Internationales Management

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[76]Unternehmensinterne Restriktionen

Unternehmensinterne Restriktionen sind oft Bestimmungsfaktoren für den Abschluss internationaler Technologieverträge (Zentes, J./Swoboda, B./Morschett, D., 2004; Perlitz, M., 1989). Vor allem mittelständische und kleine Unternehmen verfügen meist nicht über die nötige Finanzdecke, genügend Kapazität und/oder das entsprechende Personal, um eigene Technologien im Ausland über Exporte oder Direktinvestitionen selbst auszunutzen. Um die selbst entwickelte Technologie dennoch gewinnbringend im Ausland zu vermarkten, stellt für solche Unternehmen i.d.R. der Verkauf einer Technologie ins Ausland die einzige mögliche Markteintrittsstrategie dar.

Ein weiteres Motiv für einen internationalen Technologievertrag ist die Schlechterstellung eines aktuellen oder potenziellen Konkurrenten, da diesem durch die Technologiegebühren höhere Kosten entstehen. Für das Unternehmen, das die Technologie kauft, ist oft der Erwerb billiger als die Eigenentwicklung.

In manchen Fällen benötigt ein Unternehmen eine Mindestqualität der bezogenen Erzeugnisse, um die eigenen Produktionsstandards zu halten. Das führt mitunter dazu, dass das Unternehmen Technologien entwickelt, die es dem Lieferanten zur Verfügung stellen muss, damit dieser die Qualitätsstandards erfüllen kann. In einem solchen Fall handelt es sich überwiegend um Schutzrechte wie Patente, Gebrauchsmuster oder um reines Know-how.

Will das Unternehmen eine neue Auslandsaktivität aufnehmen, ist es oft gezwungen, einem ausländischen Partner die Technologie zu geben, die ihm eine Produktion mit der entsprechenden Qualität ermöglicht. Die Technologievergabe lässt bisweilen den Erwerb einer Beteiligung an einem Auslandsunternehmen als Ersatz für eine eigene Direktinvestition im Ausland zu. Anstelle eines Kapitaltransfers tritt dann ein reiner Technologietransfer.

Folgende Erklärungsvariablen leiten sich aus den Motiven interner Restriktionen für eine betriebliche Stärken- und Schwächenanalyse ab:

1 mangelnde Kapitalausstattung („Kapital“),

2 mangelnde Personalausstattung („Personal“),

3 mangelnde Maschinenkapazitäten („Betriebsmittel“),

4 Vormaterial-Know-how („Beschaffung“, „Technologie“, „Kosten“) und

5 Mindestqualitätsstandards („Absatz“, „Technologie“, „Kosten“).

Unternehmensexterne Restriktionen

Unternehmensexterne Restriktionen, die sich auf verschiedene Umweltfaktoren beziehen, können zum Abschluss eines internationalen Technologievertrages führen (Kutschker, M./ Schmid, S., 2011; Perlitz, M./Seger, F., 2003).

[77]Ist der Absatzmarkt im Ausland für ein Erzeugnis zu klein, um eine Direktinvestition zu rechtfertigen, kann dies zum Abschluss eines internationalen Technologievertrages führen, wenn für ein ausländisches Unternehmen die Produktionsaufnahme ohne große Investitionen möglich ist. Besteht eine solche Situation, dann wird die Technologievergabe ins Ausland für den Technologieinhaber sinnvoll. In anderen Fällen ist der Markteintritt im Ausland für den Besitzer der Technologie zu teuer. Dies ist beispielsweise bei einer oligopolistischen Marktführerschaft im Ausland der Fall. Unter diesen Umständen ist es für den Technologieinhaber möglicherweise interessant, die Technologie an den Marktführer im Ausland zu verkaufen.

Ein zusätzliches Motiv für einen internationalen Technologievertrag liegt oft in der Möglichkeit einer besseren Marktdurchdringung, wenn der inländische Technologieinhaber die ausländische Marktnachfrage allein nicht abdecken kann. Mitunter ist eine Technologievergabe an ein ausländisches Unternehmen notwendig, um nicht den dortigen Absatzmarkt zu verlieren. Das gilt vor allem dann, wenn im Ausland die Gefahr droht, dass das inländische Unternehmen seine Schutzrechte ohne eine Lizenzgewährung verlieren würde. Für bestimmte Entwicklungsländer ist dies besonders relevant.

In anderen Fällen liegt der Abschluss eines internationalen Technologievertrages darin begründet, dass inländische Kunden Auslandsaktivitäten aufnehmen und somit Lieferanten zwingen, ihnen ins Ausland zu folgen. Je nach Auslandserfahrung eines Lieferanten wird eine Lizenzvergabe an ein ausländisches Unternehmen dem Export oder einer Direktinvestition vorgezogen.

Die Vergabe von Technologie an ausländische Unternehmen wird oft auch durch staatliche Restriktionen erzwungen. In einigen Entwicklungsländern ist ein solcher Vertrag oft die einzige Möglichkeit für einen Marktzugang. Staatliche Restriktionen, die zu internationalen Technologieverträgen führen, sind z.B. Devisenbeschränkungen, die für Technologiegebühren in vielen Ländern weniger restriktiv (oft nur bis zu einer bestimmten Maximalgebühr) gehandhabt werden als für Dividenden- oder Zinszahlungen.

Auch Importkontrollen können den Abschluss eines Technologievertrages als einzige Markteintrittschance offenlassen. Das Gleiche gilt für Investitionskontrollen und die Beschränkung von Beteiligungsverhältnissen bei Auslandsunternehmen.

1.4 Übergreifende Theorien der Internationalisierung

Theorie der Internalisierung

Die Theorie der Internalisierung basiert auf dem Transaktionskostenansatz von Coase (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Coase, R.H., 1937). Der Ansatz von Coase betrachtet die Effizienz unterschiedlicher Transaktionsformen. Dabei werden die Transaktionskosten auf dem Markt mit den Kosten von innerorganisatorischen Transaktionen verglichen. Coase kommt bei seiner Analyse zu dem Ergebnis, dass für viele [78]Transaktionen die Abwicklung über den Markt ineffizient ist. In diesem Fall wird die Transaktion nicht über den Markt, sondern mithilfe von innerorganisatorischen Koordinationsmechanismen durchgeführt. Viele Transaktionen sind ausschließlich innerhalb der Unternehmung möglich (Marktversagen). Deshalb sei eine Integration der Transaktionen in die Unternehmung effizienter, die intern transaktionskostengünstiger durchgeführt werden können. Die Integration von Transaktionen in das Unternehmen bezeichnet man als Internalisierung (Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Hill, C.W.L., 2009; Buckley, P.J., 1995).

Buckley und Casson (Buckley, P.J./Casson, M.C., 1991) haben den Transaktionskostenansatz auf multinationale Unternehmen übertragen und daraus die Theorie der Internalisierung entwickelt. Sie sehen das Entstehen von multinationalen Unternehmen als ein Ergebnis der Internalisierung von unvollkommenen Märkten. Vor allem betrachten sie die Märkte für Zwischenprodukte und für immaterielle Ressourcen wie z.B. Wissen und Erfahrung weitgehend als unvollkommen. Auch andere Bereiche immaterieller Leistungserstellung wie z.B. Forschung und Entwicklung, das Finanzmanagement und die Distribution sind oft besser zu internalisieren, als über den Markt zu beziehen. Im Rahmen der Internationalisierung können Unternehmen diese Vorteile aus der Internalisierung durch Direktinvestitionen im Ausland weltweit kostengünstiger nutzen, als dies durch marktbezogene Eintrittslösungen wie z.B. durch Exporte der Fall ist. Wenn Zwischenprodukte und immaterielle Ressourcen unternehmensintern international kostengünstiger als über die Auslandsmärkte disponiert werden können, kommt es zum Entstehen von Direktinvestitionen im Ausland und damit zu multinationalen Unternehmungen. Anhand einer Regressionsanalyse haben Buckley und Casson ihre Theorie getestet und kommen zu dem Ergebnis, dass internationale Unternehmen in Branchen mit einer hohen Forschungsintensität einen höheren Internalisierungsgrad aufweisen.

Die Theorie der Internalisierung wurde von einigen Autoren um verschiedene Teilaspekte erweitert. So weist Hennart auf Internalisierungsvorteile durch das Vorhandensein von Goodwill und Know-how hin (Hennart, J.F., 1985). Baumann beschreibt die Bedeutung von Marktmacht, Economies-of-Scale-Effekten und Synergie-Effekten für die Gewinnung von Internalisierungsvorteilen (Baumann, H.G., 1975). Furubotn stellt die Bedeutung von Lerneffekten für die Erzielung von Internalisierungsvorteilen heraus (Furubotn, E.G., 1989). Magee begründet die Internalisierung mit einer Theorie der Aneignungsmöglichkeiten. Darunter versteht er die Möglichkeit des Urhebers einer Idee, sich den vollen Wert dieser Idee anzueignen. Da Informationen heute zunehmend ein öffentliches Gut werden, besteht nach Magee für Unternehmen die Gefahr, dass Imitatoren durch geringfügige Veränderungen der Produkteigenschaften die ursprüngliche Produktidee kostengünstig kopieren können. Deshalb gehen nach seiner Ansicht multinationale Unternehmen dazu über, den Informationstransfer unternehmensintern vorzunehmen und komplizierte, schwer zu imitierende Technologien zu entwickeln (Magee, S.P., 1977). Auf diese Weise kann das Unternehmen Internalisierungsvorteile generieren.

[79]Eklektische Theorie

Die Theorie der Internalisierung wurde von Dunning (Dunning, J.H., 1980) zur Eklektischen Theorie, die er später als „Faktorausstattung/Marktversagen-Paradigma der internationalen Produktion“ bezeichnet (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Hill, C.W.L., 2009; Dunning, J.H., 1988), weiterentwickelt. Nach ihm hängt die Internationalisierungsstrategie von folgenden Faktoren ab:

 Eigentums- und/oder Wettbewerbsvorteile (Ownership Advantages (O)),

 Standortvorteile (Location Specific Advantages (L)) und

 Internalisierungsvorteile (Internalization Advantages (I)).

Dunning untersucht die Bedeutung dieser Vorteile für das Entstehen von internationalen Produktionsstandorten und damit von multinationalen Unternehmen. Mit seinem Ansatz will Dunning die bislang dominierenden monokausalen Theorien erweitern, indem er neben der Organisations- auch die Standort-, Wettbewerbs- und Außenhandelstheorien in seine Eklektische Theorie einbezieht. Abbildung 46 stellt den Zusammenhang zwischen den verschiedenen von Dunning verwendeten Vorteilen und unterschiedlichen Markteintrittsstrategien dar.

 

Abbildung 46: Zusammenhang zwischen OLI-Vorteilen und Markteintrittsstrategie nach der Theorie von Dunning

Dunning hat seine Theorie anhand zahlreicher Untersuchungen empirisch bestätigt gefunden (Dunning, J.H./Kundu, S.K., 1995; Dunning, J.H., 1979; 1980; 1981). Dennoch wurde der Ansatz stark kritisiert (Randøy, T./Dibrell, C.C., 2002; Macharzina, K./Engelhard, J., 1991; Braun, G., 1988; Krist, H., 1985; Buckley, P.J., 1985b; Kojima, K., 1978). Daher hat Dunning seine Eklektische Theorie inzwischen vor dem Hintergrund der Umweltdynamik und sich verändernden Unternehmensverhaltens mehrfach verteidigt bzw. angepasst. Seine Theorie wurde beispielsweise um folgende vier Komponenten erweitert (Dunning, J.H., 1988):

 Motive für die Entscheidung über internationale Produktionsstandorte wurden berücksichtigt,

 Faktorausstattungen der Länder, die Basis für Standortvorteile sind, wurden um Zwischenprodukte und um die Austauschmobilität von Produkten erweitert,

 Strukturvariablen für Strategieentscheidungen wurden in die Theorie eingeführt und

 [80]Anwendungsbereiche seiner Theorie wurden erweitert, indem er nicht nur die Errichtung von internationalen Produktionsstandorten, sondern auch den Handel zwischen Konzerngesellschaften oder Desinvestitionen zu erklären versucht.

Durch die Erweiterung seiner Theorie wurde zwar eine Vielzahl unterschiedlicher Variablen berücksichtigt, jedoch bleiben folgende Punkte kritisch (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Randøy, T./Dibrell, C.C., 2002; Itaki, M., 1991; Macharzina, K./Engelhard, J., 1991; Braun, G., 1988; Kirst, M., 1985):

Es ergeben sich konzeptionelle Probleme des Zusammenführens von Variablen aus unterschiedlichen Erklärungsebenen (Makroökonomische Daten, Entscheidungsdaten für das Management etc.), die sich ohne Zwischenglieder nicht lösen lassen.

Die Struktur- und Bestimmungsvariablen werden nicht auf ihre empirische Relevanz untersucht und stellen damit bloße Vermutungen dar.

Dunning geht von einem homo oeconomicus aus, der nur aufgrund rationaler Entscheidungen seine Strategie entwickelt. Schon Aharoni (Aharoni, Y., 1966) hat gezeigt, dass diese Annahme nicht ohne Weiteres für Internationalisierungsentscheidungen aufrechtzuerhalten ist. Darüber hinaus werden die Bedingungen für den Erwerb der Fähigkeit und für die Bereitschaft zur Durchführung von Direktinvestitionen im Ausland und die Art und Weise, wie diese Entscheidung zustande kommt, nicht erklärt, sondern als gegeben hingenommen.

Dunning untersucht nicht die Beziehungen, die zwischen seinen Variablen bestehen. Seine Theorie besteht nur aus einem Sammelsurium unterschiedlicher Variablen, die in keinen Zusammenhang zueinander gebracht werden. Seine Variablen, die auf Vorteile abstellen, stellen auch keine neuen Elemente einer Theorie dar, sondern wurden bereits bei Hymer sowie in den Ansätzen zur Internalisierung als Erklärungsvariablen aufgeführt.

Itaki weist nach, dass der Ansatz von Dunning Redundanzen aufweist. So reichen nach seiner Analyse die Internalisierungs- und Standortvorteile schon aus, um die Existenz und das Wachstum von multinationalen Unternehmen zu erklären. Damit wird der Eigentumsund/oder Wettbewerbsvorteil im Dunning-Ansatz überflüssig.

Außerdem weist Itaki darauf hin, dass die Eigentums- und/oder Wettbewerbsvorteile ökonomisch nicht zu trennen sind.

Dunning macht deutlich, wie schwierig, wenn nicht unmöglich, es ist, eine umfassende Theorie der Internationalisierung zu entwickeln, da die Berücksichtigung vieler unterschiedlicher Aspekte das Problem aufwirft, welche Verbindungen zwischen diesen Aspekten selbst und der Internationalisierungsentscheidung bestehen.

Der Ansatz von Dunning liefert für eine betriebliche Stärken- und Schwächen- sowie für eine Umweltanalyse eine solche Vielzahl von Variablen, dass die Gefahr besteht, dass keine eindeutigen Aussagen mehr formuliert werden können. Für die konkrete Entwicklung [81]einer Internationalisierungsstrategie eines Unternehmens sind jedoch die OLI-Vorteile so allgemein definiert, dass ohne eine Spezifizierung nur Anstöße gegeben werden, in welche Richtungen Unternehmen nach einem Wettbewerbsvorteil suchen sollten.

2 Managementorientierte Konzepte des internationalen Wettbewerbs

2.1 EPRG-Modell

Das EPRG-Modell gehört zu den zentralen Ansätzen des internationalen Managements (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Ahlstrom, D./Bruton, G.D., 2010; Hill, C.W.L., 2009). Perlmutter (Perlmutter, H.V., 1969) kritisiert, dass in der Literatur der Grad der Multinationalität von Unternehmen fast ausschließlich mit „objektiven“ Maßgrößen bestimmt wird, wie z.B. mit Strukturvariablen (Anzahl der ausländischen Niederlassungen, Beteiligungsverhältnisse, Organisationsstruktur, Nationalität des Topmanagements usw.) und mit Leistungskriterien (absoluter oder zum Inland relativer Gewinn, Umsatz und Kapitaleinsatz im Ausland, Anzahl ausländischer Mitarbeiter usw.). Neben diesen „objektiven“ Maßgrößen, die meist auf eindimensionalen Kriterien basieren, spielt seiner Meinung nach die Einstellung des Topmanagements eine dominierende Rolle für die Messung der Multinationalität von Unternehmen: „The orientation toward foreign people, ideas, resources, in headquarters and subsidiaries, and in host and home environments, becomes crucial in estimating the multinationality of a firm(Perlmutter, H.V., 1969). Die Einstellung des Managements spiegelt sich in dem Führungskonzept eines Unternehmens wider. Perlmutter unterscheidet im Hinblick auf die Einstellung von Managern in international tätigen Unternehmen drei Führungskonzepte: ein ethnozentrisches (heimatlandorientiertes), ein polyzentrisches (gastlandorientiertes) und ein geozentrisches (weltorientiertes) Führungskonzept. Später haben Heenan und Perlmutter die drei genannten Konzepte um ein regiozentrisches (regionenorientiertes) Führungskonzept ergänzt (Heenan, D.A./Perlmutter, H.V., 1979).

Das ethnozentrische Führungskonzept ist dadurch charakterisiert, dass die Schlüsselpositionen in ausländischen Tochtergesellschaften bevorzugt durch Angehörige aus dem Stammland des Unternehmens besetzt werden. Mitarbeiter aus dem Land der Muttergesellschaft werden präferiert, da angenommen wird, dass sie intelligenter, fähiger und zuverlässiger sind als solche aus den Gastländern. Perlmutter weist darauf hin, dass diese Vorurteile meist aus einer mangelnden Kenntnis des ausländischen Arbeitsmarktes und der allgemeinen Situation des Gastlandes resultieren. Diese Einstellung wird dadurch gefördert, dass beim Topmanagement im Stammhaus und in den ausländischen Tochtergesellschaften die gleichen Denkmuster vorherrschen.

Das polyzentrische Führungskonzept geht davon aus, dass sich die Kulturen in den verschiedenen Ländern so unterscheiden, dass sie nur schwer von Ausländern verstanden [82]werden können. Deshalb sollte man das Management im Gastland mit ausländischen Mitarbeitern besetzen und diese weitgehend allein entscheiden lassen, solange sie die Zielsetzungen der Muttergesellschaft erfüllen. Bei dem polyzentrischen Führungskonzept wird unterstellt, dass das Management im Stammland die Einzelheiten im Auslandsgeschäft nicht wirklich verstehen und beurteilen kann. Es vertraut darauf, dass das ausländische Management „es schon richtig machen wird“. Aufgrund dieser Einstellung setzt sich das Topmanagement im Stammhaus nur aus Mitarbeitern des Stammlandes und in den Gastländern aus lokalen Managern zusammen, wobei der Einfluss von Stammhausangestellten auf Entscheidungen in den Gastländern so gering wie möglich gehalten wird.

Beim regiozentrischen Führungskonzept erfolgt eine Rekrutierung von Führungskräften aus Ländern der gleichen Region. Als Beispiel wählen Heenan und Perlmutter den europäischen Markt. Von einem europäischen Produktionsstandort aus kann das Unternehmen viele unterschiedliche Märkte in Europa beliefern. Eine regionale Werbekampagne kann durch italienische, französische, britische und deutsche Manager auf „europäische Gemeinsamkeiten“ überprüft werden. Kandidaten, die eine Schlüsselposition in ihren Heimatländern übernehmen sollen, können in der europäischen Zentrale Erfahrungen sammeln und eine stärkere „eurozentrische“ Sicht entwickeln.

Beim geozentrischen Führungskonzept versucht man, die unterschiedlichen Regionen der Welt im Rahmen eines globalen Ansatzes zu integrieren. Das Stammhaus und die ausländischen Tochtergesellschaften betrachten sich als Teil einer weltweiten Einheit. Die Überlegenheit dieser Einheit wird nicht mit bestimmten Nationalitätszugehörigkeiten gleichgesetzt, sondern resultiert aus der Fähigkeit, eine optimale Allokation der Ressourcen auf globaler Basis zu erreichen. Es kommt über alle Ländergrenzen hinweg zu weltweiten Synergieeffekten (Heenan, D.A./Perlmutter, H.V., 1979).

Perlmutter analysiert den Einfluss der unterschiedlichen Führungskonzepte auf verschiedene Organisationsvariablen wie z.B. Komplexität, Entscheidungsabläufe, Kontrolle, Incentives, Kommunikation, Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und Personalführung. Abbildung 47 gibt einen Überblick über den Zusammenhang zwischen diesen Organisationsvariablen und den unterschiedlichen Führungskonzepten (Heenan, D.A./Perlmutter, H.V., 1979).

Weiterhin weist Perlmutter darauf hin, dass in der Unternehmenspraxis verschiedene Führungskonzepte in einem Unternehmen vorzufinden sind oder sich in der konkreten Ausgestaltung unterscheiden. Zwar gibt es seiner Meinung nach kein einheitliches Muster, wie sich das EPRG-Profil im Zeitablauf entwickelt, jedoch sieht er den Pfad als typisch an, wonach sich die Unternehmenskultur von einer ethno- über eine poly- und regio- bis zu einer geozentrischen Orientierung entwickelt.

[83]

Abbildung 47: Das EPRG-Modell von Perlmutter

In einer kritischen Analyse weisen Heenan und Perlmutter auf die Probleme hin, die sich aus den unterschiedlichen Führungskonzepten bzw. Unternehmenskulturen ergeben (Heenan, D.A./Perlmutter, H.V., 1979). Sie sehen die Zukunft von multinationalen Unternehmen mehr in einem Regio- oder Geo- als in einem Ethno- oder Polyzentrismus.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Ansatz von Perlmutter überwiegend auf einer Analyse der Einflüsse von unterschiedlichen Führungskonzepten bzw. Unternehmenskulturen auf bestimmten Organisationsvariablen basiert. Damit wird zwar ein Konzept der Internationalisierung vorgestellt, das alle Strategie-, Organisations- und Funktionsbereiche des Unternehmens beeinflusst, jedoch werden die Bestimmungsfaktoren, die zu einer Internationalisierungsstrategie führen, nur aus der Einstellung des Topmanagements abgeleitet. Es bleiben andere wichtige funktionsbereichsspezifische Aspekte, die die Entscheidung für eine bestimmte Internationalisierungsstrategie beeinflussen, genauso unberücksichtigt wie die Frage, in welchen Ländern sich Unternehmen engagieren sollten.

2.2 Triademodell

Mitte der 1980er Jahre entwickelte Ohmae das Triade-Modell für die Internationalisierung von Unternehmen (Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Ohmae, K., 2006). Er unterstellt, dass [84]das „klassische“ Modell des multinationalen Unternehmens heute überholt sei. Die Globalisierung von Produkten und Märkten, der rasche technische Fortschritt und neoprotektionistische Tendenzen lassen nach Ohmae einen neuen Unternehmenstyp entstehen: das Triade-Unternehmen. Dessen Hauptmerkmal ist eine starke Wettbewerbsposition in den Triaderegionen USA, Europa und Japan (Ohmae, K., 2006). Damit betrachtet Ohmae ausschließlich OECD-Länder, auf die sich allerdings auch ein Großteil der internationalen Unternehmenstätigkeit konzentriert.

 

Das Triade-Unternehmen wird in Japan, den USA und Europa als lokales Unternehmen betrachtet und übernimmt damit in diesen Regionen eine „Insider-Stellung (Ohmae, K., 2006). Des Weiteren wird es als ein Unternehmen beschrieben, das über eine kleine Zentrale mit dem symbolischen Namen Anchorage verfügt. Die Stadt Anchorage wurde von Ohmae gewählt, da von hier aus die Wirtschaftszentren New York, Tokio und Düsseldorf in der ungefähr gleichen Flugzeit von sieben Stunden erreicht werden können. Die „Anchorage-Mentalität“ eines Unternehmens impliziert, dass bei der Formulierung der Unternehmensziele, Strategien und Maßnahmen alle möglichen Auswirkungen auf die Triade-Regionen berücksichtigt werden. Dazu ist eine genaue Kenntnis der Triade-Märkte erforderlich und das Triade-Denken soll ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur werden. Das Triade-Denken ist nach Meinung von Ohmae hauptsächlich durch drei Phänomene notwendig geworden: die zunehmend kapitalintensive Produktion, die dynamische Entwicklung neuer Technologien und die Homogenisierung der Nachfrage. Diese werden nachfolgend erörtert.

Durch den Einsatz neuer Technologien in den Bereichen Entwicklung/Design und Produktion kommt es nach Ohmae zu einer beträchtlichen Senkung des Lohnkostenanteils an den Gesamtkosten. Damit wird eine Produktionsverlagerung in Billiglohnländer aus Kostengesichtspunkten immer uninteressanter, da in diesen Ländern höhere Transportkosten aufgrund einer schlechteren Verkehrsinfrastruktur und höhere Versicherungsprämien anfallen als in den Ländern der Triade. Die kapitalintensivere Produktion benötigt hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Diese sind in vielen Niedriglohnländern nicht oder nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Aus diesen Gründen ist nach Ohmae eine Standortwahl innerhalb der Triade vorteilhaft.

Daneben ist Ohmae der Ansicht, dass sich die Produktion in den Triadeländern immer stärker auf Hightech-Produkte konzentriert (Backhaus, K./Hilker, I., 1994). Die Entwicklung von dynamischen neuen Technologien wird damit zu einer Überlebensaufgabe von Unternehmen. Die Forschung und Entwicklung von Hightech-Produkten wird seiner Meinung nach immer risikoreicher und kostspieliger, wodurch es für einzelne Unternehmen bei der hohen Geschwindigkeit der Technologieentwicklung zunehmend schwieriger wird, aus eigener Kraft mitzuhalten. Die beschleunigte Verbreitung der neuen Technologien macht den Faktor Zeit zu einem neuen strategischen Wettbewerbsvorteil. Technologische Monopolsituationen können deshalb nur für kurze Zeit gehalten werden (Ohmae, K., 2006). [85]Aus den genannten Gründen gehen Unternehmen verstärkt den Weg der Kooperation und Integration. Auf diese Weise werden Marktpotenziale stärker und schneller ausgeschöpft. Dies kann durch eine Vorwärts-, Rückwärts- oder eine horizontale Integration erreicht werden. Diese Kooperations- und Integrationstendenzen sind nach Ohmae mit Unternehmen aus den Triade-Ländern eher möglich als mit solchen aus Ländern in anderen Wirtschaftsräumen. Die enge Verflechtung von Unternehmen innerhalb der Triade kann dazu führen, dass Imitatoren mit dem Innovator, durch die Aufnahme von Aktivitäten in den verschiedenen Triade-Ländern, auf dessen Heimatmarkt in Konkurrenz treten, damit können Unternehmen gleichzeitig Konkurrenten und Partner werden.

Nach Ohmae kommt es darüber hinaus in den Triade-Ländern zu einer Homogenisierung der Märkte, da sich die Kaufkraft immer stärker angleicht. Damit greift er für die Triade-Märkte die Konvergenzthese von Levitt auf (Levitt, T., 1983). Da sich das Ausbildungsniveau in den Triade-Ländern angleicht und eine hoch entwickelte Infrastruktur, z.B. Massenmedien, vorhanden ist, setzt sich der Lebensstil einer Wohlstandsgesellschaft durch (Ohmae, K., 2006). Diese Entwicklung führt dazu, dass für bestimmte Produkte weltweite Trendsettergruppen entstehen. Es entwickelt sich ein „gemeinsamer“ Markt von „OECD-Bürgern“ oder von „Triade-Bürgern“, den Ohmae mit etwa 600 Millionen Menschen beziffert.

Das durch die Kapitalintensität der Produktion, die Dynamik neuer Technologien und die Homogenisierung der Nachfrage geförderte Triade-Denken muss nach Ansicht von Ohmae einen zunehmenden Neoprotektionismus in den verschiedenen Triade-Ländern berücksichtigen. Protektionistische Maßnahmen sollen dazu dienen, heimische Produktionen, die nicht mehr weltweit wettbewerbsfähig sind, gegen internationale Konkurrenz zu schützen. Damit will man das Problem der Arbeitslosigkeit mildern. Dieser Protektionismus lässt sich nach Ohmae dadurch umgehen, dass ein Unternehmen in allen wichtigen Märkten als „Insider“ präsent ist. Wenn das nicht gelingt, so kann es in diesen Ländern plötzlich vor verschlossenen Türen stehen (Ohmae, K., 2006). Ein „Insider“ zeichnet sich durch die genaue Kenntnis des lokalen (regionalen) Marktes aus, und seine Präsenz und sein Einfluss sind in der Umgebung deutlich spürbar. Nach außen hin kann man den „triadischen Insider“, was sein Auftreten in dem jeweiligen Markt betrifft, nicht von einem lokalen Anbieter unterscheiden (Ohmae, K., 2006).

Die dargestellten Herausforderungen für international tätige Unternehmen lassen sich nach Ansicht von Ohmae nicht mehr mit traditionellen Unternehmensmodellen lösen. Das Modell vom globalen Unternehmen sieht er in Anbetracht der geringen Bedeutung der Lohnkosten in Relation zu den Gesamtkosten als überholt an, da die Lohnkostenvorteile in vielen Ländern durch die Kostennachteile aus dem Standort und der Infrastruktur überkompensiert werden. Zudem sind globale Unternehmen durch das Aufkommen von protektionistischen Maßnahmen besonders gefährdet. Globale Unternehmen sind nach der Betrachtungsweise von Ohmae dadurch gekennzeichnet, dass sie stark von ihrem Stammland geprägt sind.

[86]Bezüglich der Markteintritts- und -bearbeitungsstrategie empfiehlt Ohmae ein Modell (Ohmae, K., 2006), in dem, gleichsam einem Sprinkler, nach der Innovation eines neuen Produktes alle Schlüsselmärkte gleichzeitig „überflutet“ werden. Damit soll eine schnelle Diffusion neuer Technologien in allen relevanten Märkten erreicht werden. Das „Sprinkler-Modell„ steht im Gegensatz zu dem „Wasserfall-Modell„, bei dem ein sequenzielles Vorgehen bei der Marktdurchdringung erfolgt (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Kreutzer, R., 1989b). Abbildung 48 gibt schematisch das „Sprinkler-“ und das „Wasserfall-Modell“ wieder.


Abbildung 48: Wasserfall- und Sprinkler-Modell für den Markteintrittszeitpunkt

Auch das Uno-Modell (Ohmae, K., 2006), nach dem die internationalen Aktivitäten von Unternehmen nicht nach betriebswirtschaftlichen Orientierungsgrößen (z.B. Marktpotenzial, Absatzvolumen) gesteuert werden, sondern im Sinne einer maximalen Länderpräsenz, kann nach Ohmae nicht erfolgreich sein, da erstens nicht für alle Länder dieser Welt von der Konvergenzthese ausgegangen werden kann und zweitens viele schwache Wettbewerbspositionen nicht vor Angriffen eines Konkurrenten aus der Triade schützen (Ohmae, K., 2006).

Um aus einem international tätigen Unternehmen ein Triade-Unternehmen zu entwickeln, schlägt Ohmae eine Reihe von Maßnahmen vor.

Es muss eine Neuorientierung der unternehmerischen Funktionsbereiche erfolgen. Alle betrieblichen Funktionen, insbesondere jedoch der Produktions- und Absatzbereich, [87]müssen im Hinblick auf die Triade-Märkte neu gestaltet werden. Beispielsweise muss sich die Produkttechnologie am Weltmarkt orientieren und auf globale Produktionsfaktoren ausgerichtet sein. Die Prozesstechnologie soll eine Kostendegression ermöglichen. Der Absatz muss im Sinne des „Sprinkler-Modells“ eine maximale Ausnutzung der Märkte in kurzer Zeit erreichen.

Auch müssen sich international tätige Unternehmen mithilfe von Kooperationen zu Insidern in den Triade-Märkten entwickeln. Solche Kooperationsformen können z.B. Konsortien oder Joint Ventures sein, die vorzugsweise regional und nicht länderspezifisch ausgerichtet sind.

Die Unternehmensorganisation muss nach Ohmae neu überdacht werden. Im Zusammenhang mit der optimalen Ausnutzung von Synergieeffekten unterscheidet er drei Organisationsmodelle international tätiger Unternehmen: das multinationale, das multilokale und das multiregionale Unternehmen. Bei der Beschreibung der unterschiedlichen Organisationsformen wird deutlich, dass seine Klassifikation dem ethnozentrischen (multinational), dem polyzentrischen (multilokal) und dem regiozentrischen (multiregional) Konzept von Perlmutter sehr ähnlich ist. Für ein Triade-Unternehmen ist für ihn in erster Linie eine multiregionale Organisationsstruktur empfehlenswert (Ohmae, K., 2006). Er schließt jedoch die anderen Organisationsstrukturen für ein Triade-Unternehmen nicht aus.