4.6.2 Freigrenze
Es wird kein SolZ erhoben, wenn die Lohnsteuer aus laufenden Bezügen in der
Steuerklasse III
nicht mehr als
2.826 €
monatlich bzw. in den
Steuerklassen I, II, IV, V und VI
nicht mehr als
1.413 €
monatlich beträgt.
Hinweis
Die Freigrenze (bis 31.12.2020 Nullzone) wird ab dem 01.01.2021 von 81 € monatlich auf 1.413 € und von 162 € monatlich auf 2.826 € angehoben.
4.6.3 Milderungszone
Der volle Zuschlag von 5,5 % der Bemessungsgrundlage wird erst dann erhoben, wenn
11,9 % des Unterschiedsbetrags
zwischen Bemessungsgrundlage (Lohnsteuer) und der Freigrenze keinen niedrigeren SolZ ergeben:
Beispiel
Gemilderter Solidaritätszuschlag
Gehalt 10.500 €, Steuerklasse III/0
Lohnsteuer in Steuerklasse III
=
2.427,16 €
Solidaritätszuschlag
=
0,00 €
Gehalt 11.500 €, III/0
Lohnsteuer in Steuerklasse III
=
2.846,33 €
Solidaritätszuschlag
=
2,41 €
(2.846,33 € – 2.826,00 € = 20,33 €)
(20,33 € x 11,9 % = 2,41 €)
zum Vergleich:
(5,5 % x 2.846,33 € = 156,54 €)
Die Vergleichsberechnung zeigt, dass 5,5 % der Lohnsteuer (= 154,13 €) mehr ergibt als 11,9 % des Unterschiedsbetrags zwischen Lohnsteuer und Freigrenze (= 2,41 €). Der niedrigere Betrag ist maßgeblich. Somit beträgt der SolZ 2,41 €. Die Freigrenzen kommen beim Steuerabzug von der Pauschalierung der Lohnsteuer nicht zum Tragen. In diesen Fällen wird der SolZ generell mit 5,5 % von der Lohnsteuer berechnet. Bei sonstigen Bezügen findet die Milderungszone weiterhin keine Anwendung. Bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags von einem sonstigen Bezug beträgt dieser auch nach dem 01.01.2021 unverändert 5,5 %.
4.7 Progressionsvorbehalt
Viele Entgeltersatzleistungen sind im Grunde steuerfrei, unterliegen aber dem Progressionsvorbehalt. Die Anwendung des Progressionsvorbehalts erfolgt im Rahmen der persönlichen Veranlagung zur Einkommensteuer. Der Arbeitgeber muss Zeiten ohne Entgelt von mindestens fünf Tagen dem Finanzamt melden. Dies wird in Zeile 2 der Lohnsteuerbescheinigung durch die Angabe eines „U“ gemacht. Damit wird dem Finanzamt angezeigt, dass der Arbeitnehmer evtl. eine Entgeltersatzleistung bekommen hat und dies zu prüfen ist. In der Folge wird der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer zwangsveranlagt. Im Rahmen der Einkommensteuerberechnung wird die Entgeltersatzleistung dem zu versteuernden Einkommen zugeschlagen und zu diesem Gesamtbetrag die Einkommensteuer ermittelt. Wichtig ist aber nur der Prozentsatz, da hiermit das Einkommen ohne die Entgeltersatzleistungen multipliziert wird.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Entgeltersatzleistungen (z. B. Kranken- oder Kurzarbeitergeld) in der Zeile 15 der Lohnsteuerbescheinigung anzudrucken (siehe
Kap. 4.9
).
Beispiel
Progressionsvorbehalt
Herr Schulze verdiente im Jahr 2021 40.000 €. Außerdem hat er Kurzarbeitergeld von 10.000 € bezogen.
Lösung:
zu versteuerndes Einkommen
40.000,00 €
Kurzarbeitergeld
10.000,00 €
50.000,00 €
Einkommensteuer nach Splitting
7.252,00 €
dies entspricht einem Prozentsatz von 14,5040 %
zu versteuerndes Einkommen 40.000 € x 14,5040 % =
5.801,00 €
Berechnung der höheren Steuer:
Einkommensteuer für 40.000 € nach Splitting
4.532,00 €
Mehrbelastung
1.269,00 €
entspricht einem Prozentsatz für das Kurzarbeitergeld
12,6900 %
4.8 Pauschalierung von Arbeitslohn
4.8.1 Grundsätzliches zur Pauschalierung
Normalerweise ist steuerpflichtiger Arbeitslohn individuell, d. h. aufgrund der ELStAM, durch den Arbeitnehmer zu versteuern. In bestimmten Fällen können Arbeitslohn oder Teile davon auch vom Arbeitgeber lohnsteuerlich pauschaliert werden.
Bei der Pauschalierung wendet der Arbeitgeber vom Gesetzgeber vorgegebene prozentuale Steuersätze an. Grundsätzlich sind zusätzlich zur pauschalen Lohnsteuer die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag abzuführen.
Pauschaliert werden können z. B.
Fahrtkostenzuschüsse
15 %
Direktversicherungen
20 %
Essenszuschüsse
25 %
geringfügig entlohnte Beschäftigte
2 % bzw. 20 %
kurzfristig Beschäftigte
25 %
Sachgeschenke an Mitarbeiter bzw. Betriebsfremde
30 %
Tabelle 4.6: Übersicht Pauschalierungsmöglichkeiten
Pauschalierungsfähige Zuwendungen
Pauschalsteuersatz
Rechtsgrundlage
Sozialversicherungsrechtliche Behandlung
Gewährung von sonstigen Bezügen in einer größeren Zahl von Fällen von nicht mehr als 1.000 € im Kalenderjahr
zu berechnen nach den steuerlichen Verhältnissen der Arbeitnehmer
§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
beitragspflichtig
Nachforderung von Lohnsteuer in einer größeren Zahl von Fällen durch das Finanzamt
zu berechnen nach den steuerlichen Verhältnissen der Arbeitnehmer
§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
beitragspflichtig
Gewährung oder Bezuschussung von arbeitstäglichen Mahlzeiten
25 %
§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG
beitragsfrei
Gewährung von Erholungsbeihilfen, im Kalenderjahr 156 € für den AN, 104 € für Ehegatte und 52 € für jedes Kind
25 %
§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG
beitragsfrei
Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen
25 %
§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG
beitragsfrei
steuerpflichtiger Verpflegungskostenersatz bis 100 % der steuerfreien Pauschbeträge
25 %
§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG
beitragsfrei
Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten bzw. Telekommunikationsgeräten und Internetzugang
25 %
§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG
beitragsfrei
Übereignung von Ladevorrichtungen zum Aufladen von Elektro- oder Hybridfahrzeugen (befristet bis 31.12.2030)
25 %
§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG
beitragsfrei
Zuschuss eines AG an den AN für Kosten des Erwerbs einer Ladeeinrichtung für Elektro- oder Hybridfahrzeuge (befristet bis 31.12.2030)
25 %
§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG
beitragsfrei
Übereignung von betrieblichen Fahrrädern
25 %
§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG
beitragsfrei
Zuschüsse für Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte mit Pkw sowie Sachbezüge aus Firmen-Pkw für diese Fahrten
15 %
§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG
beitragsfrei
Arbeitslohn von kurzfristig Beschäftigten
25 %
§ 40a Abs. 1 EStG
versicherungsfrei, wenn Kriterien der Kurzfristigkeit erfüllt sind
geringfügig entlohnte Beschäftigung
2 %
§ 40a Abs. 2 EStG
AN versicherungsfrei
AG zahlt 13 % KV, 15 % RV
kurzfristig im Inland beschäftigte beschränkt steuerpflichtige AN, die einer ausländischen Betriebsstätte zugeordnet sind
30 %
§ 40a Abs. 7 EStG
beitragspflichtig
Beiträge zu einer Direktversicherung und Zuwendungen in eine Pensionskasse bis 1.752 €/Jahr
20 %
§ 40b Abs. 1 EStG a. F.
beitragsfrei, wenn zusätzlich zum Arbeitslohn oder aus Einmalzahlungen, sonst beitragspflichtig
Beiträge zu einer Gruppenunfallversicherung, wenn der auf einen Arbeitnehmer entfallende Teilbetrag nach Abzug der Versicherungssteuer nicht höher ist als 100 € im Kalenderjahr
20 %
§ 40b Abs. 3 EStG
beitragsfrei, wenn zusätzlich zum Arbeitslohn oder aus Einmalzahlungen, sonst beitragspflichtig
sonstige Sachleistungen an den AN oder an Dritte
30 %
§ 37b EStG
volle Beitragspflicht nur bei den eigenen Arbeitnehmern
4.8.2 Pauschalierung der Kirchensteuer
Pauschale Lohnsteuer verursacht generell pauschale Kirchensteuer. Diese wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich hoch erhoben. Eine Besonderheit stellt die Aufteilung der pauschalen Kirchensteuer nach verschiedenen Verteilungsschlüsseln zwischen evangelischer und römisch-katholischer Konfession dar. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die jeweiligen Regelungen in den einzelnen Bundesländern.
Hier eine Übersicht über die je nach Bundesland verschieden hohen Pauschalierungssätze in der Kirchensteuer:
Tabelle 4.7: Pauschale Kirchensteuersätze (ohne detaillierte Landesregelungen)
Bundesland
Regelkirchensteuer
Kirchensteuer bei Pauschalierung
Aufteilung der pauschalen Kirchensteuer nach Konfessionen
ev
rk
Baden-Württemberg
8 %
5 %
50 %
50 %
Bayern
8 %
7 %
30 %
70 %
Berlin
9 %
5 %
70 %
30 %
Brandenburg
9 %
5 %
70 %
30 %
Bremen
9 %
7 %
80 %
20 %
(Stadt Bremerhaven)
9 %
7 %
90 %
10 %
Hamburg
9 %
4 %
70 %
30 %
Hessen
9 %
7 %
50 %
50 %
Mecklenburg-Vorpommern
9 %
5 %
90 %
10 %
Niedersachsen
9 %
6 %
73 %
27 %
Nordrhein-Westfalen
9 %
7 %
50 %
50 %
Rheinland-Pfalz
9 %
7 %
50 %
50 %
Saarland
9 %
7 %
25 %
75 %
Sachsen
9 %
5 %
85 %
15 %
Sachsen-Anhalt
9 %
5 %
73 %
27 %
Schleswig-Holstein
9 %
6 %
85 %
15 %
Thüringen
9 %
5 %
73 %
27 %
4.8.3 Wahlrecht bei Kirchensteuer-Pauschalierung
Der Arbeitgeber kann die pauschale Kirchensteuer nach unterschiedlichen Verfahren erheben:
Vereinfachungsverfahren,
Nachweisverfahren.
4.8.4 Vereinfachungsverfahren
Hier pauschaliert der Arbeitgeber die Kirchensteuer grundsätzlich für alle Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob diese einer kirchensteuerberechtigten Konfession angehören oder nicht. Als Kirchensteuersatz ist stets der
ermäßigte
Satz des jeweiligen Bundeslandes anzuwenden.
4.8.5 Nachweisverfahren
Der Arbeitgeber pauschaliert die Kirchensteuer nur bei denjenigen Arbeitnehmern, die tatsächlich einer kirchensteuerberechtigten Konfession angehören. Für diese Arbeitnehmer ist dann jedoch der
Regelkirchensteuersatz
anzusetzen.
Von Arbeitnehmern ohne ELStAM muss sich der Arbeitgeber eine schriftliche Erklärung über die Nichtzugehörigkeit zu einer kirchensteuerberechtigten Konfession aushändigen lassen und diese den Lohnunterlagen beifügen.
Ausführliche Erläuterungen zu Pauschalierungsformen, wie z. B. bei Minijobs, betrieblicher Altersversorgung, Sachbezügen usw., finden sich in den entsprechenden Kapiteln zu diesen Themen.
4.9 Elektronische Lohnsteuerbescheinigung
Die Aufgaben von Lohnkonten werden in
Kap. 6.2.1.1
besprochen. Das Lohnkonto bildet die Basis für die Lohnsteuerbescheinigungen, die beim Austritt bzw. am Jahresende erfolgen.
Die Lohnsteuerbescheinigung enthält steuerrelevante Abrechnungsdaten, die als Grundlage für die persönliche Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers dienen. Sie wird bei Austritten und am Jahresende für alle Arbeitnehmer erstellt.
Die Lohnsteuerbescheinigungen sind elektronisch an das Bundesfinanzministerium zu übermitteln (Ausnahme Privathaushalte, die nur Aushilfen beschäftigen). Der Arbeitnehmer erhält einen Ausdruck der elektronisch übermittelten Daten im DIN-A4-Format. Ab dem 01.11.2010 ist die Verwendung der Steuer-ID zwingend vorgeschrieben.
Die Daten werden beim Bundesfinanzministerium unter der Steuer-ID gespeichert. Der Arbeitnehmer gibt seine Steuer-ID in der „Anlage N“ der Formulare für die Einkommensteuererklärung an.
Abbildung 4.2:
Ausdruck elektronische Lohnsteuerbescheinigung für 2022
4.9.1 Auszug der wichtigsten Felder
Im Wesentlichen sind folgende Daten zu bescheinigen.
Zeile 1: Bescheinigungszeitraum
Hier wird immer nur der Zeitraum des laufenden Kalenderjahres bescheinigt. Das Vorjahr wurde im Zuge der Lohnsteuerbescheinigung am Jahresende gemeldet, die für alle Arbeitnehmer grundsätzlich auszustellen ist.
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