Heilmittel der Sonne - eBook

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Eine Sonnenfinsternis findet stets bei Neumond statt, und dieser wurde in alter Zeit als heilige Hochzeit der zwei Lichter gesehen. Doch wenn sich tagsüber die Sonne verdunkelt, dann galt dies schon immer als Zeichen drohenden Unheils, und tatsächlich ist es eine unheimliche Stimmung, wenn plötzlich tagsüber Vögel ihr Abendlied anstimmen, Fledermäuse erwachen und sich schließlich eine Totenstille über das Land legt.

So in etwa muss sich ein Mensch fühlen, für den die Sonne niemals wirklich scheint.Wir nennen diesen Zustand heute Depression, und man geht davon aus, dass es sich dabei um eine Entgleisung in der Hirnchemie handelt.

Diese Vorstellung ist keineswegs weit entfernt von der Vorstellung antiker Ärzte wie Hippokrates. Sie sahen die Entgleisung des Temperaments als Folge einer ungleichen Verteilung der vier humores, gelbe Galle, schwarze Galle, Blut und Schleim. Später nannte der griechische Arzt Galen das Übermaß an schwarzer Galle Melancholie (melanos = schwarz und chole = Galle). Das Blut wird dabei mit melancholischen Säften getrübt, und keine Sonne kann mehr im Körper wirken. Die Seele gleitet infolge der permanenten Sonnenfinsternis in den Zustand ständiger Trauer. Als Hauptorgan des Übels vermutete man die Milz, die man dem Saturn unterstellte, dem Gegenspieler der Sonne.

Viele Jahrhunderte später erweiterte Paracelsus diese Sichtweise einer stofflichen Grundlage der Melancholie, in dem er den übermäßigen Einfluss des Saturns als Ursache ausmachte. Hierunter verstand er einerseits Schicksalsschläge, die im Laufe des Lebens zu einer Depression führen können oder aber einen dominanten saturnalen Einfluss von Geburt an.


Partielle Sonnenfinsternis am 4.1.2011 im Landkreis Starnberg.

Seine Therapie bestand nun nicht mehr nur in einer Entgiftung schädlicher Säfte die sich in der Milz angehäuft haben, z. B. durch Brechmittel oder Aderlass. Paracelsus propagierte eine »homöopathisch orientierte« Therapie, die aus Stoffen bestand, die ihrem Charakter nach durchaus düster waren, aber durch die Kunst der Alchemie in etwas Lichtvolles verwandelt wurden – sein Hauptmittel war hier das giftige Antimon, das bis heute in der anthroposophischen Medizin als Antidepressivum verwendet wird (z. B. Stibium metallicum praeparatum D20 Verreibung von Weleda).

Paracelsus war jedoch auch der Meinung, dass solche Patienten eine Lichttherapie benötigen, und in Heilmitteln der Sonne, wie Johanniskraut oder Gold, sah er geeignete Mittel, die das innere Feuer neu entfachen können, um dem drückenden Einfluss des Saturns etwas entgegenzusetzen.

Das Sonnenvitamin

Vitamin D nimmt unter den Vitaminen eine Sonderstellung ein, weil wir unter Einwirkung von UV-Licht in der Haut das Provitamin D3 selber bilden können. Die Umwandlung in die eigentliche Wirkform (Calcitriol) erfolgt in der Leber und in den Nieren. Weil Vitamin D3 (Colecalciferol) den Calciumstoffwechsel beeinflusst, heißt es auch »Knochenvitamin« und wird in der Osteoporoseprophylaxe eingesetzt. Doch Vitamin D3 kann weit mehr: Es steigert die Leistungsfähigkeit und lindert die Winterdepression. Neuesten Erkenntnissen zufolge stärkt es sogar das Immunsystem, weswegen es bei erhöhter Infektanfälligkeit sowie als Begleitmittel bei Krebserkrankungen zum Einsatz kommt. Vor allem durch mangelnde Sonneneinwirkung, aber auch durch Erkrankungen von Darm, Leber oder Nieren kommt es in den nördlichen Breiten häufig zu Vitamin-D3-Mangel. Sofern dieser nachgewiesen wurde, empfiehlt sich die Substitution im Winterhalbjahr (z. B. mit Vitamin D3 Hevert Tabletten).


Die Sonne regiert das Sternzeichen Löwe. (»De Sphaera«, 15. Jahrhundert)

Im Einklang mit der Sonne leben

Folgt man dem Jahreslauf der Sonne durch den Tierkreis, so kann man entdecken, dass das irdische Leben ganz und gar ihrem Rhythmus unterliegt. Alles richtet sich nach der kosmischen Taktgeberin. Und wir sollten es ebenfalls tun, denn nur so können wir im Einklang mit der Sonne schwingen.

Im Frühjahr und im Sommer herrscht das Licht über die Dunkelheit. Das Leben erwacht und pulsiert, die Natur erblüht in ihrer ganzen Pracht. Dies ist die Zeit, in der auch wir aus uns herausgehen und die Sonnenkräfte in uns aufnehmen sollten.

Im Herbst ziehen sich die Lebenssäfte allmählich wieder in die Erde zurück. Nach alter Vorstellung steigen die Fruchtbarkeitsgeister in die Unterwelt hinab. Im Winterhalbjahr siegt vorübergehend die Dunkelheit über das Licht. Analog sollte dies für den Menschen eine Zeit des Rückzugs sein und eine Zeit der Vergeistigung oder der Verinnerlichung.

»Das Herz ist die Sonne, und wie die Sonne auf die Erde und sich selbst wirkt, also wirkt auch das Herz auf den Leib und sich selbst.« (Paracelsus)

Im Winter erstarrt die Natur. Aber sie stirbt nicht, denn kein Blatt fällt, bevor sich nicht eine neue Knospe gebildet hat. Auch der Tod ist nur ein Übergang. Grabbeigaben waren daher häufig sonnenhaft, und besonders immergrüne Pflanzen wurden schon zu Urzeiten als Symbole ewigen Lebens verehrt. Sie künden davon, dass die Tore der Unterwelt niemals ganz geschlossen bleiben.

Damit die alles belebende Kraft der Sonne niemals nachlässt, feiern die Menschen seit Jahrtausenden an den vier magischen Eckpunkten im Jahreskreis Feste zu Ehren der Sonne.

Die Tagundnachtgleichen im Frühjahr und Herbst sowie die Wendepunkte der Sonne im Sommer und Winter bilden den Takt zum Tanz der Sonne durch das Jahr. Die Feste machen uns bewusst, wie sehr unser Leben von der Sonne abhängig ist. Aber das ist noch nicht alles.

»Wie oben so unten, wie unten so oben« – nichts ist auf der Welt einseitig, alles ist ein Wechselspiel.

Dem Aberglauben zufolge sollten einst Dankesopfer den Geist der Sonne nähren und dem Menschen ihr Wohlwollen sichern. Doch das Opfer dient uns selbst am meisten, weil es das positive Gefühl der Dankbarkeit nährt und weil es uns mit dem Geist der Sonne verbindet.

Daher sind jene Rezepte, die den jeweiligen Jahreszeiten entsprechen, auch mehr als nur Heilmittel gegen Krankheiten. Sie sollen vielmehr zur Harmonie mit der Natur zurückführen.

Als Symbol für die fruchtbare Kraft der Sonne verwendet man seit Jahrtausenden das Sonnenrad, das älteste der Sonnenzeichen. Der Kreis entspricht dem allumfassenden und belebenden Geist der Sonne, das Kreuz symbolisiert die Erde. Es teilt den Kreis in vier Abschnitte. Sie stehen für die Jahreszeiten.

Die Swastika ist eine abgewandelte Version mit gleicher Aussage. Es ist aber viel dynamischer als die anderen Sonnensymbole, weswegen es auch Sonnenwirbel heißt. Es stellt den Lauf der Sonne durch den Tierkreis dar. Die Arme symbolisieren die vier Eckpunkte des Jahreskalenders, an denen man traditionell die Sonnenfeuer entzündet.


Wie man den Feuergeist beschwört und bändigt

Feuer gehören seit Urzeiten zu allen kultischen Handlungen, mit denen der Mensch die Kräfte der Sonne beschwört. Einst glaubte man, dass das irdische Feuer ein herabgefallener Funken des himmlischen Sonnenfeuers sei. Egal ob Ostern oder Sommersonnenwende, zu den wichtigsten Festtagen entzündete man und entzündet zum Teil auch heute noch heilige Feuer, um durch die Flammen symbolisch die Sonnenkräfte zu nähren. Auch die Kerzen auf dem Adventskranz oder am Weihnachtsbaum sind somit Relikte einer uralten Sonnenverehrung.

Vor allem aber sollen die kultischen Feuer die Mächte der Finsternis und natürlich auch die Kälte vertreiben. Darüber hinaus wollte man den Geist des Feuers nähren, indem man ihm geweihte oder heilige Kräuter opferte, wie es einst zur Sonnenwende mit dem Beifuß geschah oder zu Maria Himmelfahrt mit den Kräuterbuschen. Nicht zuletzt holt man sich bis heute immergrüne Zweige ins Haus, die den Sieg der Sonnenkräfte über den todbringenden Winter verkörpern. Viele davon dienen seit Urzeiten als Räucherwerk für die Nächte rund um die Wintersonnenwende. Räucherungen sind aber auch eine Botschaft an den Himmel und somit ein magisches Mittel, um mit den Sonnengöttern Kontakt aufzunehmen.

Aber mit dem Feuergeist ist nicht zu spaßen. Er ist ein Kobold voller Streiche und verantwortlich für so manches Unheil, ganz wie Loki, der germanische Feuergott. Damit aus einem wohlwollenden Geist kein Feuerteufel wird, sollte man wissen, wie man das Feuer im Zaum hält.

Zuviel Sonnenfeuer verbrennt nicht nur die Haut oder verursacht einen Sonnenstich. Im Seelischen führt es zu einer hysterischen, übersprühenden Begeisterung und zu einem überhitzten und cholerischen Temperament. Typische weitere Folgen sind z. B. ein hochroter heißer Kopf, eine erhöhte Schweißneigung oder Bluthochdruck. Ähnliche Symptome zeigen sich bei vielen Frauen im Klimakterium.

Aber auch hier bewähren sich sonnenhafte Heilmittel wie Biene, Schlangengift oder Bärlapp. In geeigneter Zubereitung kühlen und entspannen sie die erhitzte Seele. Allerdings sollte man hier auch mondhafte und saturnale Mittel zur Gegenregulation einsetzen.

Zu viel Wärme schadet ebenfalls so mancher Arznei. Schließlich scheint die Sonne auch nicht ununterbrochen, sondern überlässt nachts die Regie dem kühlenden Mond. Ebenso könnte man den Winter als Erholungspause betrachten.

»Alles hat sein Paar von Gegensätzlichkeiten, aber Gegensätze sind identisch in ihrer Wesensart, nur verschieden im Grad.« (Kybalion)

 

Die kühle Jahreszeit ist die Zeit des Geistes und der Besinnung. Und wenn es um die Herstellung von Arzneien geht, entfaltet sich vieles erst im sanften Mondlicht zur vollen Blüte. Im Mond spiegelt sich das Licht der Sonne. Seine wichtigste Funktion ist es, einen Ausgleich zur Sonne zu schaffen und ihren Gegenpol zu bilden. Immer wieder werden wir sehen, wie wichtig das Wechselspiel der »Zwei Lichter« ist. Sonne und Mond bilden Polaritäten, genauso wie Tag und Nacht oder Sommer und Winter, die sich rhythmisch abwechseln.

Das Sonnenorgan Herz

Wenn wir nach einer Entsprechung für das Rhythmusprinzip der Sonne im Menschen suchen, kommt am ehesten das Herz in Betracht, unser »Ich-Organ«. Wenn wir »Ich« sagen und dabei auf uns deuten, zeigen wir meist auf das Herz. Es ist die Sonne im Mikrokosmos Mensch.

Im stetigen Zusammenziehen und Ausdehnen des Herzmuskels schwingen wir im Rhythmus der Sonne. Aber das Herz ist dabei alles andere als eine Maschine, die einem festgelegten Takt folgt. Immer ist das Herz bereit, sich flexibel den Erfordernissen des ganzen Körpers anzupassen.

Das Herz ist auch unser »Erkenntnisorgan«, denn alles Wissen ist nur wahr, wenn es von Herzen kommt. Das Gehirn ist der Spiegel des Herzens, und daher dem Mond zugeordnet.

Disharmonie heißt Krankheit

Schätzungsweise 50 % aller Todesfälle sind heute auf Herz-Kreislauf-Krankheiten zurückzuführen – ein Phänomen, das erst seit wenigen Generationen existiert. Die Ursachen sind vielfältig.

Mangelndes Mitgefühl hat viele Herzen zu Stein werden lassen. Eine übergroße Last bedrückt die Herzen, weil es in der Hektik unserer Zeit keine Zwiesprache mehr mit den Göttern gibt. Wir leben in einer entmystifizierten Welt. Alles will gewogen und gemessen sein, um als wahr zu gelten. Seit wir aber die Götter aus der Natur verbannten und kaum noch Feste ihre Kräfte nähren, leidet unser Herz vor Sehnsucht.

Der Mensch als Mikrokosmos ist der Spiegel kosmischer Kräfte. Die Sonne entspricht dem »Ich-Organ« Herz. Unterhalb der Sonnenbahn befinden sich die Elemente Erde und Wasser, oberhalb befinden sich Luft und Feuer. Die den Körper umgebenden Kreise stellen die einzelnen Energiekörper oder Auren des Menschen dar (Physis, Vitalität, Seele und Bewusstsein). Durch sie steht der Mensch in Beziehung zur geistigen Welt höherer Mächte (Quintessenz), symbolisiert durch den Strahlenkranz über dem Kopf, in dem der Name Gottes geschrieben steht. (Robert Fludd, 1619)

»Wie man von den Arabern weiß, steht die Sonne dem Gehirn, dem Herzen, den Schenkeln, dem Marke, dem rechten Auge und dem Lebensgeiste vor.« (Agrippa von Nettesheim)

Wenn die äußere Lebensweise nicht mehr mit der inneren Wahrheit und dem Rhythmus der Sonne übereinstimmt, ist das Leben disharmonisch, und Disharmonie heißt Krankheit.

Herzneurosen, Rhythmusstörungen, Sklerose oder Herzinfarkt sind mögliche Folgen. Aber auch andere Störungen körpereigener Regulationsmechanismen stehen damit in Beziehung, denn alle rhythmischen Vorgänge entsprechen der Sonne, seien es die Hormonausschüttung, der Blutdruck oder der Wechsel von Wachen und Schlafen.

So wundert es nicht, dass wir unter den »Heilmitteln der Sonne« neben solchen für das Herz auch welche für andere Regulationsmechanismen finden. Sie verhelfen dem Körper zu einem harmonischen Licht- und Wärmerhythmus, um sich flexibel an die jeweiligen Lebensbedingungen anzupassen.

Besonders unter den Pflanzen zeigen einige einen betont rhythmischen Aufbau, beispielsweise das Bilsenkraut. Auch in den Strukturen (Spiralform) vieler Blüten lässt sich das rhythmische Wesen der Sonne wieder finden. Sie verdeutlichen, wie sehr die Sonne das Prinzip der Harmonie verkörpert.

Das Hexagramm

Das Hexagramm stellt diesen Gedanken auf einfache Weise dar. Es ist das heiligste der Sonnensymbole und baut auf der Zahl sechs auf. In der Kabbala ist die Sechs die Zahl der Sonne. Formen, die dieser Zahl entsprechen, finden wir beispielsweise im Bergkristall und in der Bienenwabe wieder.

Das nach oben gerichtete Dreieck symbolisiert die männliche lebenserzeugende und lichte Himmelsnatur der Sonne, während das Dreieck nach unten die weibliche, gebärende und dunkle Natur des Sonnenspiegels Mond darstellt. Ineinander geflochten sind die Dreiecke ein Symbol der Vereinigung der Gegensätze von Feuer (Sonne) und Wasser (Mond). Die Vereinigung ist wiederum das Licht selbst, denn es steht am Anfang von allem. Von allen Heilmitteln, die wir kennen, entspricht am ehesten das Sonnenmetall Gold dieser Idee.

In der Alchimie ist das Hexagramm ein Symbol für den »Stein der Weisen«, der alle unedlen Metalle in Gold und alle Krankheiten in Gesundheit verwandelt. Darüber hinaus entfacht er das ewige Licht der Bewusstheit im Menschen. Nach dem Weltbild der Alchimie ist die Ausgangssubstanz des Steins in allen Naturerscheinungen potentiell enthalten – mit anderen Worten: Er entspricht dem Geist des Lichts – Paracelsus nannte es das Licht der Natur.



Als Ikaros in seiner Begeisterung der Sonne zu nah kam, schmolz das Wachs seiner Flügel und er stürzte in das kühlende Meer vor der Insel Ikaria, wo sich Meerjungfrauen um den Sterbenden versammelten. (»Trauer um Ikaros«, Herbert James Draper, 1890)


Der Sternenmensch. (D.A. Freher, 1764)

»So entspricht bei jedem Menschen die Bewegung des Herzens der Bewegung der Sonne, und indem dasselbe durch die Arterien sich in den ganzen Körper ergießt, zeigt es uns aufs genaueste Jahre, Monate, Tage, Stunden und Augenblicke an.« (Agrippa von Nettesheim)

»Unter den Elementen sind solarisch das Feuer und die lichte Flamme; unter den Säften das reine Blut und der Lebensgeist (…).« (Agrippa von Nettesheim)

Das Hexagramm bedeutet aber auch, dass das Streben zum Licht schnell so enden kann wie der Flug des Ikaros. Da er sich über seine Freiheit zu sehr freute, erlahmte seine Aufmerksamkeit. Er kam der Sonne mit seinen Flügeln zu nah, stürzte ins Meer und starb.

Immer braucht das Feuer das Wasser, das Licht den Schatten und die Wärme die Kälte, genauso wie alles dem Rhythmus der Sonne folgen muss. Erst wenn wir dies begreifen, leben wir im Einklang mit der Sonne.


Der universelle Geist, dargestellt als Kreis, mit einem Hexagramm als Zentrum, umgeben von einem Pentagramm und einem Quadrat. (»Einfältig ABC Büchlein«, Rosenkreuzerschrift 1766)

Attribute der Sonne


Zahl6
FormHexagramm
GötterRa, Osiris, Titan, Apollon, Helios, Sunna, Baldur, Belenus
SternzeichenLöwe (Herrscher), Widder (Erhöhung)
ElementFeuer
OrteHelle, heitere Orte, Weinanbaugebiete, Paläste, Theater, herrschaftliche Plätze (z. B. Herrenchiemsee, Benediktinerabteien auf Gipfeln wie Andechs), Kultplätze der Sonnenverehrung (z. B. Newgrange, Externsteine), nach Osten ausgerichtet
TemperamentHeiter, z. T. auch cholerisch
OrganAugen, bes. das rechte; Herz, Gefäße, Blut; Abwehrfunktionen, oberer Rücken und Wirbelsäule
WirkungAusgleichend, anregend, erwärmend, sympathikoton,
und FunktionLebenskraft anregend. Lebensfreude, Lebenskraft, Sozialität, Bewusstheit, Verantwortung, Selbstständigkeit, Rückgrat haben, Impulsgeber und sozialer Mittelpunkt; Initiativgeist, Begreifen höherer Bewusstseinsebenen
ÜbermaßSelbstgerecht, egoistisch, Geiz, übersteigerte Vorstellung der eigenen Bedeutung; lebt ganz im Diesseits, Verpulvern von Lebensenergie – Leben auf der Überholspur. Hypertonie, Sklerose, Neigung zu Herzinfarkt und Schlaganfall, Hitzewallungen, Rheuma, Entzündungen
Gegenpole bei ÜbermaßMond, Saturn; Venus wirkt ausgleichend
MangelÄngstlich, abergläubisch, mangelndes Selbstvertrauen, Hang zum Jenseitigen; Status nach langen Anstrengungen – Burn-out, Hypotonie, Erschöpfung, Blutarmut, Infektanfälligkeit, Allergien, Depressionen
Helfer bei MangelMars, Venus, Jupiter


Sonnentiere

Die Schlange

Schlangen begegnen uns weltweit in Schöpfungsmythen. Kein anderes Tier ist mit den Sonnengöttern enger verknüpft. Im alten Ägypten verkörperte sie noch die archaische Grundkraft im Anbeginn der Welt. Dem Mythos zufolge entstieg der Sonnengott Ammun-Re dem leuchtenden Ei, das die Riesenschlange Apophis einst in das finstere Urmeer (Chaos) spie. Die Ägypter nannten die Schlange »Trägerin der Sonnenscheibe«. Sie stellten sich vor, dass der Sonnengott nachts, wenn er für die Menschen unsichtbar ist, auf ihrem Rücken durch die Unterwelt gleitet.

Leben im Sonnenrhythmus

Die Sonne ist das Lebenselixier dieses urzeitlichen Reptils. Die meisten Schlangen tummeln sich daher rund um den Äquator, im Hitzegürtel der Erde. Nur sehr kalte Regionen wie die Polargebiete oder manche Inseln (Irland) konnte das zähe Geschöpf, das selbst die Dinosaurier überdauert hat, nicht erobern. Vom Sonnenfeuer hängt nämlich der Lebensrhythmus der Landschlangen ab. In Mitteleuropa kriechen sie mit der Frühlingssonne aus ihren Schlupfwinkeln hervor und ziehen sich im Herbst wieder zurück. Sie teilen das Jahr somit in zwei Hälften. Fruchtbarkeitsgöttinnen wie Demeter oder Persephone wurden daher oft mit Schlangen dargestellt. Wie die Vegetationsgötter, so weilt auch deren heiliges Tier im Sonnenhalbjahr auf der Erde und ruht im Winter.


Ouroboros: Die Schlange, die sich in den Schwanz beißt, scheint sich gleichzeitig zu verschlingen und aus sich selbst zu gebären. Damit verkörpert sie den ewigen Kreislauf des Lebens und das Prinzip der Wiedergeburt. (Fred Weidmann, 2001)


Schlange und Ei. Kultstein aus römischer Zeit, eingemauert im ehemaligen Kloster Karthaus im Schnalstal, Vinschgau.

In unseren Breiten kreuzen Schlangen allenfalls verborgene Pfade abseits der Zivilisation. Wenn überhaupt, dann erblicken wir sie früh morgens oder am Spätnachmittag, wenn sie, auf Steinen oder Baumstümpfen liegend, ein Sonnenbad nehmen. Ihr Anblick löst unwillkürlich Angst aus. Obwohl sie meist nur für Kleintiere eine wirkliche Bedrohung darstellen, machte die christlich geprägte Phantasie hinterhältige und bösartige Gifttiere aus ihnen. Ursprünglich ist die Schlange aber ein Krafttier der Sonne. Der Volksmund sagt heute noch, dass sie ihr Gift aus der Sonne zieht, und eben dieses Gift gilt seit langem als Lebenselixier.

Schlangengift als Lebenselixier

Weshalb wir den Reigen der Sonnenheilmittel mit Schlangengift eröffnen, erklärt sich durch unsere Begegnung mit Scheich Ali. Wir lernten ihn vor vielen Jahren im Sinai kennen. Er führte uns damals mit seinen Kamelen durch die Wüste. An dem Beduinen mit dem sonnengegerbten Gesicht fielen uns sofort die Lebensenergie und Ausdauer auf. Während wir von der Hitze ausgelaugt auf den Kamelen dahinschaukelten und literweise Wasser in unsere ausgedörrten Kehlen schütteten, legte Ali mühelos viele Kilometer zu Fuß zurück!

 

Mit ihrem starren Blick gilt die Schlange, hier eine Klapperschlange, als allessehendes Tier der Weisheit.

Scheich Alis Schlangenkur

Eines Abends verriet uns der alte Beduine die Quelle seiner Lebenskraft. Einmal im Jahr geht er mit seinem Kamel allein in die Wüste, um eine bestimmte Baumschlange zu suchen. Sie lauert hinter Sträuchern oder schnellt aus Bäumen auf ihr Opfer herab und zählt zu den giftigsten Schlangen des Sinai. Ali erklärte uns, dass ihr Biss tödlich endet, wenn man nicht unverzüglich verhindert, dass sich das Gift im Körper ausbreitet. Er schilderte uns lebhaft gestikulierend, dass er das gebissene Glied notfalls abschneiden müsse.

So wie also unsereins im Frühling nach Brennnesseln Ausschau hält, fängt der Scheich eben einmal jährlich diese Schlange! Hat er sie überlistet, dann kocht er sie sieben Stunden und verzehrt sie. Schließlich durchlebt er in sieben Decken gehüllt eine Heilkrise – mit Schüttelfrost und Fieberdelirium. Jeden Morgen legt er eine Decke beiseite. Wenn er am Morgen des siebten Tages, des Sonn(en)tages, vom Fieber erwacht und die letzte Decke entfernt, dann ist auch die Heilkrise überstanden, und Ali fühlt sich wie neugeboren.

Tier der Unsterblichkeit

Die sich regelmäßig häutende Schlange scheint mit unerschöpflicher Regenerationskraft ausgestattet zu sein und gilt daher seit Urzeiten als Tier der Unsterblichkeit. Besonders die Darstellung als Ouroboros – die Schlange, die sich in den Schwanz beißt – symbolisiert den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen sowie die Wiedergeburt.

Seit langem versuchen wir Sterbliche, unsere Lebenskraft mit Hilfe von Schlangenelixieren zu stärken. Bereits aus den ältesten schriftlichen Überlieferungen der chinesischen Medizin geht hervor, dass Schlangenteile als Heilmittel dienten. Der griechische Arzt Galenos (2. Jh. n. Chr.) führte die Schlange in die abendländische Medizin ein. Zu seiner Zeit enthielten zahlreiche Rezepturen Giftschlangen als Ganzes. Scheich Alis Schlangenkur dürfte ein Relikt aus jener Epoche sein. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Samuel Hahnemann (1755 – 1843), der Begründer der Homöopathie, ein ähnliches Schlangenelixier beschrieb: »Zu dieser Absicht werden die (…) Schlangen mit Wasser bei langsamem vielstündigem Feuer so lange in einem Geschirre mit verklebtem Deckel gekocht, bis die Brühe (Jus viperinum) gallertartig wird.« (S. Hahnemann: Apothekerlexikon Bd. II S. 355). Diese Schlangenbrühe stand laut Hahnemann in dem Ruf, dass sie teelöffelweise eingenommen, »mit großem Erfolg« Skrofeln, Hautausschläge und sogar fressende Geschwüre heilen könne.

In der Volksmedizin überdauerten allerlei Schlangenrezepturen viele Jahrhunderte. In der alpenländischen Volksmedizin erhielt sich beispielsweise lange Zeit der Vipernalkohol, ein Alkoholauszug aus der Aspisviper, der im Vinschgau einst als lebensverlängerndes Elixier geschätzt wurde. Von einer weiteren volksmedizinischen Schlangenzubereitung erzählte uns ein befreundeter Makedonier, in dessen Familie fast alle hundert Jahre alt wurden. Er führte diese außergewöhnlich lange Lebenserwartung auf mehrere Faktoren zurück: frische Luft, sauberes Wasser, karge Hirtenkost, kein Stress und eben eine spezielle Schlangenmedizin. Dazu fingen die Alten eine Giftschlange (»orcha«) und legten diese zu - sammen mit Paprika in Essig und Öl ein. Im Winterhalbjahr gab es dann täglich von der eingelegten Paprika, in welche die Schlangenkraft übergegangen war, zu essen.

Zu königlichem Ruhm brachte es auch der Theriak, das berühmteste mittelalterliche Allheilmittel, Universalgegengift und Verjüngungselixier. Damals enthielt er neben mineralischen (z. B. Eisensulfat) und pflanzlichen Bestandteilen (z. B. Opium, Engelwurz) ebenfalls noch Schlangenteile. Einerseits wollte man durch den Zusatz von Giftschlangen eine gewisse Immunität gegenüber allen möglichen Giften erreichen. Andererseits erhoffte man sich, auf diese Weise die Eigenschaften auf den Menschen zu übertragen, die man der Schlange zusprach: Weisheit, Unverwundbarkeit, Regenerationskraft und ewiges Leben.


Giftschlange in Alkohol, aufgenommen auf einer Schlangenfarm in Zypern.

Symbol der Heilkunst

Schlange und Heilkunst sind bis heute untrennbare Begriffe. Die Schlange, die sich um den Äskulapstab windet und ihr Gift in eine Schale entleert, ist über Jahrhunderte hinweg das Machtsymbol der Ärzte geblieben. Es geht auf den prähellenischen Schlangengott Asklepios zurück. Er war der Sohn des Sonnengottes Apollon. Dem Mythos zufolge wurde der göttliche Arzt von dem heilkundigen Kentauren Chiron aufgezogen. Von Apollon erhielt er eine Schlange, die ihn in die Geheimnisse der Heilkunst einweihte. Asklepios besaß auch zwei Schalen voll Blut der Medusa, einem furchterregenden Wesen mit Schlangenhaar, die ihm Zauberkräfte verliehen. Mit dem Blut der einen Schale konnte er töten, mit dem Blut der anderen Schale Tote wiederbeleben. Dieses Bild symbolisiert die fließende Grenze zwischen Gift und Arznei; das griechische Wort »Pharmakon» bezeichnete ursprünglich beides. In der Schlange vereinen sich diese Gegensätze zu einem Arcanum (wahre Arznei). Die Wirkung von Alis Schlangenkur ist allerdings bei Normalsterblichen unberechenbar, also nicht nachahmenswert. Die modernen Möglichkeiten, sich Schlangenkräfte einzuverleiben, verdienen dagegen weit mehr Beachtung.

Schlangengifte in der Homöopathie

Im 19. Jahrhundert erlebte die Schlangenmedizin eine Art Renaissance. Erste empirische Untersuchungen weckten die Hoffnung, in diesen Tiergiften wirksame Arzneien für Virusinfektionen sowie für neurologische Erkrankungen gefunden zu haben. Doch bis dahin war deren Gebrauch mit erheblichen Risiken verbunden wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Störungen oder mit allergischen Reaktionen bis hin zum Schock. Doch Constantin Hering (1800–1880), ein Pionier der Schlangengiftforschung, erkannte in der Homöopathie, die seiner Zeit immer größere Kreise zog, neue Möglichkeiten. Angetrieben von fieberhaftem Forscherdrang reiste er nach Surinam und berichtete von dort erfreut: »Endlich hatte ich denn das Vergnügen, den 28. Juli 1828 des Mittags, eine, durch den kühnen Jäger zwar halb erschlagene, aber doch noch brauchbare, große, wirklich grässliche Giftschlange zu erhalten. Es war Trigonocephalus Lachesis (…).« (Constantin Hering: Einiges über das Schlangengift Lachesis, 1831).


Das Haupt der Medusa schmückt die Eingangstür zur Stuckvilla in München.

Seinen ersten Selbstversuch machte Constantin Hering unfreiwillig, als er das Giftdrüsensekret des Buschmeisters mit Milchzucker verrieb und versehentlich ein wenig davon einatmete. Kurz darauf litt er unter Halsschmerzen, denen die viel zitierten Leitsymptome der homöopathischen Lachesis folgten wie etwa Argwohn und Redseligkeit. Seine Forschungsergebnisse bildeten lange Zeit die Hauptquelle für die Anwendung von homöopathischen Schlangengiften. Durch ihn fand vor allem das Giftdrüsensekret des Buschmeisters (Lachesis) Eingang in den homöopathischen Arzneischatz, aus dem Lachesis heute nicht mehr wegzudenken ist. Für den berühmten Homöopathen James Tylor Kent (1849–1916) zählte es bereits zu den Polychresten: »Lachesis scheint für das ganze Menschengeschlecht zu passen, denn das Wesen des Menschen entspricht dispositionsgemäß und charakterlich der Schlangennatur (…)« (Edward Heits, Hrsg.: Kents Arzneimittelbilder).

Homöopathisch zubereitet, also nach den Regeln der Kunst verdünnt und verschüttelt, erwiesen sich Schlangengifte bald als nebenwirkungsarm und dennoch heilkräftig. Ausgangssubstanz für das Homöopathikum ist das frische Giftdrüsensekret. In der Trockenmasse finden sich über 90 Prozent Eiweiße, die je nach Zusammensetzung Blut, Herz oder Nerven schädigen.

»Ähnliches mit Ähnlichem heilen« lautet der Grundsatz der Homöopathie. Somit sind homöopathische Schlangengifte in erster Linie Blut-, Herz- und Nervenheilmittel.

Infektabwehr mit Lachesis

Die heutige Homöopathie bedient sich mehrerer Schlangengifte. In homöopathischer Form zeigen alle einen abwehrsteigernden Effekt und sind bei bakteriellen oder viralen Infekten hilfreich. In Kombination mit Sonnenpflanzen wie Echinacea wirkt Lachesis wie ein »homöopathisches Antibiotikum« (Vera Rosival: Die Homöopathische Hausapotheke, 2010).

Verwendet werden aber auch die Gifte der Klapperschlange (Crotalus horridus), der Korallenotter (Elaps corallinus) oder der bei uns einheimischen Kreuzotter (Vipera berus). Am häufigsten gebraucht man jedoch das potenzierte Gift des Buschmeisters (Lachesis muta; Grubenotter; Mittel- und Südamerika). Es gilt als zuverlässiges Heilmittel bei Blutvergiftung (Sepsis), die beispielsweise von eitrigen Wunden ausgehen kann.

Eben weil der Biss der Giftschlange Sepsis ähnliche Erscheinungen hervorruft, regen Tiefpotenzen (Lachesis D8) die körpereigene Gegenregulation an. Vor allem in Kombination mit dem abwehrsteigernden Sonnenhut beeinflussen sie den Krankheitsverlauf günstig. Rechtzeitig eingenommen, schützen Schlangenpräparate (siehe Tabelle) sogar vor Ansteckung, wenn wieder einmal die Grippewellen anrollen.

Blutdruckregulierung mit Naja

Das Gift der Kobra (Naja tripudians; Giftnatter; Indien) konzentriert seine Wirkung eher auf das Herz, das es zuerst erregt, später lähmt und zuletzt zum Stillstand bringt. Es zählt mit zu den tödlichsten Tiergiften, denn ein Gramm Kobragift könnte 150 Menschen töten! Eben wegen der Giftwirkung auf das Herz sind Tiefpotenzen (z. B. Naja D8) angezeigt, wenn nach Infekten Herz- oder Kreislaufbeschwerden zurückbleiben. Kobragift wirkt, ähnlich wie Lachesis, einer Blutvergiftung entgegen, aber es verhindert vor allem, dass Bakterientoxine das Herz belasten. Das homöopathische Naja senkt und reguliert außerdem noch den Blutdruck (z. B. Horvi-Enzym Naja mite Liquidum). Neben dem Sonnenmetall Gold gehört Naja also zu den Mitteln, die bei zahlreichen Herzbeschwerden Anwendung finden.