Wirtschaftsvölkerrecht

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Anmerkungen

[1]

WTO, World Trade Statistical Review 2020, S. 10.

[2]

WTO, World Trade Statistical Review 2020, S. 80.

[3]

WTO, World Trade Statistical Review 2020, S. 82.

[4]

Daten für 2017 nach https://ourworldindata.org/grapher/trade-openness.

Teil 2 Welthandelsrecht › II. Theorie des Außenhandels und der Handelspolitik

II. Theorie des Außenhandels und der Handelspolitik

Literatur:

Rose/Sauernheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 14. Aufl., 2006; Krugman/Obstfeld/Melitz, Internationale Wirtschaft – Theorie und Politik der Außenwirtschaft, 11. Aufl., 2019; Dieckheuer, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 5. Aufl., 2001; Sykes, Comparative Advantage and the Normative Economics of International Trade Policy, JIEL 1998, 49; Koch, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 3. Aufl., 2006.

Teil 2 Welthandelsrecht › II. Theorie des Außenhandels und der Handelspolitik › 1. Klassische Theorie der komparativen Kostenvorteile

1. Klassische Theorie der komparativen Kostenvorteile

„The theory by David Ricardo, who uses the example of England producing cloth and Portugal producing wine, (…) is the basis for the idea of the benefits of open trade. By producing goods and services in which it has a comparative advantage – and importing others – a country manages to create more value than it would otherwise do. In ideal conditions, trade allows countries to specialize in products that they produce best and import others, and everyone stands to gain. As a consequence, the economies of all countries grow”.

Pascal Lamy, ehem. WTO-Generaldirektor [1]

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Wie das Zitat aus einer Rede von WTO-Generaldirektor Pascal Lamy zeigt, liegen den herrschenden politischen Vorstellungen von den internationalen Handelsbeziehungen theoretische Überlegungen zu Grunde, die von David Ricardo Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt wurden. Ricardo – ebenso wie vor ihm bereits Adam Smith – wandte sich gegen den in seiner Zeit vorherrschenden Merkantilismus, nach dem ein Land seinen Reichtum dadurch mehrt, dass es möglichst viele Güter exportiert und möglichst wenig Güter importiert.[2] Smith und Ricardo wiesen dagegen auf die wohlfahrtssteigernde Wirkung der internationalen Arbeitsteilung hin.

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Diese Wirkung ist besonders offensichtlich, wenn Produkte gehandelt werden, die in einem Land günstiger produziert werden können als in einem anderen Land. So können tropische Früchte z.B. günstiger in tropischen Ländern als in Ländern mit kälterem Klima produziert werden. Tropische Länder haben einen absoluten Kostenvorteil für die Produktion dieser Güter. Nach der Theorie der absoluten Kostenvorteile ist es sinnvoll, wenn sich Länder auf die Produktion solcher Güter spezialisieren, die sie – absolut gesehen – günstiger produzieren können als andere Länder.

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David Ricardo erweiterte diese Überlegungen zur Theorie der komparativen Kostenvorteile.[3] Danach ist für den Handel zwischen zwei Ländern nicht der Unterschied zwischen den absoluten Produktionskosten der Güter in den jeweiligen Ländern maßgeblich, sondern der Unterschied zwischen den relativen Produktionskosten der verschiedenen Güter innerhalb eines Landes. Kann ein Land ein bestimmtes Gut günstiger produzieren als ein anderes Gut, besitzt es für ersteres einen komparativen Kostenvorteil. Anders als bei der Theorie der absoluten Kostenvorteile werden also nicht die Produktionskosten in verschiedenen Ländern verglichen, sondern das Verhältnis der Produktionskosten verschiedener Güter in einem Land. Handel findet nach der Theorie der komparativen Kostenvorteile zwischen Ländern mit unterschiedlichen komparativen Kostenvorteilen statt.

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Die Theorie geht davon aus, dass ein Land durch internationalen Handel die Menge der ihm zur Verfügung stehenden Güter gegenüber einer Situation, in der alle Güter im Inland produziert werden (Autarkie), erhöhen kann, wenn es sich auf die Produktion der Güter konzentriert, für die ein komparativer Kostenvorteil besteht, und andere Güter auf dem Weltmarkt eintauscht. Die Teilnahme am Handel erhöht so das Volkseinkommen. Nach der Theorie der komparativen Kostenvorteile ist es auch dann für ein Land lohnend, am Handel teilzunehmen, wenn es für alle benötigten Produkte einen absoluten Kostenvorteil besitzt, d.h. alle Produkte absolut gesehen günstiger produziert als der potenzielle Handelspartner. Umgekehrt folgert die Theorie, dass auch ein Land, das im Vergleich zu anderen Ländern über keinen absoluten Kostenvorteil verfügt, sinnvoll am internationalen Handel teilnehmen kann.

Die Theorie der komparativen Kostenvorteile lässt sich in Anlehnung an Ricardo mit folgendem Beispiel erläutern: Es werden zwei Länder (England und Portugal), zwei Güter (Tuch und Wein) und ein variabler Produktionsfaktor (Arbeit) unterstellt. Folgende Produktionskosten bestehen für die Güter in den beiden Ländern: In Portugal werden für die Produktion von einer Einheit Wein 10 Arbeitseinheiten (AE) und für eine Einheit Tuch 20 AE benötigt. In England werden für eine Einheit Wein 30 AE und eine Einheit Tuch 40 AE benötigt. In Portugal kann also sowohl Wein als auch Tuch billiger herstellt werden als in England. Portugal besitzt für beide Produkte einen absoluten Kostenvorteil.

Drückt man die Kosten der jeweiligen Güter in Opportunitätskosten aus, d.h. in den Kosten, die erforderlich sind, um das jeweils andere Produkt herzustellen, lässt sich rechnerisch zeigen, dass in Portugal Tuch vergleichsweise teurer produziert wird als Wein, während England vergleichsweise mehr Tuch als Portugal produzieren kann. Portugal hat somit einen komparativen Kostenvorteil für Wein; England dagegen für Tuch. Spezialisieren sich beide Länder auf die Herstellung des Produktes, das sie relativ gesehen günstiger produzieren können und exportieren dieses, stehen ihnen insgesamt mehr Güter zur Verfügung, als wenn sie alle Güter allein herstellen würden.

Merke:

Nach der Theorie der komparativen Kostenvorteile erhöht die Teilnahme am internationalen Handel die in einem Land zur Verfügung stehende Gütermenge, wenn sich das Land auf die Produktion der Güter spezialisiert, für die ein komparativer Kostenvorteil besteht und diese exportiert.

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Als Politikempfehlung wird aus der Theorie der komparativen Kostenvorteile abgeleitet, dass sich die Länder auf Produkte mit komparativem Kostenvorteil spezialisieren sollen und dass sich alle Länder am internationalen Handel ohne Einschränkungen beteiligen sollen. Handelsschranken, insbesondere wenn sie inländische Produkte vor Produkten schützen, die günstiger importiert werden könnten, gelten als ineffizient. Insofern wird aus der Theorie der komparativen Kostenvorteile die Forderung nach Handelsliberalisierung, d.h. dem Abbau von Handelsschranken abgeleitet. Idealerweise sollten die Länder eine Politik des Freihandels, d.h. des Verzichts auf sämtliche Handelsschranken, verfolgen.

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Diese Politikempfehlungen gelten auch für ein Land, dessen Handelspartner an Handelsschranken festhalten. Der Abbau dieser Schranken führt nämlich in jedem Fall zu einer Erhöhung der Konsummöglichkeiten. Daher ist es für ein Land grundsätzlich sinnvoll, den Handel zu liberalisieren, unabhängig davon, wie sich die anderen Länder verhalten (unilaterale Handelsliberalisierung).

Anmerkungen

[1]

Rede vor dem 5. Münchener Wirtschaftsgipfel am 4. Mai 2006, im Internet unter http://www.wto.org/english/news_e/sppl_e/sppl24_e.htm.

[2]

Dazu unten Rn. 170.

[3]

Ricardo, Principles of Political Economy and Taxation, 1817; deutsch: Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und Besteuerung. Siehe auch die Darstellungen bei Rose/Sauernheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 14. Aufl., 2006, 416 ff.; Dieckheuer, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 5. Aufl., 2001, 49 ff.; Koch, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 3. Aufl., 2006, 79 ff.

Teil 2 Welthandelsrecht › II. Theorie des Außenhandels und der Handelspolitik › 2. Erweiterungen und Modifikationen der klassischen Theorie

2. Erweiterungen und Modifikationen der klassischen Theorie

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Die klassische Theorie der komparativen Kostenvorteile wurde im Laufe der Zeit erweitert und ausdifferenziert.[1] Nach dem sog. Heckscher-Ohlin-Theorem unterscheiden sich die Länder vor allem durch unterschiedliche Kosten der Produktionsfaktoren. Für die Erklärung des internationalen Handels wird nicht mehr auf komparative Kostenvorteile für bestimmte Güter abgestellt, sondern auf komparative Kostenvorteile für Produktionsfaktoren (Faktorausstattung). Demnach sollte sich ein Land auf die Produktion derjenigen Güter konzentrieren, die eine intensive Nutzung der Produktionsfaktoren erfordern, für die ein Kostenvorteil besteht. Länder mit einem komparativen Kostenvorteil für Kapital sollten sich auf kapitalintensive Güter spezialisieren und Länder mit einem Kostenvorteil für Arbeit sollten sich auf arbeitsintensive Produkte spezialisieren.

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In der neueren Außenwirtschaftstheorie werden weitere Aspekte in die Betrachtung mit einbezogen. Es wurde z.B. erkannt, dass das Vorhandensein komparativer Kostenvorteile nicht ausreicht, um die Ursachen des internationalen Handels bzw. Art und Umfang dessen zu erklären, da andere Faktoren die Bedeutung komparativer Kostenvorteile relativieren oder ergänzen. So erhöhen steigende Skalenerträge (economies of scale) Produktionsvorteile und sichern die Marktposition bestehender Produzenten ab. Unter Skalenerträgen versteht man sinkende Pro-Stück-Kosten bei steigenden Produktionsmengen, z.B. aufgrund eines effizienteren Einsatzes von Ressourcen oder Maschinen. Weiterhin sind in der Realität häufig keine vollkommenen Märkte anzutreffen, die von der Theorie der komparativen Kostenvorteile vorausgesetzt werden. Stattdessen verfälschen nationale und internationale Monopole oder Oligopole den Wettbewerb und führen zu unvollkommenen Märkten.

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Zu einer Relativierung der klassischen Theorie führte auch die Beobachtung, dass ein großer Teil des internationalen Handels zwischen Ländern mit ähnlicher Faktorausstattung stattfindet und oft ähnliche Produkte betrifft (intra-industrieller Handel). So exportiert z.B. Deutschland Autos nach Japan und in die USA; beide Länder exportieren jedoch auch Autos nach Deutschland. Eine derartige Handelsbeziehung kann nicht durch unterschiedliche komparative Kostenvorteile erklärt werden, sondern beruht auf zunehmenden Differenzierungen von Produkten und Präferenzen.

151

Deutliche Einschränkungen hat die klassische Theorie auch mit Blick auf die Teilnahme von Entwicklungsländern am internationalen Handel erfahren: Zunächst ist zu sehen, dass die Faktorausstattung von Industrie- und Entwicklungsländern und damit auch die Bedingungen für die Teilnahme am internationalen Handel unterschiedlich sind, was auch historische Gründe hat (Kolonialismus). Außerdem schafft der Export von landwirtschaftlichen Produkten und Rohstoffen größere Abhängigkeiten von den Entwicklungen auf dem Weltmarkt als der Export von Industriegütern. Die Handelsbeziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern sind daher strukturell ungleich. Dies hängt auch mit einer Verschlechterung der terms of trade für Entwicklungsländer zusammen. Unter den terms of trade versteht man die tatsächlichen Austauschverhältnisse auf dem Weltmarkt, d.h. das Verhältnis von Exporterlösen zu Importkosten. Durch den Verfall der Weltmarktpreise für Rohstoffe und landwirtschaftliche Güter und die steigenden Kosten von Investitionsgütern (z.B. Maschinen) müssten viele Entwicklungsländer ihre Exportmenge erheblich mehr steigern, um eine gleichbleibende Menge an Investitionsgütern importieren zu können. Trotz einer Steigerung des Handelsvolumens kann es so zu Wohlfahrtsverlusten kommen, wenn die terms of trade sich deutlich verschlechtern.

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Umstritten sind auch die Auswirkungen von Freihandel auf die Bestrebungen von Entwicklungs- und Transformationsländern, eigene Industrien aufzubauen. Bereits im 19. Jahrhundert vertrat Friedrich List die These, dass die Heranführung junger Industriezweige („infant industries“) an den internationalen Wettbewerb durch vorübergehende Schutzinstrumente gefördert werden kann. Dieses Argument wurde seitdem häufig wiederholt, obwohl es von der Außenwirtschaftstheorie immer wieder kritisch bewertet wurde. Unabhängig von seiner theoretischen Fundierung, entspricht es jedenfalls der historischen Erfahrung vieler Industrieländer, die während ihrer Industrialisierung häufig hohe Schutzzölle verhängten und erst nach Abschluss dieser Phase Verfechter von Handelsliberalisierungen wurden.[2]

153

Auf Basis der verschiedenen Beobachtungen und Erkenntnisse sind immer komplexere Modelle zur Erklärung und Analyse des internationalen Handels entwickelt worden. Diese haben an der grundsätzlich positiven Bewertung des internationalen Handels zwar wenig geändert. Es können jedoch zahlreiche Situationen aufgezeigt werden, in denen handelspolitische Schutzinstrumente sinnvoll sein können und uneingeschränkter Freihandel schädlich sein kann. Insofern gelangt die moderne Wirtschaftswissenschaft heute zu deutlich differenzierteren Aussagen, als es zuweilen in der öffentlichen Auseinandersetzung über die Vor- und Nachteile des Freihandels erscheint.

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Die Außenwirtschaftstheorie befasst sich in der Regel allerdings nicht mit der Verteilung der Gewinne aus dem internationalen Handel innerhalb eines Landes. Der Wohlfahrtsgewinn durch Handel wirkt sich nicht in allen Sektoren der Volkswirtschaft gleich aus, sondern einige Sektoren profitieren mehr von einer Teilnahme am Handel als andere. Die Teilnahme am Welthandel kann auch zu Einkommensverlusten führen, wenn einheimische Produktion durch ausländische Konkurrenz verdrängt wird. Internationaler Handel teilt eine Gesellschaft häufig in Gewinner und Verlierer.

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In der Wohlfahrtsökonomie wird vertreten, dass es auf die tatsächlichen Effekte nicht entscheidend ankommt. Viel eher sei darauf abzustellen, ob die Gewinne, die auf internationalem Handel beruhen, die Verluste ausgleichen, so dass es zu einer Kompensierung der Verlierer durch die Gewinner kommen könnte (sog. Kaldor-Hicks Kriterium). Solange dies der Fall sei, sei die Teilnahme am Handel gesamtwirtschaftlich sinnvoll. Ob ein Ausgleich tatsächlich stattfindet, spielt dagegen für dieses Kriterium keine Rolle. Insofern führt auch die Möglichkeit von wirtschaftlichen Verlusten für Teile der Volkswirtschaft bzw. der Gesellschaft nicht zu einer Einschränkung der grundsätzlich positiven Bewertung des internationalen Handels durch die Außenwirtschaftstheorie.

Anmerkungen

[1]

Zum Folgenden Rose/Sauernheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 14. Aufl., 2006; Dieckheuer, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 5. Aufl., 2001; Koch, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 3. Aufl., 2006.

[2]

Siehe dazu ausführlich Chang, Kicking Away the Ladder – Development Strategy in Historical Perspective, 2002.

Teil 2 Welthandelsrecht › II. Theorie des Außenhandels und der Handelspolitik › 3. Theorie und politische Ökonomie der Handelspolitik

3. Theorie und politische Ökonomie der Handelspolitik

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Während die Außenwirtschaftstheorie nach den Bedingungen und Voraussetzungen von internationalen Handelsbeziehungen fragt, untersucht die Theorie der Handelspolitik die wirtschaftlichen Auswirkungen einzelner außenhandelspolitischer Instrumente.[1] Dabei können vier Typen von Instrumenten unterschieden werden, deren Auswirkungen auf Konsumenten, inländische und ausländische Produzenten und den öffentlichen Haushalt untersucht werden. Die Kategorisierung und die daraus folgende Bewertung sind auch für die rechtliche Einordnung dieser Instrumente von Bedeutung.

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Importquoten (Importkontingente) Bei einer Importquote legt der Staat fest, dass nur eine bestimmte Menge einer Ware importiert werden darf und verteilt Importlizenzen an inländische Importeure. Inländische Produzenten und solche Importeure, die eine Lizenz erhalten haben, erlangen so Rentengewinne. Konsumenten erleiden ebenso wie bei Zöllen Einkommensverluste, da inländische Produzenten nur geringer Konkurrenz ausgesetzt sind und so ihre Produkte über dem Weltmarktpreis verkaufen können. Anders als bei Zöllen erhält der Staat aber keine Einnahmen.

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Subventionen für inländische Produzenten und Produkte Eine Subvention ist eine geldwerte Leistung an einen Produzenten oder Konsumenten. Subventionen haben nach der Theorie der Handelspolitik nur wenig negative Auswirkungen, da sie zwar zu Verlusten für den Staat, dafür aber zu Gewinnen für die unterstützten Produzenten und zu Gewinnen für die Konsumenten führen. Nur mittelbar werden ausländische Produzenten, die durch die Subventionen stärkerer Konkurrenz ausgesetzt sind, benachteiligt. Daher hält die Theorie der Handelspolitik Subventionen für das am besten geeignete Instrument zur Förderung der einheimischen Wirtschaft. Allerdings können Exportsubventionen oder Subventionen für eigentlich nicht konkurrenzfähige Betriebe die Preise künstlich niedrig halten, wodurch die Wettbewerbsbedingungen verzerrt werden. Zu beachten ist auch, dass Subventionen in erster Linie Industriestaaten zur Verfügung stehen, da sie über entsprechende Haushaltsmittel verfügen. Entwicklungsländer können von Subventionen aus finanziellen Gründen häufig keinen Gebrauch machen und greifen schon deswegen häufiger auf Zölle und Importquoten zurück.

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Aus ökonomischer Sicht lassen sich die handelspolitischen Instrumente nach ihrer Effizienz und dem Grad ihrer Auswirkung auf Konsumenten und Produzenten wie folgt bewerten: Am wenigsten ineffizient sind Subventionen, ihnen folgen Zölle, dann Importquoten und schließlich freiwillige Selbstbeschränkungen.

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Ausgehend von dieser Bewertung der außenwirtschaftspolitischen Instrumente untersucht die politische Ökonomie der Handelspolitik, warum sich Regierungen für bestimmte handelspolitische Instrumente entscheiden, obwohl diese aus ökonomischer Sicht nicht optimal sind. Dabei bewertet die politische Ökonomie der Handelspolitik entsprechend den Methoden der „public choice“ politische Entscheidungen nach den Grundsätzen der ökonomischen Nutzenmaximierung. Politische Entscheidungen ergehen danach auf der Grundlage, welche Gruppe sich am besten für ihre eigenen Interessen stark machen kann (Lobbying). Produzenten können sich regelmäßig besser organisieren als Konsumenten, da ihre Gruppe überschaubarer ist und die Auswirkungen des Handels für sie direkter spürbar sind. Daher besteht bei den Regierungen grundsätzlich eine Neigung zu ineffizienten Handelsbeschränkungen und zu Protektionismus.

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Diese aus Sicht der Entscheidungsträger rationale Neigung kann durch völkerrechtliche Verpflichtungen zur Liberalisierung des Handels überwunden werden. Die Staaten binden sich also an völkerrechtliche Abkommen, um den Forderungen nach Protektionismus widerstehen zu können. Die politische Ökonomie bemüht hierfür das Bild des Odysseus, der sich selbst an den Mast bindet, um von den Sirenenklängen nicht verführt zu werden. Auch wenn dieses Bild und der Erklärungsansatz intuitiv einzuleuchten scheinen, ist es schwierig, einen Kausalzusammenhang zwischen Lobbyismus und Protektionismus empirisch eindeutig nachzuweisen.

Lern- und Wiederholungsfragen zu Teil 2 II.:


1. Unter welchen Voraussetzungen ist die Teilnahme am internationalen Handel nach der Theorie der komparativen Kostenvorteile sinnvoll?
2. Wie wird dieser Befund durch neuere Erkenntnisse oder Beobachtungen der Wirtschaftswissenschaften eingeschränkt? Welche Probleme der Teilnahme am internationalen Handel können insbesondere für Entwicklungsländer auftreten?
3. Wie wirken sich die verschiedenen Instrumente der Handelspolitik auf Verbraucher, inländische und ausländische Produzenten und die öffentliche Hand aus?
4. Wie lassen sich völkerrechtliche Vereinbarungen über Handelsliberalisierung aus Sicht der politischen Ökonomie der Handelspolitik erklären?