Sie sind durchschaut, Mr. Bond!

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„Mein Name ist Hoffmann, Gert Günther Hoffmann“

Bond auf Deutsch

Selbst Leute, die sich nicht für das Thema Bond interessieren, können wahrscheinlich den einen oder anderen Schauspieler nennen, der einmal den berühmtesten Geheimagenten Ihrer Majestät gespielt hat. Aber nur die wenigsten wissen, wer ihm in Deutschland seine Stimme geliehen hat. In einer Zeit vor dem Internet und DVDs war der Zugang zu Originalfassungen bei Filmen und Serien nicht so selbstverständlich, wie er das heute ist. Und da der Deutsche an sich ja eher faul ist, wurde relativ früh mit der Synchronisation von Filmen begonnen. Davor hatte man zunächst bei Filmen Szenen mit verschiedenen Nebendarstellern in verschiedenen Sprachen gedreht, doch dann fand man einen Weg, die Tonspur auszutauschen und so war der Möglichkeit, jeden Film in der jeweiligen Landessprache herauszubringen, Tür und Tor geöffnet. Wer sich dafür interessiert, wie das alles begonnen hat, dem sei das hervorragende Werk „Das Dick und Doof Buch“ von Norbert Aping (erschienen bei Schüren) empfohlen. Es ist ein schöner Blick in die Geschichte der Synchronisation in Deutschland.

Oh, Ton!

Seit man also die Synchronisation in Deutschland eingeführt hat, werden die meisten Filme, von wenigen Ausnahmen abgesehen, dem Publikum in deutscher Sprache präsentiert. Viele Hardcore-Cineasten lehnen die Synchro prinzipiell ab, weil sie das Original verfälsche – aber das können schlechte Untertitel bei einer Sprache, die man gar nicht versteht, auch. Ironie überträgt sich schwer in Untertitel. Und ein tiefes Brummen des Schauspielers kann in einem Kulturkreis etwas anderes bedeuten als in einem anderen – nur um auf den „Ausdruck des Schauspielers“ einzugehen. Kurz gesagt: In Deutschland wird fast alles eingedeutscht und manchmal ist das sogar besser als das Original und manchmal ist das Murks.

Oh, eine Randnotiz für die berüchtigten O-Ton-Faschisten, die sagen, die Originalfassung sei besser, weil man dort die Originalstimme des Schauspielers hört: Ihr, Freunde, dürft Bond dann frühestens ab „Diamantenfieber“ gucken. Denn in allen Bonds davor wurden Schauspieler synchronisiert – und zwar in der englischsprachigen Originalfassung! Auf Englisch spricht Ursula Andress („Dr. No“) nicht für sich selbst, ebenso wenig wie Daniela Bianchi („Liebesgrüße aus Moskau“). Im O-Ton hört man weder Gerd Fröbe („Goldfinger“), Adolfo Celi („Feuerball“), Tetsuro Tamba („Man lebt nur zweimal“) oder Gabriele Ferzetti („Im Geheimdienst Ihrer Majestät“) – aber sie haben dort fast alle denselben Sprecher (Robert Rietty). Bis auf Fröbe, der wird auf englisch von Michael Collins gesprochen – wobei der sich wirklich Mühe gibt, wie Gerd Fröbe zu klingen, aber wenn man den hören will, muss man eben auf das Original zurückgreifen… das deutsche Original!

Und dann haben wir noch „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“, wo man sogar Bond-Darsteller George Lazenby streckenweise synchronisiert hat: In den Szenen, in denen er sich als Sir Hilary Bray ausgibt, erklingt in der Originalfassung statt Lazenby die Stimme von George Baker, der im Film Sir Hilary Bray spielt.

Viele Menschen mögen James Bond also nur auf Deutsch kennen. Aber, wie man weiß, ist der Prophet im eigenen Land ja nicht viel wert. Also kann man im Abspann eines jeden Film nachlesen, wer die Kamera geführt, das Skript überwacht oder den Kaffee gebracht hat – aber nicht, wer Bond, M, Q und Blofeld ihre deutschen Stimmen lieh. Durch das Internet ist all dies viel leichter geworden. Heutzutage kann man das, was unsereins sich in den 80ern durch Angaben in „Hörzu“ und die Benutzung der eigenen Ohren mühsam zusammentragen musste, problemlos erfahren. Trotzdem ist es an der Zeit, hier diejenigen zu ehren, die Bond in unseren Ohren bekannt – und beliebt – gemacht haben.

Gert Günther Hoffmann

Er war… die zweite Stimme von Bond. Aber da er eine der wichtigsten ist, wie ich finde, sollte ihm die Ehre gebühren, als erster genannt zu werden. Hoffmann, der in Synchron-Fankreisen meist unter dem Kürzel „GGH“ genannt wird, war viele Jahre lang die Stimme für Helden. Durch seine Einsätze als Bond begründet wurde er dann auch in fast jedem Film, der Bond nachzueifern versuchte, besetzt. Typecasting gibt es nämlich nicht nur bei Schauspielern sondern auch bei Synchronschauspielern!

Neben den ganzen Agenten und Kommissar Xes hatte er aber auch diverse andere Helden im Angebot. Er war die Stimme von John Steed (Patrick MacNee), Old Shatterhand (Lex Barker) und Captain Kirk (William Shatner). Wer kann das schon in seiner Vita von sich behaupten? James Bond, Captain Kirk, Old Shatterhand. Sein Auftritt als Sherlock Holmes (für Stewart Granger) kommt in Fankreisen nicht so gut an, aber jeder hat mal einen schlechten Tag. Neben Sean Connery sprach er für Rock Hudson, Michael Piccoli und Paul Newman. Die Stimme von Stars – und schwer zu ersetzen. Connery lieh er das erste Mal in dessen zweiten Bond Abenteuer „Liebesgrüße aus Moskau“ die Stimme und dann in jedem Bond Film sowie vielen anderen Produktionen. Außerdem hört man ihn für George Lazenby als Bond in „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“, was den Film insofern aufwertet, als man sich hier der Illusion hingeben kann, 007 würde weiterhin von Connery dargestellt. Seine Art, ironisch zu klingen, passte gut zu Connerys Rollen und gab Bond die Art Pfiff, die den Craig Filmen bislang definitiv fehlt. Hoffmann wurde 1929 geboren und starb 1997. Zu sehen war er u.a. in der Agentenserie „Es muß nicht immer Kaviar sein“, in der er jedoch nicht den Helden spielte.

Klaus Kindler

Doch vor „GGH“ klang Bond noch nach… Clint Eastwood. Denn das dürfte Klaus Kindlers bekanntester „Kunde“ sein, für den er ins Synchronatelier kam. Man hört ihn aber auch für Jean-Paul Belmondo (u.a. in der Bond „Satire“ „Casino Royale“), James Caan, Franco Nero und Steve McQueen. In „Dr. No“ sprach er Connery zum ersten Mal – und nach der Umbesetzung von Hoffmann hört man ihn für Connery in „Im Sumpf des Verbrechens“ zum zweiten Mal. Er sprach ihn also direkt vor Hoffmanns erstem und nach Hoffmanns letztem Einsatz auf dem Schotten. Für Connery hat er mir nie so recht gefallen, doch unersetzbar ist und bleibt er auf Clint Eastwood. Kindler wurden 1930 geboren und starb 2001.

Niels Clausnitzer

Ein neuer Bond, eine neue Stimme… diesmal. Wer weiß, ob es einen der Verantwortlichen nicht gejuckt hat, auch bei Roger Moore GGH zu besetzen – doch man unterließ es. Der neue deutsche James Bond wurde Niels Clausnitzer, der Moore bereits in den Serien „Ivanhoe“ und „Simon Templar“ gesprochen hatte. Im Laufe der Jahre hat er Größen wie Anthony Hopkins, Robert Vaughn und Christopher Plummer die Stimme geliehen, doch vielen dürfte er als Vater Willi in der Serie „Alf“ vielleicht eher bekannt sein – was nur wieder zeigt, wie wandlungsfähig Synchronschauspieler sein können. Im Laufe der Zeit hat er sein Studium zum Psychotherapeut beendet, wer also im Raum München wohnte und sich von James Bond therapieren lassen wollten, hatte bis vor kurzem noch Gelegenheit dazu. (Schade, dass Woody Allen Sprecher Wolfgang Draeger nicht auch diesen Weg eingeschlagen hat, denn das wäre garantiert sehr schräg!) Leider besteht diese Möglichkeit nun nicht mehr, denn der 1930 geborene Clausnitzer starb 2014.

Lutz Riedel

Als nächster übernahm Shakespeare-Mime Timothy Dalton die Doppelnull und gab Bond damit eine Verjüngungskur. Also musste auch ein jüngerer Sprecher her. Das Los fiel auf Lutz Riedel, der Dalton kurz zuvor in einer anderen Produktion gesprochen hatte. Riedel arbeitet viel als Synchronregisseur, ist lustigerweise in allen drei „Crocodile Dundee“ Filmen in einer jeweils anderen Rolle zu hören (wahrscheinlich hatte er Regie) und spricht u.a. für Sam Neill, Tom Wilkinson und Richard Gere. Mit am bekanntesten dürfte vielen (älteren) Lesern aber vielleicht sein Kampf „Allein gegen die Mafia“ mit Michele Placido sein. Witzigerweise wurde Dalton in dem Film „Flash Gordon“ allerdings von Frank Glaubrecht gesprochen…

Frank Glaubrecht

…der Stimme von Pierce Brosnan. Glaubrecht hatte eine lange Erfahrung mit Brosnan, hatte er ihn doch schon in der langlebigen Serie „Remington Steele“ synchronisiert. Wie Hoffmann trifft er einen humorigen Ton und den charmanten Charakter, den ein James Bond durchaus haben kann und sollte. Neben 007 ist Glaubrecht auch für Al Pacino, Jeremy Irons, James Woods und Kevin Costner zu hören – und auf dem Köln-Bonner Flughafen, falls man die Ansage inzwischen nicht geändert hat. Als besonderes Highlight würde ich jedoch seine Arbeit für Bill Nighy in „Tatsächlich…Liebe“ bezeichnen, wo er dessen abgefuckten Ton perfekt trifft.

Dietmar Wunder

Mit Daniel Craig kam wieder eine neue Stimme. Dietmar Wunder wurde der neue deutsche Bond. Wunder ist phantastisch in schrägen Rollen, wo er richtig spielen kann. Craig gibt ihm leider nicht die Möglichkeit, viel zu tun, was schade ist – und ein wenig Verschwendung. Er spricht u.a. für Cuba Gooding jr. und Sam Rockwell und er ist großartig für Don Cheadle. Am bekanntesten dürfte er aber für seine Arbeit als Stimme von Adam Sandler sein, was besonders schade ist – und eine extreme Verschwendung!

Nachsynchro

Nur der Vollständigkeit halber wollen wir auch noch die beiden Sprecher aufführen, die anlässlich der DVD-Veröffentlichungen der Filme für die Stellen eingesprungen sind, die man vorher nicht synchronisiert hatte. Für Sean Connery kommt in „Sag niemals nie“ an ein paar Stellen Engelbert von Nordhausen zu Wort, den man dann auch für das im Original von Connery gesprochene Videospiel von „From Russia with Love“ besetzte. Er sprach Gene Hackman und Bill Cosby, ist aber inzwischen wohl eher als die Stammstimme von Samuel L. Jackson bekannt.

 

Bei der wirklich grauenvollen Nachbearbeitung von „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ engagierte man Erich Räuker. Räuker ist hervorragend für Richard Dean Anderson in „Stargate“ und so hätte auch ich gedacht, dass er für den humorig-ironischen Ton eines GGH der ideale Ersatz wäre – das Endergebnis unterstützt diese Einschätzung aber leider nicht. Ansonsten hört man ihn im Fernsehen für nahezu jeden Colonel oder Vorgesetzten… Typecasting eben.

Bonds intellektuelles Gegenstück

Gemeint ist weder OSS 117 noch Kommissar X oder Matt Helm oder Derek Flint und schon gar nicht der eingreifende Geheimagent Barrett. Die sind alle „Nachfolger“ oder sagen wir lieber „billige“ Kopien, die im Kielwasser des Erfolgs eines Agenten namens James Bond 007 entstanden. Hier geht es um einen anderen Agenten ihrer Majestät:

Harry Palmer

Die Figur entstammt den Agententhrillern von Len Deighton und hat, wenn ich mich an meine Lektüre aus den 80ern richtig erinnere, in den Büchern keinen Namen. So würde ich also zu der Spekulation neigen, dass man sich für die Reihe eigens einen Namen aus den Fingern gesau… ausgedacht hat.

Im Gegensatz zu seinem Kollegen Bond hat Palmer bislang kein Heer an Darstellern verschlissen, bisher wurde die Figur lediglich von einem britischen Schauspieler gespielt. Der hat es zwar leider noch in keinen Bond Film geschafft, dafür dürfte Sir Michael Caine aber einer der am meisten beschäftigten Schauspieler

a) der Welt

b) derzeit

c) aller Zeiten

d) neben Gerard Depardieu und Christopher Lee

sein. Hat er es auch nicht zum Bondgegner gebracht, so wurde er doch zumindest Batmans Butler, Jack the Rippers Jäger und Captain Nemos… Nemo, um nur einen Bruchteil seines Schaffens zu nennen.

Harry Palmer spielte er insgesamt fünfmal. In den 60ern entstanden, zeitgleich mit Bond und von dessen Ko-Produzenten Harry Saltzman produziert, drei Filme um den Agenten. 1995 wurden dann noch die beiden Fernsehfilme „The Palmer Files: Der Rote Tod“ und „The Palmer Files: Herren der Apokalypse“ gedreht.

Ipcress - streng geheim

Palmer ist nicht der glamouröse Agent, den wir in James Bond (dem Bond vor Craig!) sehen, sondern eher das Gegenteil davon. Er macht den Job für Majestät und Vaterland nicht aus Patriotismus, sondern um dem Gefängnis zu entgehen. Bei der Wahl Knast oder Geheimdienst hat er sich für letzteren entschieden, was immer wieder sein Leben in Gefahr bringt. Abgesehen davon fährt er nicht die tollsten Schlitten und speist in den teuersten Restaurants, sondern muss sich mit Formularen und Anträgen, kurz Bürokratie herumschlagen. Das hemmt sowohl seinen Enthusiasmus als auch eine schnelle Auflösung seiner Fälle.

In diesem ersten Film darf er dafür allerdings das erleben, worauf Bond Jahrzehnte seiner Filmkarriere warten muss: Er erfährt Folter und Gehirnwäsche am eigenen Leib. Das ist schmutzig und brutal, das ist Bond, wie er heute vorgibt zu sein, aber doch nicht wirklich ist. Aber wird Harry Palmer die Folter überleben…

Natürlich, denn sonst gäbe es doch wohl keine Filmserie, oder?

Finale in Berlin

Naja, theoretisch könnten alle weitere Teile vor „Ipcress“ spielen, was in der Tat mal ein interessantes Konzept für eine Serie wäre… aber natürlich ist es hier nicht so.

Bei „Ipcress“ stammt die Filmmusik übrigens, wie man unschwer hören kann, von Bond Komponisten John Barry. Da der Film und sein Soundtrack in zeitlicher Nähe zu dem Bond Film „Feuerball“ entstanden, kann man durchaus Parallelen zwischen den beiden Musiken erkennen.

Im zweiten Teil „Finale in Berlin“ (im Original „Funeral in Berlin“, womit auf die Art und Weise angespielt wird, wie man die Leute aus der DDR herausschmuggelt… und auf die eine oder andere Leiche) darf Palmer (nach Ausfüllen aller notwendigen Papiere) nach Berlin reisen. Dort soll er einem russischen General beim Überlaufen helfen. Außerdem trifft er seinen alten Freund Johnny Vulkan wieder. Natürlich geht das alles nicht ohne jede Menge Verwicklungen ab. Es gibt Verrat an so vielen Orten, dass man am Ende fast nicht mehr weiß, wer nun eigentlich wen für was verraten hat… doch, das weiß man schon, aber es klang einfach so gut, es zu schreiben. Ein komplexer Thriller, in dem der britische Agent nicht immer der Gewinner ist.

Da der Film in Berlin spielt und das ganze in den 60ern war, gibt es, anders als heute, jede Menge Deutsche, die jede Menge Deutsche spielen. Paul Hubschmidt gibt Johnny Vulkan, des Weiteren sind mit dabei „Ekel Alfred“ Heinz Schubert, Herbert Fux und Wolfgang Völz (die sich in der deutschen Fassung leider alle nicht selber sprechen) sowie Synchronstar Rainer Brandt (der sich in der deutschen Fassung tatsächlich selber spricht).

Das Milliarden-Dollar-Gehirn

Der letzte Teil der Filmreihe... und nicht unbedingt ihr Höhepunkt. Während „Ipcress“ noch den Geschmack eines schmutzigen, kleinen Thrillers hat und „Finale“ das Flair eines internationalen Spionagestreifens, merkt man „Gehirn“ an, dass es hier Probleme mit dem Geld gab. Und zwar zuviel davon – vom Geld, nicht von den Problemen!

Man sieht dem Film an, dass er teuer war – und so was führt oft dazu, dass die Handlung zugunsten von Schauwerten auf der Strecke bleibt. Das ist hier leider auch so. Es gibt Unmengen an Statisten, Tanklastwagen, Schnee, Eis… aber zu wenig Handlung, die das alles stützt. Alles wirkt bombastisch und gleichzeitig leer. Palmer darf durch die Welt reisen, Stockholm, Texas, Ostblock. Was er genau da soll, verwischt im Laufe des Films und hätte Oberst Stock, der angebliche Überläufer aus dem letzten Film, uns am Ende nicht so freundlich daran erinnert, wir hätten es komplett vergessen.

So ist „Gehirn“ ein eher unwürdiger Abgang für einen ansonsten sehr würdigen Agenten. Vielleicht war das der Grund, warum man in den 90ern noch einmal auf die Figur zurückgegriffen hat… aber wenn man sich die Filme ansieht, dann war wohl doch eher das Geld (oder die Gier danach) die wahre Motivation.

The Palmer Files: Der Rote Tod / Herren der Apocalypse

Im Jahre 1995 kehrte Harry Palmer zurück. Nicht auf die große Leinwand, sondern auf den kleinen Bildschirm. Zwei Fernsehfilme, die die Figur des Harry Palmer benutzen, dargestellt von Michael Caine mit klassischer Brille. Was tatsächlich anfängt wie eine Agentengeschichte wandelt sich dann jedoch schnell in austauschbare Ware um, bei der es eigentlich egal ist, ob die Figur Harry Palmer, Harry Potter oder Harry Pellafonte heißt. Es ist irgendwas mit Action und von dem „intellektuellen“ Gegenstück zu Bond ist auch nichts mehr zu merken. Sean Connerys Sohn Jason ist mit dabei, aber wie viel das alles nun überhaupt noch mit den Büchern von Len Deighton zu tun hat, ist fragwürdig. War „Gehirn“ schon kein würdiger Abgesang, das hier ist es noch weniger. Schade, denn Harry Palmer hätte besseres verdient gehabt.

Harry Palmer auf Deutsch

Mit Michael Caine macht man eigentlich nie was falsch. Gut, das Remake von „Get Carter“ kann er nicht retten, aber sonst ist er in den meisten Filmen jemand, der diese Werke aufwertet. Wenn man sich seine Filmographie ansieht, wirkt es so, als würde er das Wörtchen „Nein“ nicht kennen und hätte in seinem Leben nie ein Projekt abgelehnt. Tatsächlich ist aber ein (einziger!) Film verbürgt, den er abgelehnt hat. Ursprünglich sollte er William von Baskerville in „Der Name der Rose“ spielen, lehnte aber angeblich ab, weil er für die Rolle hätte abnehmen müssen. So ging sie an Connery und es wurde mit einem großartigen Comeback Filmgeschichte geschrieben. Wenn auch die Figur des Harry Palmer bisher nur von einem Schauspieler gespielt wurde, so gilt das für die deutsche Fassung leider nicht. Wir haben drei Filme, in denen die deutsche Besetzung jeweils komplett wechselte. Das ist unschön, aber es kommt leider vor. Das gilt für Oberst Ross gleichermaßen wie für Palmer selbst. Guy Doleman wird im ersten Film von John Wayne Stimme Arnold Marquis gesprochen, im zweiten von Alec Guiness Sprecher Wilhelm Borchert und im dritten von Cary Grants Curt Ackermann (während Marquis dort unsinnigerweise als Stimme des Computers zu hören ist).

Michael Caine dagegen wird in „Ipcress“ einmalig von Peer Schmidt gesprochen, der jahrelang der Stammsprecher von Jean-Paul Belmondo war und vielen vielleicht bekannt ist als Rod Taylor in „Die Zeitmaschine“.

In „Finale“ kam dann Eckart Dux zum Zuge, der Caine auch danach in diversen Filmen seine Stimme lieh, aber nicht mehr als Harry Palmer. Dux ist ein bisschen ein Phänomen, denn er ist einer der am längsten aktiven Synchronsprecher. Man hört ihn u.a. in der herrlich schwarzen Komödie „Wir sind keine Engel“ von 1955, als Norman Bates in „Psycho“ (Anthony Perkins, 1959), als Hannibal Smith in „Das A-Team“ (George Peppard, 1983ff), als Vater des „King of Queens“ in der gleichnamigen Serie (Jerry Stiller, 1998ff) und als Gandalf in „Der Hobbit“ (Ian McKellen, 2012). Eine großartige Stimme und ein großartiger, wandelbarer Schauspieler.

Warum man hier ständig umbesetzte ist mir nicht bekannt, aber im „Gehirn“ wurde Caine dann von Christian Rode gesprochen, der ihn auch danach noch ein paar Mal sprach. Rode ist oft eher auf Bösewichte abonniert, machte seine Sache als Dr. McCoy in zwei „Star Trek“ Filmen aber auch nicht schlecht. Für Michael Caine finde ich ihn jedoch nicht die beste Wahl.

Erst in den beiden Fernsehfilmen erhielt Caine dann seinen inzwischen langjährigen Stammsprecher Jürgen Thormann, der ihn inzwischen in mehr als der Hälfte seiner Filme gesprochen haben müsste. Neben Caine spricht er u.a. auch für Peter O’Toole, Peter Sellers und John Hurt und wie bei Dux ist es auch bei ihm meist ein Genuss, ihm zuzuhören.

Casino Royale...s

Wir wissen alle, „Casino Royale“ war der erste James Bond Roman, den Ian Fleming geschrieben hat, wir wissen alle, es war der erste James Bond Roman, der verfilmt wurde und wir wissen alle, dass diesen Film so gut wie keiner gesehen hat.

Nochmal für alle, die sich jetzt erst zugeschaltet haben. Insgesamt gibt es derzeit drei Verfilmungen dieses Buches, wobei man bei einer davon das Verfilmungen definitiv in Anführungsstriche setzen muss. Bevor wir hier mit der großen Bond Retrospektive anfangen, möchte ich erstmal das Thema „Casino Royale“ vom Tisch haben, denn keiner der Filme gehört für mich wirklich zum James Bond Kanon – keiner! Und da ich keinen Bock habe, mir die „Parodie“ noch mal anzutun, handeln wir das Thema hier und heute ab.

Der Fernsehfilm

Kaum einer hat ihn gesehen, das muss man kaum bereuen. James Bond ist hier Amerikaner, aus seinem CIA-Freund Felix Leiter wird der MI6-Freund Clarence Leiter… und alles ist in schwarz/weiß. Da das ganze als Fernsehtheater angelegt war, gibt es keine exotischen Schauplätze, kein Herumgefliege und keine Explosionen. Und da das ganze vor den Zeiten von Salzmann und Broccoli war, gibt es auch keine Gunbarrel und kein James Bond Thema… also quasi wie bei den heutigen Bonds.

Entstanden ist der Film in der Reihe „Climax!“, die von 1954 bis 1958 jede Menge Fernsehspiele produzierte, diverse davon mit Peter Lorre in Gastrollen. „Casino Royale“ entstand 1954 unter der Regie von William H. Brown jr. Jimmy Bond wird gespielt von Barry Nelson, den Sie vielleicht noch als Hotelfachfrau… Hotelmanager aus Stanley Kubricks „Shining“ kennen… aber ich glaube, das hatten wir schon.

Während Clarence Leiter (Michael Pate) nur Vorname und Nationalität wechselt, wechselt der französische Geheimdienstmann René Mathis sogar das Geschlecht. Vesper Lynd scheint es hier nicht zu geben, dafür aber die von Linda Christian gespielte Valerie Mathis.

Einziger Pluspunkt des Films dürfte wohl Peter Lorre als Le Chiffre sein. Lorre drehte mit Fritz Lang den berühmten „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ und mit Michael Curtiz den noch berühmteren „Casablanca“. Er bereicherte außerdem „Der Rabe“, reiste „In 80 Tagen um die Welt“ (mit David Niven, nicht mit Pierce Brosnan), trank „Arsen und Spitzenhäubchen“ und löste Kriminalfälle als „Mr. Moto“. Oft war er ein schräger kleiner Gewinn für jeden Film.

 

Bislang ist mir keine deutsche Fassung von diesem Film bekannt. Es sieht aber so aus, als hätte er es inzwischen zu einer amerikanischen BluRay und DVD gebracht und ich meine, mich erinnern zu können, dass es mal ein britisches Kaufvideo gab. So, damit hätten wir pflichtbewusst diesen Film abgearbeitet. Nächster Stopp…

Die „Parodie“

Dieser Film hätte vielleicht ein guter Film werden können… ist es aber nicht. Leider. Dabei hat er das Gespann des „rosaroten Panthers“ – doch auch das hilft nicht. David Niven, den Bond Schöpfer Ian Fleming sich in der Rolle vorstellen konnte (und der, glaube ich, sogar namentlich in dem Buch „Der Spion, der mich liebte“ erwähnt wurde, weil ein Pinguin o.ä. nach ihm benannt wurde), zeigt hier, dass er gekonnt britisch und aristokratisch ist, für die Filmreihe Connery aber wohl doch die bessere Wahl war. Auch sein Panther-Partner Peter Sellers gibt sich als Bond, auch er mit zweifelhaftem Erfolg.

Es scheint wohl zu Unstimmigkeiten mit Stars, Drehbuch und wahrscheinlich auch dem Wetter gekommen zu sein, denn der Film ist mit „Desaster“ noch sehr freundlich umschrieben. Was in den 60ern vielleicht modern und spritzig gewesen sein mag, mutet heute nur noch albern und absurd an – aber nicht auf eine gute Weise. Die Langeweile zieht sich und den Film in die Länge, der irgendwann nur noch zu einer Art Nummernrevue verkommt, ohne die Nummern und ohne die Revue.

Gegen Ende explodiert der Film dann in einer Reizüberfrachtung inklusive UFO und hätte ihn vorher irgendetwas zusammengehalten, würde er nun vollends auseinander fallen. Renny Harlin sollte sich diesen Schluss ansehen, denn er beweißt, dass sein Lieblungsspruch „mehr ist mehr“ definitiv falsch ist!

Zu den Gaststars gehören leibhaftige (Ex)Bondgirls wie Ursula Andress und internationale Größen wie „Greifer“ Jean-Paul Belmondo und „Lawrence von Arabien“ Peter O’Toole – helfen tut das nicht. Orson Welles darf sich gepflegt einen von der Seele zaubern und Woody Allen steuert ein paar nette Ideen und Texte bei, aber das war’s dann auch schon – bei zwei Stunden, gefühlten acht, vielleicht ein wenig wenig. Mit dem Buch dürfte das außer ein paar Namen und einer Szene im Casino wohl nicht viel gemein haben.

Kanonfutter

Kommen wir zu Ihrer Frage, warum ich diesen Film nicht zum Kanon zähle, „Sag niemals nie“ aber schon. Letzterer hat Connery und das macht eine Menge aus. Für mich ist er der Abschluss, der Film, in dem sich der alte, der Ur-Bond noch einmal auf eine letzte Mission für Volk, Vaterland und Frauen begibt. Bond beginnt mit Connery und Connery schließt das ganze ab – weshalb ich den Film beim chronologischen Schauen auch immer erst nach dem letzten Brosnan schaue. Der Kreis schließt sich mit ihm. Dieses „Casino Royale“ dagegen hat außer ein paar Namen nichts mit Bond zu tun, also kann man ihn für die Reihe getrost ignorieren.

Und warum zählt der neue (dritte) „Casino Royale“ nicht zum Kanon? Nun, das müssen Sie die Produzenten selber fragen!

--- Martin Cordemann alias Null Null PeeWee Ende ---

--- ab hier folgt in den folgenden Besprechungen der Sonderbericht von Tillmann Courth alias Null Null Tilly ---

Casino Royale (1966)

Originaltitel: Casino Royale

Regie: John Huston, Ken Hughes, Val Guest,

Robert Parish, Joe McGrath

Musik: Burt Bacharach

James Bond: David Niven / Friedrich Schoenfelder

James Bond/Evelyn Tremble: Peter Sellers / Manfred Schott

Jimmy Bond/Dr. Noah: Woody Allen / Horst Sachtleben

Vesper Lynd: Ursula Andress / Eva Pflug

Die Geheimwaffe: Daliah Lavi / Rosemarie Kirstein

Miss Goodthighs: Jacqueline Bisset / Helga Trümper

Ransome: William Holden / Paul Klinger

Vertreter: Vladek Sheybal / Leo Bardischewski

Piper: Peter O’Toole / Reinhard Glemnitz

Legionär: Jean-Paul Belmondo / Klaus Kindler

Le Grand: Charles Boyer / Harald Wolff

Le Chiffre: Orson Welles / Otto Preuss

und

M: John Huston / Klaus W. Krause

Q: Geoffrey Bayldon / Thomas Reiner

Moneypenny: Barbara Bouchet / ???

„Sie sind durchschaut, Mr. Bond!”

kehrt zurück

mit

Dr. Noooooooooo!

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