Katholiken in den Thüringer Kleinstaaten

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143 Sachsen-Weimar-Eisenach nahm mit dem sachsen-weimarischen Grundgesetz 1816 eine Vorreiterrolle diesbezüglich ein. Vgl. dazu John, Quellen zur Thüringer Geschichte, S. 148-150 und H. Hürten, Restauration und Revolution im 19. Jahrhundert (Studienbuch Geschichte Darstellung und Quellen 8) Stuttgart 1981, S. 13. Auch Schwarzburg-Rudolstadt schuf ebenfalls bereist 1816 eine Verfassung, die jedoch erst 1821 in Kraft trat. Vgl. D. Blaha, Verdienste um Verfassung und Verwaltung, in: H. Hoffmeister/V. Wahl (Hg.), Die Wettiner in Thüringen. Geschichte und Kultur in Deutschlands Mitte, Arnstadt-Weimar 1999, S. 367-373, bes. S. 370; Heß, Geschichte der Behördenorganisation, S. 55 und Hahn, Region und Integration, S. 7 und Raßloff, Geschichte Thüringens, S. 64: Auch in Sachsen-Hildburghausen (1818), Sachsen-Coburg-Saalfeld (1821) und Sachsen-Meiningen (1824) wurden Verfassungen eingesetzt.

144 Die Neukonzeptionierung einer gesamtstaatlichen Ordnung brachte starke Zerwürfnisse hervor. Eine Minderheit wollte die Errichtung eines republikanischen Staates. Die Mehrheit plädierte für eine konstitutive Monarchie, debattierte allerdings lange über die Frage, ob der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn zum vereinten Deutschland hinzugehören sollte. Die sich in der Frankfurter Paulskirche durchsetzende Konzeption einer konstitutiven Monarchie für Deutschland, mit Ausschluss Österreichs, unter Führung eines Erbkaisertums scheiterte. Die Widerstände unter den Monarchen waren sehr groß. Als Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861), König von Preußen, die ihm angebotene Kaiserkrone ablehnte, da er keine Krone aus der Hand des Volkes annehmen und an seiner alten Herrschaftslegitimation festhalten wollte, war die Nationalversammlung der Paulskirche in ihrem Anliegen zunächst gescheitert. Vgl. Nipperdey, Deutsche Geschichte, S. 616.

145 Thüringen war schon vor 1848 zu einer Kernregion der nationalen und liberalen Bewegung geworden. Allerdings fehlt eine aggressive Gegenbewegung zu den kleinstaatlichen Dynastien. Vgl. dazu: H.-W. Hahn, Die „Selbstregierung“ des „freien Bürgers“: Thüringen und die Revolution von 1848/49, in: Thüringer Landtag (Hg.), Parlamente und Parlamentarier Thüringens in der Revolution von 1848/49 (Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 11), Weimar 1998, S. 1123, hier S. 23. Darüber hinaus verstand man sich zunehmend aus einer regionalen Definition heraus, die den einzelnen Kleinstaat überformte und den Blick auf die Region Mitteldeutschland/Thüringen lenkte. Ein „überstaatlich“ geprägtes Vereinswesen trug dazu entscheidend bei. Vgl. Hahn, Region und Integration, S. 10f.; Vgl. weiterführend: F. Burkhardt, Revolution von 1848/1849 und thüringische Identität, in: Comparativ 13 (2003), S. 116-150. Verwiesen sei auch auf den Bereich der Kircheneinigungsbestrebungen in den Jahren 1848/1849, vgl. dazu weiterführend: E. Koch, Kircheneinigungsbestrebungen in den Jahren 1848/1849 in Thüringen und ihre Nachwirkungen bis zur Landesgründung 1920, in: H.-W. Hahn/W. Greiling (Hg.), Die Revolution von 1848/1849 in Thüringen. Aktionsräume, Handlungsebenen, Wirkungen. Jena-Rudolstadt 1998, S. 303-321.

146 In Reuß ä. L. gab es Auseinandersetzungen, die unter militärischer Beteiligung beendet wurden.

147 Vgl. dazu weiterführend: H.-W. Hahn/W. Greiling/K. Ries (Hg.), Bürgertum in Thüringen, Lebenswelt und Lebenswege im frühen 19. Jahrhundert, Rudolstadt-Jena 2001; und im Speziellen zum Großherzogtum Sachsen: J. Grass, Sachsen-Weimar-Eisenach Verwaltungsreform nach der Revolution von 1848/49 als liberales Lehrstück im reaktionären Umfeld, in: ZVThG 54 (2000), S. 205-231, bes. S. 209f.

148 Vgl. Hahn, Die „Selbstregierung“ des „freien Bürgers“, S. 26.

149 Vgl. P. Wentzcke, Thüringische Einigungsbestrebungen im Jahre 1848. Ein Beitrag zur Geschichte der Deutschen Einheitsbewegung, in: ZVThGA, 7. Beiheft (1917), S. 15 und F. Boblenz, Die Revolution von 1848/49, H. Hoffmeister/V. Wahl (Hg.), Die Wettiner in Thüringen. Geschichte und Kultur in Deutschlands Mitte, Arnstadt-Weimar 1999, S. 383-389, hier S. 384.

150 Vgl. G. Müller, Die thüringischen Landtage in der Revolution von 1848/49, in: Thüringer Landtag (Hg.), Parlamente und Parlamentarier Thüringens in der Revolution von 1848/49 (Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 11), Weimar 1998, S. 34-124, hier S. 34.

151 Missernten und Wirtschaftskrise in den Jahren 1846 und 1847 verschärften die Lage in Thüringen. Vgl. Boblenz, Die Revolution vom 1848/49, S. 383.

152 Vgl. Wentzcke, Thüringische Einigungsbestrebungen im Jahre 1848, S. 16.

153 Rückblick eines Thüringers, in: Das Handwerk. Organ der verbundenen Vereine Thüringens Nr. 52, 10. Oktober 1849, hier zit. nach: Hahn, Die „Selbstregierung“ des „freien Bürgers“, S. 18.

154 Vgl. Wentzcke, Thüringische Einigungsbestrebungen im Jahre 1848, S. 25.

155 Vgl. ebd., S. 35.

156 Vgl. Herz, Regierende Fürsten, S. 23.

157 Wentzcke, Thüringische Einigungsbestrebungen im Jahre 1848, S. 36.

158 Vgl. Boblenz, Die Revolution vom 1848/49, S. 388.

159 Erste Pläne gingen dahin die ernestinischen Herzogtümer zu vereinigen, später sogar ein einheitlichen Thüringen mit den schwarzburgischen und reußischen Staaten zu bilden. Vgl. Boblenz, Die Revolution vom 1848/49, S. 385.

160 Vgl. dazu den Entwurf über eine engere Verbindung der Thüringer Kleinstaaten vom 15. Dezember 1848, in John, Quellen zur Geschichte Thüringens, S. 178f.

161 Vgl. Boblenz, Die Revolution vom 1848/49, S. 387. Das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach hatte demnach ein verständliches Interesse am Gelingen der Verhandlungen. Vgl. dazu auch Raßloff, Geschichte Thüringens, S. 67.

162 Diese waren so groß, dass gemäßigte Demokraten begannen den militärischen Interventionskurs der Regierungen mit zu tragen. Vgl. dazu: Hahn, Die „Selbstregierung“ des „freien Bürgers“, S. 22.

163 „Die Bewegungen, welche in der jüngst verflossenen Zeit in den verschiedenen Staaten von Thüringen stattgefunden und die gesetzliche Ordnung daselbst soweit gestört haben, daß mehrere Staatsregierungen sich außer Stande sehen, durch ihre eigene Macht die Herrschaft der Gesetze aufrecht zu halten, haben die provisorische Centralgewalt für Deutschland veranlaßt, den k. preußischen Appellations-Gerichtsrath Ludwig von Mühlenfels als Reichscommissar für den Umfang der sämmtlichen großherzogl. und herzogl. sächsischen, dann der fürstlich reußischen und schwarzburgischen Länder zu ernennen und denselben zu beauftragen, im Namen der Reichsgewalt alle zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung und der Herrschaft der Gesetze in diesen Ländern erforderlichen Maßregeln zu ergreifen […] Sämmtliche Civil- und Militärbehörden in den genannten thüringischen Ländern werden hiermit angewiesen, den Verfügungen des Reichscommissars unweigerlich und ungesäumt Folge zu leisten und denselben in der Durchführung aller von ihm getroffenen Maßregeln kräftigst zu unterstützen. Die k. preußische, k. baiersche und k. sächsische Staats-Regierungen werden unter Einem ersucht, dem genannten Reichscommissar bei allen seinen Anordnungen die vollste Unterstützung zu leihen.“ Vollmacht für den Reichskommissar für Thüringen, hier zit. nach: John, Quellen zur Geschichte Thüringens, S. 174f. Straßenkämpfe und auswärtige Militärhoheit gab es auch in diesen. Allerdings muss gesagt werden, dass grundsätzlich eine Kompromissbereitschaft zwischen gemäßigten Demokraten und konstitutionell geprägten Reformern festzustellen ist. Thüringen galt als eine „Enklave des Friedens inmitten des Bürgerkrieges“. Hahn, Die „Selbstregierung“ des „freien Bürgers“, S. 23. Einzig in Sachsen-Altenburg dankte ein regierender Herzog in Folge der Revolution ab. Herzog Joseph (1789-1868) von Sachsen-Altenburg trat zu Gunsten seines Bruders Georg (1796-1853) am 30. November 1848 von den Regentschaft zurück.

164 Interessant erscheint dennoch, dass trotz aller Sorge der Thüringer Landesherren um die Zukunft ihrer Staaten durchaus eine gewisse Offenheit gegenüber der Schaffung eines neuen Staatenkomplexes bestand, wenn auch dies mit Abstrichen in der eigenen Machtfülle verbunden gewesen wäre. Die Herzöge waren durchaus selbst von Ideen, wie der Schaffung eines nach außen hin geeinten Deutschlands, unter Wahrung der Monarchie, angetan. Die Rolle, die sie selbst in einem solchen Staat einnahmen, bedurfte freilich der Klärung. Als Erbgroßherzog Carl Alexander (1818-1853-1901) in Weimar, zur Beruhigung der Massen, selbst die Fahne der Revolution, schwarz-rot-gold, ergriff, stellte er sich selbst auf die Seite eines vereinigten Deutschlands, in dem aber der Einzelstaat Sachsen-Weimar-Eisenach seine Daseinsberechtigung behalten sollte, was durch die weimarischen Fahnenbänder symbolisch angezeigt wurde. Vgl. Wentzcke, Thüringische Einigungsbestrebungen im Jahre 1848, S. 15. Grundsätzlich wurde die Schaffung eines einheitlichen Thüringens ernsthaft in Erwägung gezogen. Das Scheitern der Revolutionsbewegung von 1848 und der heftige Widerstand der Meininger Regierung gegenüber Abstrichen in der Staatssouveränität verhinderten ein entsprechendes Staatenbündnis aus Thüringer Staaten. Der abfällige Kommentar Heinrich von Treitschkes über das politische Vermögen und die politische Bedeutung Thüringens ist demnach stark zu relativieren und tut letztlich den idealisierten Staatsbegriff von Treitschkes kund: „Fast alle anderen deutschen Stämme nahmen doch irgend einmal einen Anlauf nach dem Ziele politischer Macht, die Thüringer niemals. Unsere Cultur verdankt ihnen unsäglich viel, unser Staat gar nichts.“ H. v. Treitschke, Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert, 2. Teil: Bis zu den Karlsbader Beschlüssen (Staatengeschichte der neuesten Zeit 25), Leipzig 1893, S. 395.

 

165 Kriegshandlungen fanden auch auf Thüringer Boden statt. Am 27. Juni 1866 siegten preußische und sachsen-coburg-gothaische Truppen über die Armee des Königreichs Hannover. Sachsen-Weimar-Eisenach, Schwarzburg-Rudolstadt und Reuß j.L. schlossen sich im Zuge des preußischen Sieges in Königgrätz dem preußischen Bündnis an. Vgl. Raßloff, Geschichte Thüringens, S. 70. Sachsen-Meiningen und Reuß ä.L. hielten bis dahin am Bündnis mit Osterreich fest, entgingen durch Abdankungen und Reparationszahlungen allerdings der politischen Auflösung. Ihre Politik blieb gegenüber Preußen jedoch noch lange reserviert. Vgl. ebd., S. 70 und 72.

166 Nicht nur der Norddeutsche Bund, sondern auch süddeutschen Staaten wie Bayern, Baden und Württemberg schlossen sich den Kriegshandlungen auf Seiten der Preußen an.

167 Vgl. H.-J. Ruge, Gewerbepolitik und Industrialisierung in der Neuzeit, in: H. Hoffmeister/V. Wahl (Hg.), Die Wettiner in Thüringen. Geschichte und Kultur in Deutschlands Mitte, Arnstadt-Weimar 1999, S. 287-292, hier S. 287.

168 Vgl. ebd. S. 287f.

169 Der Geraer Kaufmann Ernst Weber und der Gothaer Versicherungspionier Ernst Wilhelm Arnoldi zählen zu den Wortführern in Thüringen, die eine Umstrukturierung des Handels- und Zollwesen proklamierten. Vgl. H.-W. Hahn, Region und Integration, S. 7.

170 Vgl. Ruge, Gewerbepolitik und Industrialisierung, S. 288 und D. Blaha, Der Anschluss an den preußischen Zollverein, in: H. Hoffmeister/V. Wahl (Hg.), Die Wettiner in Thüringen. Geschichte und Kultur in Deutschlands Mitte, Arnstadt-Weimar 1999, S. 367-373, hier S. 343. Insbesondere die Preußischen Gebiete in Thüringen, allen voran Erfurt, stellten für die Händler eine teure Zollbarriere dar. Zum Teil waren einzelne Kleinstaaten regelrecht eingekesselt vom neuen preußischen Zollverein, so etwa Schwarzburg-Sondershausen, das nur durch den Anschluss an diesen, am 25. Oktober 1819, aus seiner wirtschaftlichen Stagnation kommen konnte. Vgl. W. Mühlfriedel, Die Industrialisierung in Thüringen. Grundzüge der gewerblichen Entwicklung in Thüringen von 1800 bis 1945, Erfurt 2001, S. 21; und dazu weiterführend: Hahn, Warum trat Schwarzburg-Sondershausen zuerst dem preußischen Zollverein bei?, in: ZVThGA neue Folge 24 (1920), S. 165-171.

171 Vgl. Ruge, Gewerbepolitik und Industrialisierung, S. 288. Einzelverhandlungen zwischen Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Gotha und dem Königreich Sachsen scheiterten, da Sachsen versuchte die wirtschaftliche Situation der Thüringer Verhandlungspartner auszunutzen. Vgl. Blaha, Der Anschluss an den preußischen Zollverein, S. 344.

172 Vgl. Hahn, Region und Integration, S. 8. Mitglieder waren: Königreich Sachsen, Königreich Hannover, Kurfürstentum Hessen-Kassel, die Großherzogtümer Oldenburg und Sachsen-Weimar-Eisenach, die Herzogtümer Braunschweig, Nassau, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha, die Landgrafschaft Hessen-Homburg, die Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß ältere Linie (Reuß-Greiz), Reuß-Schleiz, Reuß-Lobenstein und Ebersdorf, die freien Städte Bremen und Frankfurt.

173 Sachsen-Meiningen, Sachsen-Coburg und Gotha, gefolgt von Schwarzburg-Rudolstadt und den reußischen Fürstentümern nahmen gesonderte Verhandlungen mit Preußen auf und schwächten somit den Mitteldeutschen Zollverein. Vgl. Blaha, Der Anschluss an den preußischen Zollverein, S. 346.

174 Vgl. Mühlfriedel, Die Industrialisierung in Thüringen, S. 23. Die ernestinischen Herzogtümer erklärten bereits am 11. Mai 1833 ihre Beitrittsabsicht, die am 1. Januar 1834 mit der Zollvereinsgründung in Kraft trat. Vgl. Ruge, Gewerbepolitik und Industrialisierung, S. 288; Raßloff, Geschichte Thüringens, S. 73.

175 Die Vielzahl an Residenzstädten bedingte, dass Betriebe gleicher Branchen geografisch eng zusammenlagen und damit früh in eine wirtschaftliche Konkurrenz eintraten. Damit etablierte sich in Thüringen indirekt eine Form von Gewerbefreiheit, vgl. P. Lange, Kleinstaatlichkeit und Wirtschaftsentwicklung in Thüringen, in: J. John (Hg.), Kleinstaaten und Kultur in Thüringen vom 16. bis 20. Jahrhundert, Weimar-Köln-Wien, S. 187-203, hier S. 195.

176 Vgl. Mühlfriedel, Die Industrialisierung in Thüringen, S. 34.

177 Vgl. Lange, Kleinstaatlichkeit und Wirtschaftsentwicklung, S. 192-195.

178 Vgl. U. Hess, Geschichte Thüringens. 1866 bis 1914, Weimar 1991, S. 132-135 und Ruge, Gewerbepolitik und Industrialisierung, S. 290.

179 Vgl. Mühlfriedel, Die Industrialisierung in Thüringen, S. 137.

180 Vgl. Raßloff, Geschichte Thüringens, S. 73.

181 Vgl. D. Burkard, Staatskirche – Papstkirche – Bischofskirche. Die „Frankfurter Konferenzen“ und die Neuordnung der Kirche in Deutschland nach der Säkularisation (Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 53) Rom-Freiburg-Wien, 2000, S. 111.

182 Vgl. ebd., S. 114f. Kaiser Franz II. stimmte jedoch nur unter Vorbehalt zu. Er war politisch dazu gezwungen, schädigte damit aber seine Stellung im Reich.

183 Vgl. H.-J. Becker, Umbruch in Mitteleuropa. Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803, in: P. Schmid/K. Unger (Hg.), 1803 Wende in Europas Mitte. Vom feudalen zum bürgerlichen Zeitalter, Regensburg 2003, S. 17-34, hier S. 29 und weiterführend: H. Maier, Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 und die Folgen (Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 38), Münster 2004.

184 Vgl. M. Martin, Staat, Recht und Kirche. Der Weg der katholischen Kirche in Mitteleuropa bis ins 19. Jahrhundert, Berlin 2000, S. 298.

185 Die Erscheinung der Säkularisation ist älter, doch gerade im Zuge der Aufklärung wurden Stimmen immer lauter, die eine Trennung von weltlicher Herrschaft und geistlichem Amt forderten. Die geistlichen Territorien galten als rückständig gegenüber einem Staatsaufbau im Sinne der Aufklärung. Hinzukam die starke territoriale Zerstückelung des Reiches und letztlich der Wille weltlicher Herrscher, sich kirchlichen Besitz anzueignen. Teilsäkularisierungen, wie z.B. in Bayern und Österreich, in denen Klöster aufgehoben wurden, gab es bereits im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Vgl. dazu: M. Martin, Staat, Recht und Kirche, 293-301, bes. S. 293ff.; Hausberger, Reichskirche, S. 69120, bes. S. 70-84.

186 H. E. Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte, auf der Grundlage des Kirchenrechts von Ulrich Stutz, Bd. I: Die Katholische Kirche, Weimar 1950, S. 504.

187 Vgl. H. Hürten, Kirche auf dem Weg in eine veränderte Welt. Ein Versuch über die Auseinandersetzung der Katholiken mit der Gesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts (Beiträge zu Theologie, Kirche und Gesellschaft im 20. Jahrhundert 6), Münster u.a. 2003, S. 10-13; und Ders. Kurze Geschichte des deutschen Katholizismus, 1800-1960, Mainz 1986, S. 11ff. Obwohl sich auch in geistlichen Territorien die politische Tagesordnung zunehmend der Aufklärung zuwandte, galten diese als rückständig, wohl zu Unrecht. Vgl. Hausberger, Reichskirche, S. 40f.

188 Vgl. M. Fleischer, Katholische und lutherische Ireniker. Unter besonderer Berücksichtigung des 19. Jahrhunderts (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Geistesgeschichte 4), Göttingen u.a. 1998, S. 90.

189 Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte, S. 508. Vgl. weiterführend: R. Aubert, Die katholische Kirche und die Revolution, in: H. Jedin (Hg.), Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. VI. Die Kirche in der Gegenwart, I. Teil: Zwischen Revolution und Restauration, Freiburg u.a. 1985, S. 3-104, hier S. 67-73 und H. Wolf, Katholische Kirchengeschichte im „langen“ 19. Jahrhundert, in: Ders./T. Bremer/R. Kottje (Hg.), Ökumenische Kirchengeschichte, Bd. 3: Von der Französischen Revolution bis 1989, Darmstadt 2007, S. 91-177, bes. S. 97-99.

190 Vgl. Fleischer, Katholische und lutherische Ireniker, S. 91.

191 Vgl. ebd. S. 91f und Burkard, Staatskirche – Papstkirche – Bischofskirche, S. 117-119.

192 Vgl. Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte, S. 509. Besonderen Einfluss erlangte Rom bei der Besetzung der Bischofssitze.

193 „Papst und Bischöfe wurden mehr und mehr Bundesgenossen gegen staatskirchlich-josephinisch eingestellte Regierungen. Die Überwindung des Staatskirchentums einerseits, der episkopalistischen Strömungen anderseits haben so eine Kampfgenossenschaft von Papsttum und Episkopat heraufgeführt, die vor allem dem primatialen Gedanken zugute kam.“, Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte, S. 509.

194 Die Hoffnung vieler in der römischen Kurie, dass eine Wiederherstellung der alten reichskirchlichen Verhältnisse herbeigeführt werden könnte, zerschlug sich. Die kirchliche Ordnung konnte demnach keine Wiederherstellung sein, sondern eine Neuordnung. Vgl. R. Joppen, Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg Teil 10 (Studien zur katholischen Bistums- und Klostergeschichte 21), Leipzig 1978, S. 14.

195 Die Bemühungen Metternichs scheiterten an der ausgeprägt föderalistischen Haltung des Staates Preußens, aber auch der Staaten Württembergs und Bayerns, die dadurch ihre eigene Position behaupteten, vgl. Joppen, Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg, S. 17f. Auch für die römische Kurie stellte Abschluss von einzelnen Länderkonkordaten einen Vorteil dar. Tendenzen zur Ausprägung einer starken dt. Nationalkirche konnte so entgegen gewirkt werden. Zudem stellte die Verhandlung mit Einzelstaaten einen Vorteil dar, da diese gegeneinander ausgespielt werden konnten. Vgl. Burkard, Staatskirche – Papstkirche – Bischofskirche, S. 120.

196 Vgl. Bulle Papst Pius VII. über die Translation des Erzbistum Mainz nach Regensburg, 1. Februar 1805, in: E. Huber/W. Huber, Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts, Bd. I: Staat und Kirche vom Ausgang des alten Reichs bis zum Vorabend der bürgerlichen Revolution, Berlin 1973, S. 29f.

197 Josef Freisen urteilt, dass auch andere Thüringer Staatsgebiete in der bisherigen Bistumsstruktur verblieben: „Der Apostolische Stuhl hält das Prinzip fest, dass der Abfall zum Unglauben oder zum Protestantismus die einmal dort angeordnete Diözesanjurisdiktion aufzuheben nicht im stande sei. Für die Diözesen der zum Unglauben abgefallenen Gebiete ernennt Rom bis auf den heutigen Tag die sogen. Titularbischöfe, für die zum Protestantismus abgefallenen Gebiete werden derartige Titularbischöfe nicht ernannt, es wird aber daran festgehalten, dass diesselben nach wie vor dem früheren Diözesangebiet und deren Vorstehens bezw. deren Nachfolgern unterstehen.“ Freisen, Die Bischöfliche Jurisdiktion, S. 7.

198 Barthold Georg Niebuhr (1776-1831) vertrat die preußische Regierung in den Verhandlungen mit Ercole Kardinal Consalvi (1757-1824). Preußen strebte zunächst ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl an, ein Unternehmen das jedoch scheiterte. Die preußischen Maßstäbe in der Kirchenpolitik waren denen ähnlich, die gegenüber der evangelischen Landeskirche angewandt wurden. Demnach galt das Staatsregiment auch für Fragen der katholischen Kirche „…in gleicher territorialistischstaatskirchlicher Weise […], seit 1815 durch die Konsistorien, seit 1817 zum Teil auch durch die Oberpräsidenten…“, Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte, S. 523. Ein Konkordat war unter diesen Präferenzen für beide Seiten nur schwer aushandelbar, so dass Niebuhr, eingehend auf die Bedenken der Gegenseite, für den Staat Preußen nur noch eine leichter zu erreichende Zirkumskriptionsbulle erstrebte. Vgl. ebd. Die Sanktionen, die die territorialistisch-staatskirchliche Verwaltung Preußens mit sich brachten, bestanden fort, wie das Plazet in Fragen von bischöflichen Anordnungen und Stellenbesetzungen und die Überwachung der Korrespondenz mit der römischen Kurie. Vgl. ebd., S. 524.

 

199 Besonders die Forderung nach Anerkennung des Summepiskopats machte ein Konkordat unmöglich, vgl. Joppen, Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg, S. 24, „Denn die seit dem Westfälischen Frieden tradierten jura könne man unter keinen Umständen preisgeben. Die katholische Kirche mußte daher eine unversöhnliche Gegnerin der preußischen Kirchenpolitik bleiben und konnte nicht eher ruhen, bis dieselbe – d. h. die obwaltende Staatsräson selbst – zu Grabe getragen war.“ Ebd., S. 22.

200 Vgl. ebd., S. 18-21. Allein in Bayern war der Abschluss eines Konkordats möglich. Zu den Frankfurter Verhandlungen von 1818 zur Neuordnung der Kath. Kirche in Deutschland vgl. Burkard, Staatskirche – Papstkirche – Bischofskirche, S. 161-260.

201 Bulle Papst VII. „De salute animarum“, 16. Juli 1821. in: Huber/Huber, Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, S. 212. Vgl. hierzu auch H. Brück, Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland im neunzehnten Jahrhundert, Bd. II: Vom Abschlusse der Concordate bis zur Bischofsversammlung in Würzburg im März 1848, Münster 21903, S. 71-74. Nach Brück wurde die Bulle bereits am 14. Juli unterzeichnet, vgl. ebd., S. 71.

202 Der Bestand des Bistums Paderborn wurde erst mit den Entscheidungen des Jahres 1821 sichergestellt. Nach der Aufhebung des alten Fürstbistums 1802 durch Preußen bestand es in rein kirchlicher Struktur weiter. Ab 1806 gehörte der Bischofsitz zum neugegründeten Königreich Westphalen, das ein französisches Staatskonstrukt darstellte und mit König Jérôme den Bruder Napoleons als Staatsoberhaupt hatte. Dieser plante, den Bischofssitz an seine Residenz in Kassel zu verlegen, scheiterte jedoch diesbezüglich. Auch nach dem Ende der französischen Herrschaft war ein Fortbestehen des Bistums fraglich. In Fragen der Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse erschien ein selbstständiges Bistum Paderborn nicht mehr in den Verhandlungen zwischen Preußen und dem Heiligen Stuhl. Ein Entwurf sah die Einverleibung der Diözese in das Bistum Münster vor, ein anderer in das Erzbistum Köln. Erst die Bulle „De salute animarum“ sprach den Fortbestand des Bistums aus und sorgte für eine Umschreibung der Diözesangrenzen. Vgl. Brandt/Hengst, Geschichte des Erzbistums Paderborn, Bd. 3: Das Bistum Paderborn im Industriezeitalter 1821-1930 (Veröffentlichungen zur Geschichte der Mitteldeutschen Kirchenprovinz 14), Paderborn 1997, S. 21. Vgl. weiterführend: Hausberger, Reichskirche, S. 168-178.

203 Die Bistumszugehörigkeit der Stadt Erfurt und des Eichsfelds zu Paderborn wurde später nicht in Abrede gestellt. In Weimar entwickelte sich jedoch ein heftiger Streit über die Diözesanzugehörigkeit der katholischen Untertanen: konkret handelte es sich um das Gebiet der Rhön. Es gehörte als katholische Enklave seit Jahrhunderten zur Fürstabtei bzw. zum Fürstbistum Fulda, das auch geographisch am Nächsten lag. „De salute animarum“ unterscheidet jedoch dieses neue weimarische Staatsgebiet nicht vom protestantischen Stammland, so dass nach Wortlaut des Schreibens die Rhöner Pfarreien ab sofort zum Bistum Paderborn gehörten.

204 Vgl. Burkard, Staatskirche – Papstkirche – Bischofskirche, S. 506.

205 Bulle Papst VII. „Provida solersque“, 16. August 1821. in: Huber/Huber, Staat und Kirche, S. 249f. Die Regierung in Weimar ging jedoch von der bis dato im Juli getroffenen Bestimmung aus. Dies führte zu erheblichen Auseinandersetzungen.

206 Eine solche unterschied sich jedoch zunächst von einer wirklichen Aufnahme der Territorien in die Bistümer, sondern beschränkte sich auf eine von Rom anerkannte Jurisdiktionsausübung, um die Seelsorge an den Katholiken abzusichern. Die Territorien der Fürsten zu Reuß und die Gebiete des 1826 neu umschriebenen Herzogtums Altenburg gehörten in vorreformatorischer Zeit zum Bistum Naumburg. Nach Untergang des Bistums durch Einführung der Reformation erlosch katholischerseits eine konkrete Zuordnung der Gebiete, die folglich damit direkt dem Papst unterstanden bzw. ab 1667 dem Apostolisches Vikariat für die Nordische Mission. Konkrete Auswirkungen hatte dies jedoch nicht. Erst mit Entstehung katholischer Gemeindestrukturen wurden jurisdiktionelle Zuordnungen mit den Erzbischöfen von Prag (für Reuß ä. L.) und den Apostolischen Vikaren in Dresden ausgehandelt.

207 Vgl. Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte, S. 517; R. Aubert, Die katholische Kirche und die Restauration. Die erneuerte Stellung des Heiligen Stuhles in der Kirche, in: H. Jedin (Hg.), Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. VI, Die Kirche in der Gegenwart, I. Teil: Zwischen Revolution und Restauration, Freiburg u.a. 1985, S. 127-139, hier S. 130-132 und R. Lill, Kirchliche Reorganisation und Staatskirchentum in den Ländern des Deutschen Bundes und in der Schweiz, in: H. Jedin (Hg.), Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. VI, Die Kirche in der Gegenwart, I. Teil: Zwischen Revolution und Restauration, Freiburg u.a. 1985, S. 160-173, hier S. 163, sowie: Fleischer, Katholische und lutherische Ireniker, S. 91 und Wolf, Katholische Kirchengeschichte, S. 101-106.

208 Vgl. M. Ebertz, „Ein Haus voll Glorie, schauet…“ Modernisierungsprozesse der römischkatholischen Kirche im 19. Jahrhundert, in: W. Schieder (Hg.), Religion und Gesellschaft im 19. Jahrhundert (Industrielle Welt 54), Stuttgart 1993, S. 62-85, hier S. 62f.

209 Die ultramontane Perspektive auf die Verhandlungen der Staats-Kirchenverträge war sehr kritisch ausgeprägt. Den kirchlichen Verhandlungspartnern wurde ein „antikirchlicher Geist“ nachgesagt, der die Vorrangstellung des Papsttums untergraben würde. Dieser Vorwurf ist sehr interessengeleitet und muss widersprochen werden. Ein Ausschluss der päpstlichen Autorität lag nicht im Sinne der kirchlischen Würdenträger und auch der Einsatz für die Kirche in Deutschland widerspricht nicht zwangsläufig der Zugehörigkeit zur römischen Kirche. Vgl. Burkard, Staatskirche – Papstkirche – Bischofskirche, S. 726f.

210 Vgl. Besier, Kirche, Politik und Gesellschaft, S. 9 und R. Aubert, Die Anfänge der katholischen Bewegung in Deutschland und in der Schweiz, in: H. Jedin (Hg.), Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. VI; Die Kirche in der Gegenwart, I. Teil: Zwischen Revolution und Restauration, Freiburg u.a. 1985, S. 259-271, hier 261f. Fernerhin: K. Rivinius, Der Weg des deutschen Katholizismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: ThGl 72 (1982), S. 216-225, hier S. 219f und Wolf, Katholische Kirchengeschichte, S. 112-114.

211 Der ultramontane Katholizismus war stark konservativ, antimodern und zentralistisch geprägt. Der Universalepiskopat und die Unfehlbarkeit des Papstes wurden ins Zentrum des katholischen Bekenntnisses gerückt. Kirchliches Leben an sich, aber auch Theologie (stark neuscholastisch geprägt) und Philosophie wurden stark an die Autorität des Lehramtes gebunden. Vgl. J. Strötz, Der Fels der Kirche. Ultramontane Kirchenlehre im 19. Jahrhundert dargestellt am Beispiel des Eichstätter Bischofs Franz Leopold Freiherr von Leonrod (1827-1905) (Studien zu Religionspädagogik und Pastoralgeschichte 6), Hamburg 2003, S. 65-97, hier S. 66f. und dazu weiterführend: Hürten, Kurze Geschichte des deutschen Katholizismus, S. 109-135; Brandt/Hengst, Geschichte des Erzbistums Paderborn, S. 89; Wolf, Katholische Kirchengeschichte, S. 115-117; K. Schatz, Aufklärung, Staatskirchentum und Ultramontanismus im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts, in: K.-H. Braun (Hg.), Kirche und Aufklärung – Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774-1869) (Schriftenreihe der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg 38), München-Zürich 1989, S. 9-27, hier S. 11.

212 Vgl. Hürten, Kirche auf dem Weg, S. 99. Und dazu weiterführend: B. Schreyer, Die „Nation“ als Zauberwort der Moderne. Nationales Denken im Liberalismus, Konservatismus und bei den Völkischen im 19. Jahrhundert (Spektrum Philosophie 32), Würzburg 2008.

213 Vgl. J. Störtz, Der Katholizismus im deutschen Kaiserreich 1871 bis 1918. Strukturen eines problematischen Verhältnisses zwischen Widerstand und Integration. Teil 1: Reichsgründung und Kulturkampf (1871-1890) (Studien zu Religionspädagogik und Pastoralgeschichte 6), Hamburg 2005, S. 115.

214 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Rolle der katholischen Kirche in den europäischen Staaten diesbezüglich unterschiedlich war. Kirche konnte demnach als Hindernis für die nationale Bewegung bewertet werden, oder zur Identitätsbildung eines Volkes im Kampf um seine Unabhängigkeit und Nationalstaatlichkeit, entscheidende Punkte setzen (z.B. Polen). Vgl. Altermatt, Katholizismus und Nation. Vier Modelle in europäisch vergleichender Perspektive, in: Ders./F. Metzger (Hg.), Religion und Nation. Katholizismen in Europa des 19. und 20. Jahrhunderts (Religionsforum 3), Stuttgart 2007, S. 15-33, hier S. 21.