Internationales Management

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Will sich ein Unternehmen zu einem Triade-Unternehmen entwickeln, so müssen auch die Aufgaben der Unternehmenszentrale neu definiert werden. Die Aufgabe der Zentrale besteht zunächst einmal darin, eine Vordenkerrolle zu übernehmen und den Mitarbeitern Motivation, Zielvorstellungen und Werte zu vermitteln. Dabei sind zwei Wertsysteme zu entwickeln: ein allgemeines, das Aspekte wie Leistungsanspruch und Zielvorstellungen beinhaltet, und ein spezielles Wertsystem, das an Regionen oder Funktionalbereichen ausgerichtet ist.

Weiterhin muss die Zentrale aktiv die Unternehmensressourcen zwischen den Regionen verteilen, um bestimmte regionale Aktivitäten zu fördern (Ohmae, K., 2006). Damit soll erreicht werden, dass sich das lokale Unternehmen zu einem Insider entwickelt. Darüber hinaus ist die Zentrale dafür verantwortlich, alle relevanten Informationen aus den Triade-Regionen zu sammeln. Um eine möglichst kurze Reaktionszeit zu erreichen, müssen regelmäßig Informationen über Konkurrenzunternehmen und über veränderte Kundenwünsche erhoben werden. Es ist Aufgabe der Zentrale, „zum Wohle des Unternehmens neue Chancen zu entdecken und tote Winkel der Triade auszuleuchten“ (Ohmae, K., 2006).

Eine weitere Aufgabe der Zentrale ist es, die Unternehmensbereiche in den einzelnen Triade-Ländern zu koordinieren und notwendig werdende Kooperationen zu initiieren. Sie muss permanent die Geschäftsfelddefinitionen überprüfen, um zu vermeiden, dass durch ein starres Festhalten an bestehenden Strukturen die Wahrnehmung neuer Chancen verhindert wird (Ohmae, K., 2006).

[88]Ohmae will die gesamte internationale Unternehmenstätigkeit nicht nur auf die Triade-Länder beschränken, sondern sieht auch eine Verantwortung des Triade-Unternehmens für die Dritte Welt. Jedes Triade-Unternehmen sollte deshalb engen Kontakt zu den jeweils südlich von ihm gelegenen Entwicklungsländern pflegen. So ordnet er Europa die afrikanischen Länder, Japan die asiatischen und Amerika die lateinamerikanischen Entwicklungsländer zu.

Abbildung 49 zeigt die regionalen Verantwortungsbereiche der Triade-Unternehmen, wie sie von Ohmae gesehen werden. Bei dieser Verantwortungsstruktur kommt es für die Triade-Unternehmen bei ihren Aktivitäten in diesen Regionen weniger auf Gewinnerzielungsmöglichkeiten als auf humanitäre Hilfe an.


Abbildung 49: Regionale Verantwortungsbereiche der Triade-Unternehmen

Kritisch ist zu dem Ansatz von Ohmae anzumerken, dass sich das Modell der Triade weitgehend auf die Strategie der Kostenführerschaft konzentriert, die durch eine Marktdurchdringungsstrategie in den Triade-Ländern erreicht werden soll. Durch diese Konzentration auf die Triade-Länder sollen Economies-of-Scale-, Economies-of-Scope- und Lernvorteile erzielt werden, damit die Gewinnschwelle trotz kürzer werdender Lebensdauern von Produkten und Technologien erreicht wird. Darüber hinaus sollen diese Vorteile dazu dienen, die durch die Kapitalintensität der Produktion entstehenden hohen Fixkostenbelastungen schneller abzudecken. Mit dieser Betrachtungsweise vernachlässigt Ohmae die Qualitätsführerschaft als mögliche Strategiealternative.

Die Analyse von Ohmae ist durch das japanische Denken geprägt. Das wird auch durch die „triadisch“ ausgerichtete Unternehmenszielsetzung deutlich, bei der geringere Gewinne in Teilmärkten zugunsten einer Gewinnmaximierung auf dem Gesamtmarkt in Kauf genommen werden. Während die traditionellen Unternehmensziele Return on Investment, Eigenkapitalrentabilität und absoluter Gewinn nach Ansicht von Ohmae in westlichen [89]Industrieunternehmen im Vordergrund stehen, werden bei Triade-Unternehmen relative und absolute Marktanteilsziele als Steuergrößen bevorzugt.

Ein weiterer kritischer Punkt in der Analyse von Ohmae ist die Konvergenzthese bezüglich der Triade-Länder. Seiner Meinung nach verschwinden zunehmend lokale und kulturelle Besonderheiten bei Produkten, da sich Kunden in den Triade-Ländern nur die fortschrittlichsten Produkte wünschen. Zwar gleichen sich die Einkommensstrukturen in den verschiedenen OECD-Ländern an und führen die Transport- und Kommunikationssysteme zu einem Abbau der Distanzen zwischen Ländern und Kulturen, jedoch stehen diesen Konvergenzen erhebliche globale Divergenztendenzen – auch in den Triade-Ländern – gegenüber. Die Entwicklung zu einer Multiple-Option-Society (Kreutzer, R., 1989b) zielt auf eine individuelle Bedürfnisbefriedigung ab. Wenn auch die Konvergenzthese für einige Märkte unterstellt werden kann (z.B. ähneln sich die Jugendkulturen in den USA, Japan und Europa), so lässt sich doch feststellen, dass sie nicht allgemeingültig ist. Allein die Unterschiede im Konsumentenverhalten in Europa zeigen, wie vielfältig die Bedürfnisund Nachfragestrukturen trotz des gemeinsamen Marktes sind.

Zu den genannten Punkten kommt hinzu, dass Ohmae sich weitgehend auf Großunternehmen konzentriert. Für mittlere und kleinere Unternehmen ist eine Triade-Strategie aus Mangel an Ressourcen i.d.R. nicht durchführbar. Ohmaes Konzept propagiert durch die vorgeschlagenen Kooperationsformen und die Fokussierung auf Großunternehmen implizit eine Konzentrationstendenz, bei der nur wenige Spitzenunternehmen überleben. Damit würden, folgt man der Überlegung von Ohmae, viele kleine Innovationsunternehmen nicht globalisieren können.

Zudem kann das Konzept auch für Großunternehmen nicht empirisch bestätigt werden. Von den 380 multinationalen Unternehmen der Fortune 500 aus dem Jahr 2001, für die länderspezifische Umsatzzahlen verfügbar sind, können nur neun als Triade-Unternehmen bezeichnet werden. 320 dieser Unternehmen sind auf die Heimatregion fokussiert mit einem durchschnittlichen Umsatzanteil von 80,3% in dieser Region (Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009).

Des Weiteren stützt sich Ohmae bei seiner Betrachtung fast ausschließlich auf Hightech-Konsumgüter. Damit wird der Investitionsgüter- und Dienstleistungsbereich weitgehend außer Acht gelassen. In diesen Märkten können Qualitätsführerschafts- und Nischenstrategien genauso erfolgreich sein wie Kostenführerschaftsstrategien. Damit vernachlässigt er einen großen Teil der Aktivitäten vieler international tätiger Unternehmen.

Durch die Öffnung Osteuropas und durch die Entwicklung einiger Schwellenländer in Asien oder in Lateinamerika läuft Ohmae Gefahr, aufgrund der Konzentration auf die Triade-Länder interessante Marktchancen zu übersehen. Dies gilt insbesondere für die BRICS-Staaten.

[90]Insgesamt sind die Ausführungen von Ohmae auf die „Japanische Erfolgsstrategie“ der 1980er Jahre ausgerichtet. Ob Amerikaner und Europäer den japanischen Erfolgsweg imitieren können, ohne eine schlechte Kopie eines guten Japaners zu werden, erscheint fraglich.

2.3 Globalisierungskonzept von Porter

Porter stellt in seinen Ausführungen über den Wettbewerb auf globalen Märkten fest, dass man heute mehr über die Probleme weiß, „die ein Unternehmen auf dem Weg zur multinationalen Geschäftstätigkeit bewältigen muss, als über die Strategien, die für eine etablierte internationale Firma geeignet sind“ (Porter, M.E., 1989b). Er versucht daher, ein Rahmenkonzept für die Formulierung von Internationalisierungsstrategien zu entwickeln. Zunächst unterscheidet er zwischen länderspezifischen und globalen Branchen. In länderspezifischen Branchen ist der Wettbewerb zwischen den betreffenden Unternehmen innerhalb eines Landes oder einer kleinen Ländergruppe im Wesentlichen unabhängig vom Marktgeschehen in anderen Ländern. Eine globale Branche ist nach Porter dadurch gekennzeichnet, dass die Wettbewerbsposition eines Unternehmens in einem spezifischen Land von seiner Stellung in anderen Ländern beeinflusst wird oder der umgekehrte Sachverhalt vorliegt (Porter, M.E., 1989b). Während Unternehmen aus länderspezifischen Branchen entscheiden können, ob sie international tätig werden oder nur den Heimatmarkt bedienen wollen, ist für ein Unternehmen aus einer globalen Branche die Formulierung einer erfolgreichen Internationalisierungsstrategie eine lebenswichtige Aufgabe (Porter, M.E., 1989b).

Nach Porter muss ein Unternehmen für die Entwicklung einer Internationalisierungsstrategie eine Optimierung von Vorteilen aus einem integrierten weltweiten Verbundsystem unter Berücksichtigung der notwendigen Länderorientierung (Meckl, R./Rosenberg, C., 1995) vornehmen (Porter, M.E., 1989b). Porter entwickelt sein Globalisierungskonzept aus der Wertkette, die in Abbildung 50 wiedergegeben wird (Porter, M.E., 1985).

Im Rahmen seines Ansatzes unterscheidet Porter zwischen unterstützenden und Primäraktivitäten. Primäraktivitäten sind interne und externe Logistik, Produktion, Marketing und Verkauf sowie Kundendienst. Die unterstützenden Aktivitäten umfassen die Funktionen Beschaffung, technologische Entwicklung, Personalmanagement und die Infrastruktur des Unternehmens.

Für die Entwicklung einer Internationalisierungsstrategie muss das Management entscheiden, wie die verschiedenen Aktivitäten der Wertkette auf die unterschiedlichen Länder verteilt werden sollen. Porter schlägt vor, dass nachgelagerte, also stärker auf den Kunden bezogene Unternehmensfunktionen (Teile der externen Logistik, Marketing und Verkauf sowie Kundendienst) im Allgemeinen in der geografischen Nähe zum Kunden anzusiedeln sind.

[91]

 

Abbildung 50: Wertkette von Porter

Die auf den nachgelagerten Aktivitäten basierenden Wettbewerbsvorteile, nach Porter entweder Kosten- oder Differenzierungsvorteile, sind in hohem Maße länderspezifisch. In Wirtschaftszweigen, in denen ein Wettbewerbsvorteil in erster Linie von den nachgelagerten und abnehmerorientierten Unternehmensfunktionen abhängt, entwickelt sich somit eine eher länderorientierte Wettbewerbsstruktur. Die vorgelagerten Aktivitäten (interne und Teile der externen Logistik sowie operative Funktionen) und die unterstützenden Maßnahmen sind nach seiner Ansicht nicht an den Kundenstandort gebunden (Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Porter, M.E., 1989b).

Als wesentliche Unterscheidungsmerkmale für eine länderorientierte oder globale Strategie betrachtet Porter die Konfiguration und die Koordination der Unternehmensaktivitäten. Die Konfiguration der Unternehmenstätigkeiten kann zwischen den Extremen einer Konzentration, d.h. schwerpunktmäßige Ansiedlung einer Unternehmensaktivität an einem Standort, und einer Streuung der Aktivitäten, d.h. eine bestimmte Unternehmensaktivität wird in vielen Ländern ausgeführt, liegen. Die Koordination kann zwischen einer vollständigen lokalen Autonomie, bei der auf jede Koordination verzichtet wird, und einer engen Verzahnung der einzelnen Unternehmensteile liegen. Mithilfe der unterschiedlichen Ausprägungen der Strategievariablen Konfiguration und Koordination kommt Porter zu vier Varianten einer Internationalisierungsstrategie, die in Abbildung 51 wiedergegeben werden. Dabei handelt es sich um:

1 Länderspezifische Strategie eines multinationalen Unternehmens oder eines Inlandsunternehmens, das nur in einem Land tätig ist,

2 exportorientierte Strategie mit dezentralisiertem Marketing,

3 hohe Auslandsinvestitionen mit straffer Koordination der Auslandstochtergesellschaften und

4 einfache Globalstrategie.

[92]

Abbildung 51: Varianten von Internationalisierungsstrategien

Globalstrategien können nach Porter die unter den Punkten (2) bis (4) enumerierten Strategien darstellen (Porter, M.E., 1989b). Kostenvorteile aus Globalstrategien werden durch Economies-of-Scale- und Lerneffekte oder durch die Ausnutzung komparativer Kostenvorteile mithilfe einer Konzentration der Aktivitäten auf einen Standort oder einige wenige Standorte erreicht. Daneben kann es zu Koordinationsvorteilen kommen, die sich aus der geografischen Verknüpfung verwandter Funktionen (z.B. Forschung und Entwicklung) ergeben. Damit wird auch die Standortfrage gelöst: Die Economies-of-Scale- und die Lerneffekte bestimmen die Anzahl der Standorte, während die komparativen Kosten- und die Koordinationsvorteile die geografische Lage der Standorte festlegen (Hill, C.W.L., 2009; Porter, M.E., 1989b).

Damit kommt Porter zu einer internationalen Verteilung der unterschiedlichen Unternehmensaktivitäten seiner Wertkette. Er weist dabei mit Recht darauf hin, dass eine Unterscheidung zwischen einer weltweiten Standardisierung und einer nationalen Individualisierung der Komplexität einer Internationalisierungsstrategie nicht gerecht wird. Nach seiner Analyse müssen die einzelnen Unternehmensaktivitäten der Wertkette getrennt dahingehend überprüft werden, ob sich durch die unterschiedliche Ausgestaltung der Konfiguration und/oder Koordination Wettbewerbsvorteile im Sinne von Kosten- oder Differenzierungsvorteilen ableiten lassen. So ist es möglich, dass ein Unternehmen einige seiner Funktionen standardisiert, d.h. ihnen eine Konzentrationsstruktur zugrunde legt, und andere individualisiert, d.h. streut (Porter, M.E., 1989b).

Unternehmen können bei dieser Betrachtung Kostenvorteile nicht nur dadurch erreichen, dass sie an einem bestimmten Standort ein niedrigeres Kostenniveau ausnutzen, sondern auch durch die Art und Weise, wie sie ihre betrieblichen Aktivitäten weltweit gestalten. Economies-of-Scale- und Lerneffekte sowie eine in Bezug auf die internationalen Abnehmer vorgenommene Produktdifferenzierung sind nicht an einzelne Länder gebunden, sondern an den strukturellen Aufbau und die Koordination der weltweiten Aktivitäten. Die internationale Optimierung der Wertkette führt nach Porter zu dauerhafteren Wettbewerbsvorteilen für Unternehmen als die Ausnutzung von komparativen Kostenvorteilen in einem Land (Porter, M.E., 1989b).

[93]Porter entwickelt für globale Branchen die folgenden vier unterschiedlichen internationalen Gesamtstrategien, die sich im Hinblick auf ihre wettbewerbspolitische und geografische Streubreite unterscheiden (Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Porter, M.E., 1989b):

1 Globale Kostenführerschaft oder globale Differenzierung,

2 globale Segmentierung,

3 geschützte Märkte und

4 länderspezifische Anpassung.

Abbildung 52 gibt die unterschiedlichen strategischen Alternativen in einer globalen Branche wieder.

Bei der globalen Kostenführerschaft oder Differenzierung strebt das Unternehmen nach Kosten- oder Differenzierungsvorteilen, die aus einer globalen Konfiguration bzw. Koordination gewonnen werden können. Diese Kosten- oder Differenzierungsvorteile nutzt es mithilfe einer Globalstrategie in vielen Marktsegmenten aus. Als Beispiele für eine globale Kostenführerschaft nennt Porter die Unternehmen Toyota und Komatsu und für eine globale Differenzierung IBM und Caterpillar.

Bei einer globalen Segmentierung bearbeitet das Unternehmen weltweit nur wenige Marktsegmente. Mitunter ermöglicht eine globale Strategie auch eine völlig neue Marktsegmentierungspolitik, weil bei der weltweiten Bedienung eines bestimmten Segmentes eine Größenschwelle überschritten wird, die bei der Bearbeitung des Segmentes in nur einem Land nicht erreichbar ist. Als Beispiele für Unternehmen, die diese Strategie verfolgen, nennt Porter mittelgroße multinationale Unternehmen, japanische Unternehmen in der Motorrad-, Traktoren- und Fernsehgeräteindustrie sowie multinationale Unternehmen aus der Schweiz und Finnland.


Abbildung 52: Strategische Alternativen in einer globalen Branche

Eine Strategie von Unternehmen, in geschützten Märkten tätig zu werden, resultiert aus staatlichen Beschränkungen, die einen globalen Wettbewerb verhindern. Mit einer frühzeitigen Direktinvestition kann sich das Unternehmen einen Markteintritt verschaffen, [94]wodurch hohe Zollschranken, stringente Importquoten oder ein hoher lokaler Eigenfertigungsanteil keine Hemmnisse mehr darstellen. Porter nennt Indien, Mexiko und Argentinien als Beispiele für Länder, die über zahlreiche geschützte Märkte verfügen.

Bei einer länderspezifischen Anpassung konzentriert sich ein Unternehmen auf diejenigen Segmente, in denen spezielle Ländercharakteristika besonders zum Tragen kommen, obwohl die Branche insgesamt durchaus globale Züge aufweist. Das Unternehmen ist bereit, in jedem Land spezielle lokale oder regionale Anforderungen an die Produkte, Vertriebskanäle und Marketingmethoden zu erfüllen und verzichtet dabei auf die Wettbewerbsvorteile einer Globalstrategie (Hill, C.W.L., 2009; Porter, M.E., 1989b).

Das Globalmodell von Porter ist wohl das bisher umfassendste Konzept für die Formulierung einer Internationalisierungsstrategie. Jedoch sind einige kritische Anmerkungen zu seinem Konzept angebracht.

Erstens beschreibt Porter zwar allgemein, dass für die unterschiedlichen Unternehmensaktivitäten der Wertkette nach Kosten- und/oder Differenzierungsvorteilen gesucht werden müssen. Er lässt jedoch eine detaillierte Analyse, wie solche Wettbewerbsvorteile im Rahmen der Internationalisierung gefunden werden können, weitgehend vermissen. Nur einzelne, aneinander gereihte Beispiele verdeutlichen, wie solche Wettbewerbsvorteile im Einzelnen gefunden werden könnten. Wenn man z.B. bei der technologischen Entwicklung zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung und Entwicklung unterscheidet, stellt sich die Frage, ob diese alle als unterstützende Maßnahmen zentralisiert werden sollten. Bei der Entwicklung hingegen müssen länderspezifische Kunden- und Marktaspekte berücksichtigt werden.

Zweitens besteht die Gefahr, dass ein Unternehmen, wenn es erst einmal seine Wertkette international optimiert hat, sehr unflexibel werden kann, da eine Neuoptimierung des gesamten Wertkettensystems zu erheblichen Anpassungsschwierigkeiten führt. Porter hat dies erkannt, denn er stellt fest: „Daher gelingt einem einheimischen Unternehmen die Umwandlung in ein global operierendes Unternehmen oft leichter als einem ‹altgedienten› MNU, denn es fängt quasi bei null an, während das MNU zunächst seine internationalen Aktivitäten rationalisieren und umorganisieren muss“ (Porter, M.E., 1989b).

Drittens führt Porter nur an einigen Stellen seines Konzeptes aus, wie die Markteintrittsstrategie im Einzelnen aussehen soll.

2.4 Wettbewerbsvorteile von Nationen nach Porter

2.4.1 Grundkonzept

In seinem Buch über die Wettbewerbsvorteile von Nationen untersucht Porter (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Porter, M.E., 1999) nicht primär die Entwicklung einer Internationalisierungsstrategie von Unternehmen. Jedoch zeigt er [95]anhand einer empirischen Untersuchung, wie durch verschiedene Unternehmensumwelten die Strategie und damit auch die Internationalisierung von Unternehmen beeinflusst werden. Er kommt am Ende seiner Analyse zu einer Vielzahl von praktischen Ratschlägen, wie die aus seiner Umweltanalyse gewonnenen Erkenntnisse für Internationalisierungsentscheidungen von Unternehmen umgesetzt werden können (Porter, M.E., 1999).

Ausgangspunkt von Porters Überlegungen ist die Hypothese, dass Nationalstaaten existieren, um ihren Bevölkerungen einen steigenden Lebensstandard zu ermöglichen. Ein wachsender Wohlstand der Bevölkerung kann nur durch eine große Konkurrenzfähigkeit von Ländern, Branchen oder Unternehmen infolge von Produktivitätssteigerungen und nicht allein durch „Erbe“, d.h. durch Erfolge, die in der Vergangenheit liegen, erreicht werden. Die Produktivität misst er an der realen Bruttowertschöpfung je Arbeits- oder Kapitaleinheit (Porter, M.E., 1999).

Unter nationalen Wettbewerbsvorteilen versteht Porter Vorteile, die es einem Land ermöglichen, international wettbewerbsfähig zu sein. Er kritisiert, dass mit den klassischen Theorien der Internationalisierung die nationale Wettbewerbsfähigkeit nicht erklärt werden kann, da sie zu einseitig sind. So sei eine Ausrichtung auf komparative Kostenvorteile, auf die Verfügbarkeit von natürlichen Ressourcen oder auf das Humankapital, auf die Wechselkurse oder auf das Zinsniveau genauso ungeeignet für die Erklärung der Internationalisierung wie staatliche Maßnahmen (Porter, M.E., 1999). Außerdem könne man nicht von einer Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften sprechen, sondern diese sei das Ergebnis von konkurrenzfähigen Unternehmen oder Branchen. Deshalb sei bei einer Analyse der nationalen Wettbewerbsfähigkeit der Schwerpunkt der Betrachtung auf die Faktoren zu lenken, die Unternehmen oder Branchen international konkurrenzfähig machen. Hier komme es darauf an, dass einzelne Unternehmen oder Branchen permanent nach neuen Quellen für das Erlangen oder den weiteren Ausbau von Wettbewerbsvorteilen suchen. Damit setzt Porter bei seiner Untersuchung auf einem niedrigeren Aggregationsniveau an als die klassischen Theorien der Internationalisierung.

Die Entwicklung eines stetigen Produktivitätszuwachses und damit nationaler Wettbewerbsvorteile kann nach Meinung Porters nur durch Innovationen in spezifischen Unternehmen und Branchen erreicht werden. Solche Innovationen können sich in einer verbesserten Qualität der Erzeugnisse, in der Entwicklung mit neuen Eigenschaften versehener oder neuer Produkte bzw. in neuen Prozesstechnologien ausdrücken. Damit schaffen sich Unternehmen bzw. Branchen eine neue Wettbewerbsbasis oder finden bessere Mittel, um in den bisherigen Bereichen zu konkurrieren.

 

Nun gibt es für Porter gute und schlechte Umweltzustände, die die nationale Wettbewerbsfähigkeit und damit den Prozess zur Erlangung einer internationalen Wettbewerbsfähigkeit fördern. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes oder einer Branche hängt seiner Meinung nach von vier Haupt- und zwei Nebenelementen der Gesamtwirtschaft eines Landes ab, die Porter zu einer „Diamanten-Theorie (Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Hill, C.W.L., 2009; Porter, M.E., 1999) [96]zusammenfasst. Diese Elemente entscheiden darüber, ob sich Wissen und Fähigkeiten rasch akkumulieren, Informationen besser verbreiten, neue Einsichten in Produkt- und Verfahrenstechniken rascher umsetzen lassen, d.h. Innovationsprozesse gefördert oder gehemmt werden. Die von Porter analysierten vier Hauptelemente sind:

1 Faktorbedingungen, d.h. die Menge und Qualität der Einsatzfaktoren, insbesondere natürliche Ressourcen, die Ausbildung und Qualifikation von Arbeitnehmern und die Lohnhöhe,

2 Nachfragebedingungen eines Landes, insbesondere die Marktgröße, das Anspruchsniveau der Kunden an Produkte und Dienstleistungen sowie die Darstellungsmöglichkeiten der Produkte in den Medien,

3 Verwandte und unterstützende Branchen, insbesondere die Existenz von sogenannten Unternehmensclustern und

4 Unternehmensstrategien, Struktur und Konkurrenz, insbesondere die Anzahl von konkurrierenden Unternehmen und die Intensität des Wettbewerbs in einer Branche sowie die Struktur privater oder staatlicher Unternehmen.

Neben diesen vier Hauptelementen führt Porter zwei Nebenelemente in seine „Diamanten“-Theorie ein: den Zufall und den Staat.

Die Elemente der nationalen Wettbewerbsfähigkeit müssen sich nach Porter gegenseitig unterstützen, wenn Unternehmen oder Branchen und daraus abgeleitet ein Land international wettbewerbsfähig werden oder bleiben will. Diese Verflechtung versucht er mit einem „Diamanten“ zu symbolisieren. Der „Diamant“ misst, in welchem Maße ein Land Wettbewerbsvorteile entwickeln kann (Porter, M.E., 1999). Abbildung 53 stellt den „Diamanten“ dar (Porter, M.E., 1999).

Faktorbedingungen

Die Faktorbedingungen als erstes Element seines „Diamanten“ (Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Hill, C.W.L., 2009; Porter, M.E., 1999) umfassen nicht nur die Produktionsfaktoren aus den klassischen Außenhandelstheorien, sondern auch die verschiedenen Wege, sie am besten zu verbinden.

Porter unterscheidet bei den Einsatzfaktoren menschliche, physikalische, Wissens- und Kapitalressourcen sowie die Infrastruktur. Die Einsatzfaktoren unterteilt er nach zwei unterschiedlichen Kriterien. So unterscheidet er einmal zwischen Grundfaktoren und fortschrittlichen Faktoren, wobei insbesondere die fortschrittlichen Faktoren für die Gewinnung von nationalen Wettbewerbsvorteilen wichtig sind (Porter, M.E., 1999). Grundfaktoren sind z.B. die natürlichen Ressourcen, das Humankapital und die Infrastruktur, während fortschrittliche Faktoren, z.B. die Technologien, die Fähigkeiten und das Wissen eines Landes darstellen. Zum anderen trennt er zwischen allgemeinen Faktoren und [97]speziellen Faktoren. Allgemeine Faktoren sind z.B. die allen Branchen zugängliche Infrastruktur, die Versorgung mit Fremdkapital oder der Bestand an engagierten Beschäftigten mit Hochschulabschluss. Spezielle Faktoren sind z.B. Personen mit Spezialkenntnissen, eine Infrastruktur mit speziellen Merkmalen, Grundlagenkenntnisse auf bestimmten Gebieten und andere Faktoren mit Bezug zu einem begrenzten Bereich oder gar nur zu einer einzigen Branche in einem Land (Porter, M.E., 1999). Porter kommt zu dem Ergebnis, dass ein Wettbewerbsvorteil dann am „klarsten und dauerhaftesten ist, wenn ein Land Faktoren besitzt, die für den Wettbewerb in einer bestimmten Branche gebraucht werden und sowohl fortschrittlich als auch speziell sind“ (Porter, M.E., 1999).

Im Gegensatz zu den klassischen Theorien der Faktorausstattung betrachtet es Porter mitunter als Vorteil für ein Land, wenn anfänglich Wettbewerbsnachteile durch fehlende Grundfaktoren vorhanden sind, denn sie zwingen Unternehmen, in Technologien zu investieren, um besser als die faktorreiche Konkurrenz zu werden (Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Porter, M.E., 1999).


Abbildung 53: PortersDiamantzur Bestimmung nationaler Wettbewerbsvorteile

Nachfragebedingungen

Für die Bestimmung der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes sind drei allgemeine Eigenschaften der Inlandsnachfrage von Bedeutung:

1 Zusammensetzung oder Art der Verbraucherbedürfnisse,

2 Umfang und Wachstumsstruktur und

3 Mechanismen, mit denen die heimischen Präferenzen eines Landes den Auslandsmärkten vermittelt werden.

Porter kommt zu dem Ergebnis, dass die Qualität der Inlandsnachfrage bei der Bestimmung eines Wettbewerbsvorteils entscheidender ist als die Quantität (Porter, M.E., 1999).

[98]Die Zusammensetzung der Inlandsnachfrage erhöht für ein Land die Wettbewerbsfähigkeit, wenn inländische Käufer die Inlandsunternehmen drängen, schneller zu innovieren und differenziertere Wettbewerbsvorteile zu erzielen als die ausländischen Konkurrenten. Auch die Segmentstruktur der Inlandsnachfrage und die Verteilung der Nachfrage beeinflussen die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. In globalen Segmenten erzielen Unternehmen nach Porter wahrscheinlich dort einen Wettbewerbsvorteil, wo sie einen großen oder besonders wichtigen Teil der Inlandsnachfrage an sich binden. Daneben muss gelten, dass eine entsprechende Inlandsnachfrage in anderen Ländern nur unbedeutend ist (Porter, M.E., 1999).

Wichtiger als die Segmentstruktur erscheint Porter für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, anspruchsvolle und schwierige Käufer in Bezug auf Produkte und Dienstleistungen zu haben. Die Anforderung der Kunden an die leichte Handhabbarkeit, die Verfügbarkeit, die Nützlichkeit und das Preis-Leistungsverhältnis sind Rahmenbedingungen für Unternehmen, die sie permanent zwingen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu kämpfen. Es kommt darauf an, besonders sensibel auf die Nachfragebedingungen im unmittelbaren Umfeld zu reagieren. Anspruchsvolle Kunden im Heimatland eines Unternehmens erzeugen einen Innovationsdruck, der für die Entwicklungsfähigkeit der gesamten Industrie und damit für ein ganzes Land vorteilhaft ist (Porter, M.E., 1999). Dabei ist es besonders günstig für ein Land, wenn die inländische Nachfragestruktur die der anderen Länder antizipiert, denn dadurch besitzt das Unternehmen einen Indikator für die globale Entwicklung (Porter, M.E., 1999).

Größe und Wachstumsmuster der Inlandsnachfrage können ebenfalls einen nationalen Wettbewerbsvorteil in einer Branche stärken. Die Größe des Inlandsmarktes ist nach Porter für die Entwicklung von Wettbewerbsvorteilen besonders dort relevant, wo mit hohen Anforderungen an die Forschung und Entwicklung, mit Economies-of-Scale- bzw. Lerneffekten, mit Technologieparadigma-Wechseln oder mit einem hohen Unsicherheitsgrad gerechnet werden muss (Porter, M.E., 1999). Dann ermöglicht ein großer Inlandsmarkt das schnelle Erreichen einer Breakeven-Menge. Eine hohe Anzahl an unabhängigen Käufern in einem Land, die alle unterschiedliche Produktanforderungen stellen, erhöht nach Porter den Innovationsdruck auf die Unternehmen und fördert damit auch die Wettbewerbsfähigkeit einer Branche. Durch ein starkes Wachstum der Inlandsnachfrage wird nach Porter eine schnellere Übernahme neuer Prozesstechnologien erreicht als bei einem langsamen Wachstum, da die Unternehmen der Überzeugung sind, immer wieder in neue Produkte oder in neue Anlagen investieren zu müssen.

Mobile oder international orientierte Käufergruppen sind nach Porter genauso ein Element der Nachfragebedingungen zur Erhaltung oder Erreichung von Wettbewerbsvorteilen wie ausländische Kunden, die im Inland ausgebildet wurden. Mit dem „Export einer bestimmten Kultur“, z.B. durch Filme, kann eine Präferenz im Ausland für inländische Produkte entwickelt werden.

[99]Verwandte und unterstützende Branchen

Porter geht davon aus, dass ein Unternehmen nur dann eine weltweite Spitzenposition einnehmen kann, wenn es auch Lieferanten von Weltspitzenniveau hat. Erst die Internationalität der Lieferanten garantiert dem Unternehmen, dass dieses selbst die globalen Vorteile nutzen kann. Vor allem haben diese Unternehmen nach Porter bessere Chancen, durch Allianzen im internationalen Wettbewerb zu bestehen (Porter, M.E., 1999). Außerdem machen sich die Unternehmen, wenn sie ihre Lieferanten fördern, weniger von ausländischen Lieferanten abhängig.