Churning

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Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen

B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen

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Darüber hinaus sind weitere aus dem Wirtschaftsstrafrecht bekannte Verhaltensweisen auszumachen, die mit der Spesenschinderei einhergehen können.

Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › I. Die Kick-Back Zahlungen

I. Die Kick-Back Zahlungen

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Wird zwischen dem Broker bzw. dem Kreditinstitut und einer Vermittlungs- bzw. Vermögensverwaltungsgesellschaft ausdrücklich oder konkludent die Zahlung sogenannter Kick-Backs vereinbart, so einigen sie sich darauf, dass der Broker oder das Kreditinstitut dem Anleger überhöhte Gebühren in Rechnung stellt und die aufgeschlagene Preisdifferenz der Vermittlungs- respektive Vermögensverwaltungsgesellschaft auszahlt.[1] Entscheidend ist, dass die Retrozession umsatzabhängig gewährt wird.[2] Einschlägig ist dieses Phänomen unter anderem sowohl bei der Einrichtung des Kundendepots als auch bei dem nachfolgenden Erwerb von Finanzprodukten eines bestimmten Emittenten.[3] Die Kick-Back Zahlungen lösen einen Interessenkonflikt beim Vermögensverwalter oder -vermittler aus, der eine neutrale, ausschließlich am Anlegerinteresse ausgerichtete Beratungstätigkeit gefährdet.[4] Zum einen könnte er sich dazu veranlasst fühlen, sich durch vermehrte Umschichtungen des Depots eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen und zum anderen wird er bei der Entscheidung über die Wahl des Brokers respektive des Kreditinstituts nicht mehr völlig frei oder an den Anlegerinteressen orientiert sein. Vielmehr wird er sein Provisionsinteresse mitschwingen lassen und mit dem Vertragspartner kontrahieren, der die großzügigsten Kick-Back Zahlungen gewährt.[5]

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Der BGH differenziert in seiner zivilrechtlichen Rechtsprechung bei dem Begriff der Provisionen formal-begrifflich[6] zwischen der Innenprovision und der Rückvergütung.[7] Um Innenprovisionen handelt es sich, wenn es um nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen geht, die für die Eigen- und Fremdkapitalbeschaffung sowie eine Platzierungsgarantie aus dem Anlagevermögen gezahlt werden.[8] Über die Zahlung von Innenprovisionen muss nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ausschließlich aufgeklärt werden, wenn sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem eine Fehlvorstellung auslösen können.[9] Eine solche Einschränkung der Werthaltigkeit ist nach dem BGH anzunehmen, wenn die Kosten einen Umfang von 15 % des Gesamtaufwandes übersteigen.[10] Demgegenüber handelt es sich um grundsätzlich zur Aufklärung verpflichtende Rückvergütungen, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Anleger über den Vermittler oder Verwalter an den Broker bzw. das Kreditinstitut zahlt, hinter seinem Rücken an den Vermittler bzw. Vermögensverwalter umsatzabhängig zurückfließen, so dass der Anleger nicht dessen besonderes Interesse erkennt, gerade dieses entsprechende Geschäft durchzuführen.[11] Die Rückvergütung wird im Gegensatz zur Innenprovision nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt.[12] Aus dem vom BGH geforderten Merkmal der „hinter dem Rücken“ [13] geleisteten Zahlung wird darauf geschlossen, dass es sich um eine schmiergeldähnliche Zahlung handeln muss.[14] Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn der einen Ausgabeaufschlag zahlende Kunde nicht weiß oder nicht erkennen kann, dass die Bank für den Vertrieb des Produkts eine Zahlung von dem Emittenten erhält.[15] So führt Fullenkamp[16] zutreffend an, dass zumindest dann eine Pflichtverletzung verneint werden müsse, wenn der Kunde im Rahmen der zweistufigen Aufklärung zumindest über das „ob“ der Provision unterrichtet wurde und lediglich die genaue Höhe offengeblieben ist. In diesem Fall wisse der Kunde nämlich sehr wohl, dass die Empfehlung von eigenen wirtschaftlichen Interessen beeinflusst ist. Bei entsprechendem Interesse könne er sich nun nach der genauen Höhe der Provision erkundigen.

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Diese ungleichen Aufklärungspflichten rechtfertigt der BGH in seiner als „Kick-Back III“ bezeichneten Entscheidung damit, dass die eingeschränkte Aufklärungspflicht bei Innenprovisionen an die Fehlvorstellung des Kapitalanlegers über die Werthaltigkeit der Anlage anknüpft, während es bei der grundsätzlichen Offenlegungspflicht der Bank bei Rückvergütungen darum geht, den Anleger auf eine Gefahrensituation hinzuweisen, die sich aus der eingeschränkten Unabhängigkeit und Neutralität des Beraters ergibt.[17] Diese grundsätzliche unaufgeforderte Aufklärungspflicht trifft hingegen grundsätzlich nicht den freien Finanzberater.[18] Den rechtfertigenden Unterschied sieht der III. Zivilsenat des BGH darin, dass der Kunde der Bank für ihre Dienstleistungen Depotgebühren, Kontoführungsgebühren sowie An- und Verkaufsprovisionen zahle und deshalb nicht damit rechnen müsse, dass die Bank bei der Anlageberatung ein eigenes, umsatzabhängiges Provisionsinteresse gegenüber dem Emittenten verfolge. Demgegenüber läge es für ihn auf der Hand, dass der freie Anlageberater, welchem er kein Entgelt für die Beratung entrichte, von der kapitalsuchenden Gesellschaft Vertriebsprovisionen erhalte, die zumindest wirtschaftlich betrachtet, dem vom Kunden an eben diese Gesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden.[19]

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Handelt es sich hingegen um Festpreisgeschäfte, in denen keine Provisionen gezahlt werden, sondern lediglich Gewinnmargen erzielt werden, herrscht sowohl in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit darüber, ob der BGH diese von seiner „Kick-Back“-Rechtsprechung erfasst sehen will.[20] Als Gewinnmarge wird die als Geldbetrag oder Prozentsatz angegebene Differenz zwischen Kosten und Erlös bezeichnet.[21] Das OLG Dresden[22], das OLG Bamberg[23], das OLG Düsseldorf[24] und jüngst das LG Bielefeld[25] haben sich auf den Standpunkt gestellt, dass reine Gewinnmargen keine Rückvergütungen im Sinne der „Kick-Back“-Rechtsprechung des BGH sein sollen und mithin keine Aufklärungspflichten des Anlageberaters über umsatzabhängige Gewinnmargen bestehen. Das LG Köln[26] und das OLG Frankfurt[27] hingegen halten die „Kick-Back“-Rechtsprechung des BGH auch bei nicht „klassischen“ Rückvergütungen für anwendbar. Ebenfalls für eine Aufklärungspflicht bei Erzielung bloßer Gewinnmargen sprechen sich unter anderem Maier[28] und Späth[29] aus. Das LG Chemnitz hingegen hält eine Handelsmarge nur dann für aufklärungspflichtig, wenn sie „besonders hoch“ sei.[30]

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Strafrechtliche Relevanz erlangen Kick-Back Zahlungen vor allem im Rahmen des Betrugs- (§ 263 StGB) und des Untreuetatbestandes (§ 266 StGB). Zum einen kann das Verschweigen umsatzabhängiger Rückvergütungen den Tatbestand des Betruges durch konkludente Täuschung oder Täuschung durch Unterlassen erfüllen oder das Verschweigen und Nichtherausgeben der Rückvergütung kann zum anderen eine Treuepflichtverletzung im Rahmen der Untreue darstellen.[31]

Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › II. Die Risikogeschäfte

II. Die Risikogeschäfte

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Risikogeschäfte sind am Kapitalmarkt nichts Ungewöhnliches. Von solchen Geschäften kann nämlich immer schon dann gesprochen werden, wenn mit einer konkreten Geschäftsentscheidung von gewissem finanziellen Umfang, die Gefahr eines Verlustes einhergeht.[32] Allerdings sind Risiken wesentliche Strukturelemente im marktwirtschaftlichen System und mithin notwendige Bestandteile unternehmerischen Handelns.[33] Deshalb ist zum einen die immanente Verlustgefahr eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Strafwürdigkeit eines solchen Verhaltens und zum anderen können anhand eines eingetretenen Schadens keine Rückschlüsse darauf gezogen werden, dass ein Verhalten pflichtwidrig war.[34] Somit muss vielmehr maßgeblich sein, ob sich das zu beurteilende Geschäft noch im Rahmen des erlaubten Risikos befand.[35] Ob sich ein Risikogeschäft innerhalb des erlaubten Risikos bewegt, ist anhand der dem Innenverhältnis Konturen gebenden vertraglichen Vereinbarungen zu erforschen.[36] Beurteilungsgrundlage dafür können für Geschäfte am Finanzmarkt die besprochenen und fixierten Anlagerichtlinien[37] sein. Sollen die Anlagerichtlinien ihrem Zweck entsprechend aufgestellt werden, muss sich der Vermögensverwalter im Rahmen eines Informationsgespräches Kenntnisse von den persönlichen und finanziellen Umständen des Anlegers verschaffen und der Anleger muss zwischen einem der drei klassischen Anlagezielen, der „Vermögenserhaltung“, der „Vermögensmehrung“ und der „Liquidität“ wählen.[38] Ferner wird in den Anlagerichtlinien vereinbart, „ob die Vermögensverwaltung auf „Wachstumswerte mit gemäßigtem Risiko“, „Ertrag“ (also konservative Anlagepolitik mit hoher Kapitalrendite) oder auch eine „aggressive Anlagepolitik“ (Wachstum mit hohem Risiko) gerichtet sein soll“[39]. Somit werden an dieser Stelle die entscheidenden Maßstäbe für die Beurteilung der Frage gegeben, ob das eingegangene Risiko noch erlaubt war oder nicht. Existieren allerdings keine konkreten Anlagerichtlinien, ist die Beurteilung schwieriger. Im Schrifttum spricht man sich in diesem Fall für ein pflichtwidrig eingegangenes Risiko aus, wenn es sich nach dem Inhalt des Treueverhältnisses als offenkundig unvertretbar erweist.[40] Die Rechtsprechung hingegen stellt darauf ab, ob im Rahmen einer wirtschaftlich vernünftigen und alle äußeren Umstände berücksichtigenden Gesamtbetrachtung die Gefahr des Verlustes wahrscheinlicher ist als die Aussicht auf Gewinnzuwachs.[41] Ferner bejaht der BGH das Vorliegen eines Risikogeschäfts, „wenn der Täter nach Art eines Spielers bewusst und entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine […] äußerst gesteigerte Verlustgefahr auf sich nimmt, nur um eine höchst zweifelhafte Gewinnaussicht zu erhalten“[42].

 

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Strafrechtliche Relevanz erlangen Risikogeschäfte vor allem im Hinblick auf die für den Kapitalmarkt entscheidenden Straftatbestände des Betruges (§ 263 StGB) und der Untreue (§ 266 StGB).

Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › III. Das Stop-Loss-Order-Fishing

III. Das Stop-Loss-Order-Fishing

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Eine weitere Manipulationstechnik ist das Stop-Loss-Order-Fishing (oder Gunning for Stop-Loss-Orders[43] ). Diese knüpft an das Setzen der Stop-Loss-Order an. Wie bereits dargestellt, zeichnet sich das Vereinbaren einer Stop-Loss-Order dadurch aus, dass ein bestimmte Wertgrenze vereinbart wird, bei deren erreichen ein automatischer Verkauf von Wertpapieren oder der Ausstieg aus einer Terminposition erfolgen soll. Beim Stop-Loss-Order-Fishing versucht der Manipulant den Kurs durch effektive Geschäfte dahingehen zu beeinflussen, dass die von Marktteilnehmern bevorzugte Stopp-Marke erreicht wird und die Wirkung der Stop-Loss-Order ausgelöst wird. Wo die Marke angesetzt ist, entnimmt der Täter zumeist einschlägiger Börsenzeitungen, deren Empfehlungen viele Anleger folgen. Bei Erreichen der Marke kommen vermehrt Verkaufsaufträge auf den Markt und bei gleichbleibender Nachfrage können die Kurse stark fallen. Dies nutzt der Manipulant, wie beabsichtigt, um sich mit dem nun günstigen Wertpapier einzudecken und diese nach Erholung des Marktes wieder gewinnbringend abzustoßen.[44]

Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › IV. Sog. Bucket-Shops respektive Bucket-Orders

IV. Sog. Bucket-Shops respektive Bucket-Orders

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Insbesondere beim Handel mit Warenterminoptionen kann es vorkommen, dass betrügerische und meist an der Börse nicht zugelassene Täter (Bucket-Shops) von Anfang an beabsichtigen, die Gelder des Kunden nicht an der Börse zu platzieren (Bucket-Orders), diese aber gleichwohl zur Investition überreden.[45] In diesen Konstellationen und bei Hinzutreten der erforderlichen täuschungsbedingten Vermögensverfügung sowie des Vermögensschadens, wird aufgrund der Täuschung über die innere Tatsache des an der Börse anlegen Wollens, in der Regel ein Eingehungsbetrug nach § 263 StGB zulasten des Anlegers bejaht werden können.[46]

Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › V. Der Handel mit sog. „nackten Optionen“

V. Der Handel mit sog. „nackten Optionen“

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Beim Handel mit „nackten Optionen“ spekuliert der Finanzdienstleister entgegen seiner dem Kunden gegenüber geäußerten Überzeugung vom zu erwartenden Kursverlauf und damit gegen eben diesen. Der Dienstleister geht also davon aus, dass der zum Beispiel auf steigende Kurse spekulierende Anleger verlieren wird.[47] Um im Gegensatz zum Anleger einen Gewinn zu erzielen, tätigt er nämlich kein Deckungsgeschäft und spiegelt die Börsennotierung nur vor.[48] Wäre er aber davon überzeugt, dass der Anleger einen Gewinn erzielen wird, würde er ein Deckungsgeschäft abschließen. Ohne ein entsprechendes Deckungsgeschäft müsste er im Gewinnfall nämlich selbst zahlen.[49] Der Dienstleister wird also nicht auf Seiten des Anlegers, sondern genau entgegengesetzt, als „Gegenspieler und geschäftlicher Widerpart des Kunden“ tätig.[50] Strafrechtlich bedeutsam ist diese Praxis vor allem im Hinblick auf den Betrugstatbestand nach § 263 StGB und zwar in Form der (konkludenten) Täuschung oder Täuschung durch Unterlassen, sowohl über eine innere (eigene Überzeugung) als auch äußere Tatsache (Werthaltigkeit oder Gewinnwahrscheinlichkeit).

Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › VI. Front-Running

VI. Front-Running

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Front-Running zeichnet sich dadurch aus, dass in Kenntnis einer bereits erteilten aber zu einem späteren Zeitpunkt auszuführenden Kundenorder ein Eigengeschäft in Form eines An- oder Verkaufs bezüglich desselben Wertes durchgeführt wird.[51] Kurzum können darunter Eigengeschäfte in Kenntnis von Kundenaufträgen verstanden werden.[52] Front-Running zählt demnach also zu den strafbewährten Insidergeschäften. Zu beachten ist die Reihenfolge der Vorgehensweise. In einem ersten Schritt erhält der Finanzdienstleister eine Kundenorder, die geeignet ist den Kurs steigen oder fallen zu lassen. In einem nachfolgenden zweiten Schritt deckt er sich mit dem entsprechenden Anlageobjekt ein, um es nach Ausführung der Kundenorder in einem dritten Schritt zum erwartungsgemäß erhöhten Preis wieder abzustoßen. Essentiell für die rechtliche Einordnung des Front-Running ist der Drittbezug der Information. Ausschließlich wenn ein solcher Drittbezug der Information gegeben ist, liegt eine Insidertatsache i.S.d. WpHG vor.[53] Wird das Eigengeschäft zeitgleich mit dem Kundenauftrag ausgeführt, spricht man von Parallel-Running.[54] Einträglich ist diese Strategie, weil Kauforder mit größerem Volumen bei entsprechender Marktenge zu einem überproportionalen Preisanstieg und damit korrespondierende Verkaufsorder zu einem Kurseinbruch des betroffenen Wertes führen können.[55] Erhält ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen demnach eine Ankaufsorder eines bestimmten Wertpapiers oder Derivats von gewissem Umfang, wird es vor deren Ausführen ein Eigengeschäft in Form eines Kaufs desselben vornehmen. Nach anschließender Ausführung der Kundenankaufsorder hat die große Nachfrage zu einem mitunter erheblichen Kursanstieg geführt und der Dienstleister kann die zuvor erworbenen Anlageobjekte mit einem zu verbuchenden Gewinn wieder verkaufen.

Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › VII. Scalping

VII. Scalping

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Teilweise als Spezialfall des Front-Running wird das Scalping als Konstellation verstanden, in der ein Finanzdienstleister zum Kauf oder Verkauf eines Anlageobjekts rät, welches er zuvor durch Kauf erworben hat.[56] Der Dienstleister beabsichtigt damit, die Nachfrage am Markt zu steigern und aufgrund der ausgelösten Kurssteigerung das Objekt sodann mit Gewinn zu veräußern.[57] Die Kaufempfehlungen werden demnach nur aus dem Grund erteilt, einen Kursanstieg zu bewirken und nicht um den vertraglich geschuldeten Pflichten nachzukommen.[58] Entscheidend ist dabei nicht die Korrektheit der gemachten Aussagen oder Ratschläge, sondern vielmehr kommt es hauptsächlich darauf an, ob die handelnde Person Positionen in dem betreffenden Finanzinstrument innehat.[59] Diese Variante erfüllt nicht immer den Tatbestand des strafbaren Insiderhandels.[60] Im Unterschied zum Front-Running gilt es beim Scalping zu beachten, dass Schritt eins und zwei vertauscht sind. Hier hat der Dienstleister das Anlageobjekt zuerst erworben, spricht sodann die Empfehlungen aus – was beim Front-Running der eingegangenen Kundenorder entspricht – und verkauft es im dritten Schritt ebenfalls zum erwartungsgemäß erhöhten Preis.[61] Eine weitere Divergenz zum Front-Running besteht nach heute wohl herrschender Auffassung darin, dass es sich bei dem Wissen des Täters, er werde die selbst erworbenen Objekte anschließend empfehlen, nicht um eine Insiderinformation im Sinne des WpHG handelt.[62] Demnach handele es sich bei selbstgeschaffenen Tatsachen nicht um eine einen Drittbezug aufweisende Information, weshalb Scalping kein Insidergeschäft im Sinne der §§ 13, 14 WpHG sei, sondern vielmehr als „sonstige Täuschung“ eine marktmanipulative Handlung im Sinne des § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG darstellt. Dies ergebe sich sprachlich bereits daraus, dass sich eine Person über eine von ihr selbst gefassten Gedanken nicht informieren könne.[63]

Anmerkungen

[1]

Arendts S. 63; Mölter wistra 2010, 53 (59); Park-Zieschang Teil 3 Kap. 1 Rn. 125; Rönnau in: FS Kohlmann, S. 239 (240).

[2]

BGH NJW 2011, 3227 (3228); 2007, 1876 (1879).

[3]

Lenenbach Rn. 8.68.

[4]

Fuchs-Fuchs § 31 Rn. 88; Lenenbach Rn. 11.308.

[5]

Arendts S. 63; Mölter wistra 2010, 53 (59).

[6]

Lenenbach Rn. 5.422.

[7]

Siehe dazu statt vieler nur BGH NJW 2011, 3227.

[8]

BGH NJW 2011, 3227 (3228); Fullenkamp NJW 2011, 421 (421 f.).

[9]

Vgl. BGH NJW 2004, 2228; 2004, 1732.

[10]

BGH NJW 2004, 1732.

[11]

St. Rspr., BGH NJW 2011, 3227 (3228), weitere Nachweise bei Schlösser BKR 2011, 465 Fn. 2.

[12]

BGH NJW 2011, 3227 (3228).

[13]

BGH NJW 2011, 3227 (3228).

[14]

Habersack WM 2010, 1245 (1247); Fullenkamp NJW 2011, 421 (422).

[15]

Fullenkamp NJW 2011, 421 (422).

[16]

Fullenkamp NJW 2011, 421 (424).

[17]

BGH NJW 2009, 1416; vgl. ebenfalls BGH NJW 2001, 962: „Kick-Back I“ Entscheidung; BGH NJW 2007, 1876: „Kick-Back II“ Entscheidung; BGH NJW 2009, 2298; „Kick-Back IV“ Entscheidung. Dazu aber auch Maier VuR 2010, 25 ff.

[18]

BGH WM 2010, 885.

[19]

BGH WM 2010, 885; Fullenkamp NJW 2011, 421 (422).

[20]

Jäger MDR 2010, 903 (906); Späth VuR 2010, 451 (455) bezeichnet die Klärung der Frage als „nicht sicher“.

 

[21]

http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/gewinnmarge/gewinnmarge.htm (5.2.2015); Maier VuR 2010, 25 (31); zur Aufklärungspflicht bei echtem Eigenhandel, also vom Berater selbst emittierter Kapitalanlagen, siehe die Darstellung bei Jäger MDR 2010, 903 (906 f.).

[22]

OLG Dresden Urt. v. 11.5.2010, 5 U 1178/09.

[23]

OLG Bamberg Urt. v. 7.6.2010, 4 U 241/09.

[24]

OLG Düsseldorf Urt. v. 22.7.2011, I-17 U 117/10, 17 U 117/10.

[25]

LG Bielefeld Urt. v. 1.2.2013, 7 O 315/10.

[26]

OLG Köln Urt. v. 18.2.2010, 15 O 174/09.

[27]

OLG Frankfurt Urt. v. 30.6.2010, 19 U 2/10.

[28]

Maier VuR 2010, 263 (265).

[29]

Späth VuR 2010, 451 (455).

[30]

LG Chemnitz Urt. v. 23.6.2009, 7 O 359/09.

[31]

Siehe dazu nur Schlösser BKR 2011, 465 (468 ff.); Gerst/Meinicke CCZ 2011, 96 (97 ff.); Rönnau in: FS Kohlmann, S. 239 (242 ff.).

[32]

MK-StGB-Dierlamm § 266 Rn. 228.

[33]

BGH ZIP 2013, 1382.

[34]

Fischer § 266 Rn. 64; Otto JR 2000, 517 (517 f.); Feigen in: FS Rudolphi, S. 445 (447 f.).

[35]

Bittmann NStZ 2011, 361 (366).

[36]

MK-StGB-Dierlamm § 266 Rn. 229; Fischer § 266 Rn. 63 ff. m.w.N.

[37]

Instruktiv dazu Schwintowski/Schäfer-Schäfer § 19 Rn. 28 f.; Assmann/Schütze-Schäfer § 23 Rn. 22.

[38]

Assmann/Schütze-Schäfer § 23 Rn. 22.

[39]

Assmann/Schütze-Schäfer § 23 Rn. 22.

[40]

Park-Zieschang Teil 3 Kap. 3 Rn. 71; Lackner/Kühl-Lackner § 266 Rn. 7; SS-Perron § 266 Rn. 20.

[41]

Vgl. BGH wistra 1982, 148 (150).

[42]

BGH NJW 1990, 3219 (3220).

[43]

Hopt S. 493.

[44]

Zu alledem Arlt S. 86.

[45]

Birnbaum wistra 1991, 253 (256); Sonnen wistra 1982, 123 (124); Koch JZ 1980, 704 (707); Park-Zieschang Teil 3 Kap. 1 Rn. 32; LK-Tiedemann § 263 Rn. 33; Worms wistra 1984, 123 (125).

[46]

Park-Zieschang Teil 3 Kap. 1 Rn. 32; Birnbaum wistra 1991, 253 (256).

[47]

Sonnen wistra 1982, 123 (125).

[48]

Worms wistra 1984, 123 (125); Koch JZ 1980, 704 (707).

[49]

Sonnen wistra 1982, 123 (125); Koch JZ 1980, 704 (707).

[50]

Koch JZ 1980, 704 (707); Sonnen wistra 1982, 123 (125).

[51]

BGHSt 48, 373 (378); Park-Zieschang Teil 3 Kap. 1 Rn. 112; Arendts S. 62; MK-StGB-Dierlamm § 266 Rn. 195; Mölter wistra 2010, 53 (58); Fuchs-Fuchs § 31c Rn. 15; anders Schäfer S. 94 f., der die Konstellation des Front-Running als Scalping versteht und zwischen Scalping im weiteren und engeren Sinn differenziert.

[52]

Erwägungsgrund Nr. 19 der EG-Richtlinie 2003/6/EG vom 12.4.2003 (Abl.-EG Nr. L 096, S. 16 ff.).

[53]

BGH NJW 2004, 302 (303) verweist auf die mit dem Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz eingeführten Regelungen der EG-Richtlinie vom 13.11.1989 (ABl.-EG L 334, S. 30; vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung BTDrucks. 12/6679, S. 34).

[54]

Park-Zieschang Teil 3 Kap. 1 Rn. 140; Arendts S. 62; Fuchs-Fuchs § 31c Rn. 16.

[55]

Park-Zieschang Teil 3 Kap. 3 Rn. 113.

[56]

MK-StGB-Dierlamm § 266 Rn. 195; Park-Zieschang Teil 3 Kap. 1 Rn. 147; Fuchs-Fuchs § 31 Rn. 81; KMRK-Schwark § 20a WpHG Rn. 70.

[57]

Arendts S. 60; MK-BGB-Wagner § 826 Rn. 78; Park-Zieschang Teil 3 Kap. 1 Rn. 147.

[58]

Mölter wistra 2010, 53 (59).

[59]

Vgl. Fuchs-Fleischer § 20a Rn. 67 m.w.N.

[60]

Fuchs-Mennicke § 14 Rn. 159; Assmann/Schneider-Assmann § 14 Rn. 49.

[61]

Vgl. dazu MK-BGB-Wagner § 826 Rn. 78.

[62]

Vgl. zum Meinungsstand BGH NJW 2004, 302.

[63]

BGH NJW 2004, 302.