der Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens einschließlich des Klima- und Ressourcenschutz und der öffentlichen Hygiene.[1]

Beispiel

Zur Gewährleistung eines einheitlichen Abwasserentsorgungsstandards bestimmt die Gemeinde, dass alle Grundstücke an die öffentliche Abwasserentsorgung angeschlossen werden müssen; der Betrieb von dezentralen Abwasserentsorgungsanlagen („Hauskläranlagen“) wird sodann für unzulässig erklärt.


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Anschluss- und Benutzungszwang sind inhaltlich nicht identisch.

Beispiel

Möglich ist, dass Grundstücke z.B. an die Wasserversorgung angeschlossen werden müssen, daneben aber die Benutzung privater Brunnen zugelassen wird. In diesem Fall wäre zwar ein Anschlusszwang gegeben, nicht aber ein Benutzungszwang. Sinnvoll kann dies in den Fällen sein, in denen die Gemeinde einerseits die jederzeitige qualitativ hochwertige Trinkwasserversorgung potentiell sicherstellen möchte, gleichsam aber den Bürgern die Möglichkeit belassen will, sich mit eigenem Trinkwasser zu versorgen.


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Adressaten des Anschlusszwangs sind die Verfügungsberechtigten der betroffenen Grundstücke (Eigentümer, Erbbauberechtigte, Pächter, Mieter). Sie haben auf ihre Kosten die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um einen Anschluss zu ermöglichen. Vom Benutzungszwang sind alle natürlichen und juristischen Personen umfasst, die sich in der Gemeinde aufhalten und nach dem Willen der Gemeinde die Einrichtung in Anspruch nehmen sollen.

7. Teil Öffentliche Einrichtungen › D. Anschluss- und Benutzungszwang › II. Voraussetzungen

II. Voraussetzungen

1. Satzung

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Voraussetzung für den Anschluss- wie auch den Benutzungszwang ist in formeller Hinsicht zunächst eine entsprechende Satzungsregelung. Sie muss den Kreis der zum Anschluss und/oder zur Benutzung Verpflichteten, die Art des Anschlusses bzw. der Benutzung und die Bereitstellung der Einrichtung zur öffentlichen Benutzung regeln. Daneben kann sie bestimmen, dass der Anschluss- und/oder Benutzungszwang auf einzelne Teilbereiche der Gemeinde beschränkt ist. Häufig enthalten die Satzungen auch Regelungen über den Anschlussbeitrag und die Benutzungsgebühren.

Hinweis

Beiträge werden zur teilweisen Deckung der Kosten für die Anschaffung, die Herstellung und den Ausbau öffentlicher Einrichtungen erhoben (§ 20 KAG). Gebühren werden hingegen für die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen erhoben (§ 13 KAG).

Beispiel

Die Gemeinde baut im Zusammenhang mit der Erschließung eines Neubaugebiets ein neues Kanalisationsnetz und erweitert die Kläranlage. Die hierfür entstehenden Investitionskosten werden über Abwasserbeiträge finanziert. Für die Benutzung der Anlage (= Einleitung von Schmutzwasser) werden zudem in Abhängigkeit der Menge des vom jeweiligen Grundstück eingeleiteten Abwassers Abwassergebühren erhoben, mit denen der laufende Betrieb der Abwasserentsorgung finanziert wird.

Bestimmungen zu Zwangsmaßnahmen für den Fall der Missachtung des Anschluss- und Benutzungszwangs sind in der Satzung nicht erforderlich, da insoweit die Regelungen des LVwVG gelten.

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Bei der Gestaltung der Satzung durch die Gemeinde ist zu berücksichtigen, dass durch den Anschluss- und/oder Benutzungszwang in Grundrechte (Art. 14 GG) der Verpflichteten eingegriffen wird. Um dabei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen, dürfen die Satzungsregelungen nur soweit in die Rechte der Betroffenen eingreifen, als dies zur Zweckerreichung unbedingt nötig ist. In der Satzung sind daher regelmäßig Ausnahmen vom Anschluss- und/oder Benutzungszwang vorzusehen (§ 11 Abs. 2 GemO).

Beispiel

Besteht ein Anschluss- und Benutzungszwang für Fernwärme, kann eine Ausnahme für die Eigenversorgung mit regenerativer Energie in der Satzung vorgesehen werden. Hingegen sind Ausnahmen für holzbefeuerte Kachelöfen nicht zwingend, weil dadurch der Zweck des verfolgten Immissionsschutzes unterlaufen werden könnte.[2]

Die Einzelheiten zum Inhalt der Satzung statuiert § 8 DVO GemO.

2. Öffentliche Einrichtung

135

 

Der in § 11 GemO verwendete Einrichtungsbegriff ist nach h.M. mit dem Begriff der öffentlichen Einrichtung in § 10 Abs. 2 GemO identisch. Welche Einrichtungen typischerweise für den Anschluss- und/oder Benutzungszwang in Betracht kommen, zählt § 11 Abs. 1 GemO exemplarisch auf. Dort werden die Wasserversorgung, die Abwasserbeseitigung, die Straßenreinigung und die Versorgung mit Nah- und Fernwärme, die Schlachthöfe und die Bestattungseinrichtungen ausdrücklich genannt.[3] Zudem können „ähnliche der Volksgesundheit oder dem Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens einschließlich des Klima- und Ressourcenschutzes dienende Einrichtungen“ dem Anschluss- und/oder Benutzungszwang unterworfen werden. Aus dieser Formulierung ergibt sich eine sachliche Beschränkung. Der Anschluss- und/oder Benutzungszwang darf nicht auf jede Art der öffentlichen Einrichtung ausgedehnt werden. Vielmehr muss es sich um eine Einrichtung handeln, die mit den in § 11 GemO genannten vergleichbar ist („ähnlich“) und zudem einem der genannten Schutzzwecke dient („Volksgesundheit“ etc.).

Da die Einrichtung i.S.d. § 11 GemO eine öffentliche Einrichtung gemäß § 10 Abs. 2 GemO ist, gelten für sie die Ausführungen zu den öffentlichen Einrichtungen entsprechend (Rn. 109 ff.).

3. Öffentliches Bedürfnis

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Für die Begründung eines Anschluss- und/oder Benutzungszwangs muss ein öffentliches Bedürfnis bestehen. Hierbei handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren Rechtsbegriff. Das öffentliche Bedürfnis wird aus Gründen des öffentlichen Wohls bejaht, wenn durch die Maßnahme die Wohlfahrt der Einwohner gefördert wird.[4] Wenngleich rein fiskalische Erwägungen den Anschluss- und/oder Benutzungszwang nicht rechtfertigen können, sind Rentabilitätserwägungen, die zu den Gründen des öffentlichen Wohls hinzutreten, unschädlich.[5]


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