Die Wolfssymphonie

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Dein Vater hat nie auf dem Feld gearbeitet wie deine Großmutter, die einen mit Maiskörnern gefüllten Schulterriemensack mitnahm. Sie schritt mit diesem Sack auf ihrer linken Hüfte voran, in der rechten Hand einen großen Stock aus Holz, der am unteren Ende dicker war, und dieser Holzstock diente ihr dazu, Löcher in die Ackerschollen zu machen, die der Traktorpflug aufgereiht hatte. Dein Vater hat nie gesehen, wie sie wie angeklebt an ihrer Schnur, welche die zukünftige Linie der Maispflanzen markierte, entlangging. Sie blieb jeden zweiten Schritt stehen und bohrte mit ihrem dicken Stock, den sie mehrmals in die Erde drückte, ein Loch. Du hast gesehen, wie sie jedes einzelne Loch bohrte, indem sie ihren Stock mit dem kugelförmigen Kopf hin- und herbewegte. Du hast gesehen, wie das Loch größer wurde, und wie deine Großmutter dann die linke Hand aus dem Sack nahm, der an ihrer Seite hing, und eine Handvoll Maiskörner über das fertige Loch hielt, und wie die Körner zwischen ihren Fingern hindurch aus der Hand der Großmutter rieselten und in dieses gebohrte Loch in der Ackerscholle fielen. Dann deckte sie die gelben Körner mit Erde zu, die sie mit ihren Füßen darüber schob, sie stampfte diese Erde über den Körnern ein wenig fest, und alle zwanzig Meter Saat bekreuzigte sie sich und fing wieder von vorne an. Sie trug Gummihalbstiefel, und mit den Sohlen ihrer Stiefel drückte sie die Erde fest, um ihren Maiskörnern ein kleines Nest zu schaffen.

Dein Vater hat nie gewusst, wie du deine Großmutter angeschaut hast, und er wird es nie wissen. Ich bin der einzige, der weiß, dass du die anderen anschaust, als seien sie Gott und Teufel auf einmal, du schaust die anderen an, als seien sie noch gar nicht geboren.

Dein Vater hat dir nie irgendwelche Fragen über die Maisernte der Großmutter gestellt, du würdest dir wünschen, dass er noch lebte, damit du ihm vom Tag der Maisernte der Großmutter erzählen könntest, wenn mehrere Familienmitglieder mütterlicherseits kamen, um beim Einsammeln der Früchte ihrer schweren Arbeit zu helfen: Deine Cousins und du, ihr hattet, ganz überdacht von den hohen Pflanzen, an denen die Kolben hingen, große Weidenkörbe, die ihr immer zu zweit getragen habt. Jeder hielt einen Griff des Korbes fest, ihr habt die Kolben von den Pflanzen gerissen und jeden Kolben in den Korb gelegt. Dann seid ihr ein bisschen weiter vorgerückt, bis zur nächsten Pflanze, in derselben Reihe.

Es war jedes Jahr das Gleiche, etwa zehn Leute, Erwachsene und Kinder, verbrachten einen ganzen Tag mit dem Mais der Großmutter, die mit anpackte und die anderen mit dem gepflückten Mais in ihren großen Hof wies. Daneben bereitete sie etwas zu essen zu, sie kochte eine kräftige Hühnersuppe und einen großen Rinderrostbraten für alle euch Arbeiter, für ihre Familie.

Sie ist nicht hier, deine Großmutter, du bist in deiner Erinnerung bei ihr und bei dir und bei ihrem Mais und bei deinem leblosen Vater. Als alle Maiskolben im Hof waren, auf einem Haufen, der höher war als du, haben die Frauen die Blätter, die die Kolben umhüllten, abzulösen begonnen, und der Mais ohne Blätter, den du und deine Cousins in denselben Weidenkörben trugen, kam in den Speicher. Ihr seid mit den Körben über eine Holzleiter hinaufgestiegen und habt den Mais auf den Holzfußboden geleert, der Haufen im Hof wurde immer kleiner, und der Speicher der Großmutter füllte sich mehr und mehr.

Einmal, als du und dein Cousin dabei wart, mit einem Maistransport zum Haufen im Hof zu gehen, seid ihr zwischen zwei hohen Pflanzenreihen durchmarschiert, und du hast fünf Hühner bemerkt, die nach Regenwürmern suchten, du hast zu deinem Cousin gesagt, «das sind keine Hühner von Großmutter!», er hat geantwortet, «das macht doch nichts!», dann wolltest du eines dieser Hühner einfangen: Du hast den mit Kolben gefüllten Korb auf dem Boden abgestellt, dein Cousin hat mit seiner Hand noch immer den Griff auf seiner Seite festgehalten, er hat nicht verstanden, was du vorhattest, du hast gesagt, «wir werden eines dieser Hühner essen!» Er hat versucht, dich davon abzuhalten, er hat gesagt, «die Nachbarn werden dahinterkommen, dass du der Dieb bist!», du bist weiter auf die Hühner zugegangen, die in einem kleinen ruhigen Grüppchen zusammenstanden und nach ihren Regenwürmern gesucht haben. Als du ganz in ihrer Nähe warst, hast du einen Hechtsprung gemacht, du bist durch die Maispflanzen gesprungen, und du hast eines dieser Hühner erwischt, die anderen sind geflüchtet, du bist mit diesem Huhn, das zwischen deinen Händen mit den Flügeln schlug, am Boden gelegen, du bist aufgestanden und hast es getötet, du hast ihm den Kopf abgerissen, nachdem du ihm den Hals umgedreht hattest. Du bist wieder zu deinem Cousin gegangen, der neben dem bis oben mit Mais gefüllten Korb stehengelieben war, er hat dich mit dem Huhn in der einen Hand und mit dem Kopf in der anderen Hand gesehen und hat gesagt, «du wirst einen Rüffel kriegen!» Du hast das Huhn auf die Maiskolben gelegt, und ihr seid zum Haufen im Hof gegangen, dein Cousin hat der Großmutter sofort erzählt, dass du ein Huhn, das im Acker nach Regenwürmern suchte, getötet hast, sie hat dir in die Augen geschaut, sie hat gesagt, «wenn das stimmt, dann wirst auch du es sein, der dieses Huhn zubereitet!», und sie hat gesagt, «setz Kochwasser auf, damit du es rupfen kannst!»

Dein Vater wusste nicht, dass du auf dem Land gelernt hattest, Hühner mit einem Messer zu töten, indem der Kopf vom Rest des Körpers abgetrennt wird, indem der Hals durchgetrennt wird, er wusste auch nichts von dieser Geschichte vom getöteten Huhn zwischen den hohen Maispflanzen.

Du hast Wasser in einem kleinen gusseisernen Kessel aufkochen müssen, und in dieses siedend heiße Wasser hast du das Huhn, das du getötet hattest, hineingetaucht. Du hast es eine Viertelstunde lang in diesem Wasser gelassen, du hast diese Arbeit verrichtet, indem du das getan hast, was du bei deiner Großmutter gesehen hattest, wenn sie ein Huhn zum Essen zubereitete, du hast mit der Hand die nassen und warmen Federn dieses Huhns gerupft, das du mit der einen Hand am Kesselrand festgehalten hast, mit der anderen Hand hast du die Federn ausgerissen, an denen du dir ein wenig die Finger verbranntest wegen der heißen Wassertropfen, du hast diese Federn neben deine Füße fallen lassen, und am Ende hat deine Großmutter gesagt, «geh und halte es ein wenig über eine Flamme des Gasherdes!», und du bist dorthin gegangen. Du hast die große Flamme des Gasherdes angemacht, das Gas ist durch einen Gummischlauch aus der Gasflasche gekommen, die in einer Ecke der Sommerküche der Großmutter stand, und über diese blauen Flammen dieses Küchenherdes hast du ein paar Mal das federlose Huhn gehalten, um die kleinsten Federteile, die in seinem Körper verblieben sind, wegzubrennen. Du hast das tote Huhn in deinen Händen gedreht, und du hast die Federchen über dem Feuer verschwinden sehen, du hast die Haut des Huhns anders warm werden gespürt als in der Wärme des heißen Wassers, du hast seine gelbe Haut über den Flammen gesehen, dann hast du am Knopf gedreht und das Herdfeuer ausgemacht.

Dein Vater konnte gut kochen, er bereitete gerne für sich alleine Fleischgerichte mit gekochtem Gemüse oder mit Makkaroni zu. Er wollte dir das Kochen beibringen, und er wusste nicht, dass deine Großmutter dich dafür, dass du den Nachbarn ein Huhn gestohlen hattest, bestraft hatte, indem sie dir auftrug, dieses Huhn von Anfang bis Ende zuzubereiten.

Du bist mit dem fertig gesäuberten Huhn in den Händen aus der Sommerküche gekommen, du hattest auch seinen Kopf gereinigt, du bist hinausgegangen zur Großmutter, die einen Korb mit Maiskolben in ihren Speicher hochtrug, deine Cousins sammelten die Kolben auf dem Feld ein, eine deiner Tanten entfernte die Blätter von den Kolben, und deine Großmutter sagte, «jetzt nimm eines der Küchenmesser, schleif es gut an einem Stein, danach wirst du dieses Huhn ausnehmen und die Innereien entfernen!» Du hattest diese Metzgerarbeit noch nie verrichtet, du warst zwölf Jahre alt, und du hast deiner Großmutter gehorcht, du hast dein Huhn auf einen sauberen Teller gelegt, in der Küche, du hast eines der Messer der Großmutter gesucht und bist es an einem großen Stein, der nahe beim Brunnen auf dem Boden stand, schleifen gegangen. Du wusstest, wie man Messer schleift: In deiner rechten Hand hast du den Griff des Messers gut festgehalten, und mit flinken und schnellen Handbewegungen hast du die Klinge über den runden Stein gleiten lassen, so, als würdest du mit der Messerklinge irgendeinen Staub, der den Stein bedeckt, wegwischen wollen, deine Hand hat dieses Messer so über den Stein bewegt, dass sie nur seine Längsseite auf dem Stein schliff, du bist mit dem Messer über den Stein gefahren, indem du es darauf gepresst hast und den Griff weggezogen hast, als würdest du eine dünne Scheibe des Steins abschneiden wollen, du hast das Messer in deiner Hand gedreht und hast es auf beiden Seiten geschärft. Zuletzt hast du deine Schleiferarbeit getestet und dir ein paar Haare von deinem kindlichen Vorderarm abrasiert, das Messer war scharf, und du bist in die Küche gegangen, ein wenig verwundert über die Arbeit, die dich erwartete.

Dein Vater – als du acht Jahre alt warst und mit ihm in einer Zweizimmerwohnung lebtest, in einer Stadt, wo er die Überbauung eines neuen Viertels von Wohnblöcken der Einheitspartei für die Arbeiter und Funktionäre der Einheitspartei leitete, und wenn du zu Hause warst, nach der Schule in der dritten Klasse – überließ es manchmal dir, dich um einen Fleisch- und Gemüsetopf, der auf dem Herd stand, zu kümmern, er brachte dir bei, wie man das Essen im erhitzten Topf umrührt und wie man nach und nach etwas Wasser dazu gießt, wenn der Sud verdampft. Du warst für deinen Vater eine Art Hilfskoch, eine Art Kochlehrling, der die Gerichte auf den Kochplatten überwachen musste. Ihr habt dort mit einem elektrischen Herd gelebt, den dein Vater zusammengebastelt hatte, dieses Küchengerät stand auf dem Boden, direkt auf dem Parkett, dein Vater hatte es aus einem großen Hohlziegel gemacht. Durch die Hohlräume, die aussahen wie ein Labyrinth, hatte dein Vater einen dünnen Draht gelegt, der sich erhitzte und der rot wurde, wenn man ihn in die Steckdose einführte.

 

Du hast den Bauch des Huhns geöffnet, und mit deinen Händen hast du das gemacht, was du deine Großmutter mit den Hühnern hast machen sehen, die getötet worden waren, um gegessen zu werden, du hast das Gedärm aus dem Inneren entnommen und hast es den beiden Katzen gegeben, die neben deinen Füßen miauten und auf diese Reste warteten. Du hast zugeschaut, wie die Katzen diese Nahrung untereinander aufgeteilt haben, auf den Hof hinausgesprungen und dann in Ruhe fressen gegangen sind, irgendwo im Gemüsegarten. Du hast das Herz und die Leber des Huhns auf einem kleinen Keramikteller aufgehoben, du hast das Innere des Huhns mit kaltem Wasser ausgewaschen, danach hast du begonnen, es in Stücke zu zerlegen. Du hast die Schenkel abgeschnitten, dieser Teil des Huhns war bei den Kindern das beliebteste Stück, beim Essen wollte jedes ein Hähnchenschenkel haben, und wenn ihr mehr als zwei Kinder am Tisch wart, verlangte die Großmutter oder dein Onkel, dass ihr einen Schenkel unter zwei oder sogar drei Kindern aufteilt. Die Großmutter sagte, «Kinder, der liebe Gott hat keine Hühner mit drei oder vier Schenkeln gemacht, teilt diese zwei Schenkel unter euch auf!», und ihr habt gelacht, als ihr das Fleisch, das über den Knochen lag, weggeschnitten und unter euch aufgeteilt habt.

Du hast die Flügel des Huhns abgeschnitten und sie neben die Schenkel gelegt, auf einen großen Teller aus weißem Porzellan, und du hast angefangen, den Rest des Huhns in zwei Teile zu teilen, du hast das zum ersten Mal gemacht, und du hast es gerne gemacht, du hast unter der Klinge des Messers die Haut gespürt, das Fleisch und die Knochen dieses auf dem Feld der Großmutter getöteten Huhns, ganz zum Schluss hast du das Huhn in mehrere Stücke zerlegt und bist mit dem Teller und dem Fleisch darauf in den Hof hinausgegangen und hast es der Großmutter gezeigt, die gesagt hat, «lass es auf dem Tisch stehen und deck es mit einem sauberen Küchentuch ab». Ihre Küchentücher waren an Nägeln aufgehängt, die in die Wand geschlagen waren, es gab Tücher, um sich die Hände während des Essens abzuwischen, sie hatte Tücher, um sich die Hände nach dem Waschen abzutrocknen, und es gab in der Küche saubere Tücher, um gewisse Gerichte abzudecken. Die Großmutter hatte Tücher, um die Teller abzutrocknen, die sie von Hand in einem Plastikbecken abwusch.

* * *

Die Streichholzschachtel, die dir der Kellner des Restaurants gab, ist ein Päckchen Zigaretten in Miniaturform, sie enthält einige Dutzend Streichhölzer, und auf einer der kleineren Seiten ist eine Fläche mit einem Produkt überzogen, das die Streichhölzer zum Entzünden bringt, wenn man sie mit dem Ende, an dem es Phosphor hat, daran reibt. Du hast irgendwo dein Feuerzeug liegen lassen, die Kleine trinkt einen Eistee, sie hat einen Birnensaft haben wollen, aber in diesem Restaurant gibt es das, was sie haben wollte, nun mal nicht. Sie hätte auch einen Aprikosensaft haben wollen, es gibt in diesem Restaurant keine einzige Sorte von Saft, die Kleine hat sich für einen Eistee entschieden, und sie trinkt ihn mit einem Strohhalm. Deine Frau trinkt ein Bier wie du eines hast, offenes Bier gibt es auch nicht, es ist Samstagabend, fast acht Uhr, der Kellner hat euch Flaschenbier in eure Gläser eingeschenkt.

Die Kleine schaut dir dabei zu, wie du nach deinem Feuerzeug suchst, du trägst eine Jeanshose und eine Jeansjacke, es gibt viele Taschen an den Kleidern, die du trägst, das Mädchen sieht die Finger deiner Hand nach dem Feuerzeug suchen. Sie sagt, «was suchst du, Papa?», du antwortest, «ich suche mein Feuerzeug!», sie wendet sich wieder ab und schaut in ihren Eistee, in den sie mit dem Plastikstrohhalm hineinbläst, und du siehst die Luftblasen, die deine Tochter in die Flüssigkeit macht.

Die Große ist nicht dabei. Ihr seid zu dritt am Tisch, die Kleine und du, ihr sitzt auf der einen Seite, und die Mutter sitzt auf der anderen, euch gegenüber. Die Kleine schaut ihre Mutter an und sagt, «ich habe zwei Eiswürfel drin, Mama!», du sagst, «die Eiswürfel darf man nicht in den Mund nehmen!», die Kleine gibt dir mit dem Kopf ein «Nein!» zu verstehen, du suchst in deinen Taschen noch immer nach deinem Feuerzeug. Die Kleine schaut die Leute an, die an die Bar lehnen. Du siehst, wie sie sie anschaut, und du beobachtest ihren Blick, der auf die fünf Männer gerichtet ist, die trinken und über das reden, was heute in der Zeitung steht, diese Leute reden über die Ausländer im Land, über die Abstimmungen zur Armee des Landes, sie diskutieren über die Auswirkungen der Naturkatastrophen, die über ferne Länder hereingebrochen sind, du denkst an dein Herkunftsland, das hier zu den fernen Ländern gehört, für dich ist dein Land nicht fern, für dich ist dieses Land deiner Frau und deiner Töchter kein fremdes Land.

Du kannst dein Feuerzeug nicht finden, du wendest dich an den Kellner, der an eurem Tisch vorbeigeht, mit einem Tablett, auf dem du Weingläser und einen Weinkrug siehst: «Entschuldigen Sie, haben Sie an der Bar Streichhölzer?»

Er hat dir diese Streichholzschachtel gebracht, die dich an einen Teil deiner Kindheit erinnert, du schaust deine Kleine an, die noch nicht mal drei ist, und du erinnerst dich an eines eurer Kinderspiele, als du sechs, sieben Jahre alt warst, du wohntest bei deiner Mutter und deinem Stiefvater in einem Block der Einheitspartei, du spieltest draußen, zwischen den Blöcken, mit Kindern deines Alters, ihr hattet ein Spiel erfunden, bei dem jeder von euch viele Kärtchen mit Bildern darauf haben musste, und ihr habt diese kleinen bunten Rechtecke von den Streichholzschachteln genommen. Auf jeder Seite einer Streichholzschachtel war ein Bild, das ihr weggerissen habt, und diese Kärtchen habt ihr für euer Spiel verwendet, das ihr «Kärtchen» nanntet, ihr habt zueinander gesagt: «Spielen wir Kärtchen?!» Ihr habt einen Kreis auf den Asphalt des Gehsteigs gemacht, einen Kreis aus Kreide oder aus einem Stück Backstein, und in diesen Kreis hat jeder von euch eine oder mehrere solcher Kärtchen mit Bildern von den Streichholzschachteln hineingelegt, ihr habt euch ein paar Schritte vom Kreis entfernt, ihr habt fünf oder sechs Meter vom Kreis weg, in dem lauter Kärtchen waren, eine Linie gezogen, von der aus jeder von euch, nacheinander, eine Art Scheibe aus asphaltiertem Karton, den ihr auf dem Haufen neben der Wohnblockbaustelle gefunden hattet, werfen musste.

Ihr wart die einzigen, die an einem Tisch saßen. Der Kellner glaubte, dass ihr etwas essen wolltet.

Nachdem du die Zigarette angezündet hattest, hast du geraucht und dabei deine Frau angeschaut und die Leute, die an der Bar stehend geredet haben, sie haben laut geredet, und sie haben über Leute geredet, die du kanntest, sie sagten, dass es gewisse Personen im Viertel nicht geben sollte, du dachtest, dass es die Wörter, mit denen diese Personen bezeichnet wurden, nicht geben sollte, du kannst unterscheiden zwischen den Personen und den Wörtern, die es nicht geben sollte, es gibt keine Person, die es nicht geben sollte. Du hast an dein Kartenspiel gedacht, bei dem jeder von euch den ganzen Tag lang seine Scheibe aus asphaltiertem Karton und seine Kartenkollektion der Streichholzschachteln mit sich herumtrug, du hast dich daran erinnert, wie ihr Kinder zu dritt, zu viert oder zu fünft hinter der weißen oder orangen Linie aufgereiht standet und die Scheiben in den Kreis warft, der die farbigen Rechtecke, die sich im Spiel befanden, umrahmte. Man musste die farbigen Kärtchen aus dem Kreis befördern, indem man sie mit der geworfenen Scheibe herausschubste. Du denkst, dass du deinen Mädchen dieses Kartenspiel deiner Kindheit beibringen könntest, du lachst, als du die Streichholzschachteln im Haushalt deiner Eltern vor dir siehst, allen fehlte die Kärtchenseite. Die Wohnung war voller Streichhölzer ohne Schachtel, deine Mutter schimpfte mit dir, und dein Stiefvater lächelte.

Du hast geraucht, und du hast deine Frau gesehen, wie sie dir zugezwinkert und den Kopf leicht nach vorne geneigt hat, weil sie dir etwas zeigen wollte, hinter dir. Du hast dich umgedreht und dich umgeschaut, und du hast ein Gesicht gesehen, das dir bekannt vorkam, dieses Gesicht gehörte einem deiner Bekannten, es war der Mann, der ungefähr in deinem Alter war und den deine Frau und du seit einigen Jahren kannten. Ihr kanntet seine Frau und ihre beiden Töchter, und ihr wusstet, dass seine Frau damals das dritte Kind zur Welt bringen sollte, er ist an euren Tisch gekommen, ihr habt euch wie immer mit drei Küsschen auf die Wange begrüßt, er war gleichzeitig ruhig und aufgeregt, mehr als sonst, er hat es euch sofort erzählt: «Es ist ein Junge, ich habe drei Kinder, er ist gestern zur Welt gekommen, und die Mutter ist wohlauf!» Der Vater der beiden Mädchen und des ein oder zwei Tage alten Jungen hat sich mit den Bildern des Kartenspiels vermischt, du hattest immer noch diese Kärtchen der Streichholzschachteln im Kopf, und du hast dem Mann, der bei euch am Tisch gesessen ist, zugehört, du sahst vor dir, wie ihr die Mülltonnen der Wohnblöcke im Viertel nach leeren Streichholzschachteln durchsuchtet, du hast «ich habe sofort gedacht, dass ich meine Mutter anrufen muss, um ihr die Geburt des Jungen mitzuteilen!» gehört, ihr suchtet die Streichholzschachteln in Mülltonnen mit Hilfe von Holzstöcken, mit denen ihr in den Abfallhaufen zwischen den Betonmauern herumwühltet, du hast ihn sagen hören, «in dem Moment war mir nicht bewusst, dass meine Mutter seit ein paar Wochen nicht mehr da ist!», die Mülleimer der Einheitspartei kamen dir wieder in den Sinn, ihr suchtet eure Streichholzschachteln, indem ihr mit euren Stöcken in Restgut jeglicher Art stochertet, ihr atmetet den Gestank der Abfalltonnen ein und decktet euch mit Streichholzschachteln für das Spiel ein, er hat gesagt, «für mich ist diese Geburt eine traurige Geschichte, ich denke an meine Mutter, die vor kurzem gestorben ist», deine Finger spielten mit dieser Streichholzschachtel, die eine Schachtel Zigaretten in Miniaturform war.

Er saß neben euch wie jemand, den ihr nicht kanntet, die Kleine hat sich in deine Arme geflüchtet, die Mutter hat ihn angesehen wie einen Seefahrer, der nach vielen Monaten wieder an Land zurückgekehrt war. Seine Stimme zitterte beim Sprechen, «es ist eine Geschichte von Leben und Tod, diese Geburt des Kleinen», er hat ein Bier bestellt, du hast die Streichholzschachtel aus deiner Hand auf den Tisch fallen lassen, du hast aus deiner Gesäßtasche deine Brieftasche hervorgeholt, du hast die verbliebenen Münzen auf den Tisch geleert, du hast gerechnet, du hast deine Frau angesehen, und du hast sie gefragt, «trinkst du einen Roten mit mir?»

Er war von der Arbeit gekommen, die Kleine hat noch einen Eistee haben wollen, er hat gesagt, «die Kleine hat sich einen Bruder gewünscht!», er hat noch ein Bier bestellt, deine Frau wollte keinen Rotwein mit dir trinken, er hat euch die beiden Vornamen genannt, die seine Frau für den Kleinen ausgesucht hatte. Die Streichholzschachteln deiner Kindheit verschwanden mehr und mehr aus deinem Kopf, die Kleine hat über die neuen Eiswürfel in ihrem Eisteeglas geredet, du hast Wein getrunken und auf die Gesundheit des Neugeborenen und auf die Gesundheit aller Kinder angestoßen, er hat erzählt, dass seine Frau und ihr Kleiner noch einige Tage in der Klinik bleiben würden, deine Frau hat dir in die Augen geschaut, als würde sie sie dir geben wollen, du hast ihr in die Augen geschaut, und du weißt, dass immer, wenn du etwas an ihr ansiehst, sie dir das geben will, was du anschaust, sie will dir Teile ihres Körpers geben und ihre Kleider und ihren Schmuck.

* * *

Dein Vater ist steif. Du schaust ihn mit einem Lächeln an, und mit Tränen in den Augen lässt du eine der schönsten Szenen mit ihm Revue passieren. Ihr wart zusammen auf einer seiner Baustellen, du wolltest, dass er dir von den Platzpatronen gibt, die dazu dienten, die Nägel auf der Baustelle in den Beton der Mauern zu versenken. Er gab dir jeweils nur eine Handvoll solcher Platzpatronen, du hattest ein Anrecht auf zehn pro Woche.

Dein Vater wird dir nie mehr irgendwelche Dinge geben können. Die Platzpatronen, die er dir gab, nahm er aus einer der großen Kisten, in denen Tausende solcher Patronen verschlossen waren. Auf der Baustelle gab es in einer Baracke mit Seitenwänden aus Papp- und Wellkarton behelfsmäßig so etwas wie ein Werkzeugmagazin. Die Fenster dieses Magazins waren aus Blech, und jedes Mal, wenn du deine zehn Patronen bekamst, bist du deinem Vater und dem Magaziner in das Magazin gefolgt.

 

Mit einem Draht von einem oder zwei Millimetern Durchmesser und einer Länge von zirka zwanzig Zentimetern hast du mit dem einen Ende die Basis der Patrone umwickelt, und mit dem anderen Ende hast du die Patrone gegen einen Stein geschlagen, gegen den Rand eines Gehsteigs oder gegen einen Pfosten. Der Schlag brachte das Pulver in der Patrone zum Explodieren, und an diesem Krach hattest du deinen Spaß. Du hast Krieg gespielt, indem du deine wöchentlichen zehn Patronen hast explodieren lassen, du hast deinen Vater um immer noch mehr Platzpatronen gebeten, und er hat dir jedes Mal nur zehn gegeben.

Du hattest im Dorf der Baustelle gleichaltrige Freunde, und du teiltest mit ihnen deine Platzpatronen. Sie freuten sich über dein Geschenk, und gemeinsam habt ihr eure Patronen gegen harte Gegenstände geschlagen und euch am Lärm, den sie verursachten, vergnügt. Wenn du am Ende der Ferien bei deinem Vater auf der Baustelle zu deiner Großmutter zurückkehrtest, brachtest du immer ein paar Platzpatronen mit, du ließest sie auf der Straße deiner Kindheit hochgehen und triebst mit deinen Freunden aus der Straße Späße. Die Großmutter schimpfte mit dir und sagte, «es ist dein Vater, der dir Dummheiten beibringt, das sind Dummheiten, mein Enkel!» Du siehst deinen Vater in seinen ersten Stunden der Verwesung, und du siehst deine Großmutter, die mit dir herumscherzt. Sie sitzt auf einem kleinen Stuhl vor der Tür ihres Hauses, du sitzt neben ihr auf dem Boden, sie sieht dich an und sagt, «mein lieber Enkel, du und deine Dummheiten, die du mir jeden Tag bescherst, du bist genau der Richtige, um mir einen meiner Wünsche zu erfüllen, weißt du, ich träume davon, mit einem Kranwagen beerdigt zu werden, weißt du, ich sehe meinen Sarg am Ende des Drahtseils am Haken des Krans des Lastwagens hängen, und ich weiß, dass du mir diesen Wunsch erfüllen wirst, es gibt außer dir niemanden, der das tun könnte!», und sie lacht und streicht dir übers Haar und über die Beine, die voller Dreck sind vom Hof und von der Straße, wo du gespielt hast.

Einmal hat dich dein Vater mitgenommen, um dir die zehn Platzpatronen zu geben, es war Sommer und du warst barfuß, du hast ihn zum Büro des Magaziners begleitet, und zu dritt seid ihr ins Magazin gegangen, in dem sich Tausende von den Patronen befanden, die du so gerne haben wolltest. Dein Vater hat zum Magaziner gesagt, «gib ihm wieder zehn Patronen!», du hast gesehen, wie der Mann angefangen hat, eine neue Platzpatronenkiste zu öffnen, es ist dir aufgefallen, dass die Blechfenster des Magazins Halterungen hatten, die innen befestigt waren, du hast einen langen Holzstab genommen, der an die Wand gelehnt war, es war der Stiel einer Hacke, und du hast im Magazin drinnen angefangen, Krieger zu spielen, der gegen Feinde ankämpft, die dich mit dem Säbel angreifen. Du hattest den Hackenstiel zu einem Säbel gemacht, der zu schwer war für deine Arme, du hast mit diesem improvisierten Säbel in die Mauern der Baracke gestochen, und gleichzeitig hast du mit der Spitze deines Schwertes die Metallhaken, mit denen die Blechfenster befestigt waren, angepeilt. Dein Vater und der Magaziner haben beide gelacht und haben einander gesagt, dass du immer ein kleiner Bengel bleiben wirst, der viel Radau macht. Es ist ihnen nicht aufgefallen, dass du die Haken am Fenster verschoben hast, der Magaziner hat die neue Kiste mit den Platzpatronen geöffnet, dein Vater hat gesagt, «pass auf, du könntest uns erwischen mit deinem komischen Säbel!», du hast das Magazin zu diesen Tausenden von Platzpatronen geöffnet.

Die Großmutter kannte dich besser als dein Vater, und sie war es, die dir beigebracht hatte, wie man Hähnchen und Hühner tötet. Sie kannte dich gut, weil sie dich viel öfter sah als dein Vater, sie sah dich spielen und Spiele erfinden, sie sah dich angeln und Hühner mit dem Messer töten. Sie hatte dir gesagt, «hier, töte dieses Huhn, ich muss es fürs Abendessen zubereiten», und du hattest dich geweigert, du hattest ihr gesagt, «ich will nicht, ich will nicht, weil ich nicht weiß, wie das geht!», sie hat dir zugelächelt und gesagt, «also, dann komm mit, lass uns auf die Straße gehen!» Du bist ihr bis zum Gehsteig gefolgt, sie hat das lebende Huhn unter ihrem Arm getragen, und in der anderen Hand hatte sie ein Küchenmesser. Ihr seid am Straßenrand gestanden und habt darauf gewartet, dass jemand vorbeikommt, und deine Großmutter hat sich an jeden Passanten gewandt, «töten Sie Hühner?» Einige sagten, «nein, ich töte keine Hühner!» und gingen weiter, und ein Mann, der mit zwei Taschen voller Besorgungen auf dem Nachhauseweg war, ist stehengeblieben und hat gesagt, «ja, das mache ich gerne für euch!»

Er hat seine Einkaufstaschen an den Randstein gestellt, auf der Straße, er hat der Großmutter das Huhn und das Messer aus der Hand genommen und hat ein paar Schritte zur Straßenmitte hin gemacht. Er hat sich gebückt und die beiden Flügel des Huhns nach hinten gestreckt zusammengehalten, er hat seinen rechten Fuß auf die nach hinten gestreckten Flügel gestellt und den linken Fuß auf die Läufe. Während er es so auf dem Pflaster der Straße festgehalten hat, hat er mit seiner linken Hand den Kopf des Huhns genommen und mit der anderen Hand den Hals des Huhns mit dem Messer durchgeschnitten. Du hast den von Körper abgetrennten Kopf des Huhns gesehen, den der Passant in den Händen hielt, du hast gesehen, wie das Blut des Huhns in feinen und kräftigen Fäden aus dem abgeschnittenen Hals ausgetreten ist, du hast das blutverschmierte Messer gesehen, und du hast gesehen, wie dieser Passant mit seinen Füßen weiter auf den Läufen gestanden hat und wie die Flügel des Vogels, dessen Kopf abgeschlagen war, heftig geschlagen haben. Auf diese Weise hast du bei deiner Großmutter das Hühnertöten gelernt. Du weißt, wie man es anstellen muss, damit das Blut des Vogels die Kleider nicht vollspritzt, du weißt, wie man mit dem Messer den abgetrennten Hals des Huhns gegen den Boden presst, und du schaust, wie das Blut austritt und auf die Straße tropft und sie mit kleinen roten Blasen bedeckt.

Dein Vater ist aus deinem Leben, das auf dich zukommt, verschwunden, du schaust ihn an, und du lächelst, so wie du gelächelt hast, als du ihm am Abend gesagt hast, «ich gehe mit den Freunden spielen!» Du bist auf die Baustelle gegangen, zur Baracke, in der die Platzpatronen eingeschlossen waren, du hast eines der Fenster, deren Haken auf der Innenseite nicht mehr befestigt waren, geöffnet, du bist durch das Fenster in das Magazin hineingestiegen und hast aus der Kiste, die der Magaziner ein paar Stunden zuvor angebrochen hatte, mehrere versiegelte Schachteln Platzpatronen genommen. Zuerst hast du die Hunderten von Platzpatronen im Garten des Hauses des Bauern, bei dem ihr wohntet, versteckt, dann hast du das Versteck gewechselt und hast sie unter euer Bett gelegt. Dein Vater sagte fast jeden Tag, «das hört gar nicht mehr auf mit deinen Platzpatronen, alle Leute im Dorf sagen mir, dass du ständig mit diesen Platzpatronen herumlärmst!» Du lachst und du weinst und du erinnerst dich daran, wie dein Vater eines Tages seine Pantoffeln unter dem Bett hat suchen wollen, er hat sich gebückt und unter das Bett geguckt und hat deine versiegelten Schachteln voller Patronen gesehen, und er hat wie immer gesagt, «wie hast du das angestellt?!» Du hast ihm von deiner List erzählt, er hat deine Beute aus dem Hackenstielsäbel-Krieg konfisziert, und ihr habt darüber gelacht. Er hat gesagt, «du Schlitzohr, ich erhöhe ab sofort deine Patronenration, du bekommst eine Schachtel pro Woche!» In einer Schachtel waren hundertzwanzig Patronen.

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