Die Wolfssymphonie

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Tick-Tack wird das Flaggschiff sein.

Du schaltest die Kaffeemaschine ab, indem du auf den Knopf drückst, auf den das Kind gedrückt hat. Ich gehe hinter euch durch, nehme die volle Tasse Kaffee und stelle sie auf den Tisch, nehme die Zuckerdose vom Fensterbrett, und mit einem Kaffeelöffel gebe ich Zucker hinein, eineinhalb Löffel in jede Tasse. Das Kind wird seine Hände nach der Kaffeetasse ausstrecken. Du wirst sagen, «nein, das ist heiß!, nein, mein Kleines!», und sie wird «nein! nein! nein! nein! nein!» sagen, wird mit dem Kopf die Geste des Neinsagens machen und den Kopf nach links und dann nach rechts drehen, mehrere Male, und immer wieder «nein! nein! nein! nein! nein!» sagen.

* * *

Sie spielt mit dem Clown im Holzkistchen. Dieser Clown befindet sich in einem Holzquader, festgemacht an einer Feder. Wenn man den Haken löst, der den Holzdeckel am Rest des Kistchens befestigt, springt der Clown blitzschnell aus seinem Versteck, und die Kleine lacht. Sie will den Clown selber wieder ins Kistchen stecken, sie drückt ihn selber mit ihren Händen und Fingern hinein, schließt den Deckel und will den Haken befestigen, damit alles wieder geschlossen ist. Du zeigst ihr oft diesen Clown, auf dessen Kistchen die Namen von großen Städten geschrieben stehen: LONDON, NEW YORK, PARIS. Auf dem gleichen Kistchen stehen auch die Worte «FRAGIL» und «EXPORT» geschrieben. Der Clown hat ein blau-grünrot-weiß-rosa-farbenes Gewand, trägt einen Hut in der Form eines Kegels, und seine Lippen und seine Wangen und seine Nase sind rot geschminkt. Du sagst dem Kind: «Achtung!» In diesem Augenblick fixiert sie den Deckel des Kistchens des Clowns, und du wiederholst mehrmals hintereinander: «Achtung! Achtung! Achtung!», schiebst deinen rechten Zeigefinger zum Haken des Kistchens, und das Kind hört auf, den Deckel anzuschauen und nimmt den Haken ins Visier, folgt deinem Finger, der langsam diese Metallspitze wegschiebt, die, einmal vom Nagel gelöst, den Clown freilässt. Das Kind lacht jedes Mal, wenn du das machst.

* * *

Der Kaffee ist gut. Die Tasse und die Untertasse sind mit blauen Blättern dekoriert. Sicher sieht das Kind diese Bemalungen, diese Farben, diese Formen. Der Henkel meiner Tasse ist beschädigt. Diese Tasse muss etwa fünfzehn Jahre alt sein, vielleicht mehr. Ich nehme die Tasse mit meiner rechten Hand am Henkel und führe sie zu meinem Mund. Ich rieche den Duft des Kaffees. Ich fühle die Wärme, die der Kaffee verströmt, bevor meine Lippen die Flüssigkeit berühren. Ich schaue dich an, ich lächle dir zu, das Kind ist bei dir, und sie drückt mit ihren nackten Füßen gegen die Tischkante.

Auf den Rumpf von Flagge kannst du, wie auf der Clownschachtel, die Wörter «FRAGIL» und «EXPORT» schreiben. Du kannst der Großen erklären, was das Wort «FRAGIL» bedeutet. Du bist im Supermarkt, in der Gläserabteilung, und du gehst zu den Gläsern, die in Kartons verpackt sind. Du trägst die Kleine auf dem Arm, und die Große rechts neben dir fragt, ob du Gläser kaufen wollest. Du verneinst. Du sagst ihr, sie solle eine Schachtel nehmen, in der sechs Gläser verpackt seien, und sie bringt dir diese Schachtel. Du zeigst ihr ein Wort, das auf der Packung geschrieben steht, und sagst ihr, dass dieses Wort «FRAGIL» heiße. Du sagst ihr, dass «FRAGIL» heikel, im Sinne von fein, im Sinne von dünn, im Sinne von zerbrechlich, bedeute. Die Große sagt, dass die Brillengläser fragil seien und dass Erdbeeren und alle Früchte fragil seien. Du sagst, dass das stimme: dass es viele fragile Dinge gebe. Die Leute, die im Supermarkt an euch vorbeikommen, sehen euch alle drei reden und um diese Kartonschachtel herum sitzen, in der sechs Weingläser stehen.

* * *

Die Große ist im Bad und wäscht in einem hellgrünen Plastikeimer ein Paar ihrer Socken. Sie ist mit Turnschuhen voller Sand nach Hause gekommen. Sie hat am Seeufer mit Sand gespielt, und der Sand ist in ihre Schuhe eingedrungen, feuchter Sand, feiner Sand, Sand, aus dem, wie du ihr sagst, Weingläser hergestellt werden. Sie legt ihre Socken in den Eimer, der unter dem Wasserhahn auf dem Waschbecken steht. Sie öffnet den Warmwasserhahn, lässt ihn einige Minuten laufen, dreht den Hahn dann wieder zu und öffnet den Kaltwasserhahn, den sie ebenfalls laufen lässt. Sie prüft mit ihrer Hand das Wasser, nimmt die Seife und beginnt ihre Socken einzuseifen, taucht sie unter und fühlt die kleinen Sandkörner an ihren Fingerspitzen.

Du stellst die Kleine auf den Boden neben deinen Stuhl. Sie dreht sich zum anderen Ende des Tisches und bewegt sich auf die Küchentür zu. Sie geht über die Schwelle der Küchentür, kommt in den Eingangsraum und geht auf das kleine Regal zu, auf dem das Telefon steht. Mit ihrer rechten Hand nimmt sie den Hörer des Apparates und führt ihn zum Ohr. Sie sagt Wörter, sie schaut uns an, während sie in das Telefon redet. Auf der anderen Seite der Leitung ist ein Jemand, ein Objekt, eine Person, der Wind oder ein Bild, mit dem sie redet. Sie macht das einige Minuten lang und drückt immer wieder auf die Tasten des Apparats. Sie drückt mit ihrem Zeigefinger auf die Tasten, und der Telefonhörer bleibt auf ihrer Schulter, wie ein großes schwarzes Schulterpolster aus Bakelit. Du reichst ihr oft das Telefon, wenn du mit den Eltern oder mit Freunden sprichst. Sie hält ihr Ohr hin und lauscht den Lauten, die aus dem Apparat kommen. Sie sagt nichts, und manchmal lacht sie.

Die Große ist sich das Telefonieren gewohnt. Sie spricht häufig mit ihrer Großmutter, sie sagt ihr, dass sie im Zirkus wäre, in der Schule oder in der Stadt, mit ihrer Schwester und ihrer Mutter. Sie spricht auch mit ihren Cousinen oder mit Leuten, die uns anrufen. Sie kann die Nummer ihres Großvaters ganz alleine wählen, und sie sagt ihm «ich küsse dich, ich hab dich lieb Großvater, ich mache eine Zeichnung für dich!» Sie kann bis hundert zählen und stellt mit ihren Fingern Rechnungen an. In ihrem Zimmer hängt ein Plakat mit den ersten zehn Zahlen, mit jeweils einem Bild daneben. 1 Telefon, 2 Plüschtiere, 3 Malstifte, 4 Blätter, 5 Tassen, 6 Schlüssel, 7 Nägel, 8 Gabeln, 9 Knöpfe, 10 Würfel. Die 8 hat sie zuletzt gelernt. Du hast ihr die Acht gezeigt, und sie hat gesagt, dass sie sich nicht erinnern könne. Du hast ihr gesagt, sie solle noch einmal beginnen, von vorne, eine Zahl nach der anderen. Sie hat einen neuen Anlauf genommen und bei der Zahl Acht aufgehört. Sie hat zuerst gelernt, die Zahlen aufzusagen, dann hat sie gelernt, sie zu erkennen. Zuletzt hat sie gelernt, sie zu schreiben, von Hand, auf ein weißes Papier oder in Hefte.

* * *

Es wird mehrere Narzissen geben, und sie werden in der Badewanne absinken, eine pro Tag. Ihr sitzt auf dem Parkettboden, mit den drei Schiffen vor euch, und du erklärst den Mädchen, welches von ihnen das fragilste sei. Narzisse nimmt leicht und schnell Wasser auf, wird nass und bekommt Löcher und sinkt auf den Grund der Badewanne. Tick-Tack kannst du gegen etwas schlagen, gegen den Badewannenrand: Es verbiegt sich und verändert die Form, im Wasser rostet es, und es ist das schwerste von allen. Flagge schwimmt am besten: Es geht nicht kaputt, es brennt weniger schnell als Narzisse.

Die Große kennt mehrere Flaggen. Du redest von Ländern und Flaggen, und sie zeigt auf der Lexikonseite mit ihrem Zeigefinger auf die französische Flagge. Du erzählst von einem Wohnviertel, dem Viertel deiner Kindheit. Du erzählst von einem Dorf, dem Dorf deiner Großmutter mütterlicherseits. Du erzählst vom Viertel deines Großvaters väterlicherseits. Du erzählst von der Stadt deiner Jugendzeit und von der Stadt, in der wir wohnen. Dann erzählst du von Ländern, von einem Land, von zwei Ländern, von drei Ländern, von vier Ländern, von fünf Ländern, von mehreren Ländern, von Kontinenten und von allen Ländern. Du erzählst vom Planeten. Du sagst, dass dieser Planet Erde heiße und dass es dasselbe Wort sei, mit dem man die Erde des Gemüsegartens bezeichnen würde und diejenige in den Blumentöpfen und diejenige, die hier, wo sich unser Haus befinde, ausgebaggert worden sei. Du erklärst den beiden Mädchen, dass Narzisse, wenn man die drei Schiffe vergraben würde, am fragilsten sein würde und als erstes vermodern würde. Du sagst der Großen, dass vergraben bedeute, etwas in die Erde zu tun, ein großes Loch oder ein kleines Loch zu machen und etwas in das Loch hineinzutun und dann Erde darüber zu legen.

* * *

Dein Vater ist für dich zu früh gestorben. Die meisten Haare deines Vaters sind weiß und nach hinten frisiert. Sie lassen seine Stirn frei. Die Nasenlöcher deines Vaters sind mit Watte ausgestopft. Du siehst keine einzige Narbe im Gesicht deines Vaters. Dein Vater hatte keine einzige Narbe am Körper. Du hast deinen Vater zu Hause oft in Unterhosen gesehen. Ihr seid zu Hause oft stundenlang in Unterhosen herumgelaufen. Ihr habt euch an den Tisch gesetzt und habt beide in Unterhosen gegessen. In der Leichenhalle mussten sie ihm eine ganz neue Unterhose anziehen. Man kleidet die Verstorbenen mit neuen Kleidern ein. Du siehst seine Armbanduhr am linken Handgelenk, und sie läuft. Der Unfall hat ihr automatisches Laufwerk nicht zum Stoppen gebracht. Du siehst den Sekundenzeiger, der auf dem Zifferblatt die Runde macht. Du siehst einen falschen Ehering am Ringfinger deines Vaters. Die Frau deines Vaters behält den richtigen. Das Wort «Ehering» dürfte es nicht geben. Deine Mutter wird an das Begräbnis deines Vaters kommen. Sie und dein Vater sind mehrere Male vor Gericht gezogen, und jeder von ihnen hat das Sorgerecht für dich eingefordert. Drei Mal hat das Gericht beschlossen, dass du unter dem Sorgerecht deiner Mutter stehst, und vier Mal hat das Gericht beschlossen, dass du unter dem Sorgerecht deines Vaters stehst. Als dein Vater gestorben ist, hatte deine Mutter das Sorgerecht. Dein Vater wollte noch einmal vor Gericht und das Sorgerecht für dich erwirken. Er wollte das Sorgerecht für dich wiedererlangen, und er wollte, dass du bei ihm lebst. Deine beiden Eltern haben beide das Sorgerecht gewollt, und du hast bei keinem von ihnen gelebt. Du hast bei deiner Großmutter mütterlicherseits in ihrem Haus gelebt. Es hatte vier Zimmer und eine große Eingangshalle. Dieses Haus hatte zwei Eingänge. Du hattest einen Eingang und deine Großmutter hatte einen Eingang. Zwei Zimmer gehörten dir und zwei Zimmer ihr. Deiner Großmutter gehörte auch die Eingangshalle. Es war diese Großmutter, die dich frühmorgens zum Fischengehen weckte. Sie kam gegen vier Uhr morgens ans Fenster und klopfte an die Scheibe, und du sagtest, «ist gut! Ich stehe auf!»

 

Während du dich anzogst, bereitete sie den Tee zu und stellte den Quark, den Speck, das Brot und die Zwiebeln bereit. Du isst gerne rohe Zwiebeln. Sie wusste das, und sie stellte dir zu jeder Mahlzeit, die du bei ihr aßest, welche hin. Du lebtest im Haus der Großmutter mütterlicherseits, und dieses Haus, in dem ihr beide lebtet, war von vielen Familienmitgliedern mütterlicherseits bewohnt worden. Als du noch ganz klein warst und sie in der Küche zu arbeiten hatte, hat dich deine Großmutter mütterlicherseits eines Morgens in ein kleines, leeres Fass gesteckt und dich eine Weile dort drin gelassen. An jenem Tag hat dich dein Vater, der dich besuchen kam, bewusstlos in diesem leeren Fass, das starken hausgemachten Alkohol enthalten hatte, gefunden. An jenem Tag hat dein Vater dir das Leben gerettet, als er dich gefunden hat, vergiftet von den Dämpfen des Apfelschnapses, mit dem die Dauben des Fasses getränkt waren. Dein Vater hat deine Großmutter angebrüllt, dann haben sie zusammen ein Glas Apfelschnaps getrunken, und du, du bist auf dem Schoß deines Vaters gesessen und hast wieder gelächelt an der frischen Luft. Dein Vater vertrug den Alkohol. Das machte ihn zu einem großen Trinker. Dein Vater spendierte anderen immer ein Glas. Er trank mit den Leuten, und er spendierte den Leuten, die mit ihm am Tisch saßen, eine Runde. Er trank mit den Arbeitern, auf der Baustelle, nach Feierabend. Die meisten Arbeiter wohnten in Baracken nahe der Baustelle. Diese Arbeiter fuhren nur Samstagabend nach Hause. Am Sonntagabend kehrten sie in ihre Baracken zurück. Nur wenige Arbeiter kamen aus dem Dorf selbst, in dem sich die Baustelle befand. Manchmal lud dein Vater ein paar Arbeiter ins Restaurant ein. Jedes Dorf hat sein Restaurant. Dein Vater ging mit ihnen ins Dorfrestaurant, und sie blieben, bis es zumachte. Dein Vater nahm dich mit ihnen mit, und du verbrachtest den Abend in ihrer Gesellschaft. Du hörtest ihnen zu, du schautest ihnen zu, und ab und zu redetest du mit einem von ihnen. Sie stellten dir keine Fragen. Dein Vater ließ dich leben. Er ließ dich selber lernen. Wenn du ihn etwas fragen wolltest, hörte er dir zu und gab dir immer eine Antwort. Dein Vater erfüllte dir alle deine Wünsche. Du wünschst dir nicht viel. Du batest ihn darum, ein Lotterielos kaufen zu dürfen.

* * *

Die Kleine hat blaugrüne Augen, und sie schaut jetzt die Aktentasche an, in der du Ausschnitte aus Zeitungen, Zeitschriften und Büchern hast. Sie ist einige Schritte von der Aktentasche entfernt, und sie geht auf sie zu, nimmt sie am Handgriff und zieht an ihr. Sie kann die Aktentasche wegziehen, so wie sie ist, gefüllt mit Drucksachen, sie zieht sie einige Meter weit, über das Wohnzimmerparkett. Deine Aktentasche ist braun wie die Schale von gerösteten Maroni, sie war billig, und du bist nur selten mit ihr aus dem Haus gegangen. Seit Monaten benutzt du sie als Ablage für deine Papiere. Es ist eine Aktentasche mit drei Fächern, sie hat ihren Platz gleich neben deinem Zeitungsstapel.

Die Kleine nimmt sich oft von den Zeitungen, die sich neben deinem Schreibtisch türmen, und verschleppt sie in die Wohnung. Sie nimmt eine Zeitung, geht aus dem Wohnzimmer und in die Küche, unter den Tisch, wo sie sie auf den Fliesen liegen lässt. Dann kommt sie ins Wohnzimmer zurück, nähert sich dem Stapel und zieht erneut eine Zeitung heraus. Du tippst in die Schreibmaschine, sie macht deutlich, dass sie auf deinen Schoß will, sie breitet ihre Arme aus, schaut dich an und steht auf ihre Zehenspitzen, dicht neben dir. Du nimmst sie hoch und setzt sie auf deine Knie, vor der Schreibmaschine. Sie drückt auf die Tasten, als würde sie Klavier spielen, mit allen Fingern gleichzeitig, oder mit zwei Fingern einer Hand und drei Fingern der anderen, mit einem Finger der rechten und vier Fingern der linken. Sie bemerkt die Metallbügel, die sich vor ihr bewegen, und sie legt ihre Finger auf diese Metallbügel und auf die Buchstaben, die sie auf die Seite drucken. Die Kleine ist schwarz an ihren Fingern und an ihren nackten Füßen. Du stehst auf und hältst sie mit deiner linken Hand fest, ihr Rücken gegen dich, deine Hand stützt sie am Unterleib, du gehst aus deinem Büro und gehst mit ihr ins Badezimmer, setzt sie auf den Rand des Waschbeckens, drehst den Warmwasserhahn auf, dann den Kaltwasserhahn, nimmst ein wenig Seife und wäschst zuerst ihre Füße, sie lehnt sich nach vorn und möchte am Wasserhahn drehen, du nimmst ihre Hände, eine nach der anderen, und seifst sie ein, hältst ihre Hände unters Wasser, dann ihre Füße, und schließlich wäschst du ihr das Gesicht, das um den Mund herum auch voller schwarzer Flecken ist. Du drehst die Wasserhahnen zu, du zeigst ihr im Spiegel eure Gesichter, du sagst, sie solle den Gesichtern auf Wiedersehen sagen, und sie macht es, wie mit den Schiffen am Seeufer. Du drehst dich zur Badezimmertür um, nimmst ein blaues Frottiertuch, trocknest das Gesicht, die Hände und die Füße der Kleinen, hängst das Frottiertuch an seinen Platz zurück und gehst wieder aus dem Badezimmer, mit der Kleinen in derselben Haltung, in der linken Hand, den Rücken gegen dich. In der Eingangshalle setzt du sie wieder auf den Boden.

* * *

Der Kaffee ist kalt, und es hat nur noch einen Rest in der Tasse. Durch das halboffene Küchenfenster hört man den Lärm der Autos, die auf der Straße vorbeifahren. Die Kleine ist in die Küche gekommen, und sie zeigt mit ihren Händen auf die drei Bilder, die am Kühlschrank kleben, neben der Postkarte aus Guadeloupe. Es sind drei farbige Aufkleber, jedes mit einem Tierkopf darauf, die die Große auf diese Tür geklebt hat: eine Eule, ein Wildschwein und ein Tiger. Die Kleine will diese Bilder anfassen. Du nimmst sie auf deinen Arm, und sie löst die Tierbilder ab. Sie entfernt die Eule und lacht, dann klebt sie die Eule ungefähr an der gleichen Stelle wieder an, dann nimmt sie sie wieder ab, und du sagst ihr, dass sie sie auch anderswo hinkleben könne, auf die Schranktür, hinter der die Gläser und die Teller eingeräumt sind. Sie platziert die Eule auf die Tür dieses Schrankes, nimmt sie wieder ab, und da hast du eine Idee: Du nimmst die drei Tiere und klebst sie weiter unten hin, auf die Tür des Gefrierschrankes. Du setzt die Kleine auf den Boden, vor den Tiger, das Wildschwein und die Eule, und sie klebt sie auf der Gefrierschranktür, wohin es ihr passt, bis zum Augenblick, in dem sie beschließt, sie anderswo hinzukleben, auf den Rahmen der Küchentür. Dann beschließt sie erneut, sie anderswo hinzukleben, auf die Küchentür, alle drei: das Wildschwein, den Tiger und die Eule.

* * *

Du hast im Bett gelegen, das du mit deinem Vater teiltest, er war ausgegangen ins Restaurant mit seinen Freunden, und du hast unter der Decke masturbiert. Ungefähr um neun Uhr abends hast du im Zimmer, das dein Vater bei einem Bauern mietete, masturbiert. Du hattest das Licht ausgemacht, und du hast dein Geschlecht in deiner Hand gerieben, während du dem Geräusch des Windes in den Ästen der Bäume vor dem Fenster gelauscht hast. Dein Vater wollte nicht, dass du masturbierst. Er hat dir in die Augen geschaut, hat seine rechte Hand auf dein Knie gelegt und gesagt: «Du sollst nicht masturbieren.» Er wusste nicht, ob du masturbierst, aber er wollte es wissen. Bevor er aus dem Haus gegangen ist, um ins Restaurant zu gehen, hat er seine Unterlagen auf einer Ecke des Tisches geordnet, hat seine Zigaretten und eine Schachtel Streichhölzer in seine Hosentasche gesteckt, dann hat er dich angeschaut, auf einem Stuhl am Tisch sitzend, und hat dich gefragt: «Masturbierst du?» Der Gedanke, dass du masturbieren könntest, gefiel ihm nicht. Du hast geantwortet: «Nein, Papa.» Jedes Mal, wenn du bei ihm warst, hat dein Vater eine Gelegenheit gefunden, dich auf die Masturbation anzusprechen.

Du hast am Tisch in einem Buch gelesen, er hat dich auf die Stirn geküsst und ist aus dem Raum gegangen, den Refrain eines Liedes trällernd. Er redete über die Masturbation, und er schlug dir vor, dich zu Frauen mitzunehmen. Du hast die Seite deines Buches umgeblättert, du hast gelesen und hast die Stimme deines Vaters gehört, die gesagt hat, dass es besser sei, ab elf Jahren zu Mädchen zu gehen, als bis achtzehn zu masturbieren. Du masturbiertest, aber dein Vater wusste es nicht. Du bist den Zeilen deines Buches gefolgt, dein Vater ist zum Restaurant gegangen, und du hast gedacht, dass du nicht mit ihm zu Frauen gehen willst. An diesem Abend hast du deinen Vater nicht ins Restaurant begleitet. Wenn du mit ihm ins Restaurant gingst und ihr alleine am Tisch wart, hat dir dein Vater Frauen gezeigt, die an anderen Tischen gesessen sind, und hat gesagt: «Welche von ihnen hättest du gerne im Bett?» Er dachte, dass es für einen Mann schlecht sei zu masturbieren. Du hast noch etwa zehn Seiten gelesen, hast die Klinge eines Messers als Buchzeichen hineingelegt, hast das Buch zugeklappt und bist vom Stuhl aufgestanden, um ins Bett zu gehen. Dein Vater ist auf der Terrasse des Restaurants angekommen, du hast deinen Pyjama unter dem Kopfkissen gesucht, und du hast gewusst, dass du masturbieren würdest. Er, er hat masturbiert, bis er fünfzehn war. Du hast deinen Pyjama genommen, hast deine Hose und dein Hemd über die Stuhllehne gelegt, hast das Licht ausgemacht und bist ins Bett gestiegen. Ab fünfzehn ging dein Vater zu Frauen und masturbierte nicht mehr. Du hast dich unter die Bettdecke gelegt und hast angefangen zu masturbieren. Dein Vater hat seine Freunde im Restaurant begrüßt, er hat ihnen die Hand gereicht, hat den Frauen Komplimente gemacht, du lagst auf dem Rücken und hast dich gerieben. Er wollte, dass du bist wie er. Er wollte dich zu Frauen mitnehmen. Du hast masturbiert und an die Mädchen aus der Schule gedacht. Du hast die Augen zugemacht, dein Gedächtnis hat nach erregenden Bildern gesucht, du hast masturbiert, und dein Vater hat auf der Terrasse des Restaurants zu trinken bestellt. Unter den Mädchen deiner Klasse hattest du eine Freundin. Du hast masturbiert und an sie gedacht. Dein Vater hat sein Glas gehoben, hat seinen Freunden zugeprostet, hat einer Frau ihm gegenüber zugelächelt, du hast dir deine erregenden Bilder vor Augen geführt, hast masturbiert und an andere Mädchen aus deiner Klasse gedacht. Die Terrasse des Restaurants war voll, am Tisch deines Vaters saßen ein Dutzend Leute, du hast masturbiert und daran gedacht, mit einem Mädchen aus deiner Klasse Sex zu haben, dein Vater hat mit seinem Fuß unter dem Tisch nach dem Fuß der Frau ihm gegenüber gesucht. Du lagst im Bett und hast mit geschlossenen Augen in deiner Erinnerung Bilder gewisser Lehrerinnen von dir betrachtet. Einige deiner Schulfreunde masturbierten, während sie an Frauen dachten, die euch unterrichteten. Dein Vater ist mit seinen Schuhen über die Knöchel der Frau, die ihm gegenüber saß, gestrichen, sie hat verschmitzt gelächelt, die Lehrerin der Schule, die am meisten von euren Fantasien heimgesucht wurde, war die Frau, die Englisch unterrichtete. Der Kellner hat die Gläser mit Wein gefüllt, du und die anderen Jungen der Klasse haben masturbiert. In deiner Klasse gab es Mädchen, die sich begrapschen ließen. Drei Mädchen deiner Klasse ließen es zu, dass die Jungen an ihre Brüste fassten. Du hast dir vorgestellt, wie du die Brüste der Englischlehrerin streichelst, dein Vater hat jemandem zugehört, der einen Witz erzählte, die Frau ihm gegenüber hat mit einer Hand sein Knie berührt. Jeder Junge deiner Klasse hatte eine Freundin, und jeder von euch fasste an die Brüste der drei Mädchen, die es zuließen. Dein Vater war im Restaurant, er redete mit den anderen über die Farce der Wahlen, die die Einheitspartei organisierte, und er wusste, dass er den Abend im Bett der Frau, die ihm gegenüber saß, beenden würde. Du hattest eine Freundin in deiner Klasse, und du gingst mit ihr ins Kino. Während des Films legtest du deine Hand zwischen ihre Schenkel. Du hast masturbiert und dich dabei an die Empfindungen erinnert, die du hattest, als du die Beine deiner Freundin streicheltest, du hast ejakuliert und bist eingeschlafen. Du legtest während des Films die Hand in die Unterhose deiner Freundin. Sie sagte nichts, sie berührte mit ihrer Hand deine Hand, du riebst mit deinem Finger die Haut ihres Geschlechts, sie rieb deine Hand mit ihren Fingern, sie bewegte sich sachte im Sessel aus Holz, du wolltest ihr einen deiner Finger in das Geschlecht einführen, aber sie ließ dich nicht so weit gehen. Du masturbiertest in deinem Zimmer, im Bett, du masturbiertest unter einer Bettdecke, und dein Vater starb ohne zu wissen, ob du masturbiertest oder nicht. Am Tag des Begräbnisses deines Vaters hattest du seit ungefähr einem Jahr nicht mehr masturbiert. Seit du zum ersten Mal mit einer Frau geschlafen hast, hast du nicht mehr masturbiert. Dein Vater wusste nicht, dass du mit einer Frau geschlafen hattest. Du wolltest mit deiner Freundin schlafen, du wolltest mit den drei Mädchen aus deiner Klasse schlafen, die die Jungen ihre Brüste anfassen ließen, und du wolltest mit der Frau, die euch Englisch unterrichtete, schlafen. Die Frau, mit der du zum ersten Mal Liebe gemacht hast, war Buchhalterin auf einer der Baustellen deines Vaters, sie arbeitete in den Büros. Sie hatte ihr Büro neben dem Büro deines Vaters. Wenn du bei deinem Vater warst, hast du beim Masturbieren an sie gedacht. Sie war vierundzwanzig Jahre alt, du warst dreizehn Jahre alt, diese Frau trug rote Sandalen, aus Leder. Es war eine junge Buchhalterin, und sie legte auch die Arbeitsnormen für die Arbeiter fest. Sie hatte soeben ihr Wirtschaftsstudium abgeschlossen, du hast die Beine dieser Buchhalterin angeschaut, du hast das Bild ihrer Beine in deinem Gedächtnis festgehalten. Es war warm, und die junge Buchhalterin trug kurze Röcke und durchscheinende Blusen, und du hast durch den Stoff hindurch ihren Büstenhalter gesehen, der ihre Brüste zusammenpresste. Du hast im Zimmer, das du mit deinem Vater bewohntest, masturbiert, und du hast an die Beine und den Hintern und die Brüste des Mädchens gedacht, das ihr Büro neben dem Büro deines Vaters hatte. Du hast mit dieser Frau während einer der Mittagspausen geschlafen. Während der Mittagspausen konntest du in einem Raum, der zu einem Schlafraum umfunktioniert worden war, Siesta machen. Dieser Raum befand sich neben den Büros, und in diesem Raum stand ein großes Bett. Du hast dich während einer Mittagspause in diesem Raum in das Bett gelegt, du lagst unter dem Laken des großen Bettes in diesem Raum neben dem Büro der jungen Buchhalterin, und du wolltest in Gedanken an sie masturbieren. Dein Vater war nicht auf der Baustelle, dein Vater war weggefahren, um Messungen zu machen, du hast nicht masturbiert, und die vierundzwanzigjährige Buchhalterin ist in den umfunktionierten Schlafraum gekommen und hat dich gefragt, ob sie neben dir schlafen dürfe, im Bett, in dem du in Gedanken an sie masturbieren wolltest. Du hast sie gesiezt, du hast gesagt, «Sie dürfen», und sie hat angefangen, sich auszuziehen, sie hat ihre durchscheinende Bluse ausgezogen, und du hast ihren weißen Büstenhalter gesehen, der ihre Brüste zusammenpresste, du hast ihre gebräunte Haut gesehen, sie hat ihren Rock ausgezogen, du hast ihre weiße Unterwäsche mit den Spitzen gesehen, und du hast vom großen Bett des Schlafraumes aus diese halbnackte Frau vor dir angeschaut, und sie hat ihre Kleider über einen Holzstuhl gelegt. Du sahst sie halbnackt im umfunktionierten Schlafzimmer herumgehen, und du dachtest nicht mehr daran, in Gedanken an ihre Brüste zu masturbieren. Du sahst sie im selben Raum wie du, und du dachtest nicht mehr daran zu masturbieren mit dem Bild ihrer Beine im Kopf.

 

Das Mädchen hatte sich ausgezogen und ist unter das Laken neben dir geschlüpft, du hast sie angeschaut, du hast die Formen, die das Laken über ihrem Körper gemacht hat, angeschaut, sie hat ihren Büstenhalter ausgezogen, und du hast ihren Arm den Büstenhalter wegnehmen und auf den Boden fallen lassen sehen, neben das Bett. Du hast nichts gesagt. Du hast ihr in die Augen geschaut, und sie hat dir in die Augen geschaut, sie lag auf ihrer rechten Seite, du lagst auf deiner linken Seite, und ihr habt euch angeschaut und habt die kleinste Regung eurer Füße und eurer Beine wahrgenommen. Du hattest schon mehrere Mädchen geküsst, du hattest schon mehrere Körper von Mädchen berührt, du hattest schon mehreren Mädchen an die Brüste gefasst, und deine Hand hatte schon von mehreren Mädchen das Geschlecht berührt, aber du hattest noch nie mit einer Frau Liebe gemacht. Du träumtest davon, mit dieser Frau, die auf der Baustelle deines Vaters arbeitete, Liebe zu machen, du wolltest sie küssen, und du wolltest ihren Körper berühren und ihr Geschlecht. Du lagst neben dieser Frau, ihr lagt beide in einem Feldbett, sie war mit einem weißen Laken zugedeckt, sie war da neben dir und schaute dich an. Sie hat ihren rechten Arm unter deine linke Schulter gelegt, und mit dem anderen Arm hat sie dich am Gesäß genommen und dich zu sich gezogen. Du hast ihr dein rechtes Knie zwischen die Beine geschoben, deine rechte Hand hast du auf der Bettkante aufgestützt, sie hat sich auf den Rücken fallen lassen, dann bist du auf sie gestiegen, sie hat dich weggedrückt und gesagt, «wir müssen die Tür abschließen».

Sie ist aus dem Bett gestiegen, du hast sie ein paar Schritte zur Tür gehen sehen, du hast sie den Schlüssel im Schloss der Tür des umfunktionierten Schlafraumes umdrehen sehen, du hast sie auf dich zukommen, anhalten und die Unterhose mit den Spitzen ausziehen sehen, und du hast diese Unterhose ihre sanft wogenden Beine entlang auf den Boden fallen sehen. Du hattest verstanden. Du wusstest, dass du mit dieser vierundzwanzigjährigen Frau schlafen würdest, und du wusstest, dass diese Frau mit dreizehn Jahren deine erste Frau sein würde.

Als sie zum Bett zurückgekommen sei, habe sie gezittert, hast du gesagt. Sie hat gezittert und ist auf dich gestiegen und hat angefangen, dich zu küssen, ihre Hände haben gezittert und haben deine Schultern festgehalten, zitternd sind sie weiter nach unten gewandert zu deinem Gesäß, deinen Beinen, du hast gespürt, wie ihre Fingernägel Striemen auf deinem Körper hinterlassen haben, dein Mund stand offen, und du hast ihren Hintern mit deinen Händen berührt. Du hast mir erzählt, dass ihr Körper warm gewesen sei. Du hast mir erzählt, wie ihr warmer Körper gezittert habe, eng an deinem Körper, sie habe ihre Brüste an deiner Brust gerieben und habe dich geküsst. Sie hat mit ihren Händen deinen Körper gestreichelt, und du hast geschwitzt unter diesem Mädchen, das deinen Mund mit ihrem Mund bedeckt hat, du hast sie mit den Händen weggestoßen, hast dich zur Wand gezogen, und deine rechte Hand hat ihren rechten Arm gepackt, und sie hat sich auf den Rücken fallen lassen. Du hast sie im Tageslicht da liegen sehen, du hast sie angeschaut, wie sie dich angeschaut hat, du bist über ihr rechtes Bein gestiegen und hast dich zwischen ihre gespreizten Beine gekniet, die du gestreichelt und angeschaut hast. Sie hat dich sachte zwischen ihre Knie gezogen, eure Geschlechter sind sich langsam nähergekommen, langsam wie die Umarmung zweier Schnecken, dein Geschlecht ist in ihres eingedrungen, sie hat ihre Fersen in deinen Rücken gebohrt, ihre Augen waren offen, du hast ihr ovales Gesicht angeschaut und ihre krausen Haare, sie hat sich auf die Lippen gebissen, um nicht zu schreien, deine Hände lagen unter ihren Pobacken, sie hat nicht mehr gezittert.