Unternehmensnachfolge

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c) Haftung für Verbindlichkeiten

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Was die Haftung des Erben für Verbindlichkeiten des Einzelunternehmers betrifft, muss unterschieden werden zwischen Alt- und Neuverbindlichkeiten auf der einen Seite sowie zwischen der bürgerlich-rechtlichen und der handelsrechtlichen Haftung auf der anderen Seite.

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Für die im Geschäft vor dem Erbfall begründeten Altverbindlichkeiten haftet der Erbe bürgerlich-rechtlich persönlich unbeschränkt, §§ 1967 Abs. 2, 2058 ff. BGB. Diese Haftung kann der Erbe jedoch grds. auf das ererbte Vermögen durch Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 1975 ff. BGB) oder Erschöpfungs- und Dürftigkeitseinrede (§§ 1900 f. BGB) beschränken.

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Neben der bürgerlich-rechtlichen Haftung für Verbindlichkeiten eines kaufmännischen Einzelunternehmens besteht als lex specialis die handelsrechtliche Haftung des Erben nach § 27 HGB. Danach haftet der Erbe für Altverbindlichkeiten voll und unbeschränkt, sofern er ein zum Nachlass gehörendes Handelsunternehmen unter der bisherigen Firma[15] mit oder ohne Beifügung eines Nachfolgezusatzes fortführt (oder ein besonderer Verpflichtungsgrund nach §§ 27, 25 Abs. 3 BGB besteht). Der Erbe kann seine handelsrechtliche Haftung durch drei Maßnahmen beschränken:

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Er stellt das zunächst fortgeführte Unternehmen innerhalb von drei Monaten seit Kenntnis vom Anfall der Erbschaft ein, § 27 Abs. 2 HGB. Umstritten ist, welche Maßnahmen der Erbe ergreifen muss, um das Unternehmen einzustellen. Nach der überzeugenden, vordringenden Auffassung ist entscheidend, dass der Erbe die Unternehmensträgerschaft aufgibt, d.h. der Erbe selbst das Unternehmen nicht mehr fortführt.[16] Nach dieser Ansicht könnte der Erbe das ererbte Unternehmen also etwa dadurch einstellen, dass er es an einen Dritten veräußert, verpachtet oder in eine von ihm gegründete Handelsgesellschaft, z. B. KG, einbringt. Die wohl noch herrschende Meinung hingegen verlangte, dass das Geschäft selbst eingestellt werden muss, um die Haftungsbeschränkung nach § 27 Abs. 2 HGB zu erreichen.[17] Nicht ausreichend ist nach beiden Ansichten, dass das Unternehmen durch einen Bevollmächtigten fortgeführt wird, wie etwa einen Prokuristen oder einen Testamentsvollstrecker bei der Vollmachtslösung (vgl. Rn. 222).[18] Ausreichend für eine Einstellung ist nach beiden Ansichten hingegen die Herausgabe des Unternehmens an den Nachlassinsolvenzverwalter innerhalb der Frist des § 27 Abs. 2 HGB, den Nachlassverwalter, an den Testamentsvollstrecker im Fall der Treuhandlösung (vgl. Rn. 228) oder an einen Vermächtnisnehmer.[19] Nach der Einstellung darf der Erbe keine neuen Geschäfte abschließen oder Verbindlichkeiten begründen. Unberührt bleiben die Abwicklung der vor der Einstellung begründeten Geschäfte, insbesondere die Erfüllung von Verbindlichkeiten und die Einziehung von Forderungen.

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Der Erbe führt das ererbte Unternehmen mit neu gebildeter Firma fort, §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1, 3 HGB.[20] Dabei muss aber der Firmenkern und nicht nur der Firmenzusatz neu gebildet werden.[21]

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Nach umstrittener Auffassung kann der Erbe schließlich einen Haftungsausschluss für Altverbindlichkeiten im Handelsregister eintragen lassen, §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB.[22] Selbst wenn man eine solche Haftungsbeschränkung des Erben zulässt, wird dieser Weg oftmals nicht zu dem gewünschten Ziel führen. Der Erbe muss den Haftungsausschluss nämlich unverzüglich nach Geschäftsübernahme anmelden und bekanntmachen.[23] Sechs bis zehn Wochen nach der Übernahme gelten nach der Rechtsprechung nicht mehr als unverzüglich.[24] In vielen Fällen wird der Erbe jedoch die notwendigen erbrechtlichen Nachweise hinsichtlich der Erbenstellung (Erbschein, Eröffnungsniederschrift, § 12 HGB) nicht so zeitnah beibringen können.

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Formulierungsbeispiel:[25]

… beantragt in das Handelsregister einzutragen, dass der Übergang der im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten bei dem Erwerb des Geschäfts kraft Erbfolge durch … ausgeschlossen ist.

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Für alle nach dem Erbfall neu begründeten Verbindlichkeiten haftet der Erbe des Einzelunternehmers persönlich mit seinem gesamten Vermögen (mehreren Erben analog § 128 HGB).[26] Für den Fall, dass der Erbe seine Haftung handelsrechtlich gemäß § 27 HGB beschränkt, werden davon allerdings auch solche Neuverbindlichkeiten erfasst, die der Erbe bei ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses neu begründet hat (Nachlasserbenschulden gemäß § 1967 Abs. 2 BGB).[27] Voraussetzung dafür ist, dass dem Geschäftspartner die Absicht bekannt oder erkennbar war, dass der Erbe nur mit Wirkung für den Nachlass handeln wollte.[28] Dazu wird im Regelfall genügen, dass der Vertragsabschluss im Namen der bisherigen Firma erfolgt, wenn diese sich vom Namen des Erben unterscheidet.[29]

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Betrieb der Erblasser nach Maßgabe der §§ 1 und 2 HGB ein nichtkaufmännisches Unternehmen, besteht keine handelsrechtliche persönliche Haftung des Unternehmensnachfolgers. Allenfalls können die Erben nach Rechtsscheinsgrundsätzen für Altverbindlichkeiten haften, sofern der Nachfolger das Unternehmen unter gleicher Bezeichnung fortführt.

d) Nachlassverwaltung

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Der Unternehmensnachfolger kann seine bürgerlich-rechtliche Haftung für Verbindlichkeiten des Erblassers durch Nachlassverwaltung auf den Nachlass beschränken, §§ 1975 ff. BGB. Die Nachlassverwaltung kann der Erbe ohne Angabe eines Grundes beantragen, wohingegen ein Gläubiger darlegen muss, dass die Befriedigung seiner Forderung aus dem Nachlass aufgrund des Verhaltens des Erben gefährdet erscheint, § 1981 BGB. Folge der Nachlassverwaltung ist, dass der Nachlass rückwirkend auf den Erbfall vom Eigenvermögen des Erben getrennt wird und der Erbe nur noch beschränkt mit dem Nachlass haftet, § 1975 BGB. Die Verwaltungsbefugnis geht auf den Nachlassverwalter über, § 1984 BGB.

Gehört zum Nachlass ein einzelkaufmännisches Unternehmen, ist mittlerweile unstreitig, dass der Nachlassverwalter dieses grundsätzlich fortführen kann.[30] Das Firmenvermögen wird als Teil des Gesamtvermögens des Erblassers ohne jede Besonderheit betrachtet. Handelt der Verwalter bei der Fortführung des Unternehmens für den Vertragspartner erkennbar als Verwalter, verpflichtet er den Nachlass, d.h. die Erben als Träger des Nachlasses. Gleichermaßen fallen die Unternehmensgewinne in den Nachlass. Veräußert der Verwalter das Unternehmen, begründet er keine Haftung der Erben nach § 27 HGB oder des Erwerbers nach § 25 HGB.[31] Die Erben müssen auch dann einer Veräußerung nicht zustimmen, wenn deren Familienname im Unternehmen enthalten ist. Der Nachlassverwalter trägt allerdings ein persönliches Regressrisiko, wenn er der Aufgabe der Unternehmensfortführung grob fahrlässig nicht gerecht wird. Keineswegs haftet er nur für die „diligentia quam in suis“.[32] Insbesondere besteht eine persönliche Haftungsgefahr des Nachlassverwalters, wenn er bei Insolvenzgefährdung des Unternehmens den Insolvenzantrag nicht rechtzeitig stellt, §§ 1985 Abs. 2 i. V. m. 1980 BGB.

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Gemäß §§ 1978, 667, 668 BGB ist der Erbe verpflichtet, den Nachlass, d.h. das Unternehmen, herauszugeben. Dies gilt allerdings nur dann, wenn das vom Erben fortgeführte Unternehmen überhaupt noch Bestandteil des Nachlasses ist. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird das fortgeführte Unternehmen in das Eigenvermögen des Unternehmensnachfolgers hineinwachsen. Wann dieser Zeitpunkt erreicht ist, lässt sich nur sehr schwer bestimmen. Die Frist des § 27 Abs. 2 HGB lässt sich nicht entsprechend anwenden.[33] Lediglich wenn die Nachlassverwaltung kurz nach dem Erbfall angeordnet wird, wird man regelmäßig davon ausgehen können, dass das Unternehmen noch ein solches des Erblassers darstellt.

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Der Nachlassverwalter benötigt für die in §§ 1821, 1822, 1828–1831 BGB genannten Geschäfte die Zustimmung des Nachlassgerichts, auch wenn die Erben nicht minderjährig sind, §§ 1960, 1915, 1837, 1886, 1962 BGB. Selbst wenn alle (volljährigen) Miterben einer bestimmten Maßnahme zustimmen, hebt dies nicht die Zustimmungsbedürftigkeit durch das Nachlassgericht auf. Erst wenn alle Miterben und alle Gläubiger mit einer bestimmten Maßnahme einverstanden sind, kann das Nachlassgericht der Maßnahme nicht mehr widersprechen.[34]

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Der Nachlassverwalter hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung, § 1987 BGB. Im unternehmerischen Bereich dienen die Insolvenzverwaltergebühren als Anhaltswerte.[35] Der Nachlassverwalter hat daher Anspruch auf eine auf das Aktivvermögen bezogene Rahmengebühr von 3–5 % des Nachlasses.[36]

Sofern nicht Nachlassinsolvenz beantragt wird, endet die Nachlassverwaltung mit Zweckerreichung, §§ 1986, 1919 BGB, d.h. wenn sämtliche Gläubiger befriedigt sind bzw. alle Miterben und Gläubiger übereinstimmend die Beendigung der Nachlassverwaltung beantragen. Bei einem aktiven Unternehmen würde dieser Zweck faktisch nie erreicht werden, da ständig neue Verbindlichkeiten entstehen. Richtigerweise steht daher der Beendigung der Nachlassverwaltung über ein Unternehmen nicht entgegen, wenn noch zukünftig fällig werdende Verbindlichkeiten bestehen, sofern die Erfüllung dieser Ansprüche in Zukunft gewährleistet ist und sonstige fällige Verbindlichkeiten berichtigt sind.[37]

 

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Praxishinweis:

Die Erbenhaftung und die Möglichkeiten ihrer Beschränkung sind eine überaus komplexe Materie. Ein vertieftes Auseinandersetzen ist an dieser Stelle nicht geboten, da in der Praxis Erbschaften mit überschuldeten Nachlässen meist ausgeschlagen werden. Zur Problematik der Erbenhaftung kann es nur dann kommen, wenn innerhalb der knappen Ausschlagungsfrist keine Klarheit über die vermögensrechtliche Situation des Unternehmens zu erlangen ist.

e) Erbengemeinschaft als Inhaber des Einzelunternehmens

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Sind mehrere Erben vorhanden und hat der Erblasser keine testamentarische Vorsorge getroffen, fällt das einzelkaufmännische Unternehmen nach h.M. in die ungeteilte Erbengemeinschaft.[38] Das von der Erbengemeinschaft fortgeführte Handelsgeschäft des Erblassers bleibt demnach Einzelunternehmen, wenngleich mit mehreren Inhabern,[39] die allesamt nach § 31 HGB in das Handelsregister einzutragen sind. Minderjährige Miterben, die als Inhaber einzutragen sind, können bei der Anmeldung von ihren Eltern vertreten werden, weil der Rechtsübergang kraft Gesetzes und nicht kraft Rechtsgeschäfts eingetreten ist. Übernimmt ein Miterbe das Unternehmen mit Zustimmung der anderen Miterben, so ist hierin eine Teilerbauseinandersetzung mit Zuweisung des Geschäfts an den Miterben zu sehen. In diesem Fall muss der übernehmende Miterbe als Alleininhaber in das Register eingetragen werden, aber erst nach Zwischeneintragung der Erbengemeinschaft.[40]

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Formulierungsbeispiel Anmeldung der Unternehmensnachfolge durch Erbenmehrheit:

Im Handelsregister ist … unter HRA … als Inhaber des einzelkaufmännischen Unternehmens unter der Firma … eingetragen. … ist am … verstorben. Er wurde beerbt von den zwei unterzeichnenden Miterben …, geboren am …, wohnhaft … Die Erbfolge ist nachgewiesen durch Ausfertigung des Erbscheins vom …, Nachlassgericht …, Az.: … Zur Eintragung im Handelsregister wird angemeldet: Das Unternehmen und die Firma sind auf die zuvor genannten Miterben übergegangen. Diese werden das Unternehmen unter der Firma … fortführen. Die Geschäftsräume befinden sich in …

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Führt die Erbengemeinschaft die alte Firma fort, muss ein in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 1 HGB auf die Erbengemeinschaft hinweisender „Rechtsformzusatz“ im Handelsregister eingetragen werden.[41]

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Beispiel:

Heinrich Schmidt in Erbengemeinschaft oder Heinrich Schmidt Nachfolger in Erbengemeinschaft.

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Die Erbengemeinschaft kann das Unternehmen auch unter anderer Firma fortsetzen, um etwa die handelsrechtliche Haftung für Altverbindlichkeiten des Erblassers zu vermeiden. In jedem Fall muss aber der Zusatz „in Erbengemeinschaft“ hinzugefügt werden.[42]

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Die Erbengemeinschaft kann das Unternehmen ohne zeitliche Begrenzung als Miterben-Unternehmen fortführen.[43] Die einvernehmliche Geschäftsfortführung über längere Zeit führt nicht automatisch zum Entstehen einer OHG oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts.[44] Dies setzt den gegebenenfalls konkludenten Abschluss eines Gesellschaftsvertrags voraus. Ein solch konkludent geschlossener Gesellschaftsvertrag könnte etwa dann vorliegen, wenn ein neuer Geschäftspartner aufgenommen wird, einzelne Miterben aus dem Geschäft ausscheiden (z. B. durch Teilerbauseinandersetzung) oder die Haftung einzelner Miterben beschränkt wird (dann KG).[45] Die Annahme einer neuen Firma oder das Verstreichenlassen der Frist des § 27 Abs. 2 HGB genügen hingegen nicht.[46] Für das Innenverhältnis der Miterben können allerdings die Vorschriften über die OHG entsprechend herangezogen werden.[47]

31

Hinsichtlich der gewerberechtlichen und handwerksrechtlichen Voraussetzungen (vgl. hierzu Rn. 3) ist es ausreichend, wenn ein Mitglied der Erbengemeinschaft (z. B. der überlebende Ehegatte) über die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Erbenprivilegien verfügt. Weiter ist es ausreichend, wenn ein Miterbe über die berufsrechtlichen Voraussetzungen verfügt, die zur Fortführung des Betriebs erforderlich sind (z. B. eine Tochter, die über einen notwendigen Abschluss verfügt).[48]

32

Die Miterben können als Inhaber eines Handelsgeschäfts einen Prokuristen bestellen. Die Bestellung muss durch sämtliche Miterben erfolgen, da nur alle Miterben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Inhaber des Handelsgeschäfts sind, § 48 Abs. 1 HGB. Einzelne Miterben können die Prokura jedoch widerrufen.[49] Ein Miterbe kann nicht zum Prokuristen bestellt werden, da er bereits Inhaber des Handelsgeschäfts ist.[50] Wird ein Prokurist Miterbe, erlischt die Prokura folgerichtig. Die Miterbengemeinschaft kann aber einzelnen Miterben Vollmacht erteilen. Handeln im alltäglichen Geschäftsablauf einzelne Miterben, können darüber hinaus die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht greifen.[51]

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Die neben der bürgerlich-rechtlichen Haftung bestehende handelsrechtliche Haftung gemäß § 27 HGB für Altverbindlichkeiten des Erblassers trifft auch die Erbengemeinschaft. Führt ein Miterbe das Unternehmen fort, haften die übrigen Miterben nur, wenn sie den tätigen Miterben zur Fortführung bevollmächtigt haben, gegebenenfalls auch stillschweigend.[52] Eine stillschweigende Bevollmächtigung kann auch darin gesehen werden, dass die Miterben die Fortführung des Unternehmens dulden. In diesen Fällen droht den Nicht-Unternehmer-Miterben nicht nur eine handelsrechtliche Haftung für Altverbindlichkeiten des Erblassers, sondern auch für durch den tätigen Miterben begründete Neuverbindlichkeiten.

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Praxishinweis:

Möchte ein Miterbe das Handelsgeschäft alleine fortführen, ohne die Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen, könnte die Erbengemeinschaft dem fortführungswilligen Miterben das Unternehmen verpachten. Auf diese Weise wird zumindest die Haftung für Neuverbindlichkeiten vermieden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Pächter als neuer Inhaber im Handelsregister eingetragen wird.[53]

35

Umstritten ist darüber hinaus die Frage, inwieweit ein einzelner Miterbe die Einstellung des Geschäftsbetriebs nach § 27 Abs. 2 HGB durchsetzen kann oder sich durch einseitige Erklärung aus der Trägerschaft des Handelsgeschäfts lösen kann. Nach hM bedarf die Entscheidung sowohl über die Fortführung des Unternehmens als auch über die Einstellung nach § 27 Abs. 2 HGB der Einstimmigkeit der Miterben.[54] Die Frist richtet sich in diesem Fall nach dem Miterben, für den die Frist am längsten läuft. Demgegenüber kann ein Miterbe für sich selbst nicht den Haftungsausschluss nach §§ 27, 25 Abs. 2 HGB erklären. Der einzelne Miterbe ist insoweit auf sein Recht verwiesen, jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verlangen.[55]

36

Die Fortführung des Einzelunternehmens in Erbengemeinschaft führt zu erheblichen Nachteilen:

Das Recht, die Auseinandersetzung des Nachlasses gemäß § 2042 BGB zu verlangen, kann zu einer Zerschlagung des Unternehmens führen und begründet damit eine erhebliche Instabilität. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Auseinandersetzung nicht zur Unzeit verlangt werden kann, so wie es in § 723 Abs. 2 BGB für die GbR vorgesehen ist, gibt es nicht. Lediglich die wohl bedeutend höhere Schranke des Rechtsmissbrauchs kann einem Auseinandersetzungsverlangen entgegengesetzt werden.[56]

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Das der Erbengemeinschaft zugrundeliegende Prinzip der gemeinsamen Verwaltung (§§ 2038 ff. BGB) macht Entscheidungsprozesse im Unternehmen schwierig. Für Maßnahmen der ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung ist einfache Stimmenmehrheit erforderlich, §§ 2038 Abs. 2, 745.[57] Maßnahmen, die zur Erhaltung notwendig sind, können gemäß § 2038 Abs. 1 S. 2 HS 2 BGB durch einzelne Miterben allein getroffen werden. Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung wiederum müssen einstimmig beschlossen werden. Das Gleiche gilt für Verfügungen, § 2040 Abs. 1 BGB. Die Abgrenzung dieser verschiedenen Bereiche ist gerade bei unternehmerischen Entscheidungen in vielen Fällen kaum möglich.

38

Besondere Schwierigkeiten bestehen, wenn ein Miterbe minderjährig ist. Eine Genehmigung des Familiengerichts zur Fortführung des von der Erbengemeinschaft erworbenen einzelkaufmännischen Unternehmens ist zwar nicht erforderlich.[58] Der minderjährige Miterbe hat jedoch das Recht, die Haftung nach § 1629a Abs. 1 S. 1 BGB auf den Bestand des beim Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens zu begrenzen. Macht der volljährig gewordene Miterbe von diesem Recht Gebrauch, kann er seine Haftung nach §§ 1990 f. BGB beschränken, § 1629a Abs. 1 S. 2 BGB,[59] und insbesondere die Erschöpfungseinrede nach § 1990 BGB erheben. Die Haftungsbeschränkung umfasst dabei auch solche Verbindlichkeiten, die vertretungsberechtigte Personen (gegebenenfalls auch mit Zustimmung des Familiengerichts) für den Minderjährigen eingegangen sind.[60] Macht der volljährig gewordene Miterbe von seinem Recht auf Haftungsbeschränkung keinen Gebrauch, haftet er andererseits nicht nur mit dem ererbten Vermögen, sondern auch mit seinem sonstigen Vermögen. Das Recht, die Haftung zu beschränken, ist zeitlich nicht befristet. Nach § 1629a Abs. 4 S. 1 BGB wird jedoch vermutet, dass eine Verbindlichkeit erst nach Eintritt der Volljährigkeit entstanden ist, wenn der Minderjährige nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Volljährigkeit die Auseinandersetzung des Nachlasses verlangt.[61] Falls das Geburtsdatum eines Minderjährigen entgegen § 24 HRV nicht oder falsch im Register eingetragen ist, tritt der Gutglaubensschutz des § 15 Abs. 1, 3 HGB hinter den Minderjährigenschutz zurück. § 15 HGB ist daher verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Vorschrift zum Nachteil Minderjähriger nicht eingreift.[62]

39

Die Erbengemeinschaft kann das Unternehmen in eine andere Rechtsform (z.B. OHG, KG) umwandeln. Eine Umwandlung nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes scheidet allerdings aus, da die Erbengemeinschaft kein umwandlungsfähiger Rechtsträger ist, § 3 UmwG. Auch die Tatsache, dass die Erbengemeinschaft ein einzelkaufmännisches Unternehmen fortführt, führt nicht zu einer analogen Anwendung der Ausgliederungsvorschriften der §§ 152 ff. UmwG.[63]

40

Vielmehr muss die Erbengemeinschaft alle Aktiva und Passiva des Einzelunternehmens im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf eine zuvor durch alle Miterben gegründeten neuen Rechtsträger (z.B. OHG) übertragen. Dazu müssen alle Miterben gemeinschaftlich die einzelnen Unternehmensgegenstände auf den neuen Rechtsträger übertragen, § 2040 Abs. 1 BGB. Die Erbengemeinschaft wird insoweit durch (Teil)Erbauseinandersetzung aufgehoben und beendet. Mit dem Erlöschen der Erbengemeinschaft wird die Innenbeziehung der Miterben durch die jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben geregelt.

41

Alternativ können alle Miterben ihre Erbanteile an die neu gegründete Gesellschaft übertragen, § 2033 BGB. Die Erbteilsübertragung bewirkt eine Gesamtrechtsnachfolge und vermeidet daher eine u. U. langwierige Einzelrechtsübertragung aller Vermögensgegenstände des Einzelunternehmens. Der Erbteilsübertragung müsste freilich eine Teilauseinandersetzung über das Privatvermögen des Erblassers vorausgehen.

42

Ist ein Miterbe minderjährig, bedürfen die Fortführung des Unternehmens als OHG und der Abschluss des Gesellschaftsvertrags der Genehmigung des Familiengerichts, §§ 1822 Nr. 3, 1643 Abs. 1 BGB.[64] Darüber hinaus muss ein Ergänzungspfleger bestellt werden, wenn der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen selbst Mitglied der Gesellschaft wird, §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB. Die Ergänzungspflegschaft bezieht sich allerdings nur auf den Abschluss des Gesellschaftsvertrags, nicht auf das operative Geschäft der Gesellschaft, selbst wenn Gesellschafterbeschlüsse erforderlich sind. Bei diesen wird der Minderjährige durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten, ohne dass das Familiengericht zustimmen müsste. Anders ist dies nur bei erheblichen Änderungen des Gesellschaftsvertrags (z.B. neuer Unternehmensgegenstand).[65]

 

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Praxishinweis:

Die Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in Erbengemeinschaft bringt erhebliche Nachteile mit sich. Allenfalls in Einzelfällen kann es sachgerecht sein, das ererbte Einzelunternehmen in ungeteilter Erbengemeinschaft fortzuführen, so etwa, wenn die Miterben das Geschäft veräußern wollen und dafür den günstigsten Zeitpunkt abwarten wollen.