AC/DC

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Er genas recht schnell, wenn er die Narben auch zurückbehielt und für den Rest seines Lebens Schmerzen haben sollte. Die verbliebenen Musiker von Fraternity versuchten noch einmal, den Kahn wieder flott­zumachen, doch Bon sah nur die Enttäuschungen und Rückschläge, die ihm die Gruppe in den drei Jahren zuvor gebracht hatte.

Sobald er wieder auf den Beinen war, verschaffte ihm Vince Lovegrove die eine oder andere Gelegenheitsarbeit, um ihn bei Laune zu halten. Sein alter Freund von den Valentines, der nun ebenfalls in Adelaide wohnte, schrieb für Go-Set und die Adelaide News und mode­rierte eine Musiksendung im Fernsehen. Irgendwann in jenen Tagen gab Vince ihm auch den Hinweis, dass es da eine aufstrebende junge Band aus Sydney gab, die auf der Suche nach einem neuen Sänger war – AC/DC.


Die ersten Gehversuche in Übersee: AC/DC im April 1976 in einem englischen Pub

7 SEND FOR THE MAN

Gesucht und gefunden

Im August 1974 hatten Malcolm und Angus begonnen, unruhig zu werden. Sie wollten ihren Sänger Dave Evans so bald wie möglich loswerden. Auf der Suche nach einem, der besser zu ihnen passte, hatten sie schon versucht, John Paul Young für sich an Land zu ziehen, der ebenfalls bei Albert Productions war und in Australien ein paar Erfolge gefeiert hatte. Er hatte jedoch abgelehnt und sollte später in Amerika mit „Love Is In The Air“ für kurze Zeit bekannt werden. Schließlich war es dann in Adelaide so weit, am Ende ihrer Konzertreise mit Lou Reed, dass ein passender Mann ins Blickfeld der Young-Brüder rückte.

Vince Lovegrove kannte das Anliegen von AC/DC und hatte George Young seinen Vorschlag unterbreitet: Bon Scott. Malcolm und Angus, die beide um die zwanzig waren, hielten den achtundzwanzigjährigen Bon jedoch für zu alt. Dieser sah das anders. Nachem er auf einem Konzert der Gruppe in Adelaide gewesen war, wusste er, dass AC/DC genau das war, was er brauchte, um seinen liegengebliebenen Kar­rierekarren wieder flott zu machen und ihm nach den erlittenen Rück­schlägen neuen Mut zu geben. Also begann er, sich um die ausgeschriebene Stelle zu bemühen.

Die Gruppe sollte später erzählen, Bon habe zuerst als Fahrer für sie gearbeitet, bis sie seine gesanglichen Fähigkeiten entdeckten, doch das scheint mehr ausschmückende Legendenbildung zu sein, als dass es den tatsächlichen Geschehnissen entspricht. Malcolm und Angus ha­ben sich immer ein recht hohes Maß an künstlerischer Freiheit erlaubt, wenn es darum ging, aus der Geschichte von AC/DC zu erzählen. Dabei wurden unangenehme Stellen meist ausgelassen, die Beiträge ehema­liger Gruppenmitglieder herabgesetzt und, sofern dies zweckmäßig war, die Leistungen früherer Geschäftspartner heruntergespielt.

Bon erzählt in dem AC/DC-Konzertfilm Let There Be Rock von seiner ersten Begegnung mit der Gruppe: „Ich kannte ihren Manager, aber ich hatte sie vorher noch nie gesehen und wusste nicht einmal, dass es eine Band mit Namen AC/DC gab. Und als ich dann den kleinen Kerl mit Schuluniform und einem Ranzen auf dem Rücken sah, wie er auf der Bühne durchdrehte, musste ich einfach lachen.“ In einem anderen Inter­view führte er weiter aus: „Ich ergriff die Gelegenheit beim Schopf und machte ihnen klar, wie viel besser ich war als der Affe, der bei ihnen Sänger war. Sie ließen mich vorsingen, und schon war ich dabei.“

Bon erhielt die Gelegenheit, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, bei einem lockeren Zusammenspiel von einigen nichtsahnen­den Fraternity-Musikem mit Malcolm und Angus, das die beiden mit Bon verabredet hatten. Dieser hinkte zwar noch als Folge seiner Verletzungen, war aber von dem Willen getrieben, bei AC/DC einzusteigen. Er schrie, was seine bei dem Unfall ebenfalls in Mitleidenschaft gezoge­ne Kehle hergab, und bekam den Zuschlag auf der Stelle. Gastgeber Bruce Howe zeigte sich äußerst beeindruckt von dem vollkommenen Zusammenspiel der beiden Brüder, das schon in jenen frühen Tagen so etwas wie einen unsichtbaren Draht zwischen ihnen erkennen ließ.

Die nächsten Wochen, die Bon sich als Bedenkzeit ausgebeten hatte, verbrachten AC/DC auf Tournee in Perth. Nachdem Bon sich nun aber entschieden hatte, kam es schließlich zum erneuten Zusammen­treffen in Adelaide. Für das erste gemeinsame Konzert wurde kaum geprobt. Angus erinnert sich noch gut daran: „Wir saßen nur zusam­men, eine Stunde, bevor es losging, und kramten alles hervor, was wir an Rock’n’Roll-Nummern kannten. Als es dann so weit war, hatte Bon seine zwei Flaschen Bourbon getrunken, und dazu Hasch, Koks und Speed genommen. Er sagte nur: ,Alles klar, ich bin so weit.‘ Und das war er auch. Er war fit wie ein Turnschuh. Er war wie verwandelt; als er so ins Publikum schrie und auf der Bühne herumsprang, konnte er sich wieder jung fühlen. Es war die reinste Zauberei.“

Bon beschrieb die Wende, die der Einstieg bei AC/DC für ihn bedeutete, folgendermaßen: „Immer wenn ich sang, klang es irgendwie gezwungen. Ich hatte nie Gesangsunterricht bekommen, der Whiskey war mein Lehrer gewesen. Ich versuchte, andere Sänger nachzuma­chen, und das gelang mir auch ganz gut. Als ich dann zu AC/DC kam, hieß es, ich solle einfach nur so singen wie ich selbst. So konnte ich endlich tun, was ich schon immer wollte. Ich dachte: ,Du gehst jetzt einfach raus auf die Bühne, und je schmutziger du klingst, desto mehr werden dich die Leute lieben.‘ Also ging ich ans Mikrofon und schrie mir die Seele aus dem Leib. Manchmal bekam ich am nächsten Morgen keinen Ton mehr raus.“

Malcolm und Angus hatten zwar fortwährend Konzerte gegeben und hatten dabei das ganze Land bereist, doch im Vergleich zu ihrem neuen Sänger mit seinem umfangreichen Erfahrungsschatz waren sie noch grüne Jungs. So nannte sie ihn, der sie zudem bei über 1,70 m um einen halben Kopf überragte, liebevoll den „alten Mann“. Er schien mit dem Hauch von Ausschweifung und Unbekümmertheit, der seine Per­son umgab, geradezu die Verkörperung der ungezügelten Ausgelassen­heit zu sein, die Malcolm und Angus mit ihrer Musik zum Ausdruck bringen wollten.

Anders als die zielstrebigen und umsichtigen Young-Brüder, denen es gelang, ihre Wut auf die Gesellschaft in geordnete Bahnen zu lenken, und die letztendlich mit dieser Wut ihren Erfolg vorantrieben, war Bon ein echter Draufgänger, ein erwachsenes Problemkind, einer, der ge­nauso unverschämt lebte, wie er sang, der aber dennoch eine Beschei­denheit und eine Warmherzigkeit an sich hatte, die ihm oft dabei halfen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wenn er wieder einmal über die Stränge geschlagen hatte und es ihm an den Kragen gehen sollte.

Bons Einstieg bei AC/DC ließ in der Gruppe das Feuer höher auf­lodern, was einerseits an seiner schieren Gesangsleistung und Aus­strahlung als Mann der Bühne lag, andererseits aber auch an seinem zupackenden Eifer, der auf die anderen Musiker übersprang. Malcolm und Angus bezogen aus dem Zusammenwirken mit ihrem neuen Sän­ger musikalische Eingebung und eine neue Zuversicht, die sie brauch­ten, um die Band die Stufen des Erfolgs hinaufführen zu können. Auf der anderen Seite war Bon von dem musikalischen Gefühl der Young- Brüder ebenso beeindruckt wie von ihrer Zielstrebigkeit, und war über­zeugt davon, dass AC/DC, im Gegensatz zu seinen früheren Bands, alles besaßen, um sowohl die Seiten sämtlicher Fachzeitschriften als auch die Konzertsäle der Welt füllen zu können. Da konnte es nicht stören, dass viele seiner alten Freunde, die mit der schamlosen Einfachheit von AC/ DC nichts anfangen konnten, dachten, er habe sich unter Wert verkauft.

Bon hatte sich der Gruppe zu einem entscheidenden Zeitpunkt angeschlossen. Eine mehrwöchige Konzertreise durch Australien sollte AC/DC direkt ins Tonstudio führen. Die Tournee diente als Aufwärmübung für die Studioarbeit. Gelegentliche Unsicherheiten vor den Auf­tritten waren rasch verflogen, sobald die Gruppe die Bühne betrat, und man konnte sehen, dass die Musiker an etwas Besonderem arbeiteten. Im November 1974, sechs Wochen nach Bon Scotts Einstieg, nahmen AC/DC in den Sydneyer Albert-Studios ihre erste Langspielplatte auf.

Die Umbesetzung am Mikrofon war die erste von mehreren perso­nellen Veränderungen, aus denen die Band schließlich mit einer neuen Stabilität hervorgehen sollte, die eine Voraussetzung des dauerhaften Erfolgs war. Bald stieg Dennis Laughlin aus. Der Schmalspurmanager, den Bon noch aus seiner Zeit mit Fraternity kannte, hatte gelegentlich auch für AC/DC gesungen, wenn Dave Evans ausgefallen war, aber nun betrat mit Michael Browning ein fähiger Mann aus Melbourne das Feld, der der Inhaber des dortigen Hardrock Café war und sich neben vielen anderen Aktivitäten als Manager von Billy Thorpe und seinen Aztecs einen Namen gemacht hatte. Browning sah in AC/DC eine eigene Mischung aus Gewissenhaftigkeit und nüchternem Ehrgeiz wirken, die andere australische Gruppen nicht besaßen.

George Young traf sich mit Browning und fand heraus, dass dessen Ziel, eine australische Gruppe zu Weltstars zu machen, für eine Zusam­menarbeit mit AC/DC sprach, die er ‒ George ‒ so bald wie möglich ins Ausland schicken wollte. Sie waren sich darin einig, dass AC/DC die erste Gruppe nach den Easybeats war, die es außerhalb Australiens schaffen könnte. George gab sein Einverständnis, und Michael Browning war der neue Manager der Band.

Die Mittsiebziger waren genau die richtige Zeit für eine australische Hardrock-Gruppe, sich auf dem Weltmarkt zu versuchen. Die blu­mengeschmückten Kiffbrüder der Woodstock-Ära waren im Nebel ver­schwunden, und die Wegbereiter des Heavy Metal wie Led Zeppelin, Deep Purple oder Black Sabbath waren zwar anerkannte Größen, doch konnten sie mit ihrer Aufgeblasenheit und ihren grandiosen Inszenie­rungen den einfachen Großstadtjungen keinerlei Glaubwüdigkeit bie­ten. Angus erzählt: „Immer, wenn ich eine Band sah, waren die so unberührbar, irgendwie unecht. So wollten wir es auf keinen Fall ma­chen. Auch als wir noch in den kleinen Klubs in Australien spielten, wussten wir, dass wir genauso gut wie die Großen waren. Wir wollten nie gegen die kleinen Bands um uns herum antreten. Wir wollten die Welt erobern.“

 

Bevor AC/DC dazu ansetzen konnten, mussten sie jedoch zunächst einmal ihre Heimat einnehmen. Dieses Ziel verfolgten sie, indem sie weiterhin unermüdlich durch die Klubs des Landes tingelten, was, bedingt durch die geographischen Gegebenheiten des fünften Kontinents, besonderer Kraftanstrengungen bedurfte; die wenigen städti­schen Zentren Australiens entlang der Küsten sind durch kaum befah­rene Landstraßen, die oft genug durch schier endlose lebensfeindliche Ödnis führen, voneinander getrennt. Nur die Zähesten im Geschäft können die Entbehrungen, die solche Dauertourneen mit sich bringen, auf sich nehmen. Zweifelsohne gehörten AC/DC zu dieser Sorte von Musikern.

8 STAND UP

Raus aus den Startlöchern

Eine der ersten Amtshandlungen von Michael Browning als Manager von AC/DC war die Begleichung der beträchtlichen Schulden der Band. Er verschaffte ihnen eine neue Ausrüstung, eine kleine Mannschaft von geschulten Bühnenarbeitern und holte sie nach Melbourne, von wo aus er seine Geschäfte tätigte. Melbourne hielt als Musikhauptstadt Austra­liens für eine aufstrebende junge Band wie AC/DC mehr Möglichkeiten bereit als Sydney.

Die Band kam im Dezember 1974 in Melbourne an und wurde rasch zum Knüller der dortigen Klubszene. Auf größeren Konzerten spielten sie die jeweilige Hauptgruppe des Abends regelmäßig an die Wand. Sie wohnten zusammen in einem verlotterten alten Haus im Stadtteil East St. Kilda und konnten ihrem jugendlichen Feuer freien Lauf lassen, da sie nun – was zumindest für Malcolm und Angus zutraf ‒ zum ersten Mal ganz auf sich selbst gestellt in der Fremde lebten.

Nach der Jahreswende standen auch schon die nächsten Beset­zungswechsel bei AC/DC an. Schlagzeuger Peter Clack konnte Mal­colms und Angus’ Ansprüchen nicht mehr genügen, und als er dann schwer erkrankte, musste er die Gruppe verlassen, während Bassist Rob Bailey deshalb entlassen wurde, weil er, wie verlautete, erstens verheiratet und zweitens zu groß war. Der Schlagzeughocker wurde unmittel­bar darauf an Phillip Hugh Rudd (eigentlich Rudzevecuis) weitergege­ben. Phil wurde am 19- Mai 1954 in Melbourne geboren und konnte als Empfehlung angeben, hinter Angry Anderson bei Buster Brown (ehe­mals Colored Balls) gespielt zu haben, aus denen sich später Rose Tattoo entwickeln sollten.

Für die freigewordene Stelle rechts neben dem Schlagzeug, so die übliche Platzverteilung bei AC/DC, war es schwieriger, einen passen­den Ersatz zu finden. Bon nannte gegenüber der Zeitschrift RAM einige Bedingungen für die Aufnahme in die Band: „Typen von der Sorte, wie wir sie brauchen, gibt es nicht viele. Er sollte kleiner als eins fünfund­sechzig sein und außerdem noch ganz gut Bass spielen.“ Bis der fünfte Mann gefunden war, spielten AC/DC mit nur einer Gitarre und Malcolm am Bass.

Ais sie jedoch auf dem alljährlich im Januar stattfindenden Sunbury-Festival spielen sollten, sprang Bruder George als Bassist ein. Mit Deep Purple als Hauptgruppe – kurz vor dem Ausstieg von Ritchie Blackmore ‒versprach dies ein Auftritt von größter Werbewirksamkeit zu werden. AC/DC sollten unmittelbar nach Deep Purple spielen, aber als es dann so weit war, wurden ihre Bühnenarbeiter daran gehindert, die Anlage aufzubauen. Dies führte zu einem heftigen Streit, der schließlich in eine Massenschlägerei auf der Bühne ausartete – vor den Augen von 20.000 Zuschauern! Das Verhalten des hohen Besuchs aus England ‒ auch schon vor dem Konzert hatten sie ihre australischen Kollegen äußerst herablassend behandelt ‒ machte eins noch klarer: Wenn AC/DC sich Respekt verschaffen wollten, mussten sie im Ausland etwas erreichen.

Im Februar 1975 wurde die erste Langspielplatte von AC/DC veröf­fentlicht, die im vorangegangenen November in Sydney aufgenommen worden war, „in zehn Tagen“, wie Angus bezeugt, „zwischen unseren Auftritten, nach den Konzerten die ganze Nacht durch und bis weit in den nächsten Tag hinein“. High Voltage, so der Name des Erstlingswer­kes, war von George Young und Harry Vanda produziert worden und verzeichnete die Young-Brüder und Bon Scott als Komponisten und Texter. Peter Clack hatte man für ungeeignet für die Aufnahmen gehal­ten und an seiner Stelle einen Studioschlagzeuger namens Tony Kerrante herangezogen. Der Beitrag von Rob Bailey war auf der Plattenhülle unerwähnt geblieben und wurde von den Young-Brüdem später unter Verweis auf Georges Mitarbeit bestritten. Erst in jüngster Zeit hat dieser zugegeben, dass wenigstens für einen Teil der Platte Bassspuren verwendet wurden, die Bailey eingespielt hatte.

Einige Kritiker haben an High Voltage bemängelt, die Stücke seien zu offensichtlich ein Flickwerk aus den Gitarrenriffs der Young-Brüder und den nachträglich eingepassten Strophen von Bon Scott, doch insge­samt war es eine recht gelungene Platte, die einen Monat nach der Veröffentlichung zur Eroberung der australischen Hitparaden ansetzte und den Musikern bald ihre ersten Auszeichnungen einbrachte. Die an Improvisation mahnende Gitarrenarbeit von Malcolm und Angus gibt uns heute eine ungefähre Vorstellung von den frühen Klubkonzerten der Gruppe, und Bon klingt mit seiner anrüchigen Lyrik so frisch wie nie zuvor in seiner damals schon zehnjährigen Karriere.

Hervorzuheben sind besonders die Stücke „Baby Please Don’t Go“, ein alter Bluesstandard von Big Joe Williams, den AC/DC, wenn auch ein paar Takte schneller als im Original, von ihren frühesten Tagen an gespielt hatten, „She’s Got Balls“, in dem Bon, allerdings auf recht entblößende Weise, die gute Figur seiner Frau Irene preist, „Soul Strip­per“, das die Young-Brüder als Stegreifkünstler zeigt, ferner „Show Business“, ein flott vorangetriebener Boogie mit zahlreichen Soloeinla­gen von Angus, sowie das recht ideenreiche Vorspiel zu „Love Song“.

Außer dem Verlegen und Produzieren übernahm Albert Productions auch den Vertrieb der Platten von AC/DC. Die Beziehungen zu dem australischen Zweig von EMI sollten den Anschluss an das internatio­nale Vertriebsnetz dieser Firma bringen. High Voltage erschien auf EMI/Albert, wurde aber nicht außerhalb Australiens veröffentlicht und ist nicht identisch mit der in der übrigen Welt verbreiteten AC/DC-Platte gleichen Namens.

Unmittelbar nach der Veröffentlichung von High Voltage stieß der Bassist Mark Whitmore Evans, geboren am 2. März 1956 in Melbourne, zu AC/DC. Es hielt sich lange Zeit die Legende, Bon habe sich für Mark eingesetzt, als dieser von den Rausschmeißern während eines AC/DC-Konzerts hinausbefördert werden sollte, und so sei es zur Begegnung der Musiker gekommen. Die nüchterne Wahrheit ist aber die, dass der Bassist durch einen Freund, der bei der Gruppe Bühnenarbeiter war, von der freien Stelle erfahren hatte.

Schon damals waren Malcolm und Angus bekannt dafür, gegenüber Außenstehenden ein recht hohes Maß an Argwohn an den Tag zu legen und nicht einmal ihren Bandkameraden vollständig zu trauen. Das wurde ihnen von vielen Beobachtern verständlicherweise als Überheb­lichkeit ausgelegt und brachte ihnen bald einen schlechten Ruf in der Melbourner Musikszene ein. In dieser Hinsicht waren die Young-Brüder das gerade Gegenteil des aufgeschlossenen und kontaktfreudigen Bon. Er war für sie dennoch der Übervater, den sie wegen seiner Erfahrung und Weltgewandtheit bewundern konnten. Er seinerseits fühlte sich seinen jüngeren Bandkameraden zu Dank verpflichtet, da sie es schließlich waren, die seine Karriere gerettet hatten. In seiner Bescheidenheit schien es ihm nichts auszumachen, dass Michael Browning und später auch die Plattenfirma mehr und mehr Angus zum Aushängeschild und Sympathieträger der Band aufbauten. Doch die Tatsache, dass sich die Young-Brüder mit zunehmendem Erfolg der Gruppe mehr und mehr von ihrer Umwelt abschotteten, entfremdete ihn ihnen schließlich immer weiter.

Was aber auf längere Sicht ebenso zu Spannungen führte, war Bons Neigung, sich immer wieder auf der Suche nach größtmöglichem Lust­gewinn leichtsinnig in Gefahr zu begeben, ohne vorher die Folgen zu bedenken. Des Öfteren mussten sich dabei diejenigen, die ihn umgaben, ernsthaft Sorgen um ihn machen. Während er seit seiner Zeit bei Fraternity beständig mehr getrunken hatte und sich an dieser Entwicklung bis zu seinem Tod nichts ändern sollte, gab es nun, am Anfang seiner Zeit bei AC/DC, auch einen Zwischenfall mit Heroin zu beklagen, der ihn das Leben hätte kosten können. Dem für alles aufgeschlossenen Ronnie Roadtest ging auch hier Probieren über Studieren.

Eine weitere eindrückliche Erfahrung war das, was vor dem Haus der Band auf Bon wartete, nachdem er sich zuvor mit einer Siebzehnjährigen im Bett vergnügt hatte: Der Vater des Mädchens gab ihm einen Denkzettel, der sich gewaschen hatte, wie Bon nachher selbst zugeben musste: „Ich bekam eins auf die Nuss wie noch nie in meinem Leben.“ Den größten Schmerz jedoch erzeugte die folgende Zahnarztrechnung über 500 Dollar.

Doch trotz seiner zahlreichen Ausschweifungen war Bon zunächst einmal der liebe Kerl, der seinem ritterlichen Werben um die Gunst einer Dame stets eine Note von Unschuld gab, und er war außerdem ein Vollblutmusiker, der durch die Beschäftigung als Sänger von AC/DC so etwas wie eine Wiedergeburt erlebt hatte und sich von seinen unfallbe­dingten Schmerzen nicht in der Verrichtung seiner Aufgabe einschrän­ken ließ. „Bevor ich zu AC/DC kam, war ich ziemlich frustriert“, erzählte er in einem Interview, „Ich schrieb Lieder wie zum Beispiel ,She’s Got Balls‘, aber ich traute mich damit einfach nicht vor, weil die anderen in der Band [Fraternity] so schlaue Köpfe waren. Und wenn man jahrelang nicht sagen kann, was man eigentlich denkt, kriegt man natürlich einen Frust. Wenn man Rock’n’Roll macht, kann man so richtig Dampf ablassen. Egal was für Sorgen man hat: kein Geld, keine Frauen, kein Alkohol – mit Rock’n’Roll kann man alles einfach abschütteln.“ Und so stand Bons Darbietung der verrückten Bühnenshow von Angus in nichts nach, wenn er sich zum Beispiel auf dem Boden wälzte und splitternackt oder aber als Schulmädchen verkleidet über die Bühne rannte.

Die Schuluniform war zwar Angus’ festes Kostüm, aber er hatte sich für die Bühne auch schon als Zorro, als Gorilla und als Supermann (in diesem Falle „Superang“) verkleidet. „Bon stiftete mich immer zu diesen verrückten Dingen an, die ihm im Kopf herumschwirrten“, erinnert er sich. „Vielleicht wollte er mir damit irgendetwas heimzahlen. Im Hordern Pavilion in Sydney hatten wir einmal eine Telefonzelle auf der Bühne, aus der sollte ich im Nebel herausspringen, aber Bon schloss mich in dem Kasten ein und zündete die Rauchbombe für sich selber.“

Die Mißverständnisse, die der Name AC/DC mit sich brachte, waren oftmals nur zu willkommen. So waren sie von der Schwulenszene in Melbourne mit offenen Armen aufgenommen worden, was ihnen zu­sätzliche Auftritte einbrachte. Sie spielten regelmäßig auf den Schwu­len- und Lesbenabenden in Michael Brownings Hardrock Café. „Da waren Frauen, die streckten uns aus dem Publikum Vibratoren entge­gen“, erzählt Malcolm schmunzelnd. „Die hatten vorne Löcher in ihre T-Shirts reingeschnitten, und ihre Möpse schauten raus. Einfach Klasse.“

„Ich bekam oft Angebote von diesen Striplokalen“, erzählte Angus später in einem Interview mit der Zeitschrift Rip. „Einmal brauchte ich Geld und nahm an. Ich stieg also auf die Bühne und stand in meiner Schuluniform einfach so da, während diese Dame um mich herumtänzelte.“ – „Die Dame war übrigens ein Herr“, merkte Bon grinsend an.

Die Single „Baby Please Don’t Go“, zwei Wochen nach dem Album veröffentlicht, wurde ein kleiner Hit, was nicht zuletzt das Verdienst der Melbourner Fernsehsendung Countdown war, die damals in Australien einen ähnlichen Einfluss besaß wie heute Viva und MTV in der übrigen Welt. Der Auftritt bei Countdown brachte der Band eine neue Anhän­gerschicht ein: pubertierende Schulmädchen, die Bon und Angus offen­sichtlich als neue Art von Sexsymbolen sahen.

Im Juni traten AC/DC, kurz vor Erscheinen der Single „High Voltage“, in der Festivalhalle in Melbourne auf, zum ersten Mal als Hauptgruppe in einer großen Rockveranstaltung. Stevie Wright und John Paul Young eröffneten den Abend. Das Konzert von AC/DC wurde von vier Kameras mitgeschnitten, was damals in Australien als gewaltiger Aufwand gelten konnte, und zu einem Videofilm verarbei­tet, der als Werbemittel dabei helfen sollte, die Gruppe auf dem Markt in Europa und Amerika einzuführen. In einem ersten Vorstoß hatten AC/DC die Rockszene von Melbourne in nur sechs Monaten vollstän­dig für sich eingenommen, nun stand die nächste Offensive in ihrem Australienfeldzug an.

 
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