Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen

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selbst kaufte, ihn weggeben oder wegwerfen, verschenken

und dgl. kann und darf man nicht, da kehrt

er immer wieder – verfällt dem bösen Feind. Ein solcher

Niß ist dann nicht mehr Hausgeist, er ist Alraun,

Spiritus familiaris, und wer ihn besitzt, ist Teufelsbündner.

Ein solcher Niß wird insgemein in einem

Kasten verwahrt und gut gepflegt, gleich dem Alraun.

In der Regel trägt er ein rotes Mützchen. Es kommt

auch vor, daß Nissen miteinander uneins werden, da

sie ohnehin heftiger und jähzorniger Natur sind, und

sich prügeln. Ein Niß zu Süderenleben stahl für seinen

Bauer in einer Zeit, da es sehr an Heu gebrach,

als für seinen Herrn Heu aus der Scheune eines Hufners

in Söderup, und dieses Hufners Niß stahl zu gleicher

Zeit Heu vom Boden des Süderenlebener Bauers.

Unterwegs trafen sie aufeinander und prügelten sich

die ganze Nacht hindurch bis zum Tagesanbruch, so

daß sie darüber ganze große Haufen von Heu verloren

und auf einer Wiese verstreuten, die heißt davon noch

heute Pugholm. So ging es auch mit zwei Nissen in

Sundewitt, die Hafer gestohlen hatten an verschiedenen

Enden, die stießen aufeinander, daß sie über vier

Scheffel ausgedroschenen Hafer aus den Hafergarben

verloren, welche sie trugen. Der Nissen Hochzeitzüge

gingen oft unsichtbar, den Begabten auch sichtbar,

durch die Stuben, mit großer Pracht und höchst zahlreich,

wie in der deutschen Sage.

Die Wolterkens wohnen vornehmlich in reichen,

vorratbegabten Häusern, verrichten Küchendienste,

Mägde- und Knechtearbeit, ziehen Wasser, besorgen

das Vieh, binden die Besen und lieben es, wenn ein

Bauer sein Haus mit den Seinen – oft der Unruhe halber,

die er von ihnen hat – verläßt, im Besengestrüpp

zu sitzen und sich mit in die neugewählte Wohnung

tragen zu lassen und dann neckisch zu rufen: Wir ziehen

um!

Will einer all dieses dämonische Gesindlein, wie es

heißen mag, Klabautermännchen, Unterirdische, Nissen,

Puke, Wolterkens usw., mit aller Gewalt los sein,

so gibt es nur ein Mittel: er muß vor jeden Ausgang

des Hauses ein Wagenrad stellen und dann das Haus

samt allem Geräte, das darinnen ist, bis auf den

Grund niederbrennen. Dieses selbige Mittel soll auch

das unfehlbar beste zur Vertilgung der Wanzker sein.

182. Allerünken

Allerünken heißen in Dithmarschen die Alräunchen,

wenn sie nicht Eigennamen haben. Eine Bauernfrau

hatte so ein Ding im Hause. Sie brauchte bloß ein

wenig Teig anzurühren, so wuchs ihr der ganze Kessel

voll Klöße. Ein neues Dienstmädchen erfuhr von

andern auf dem Felde, daß ihre Frau in einem Koffer

das Allerünken verschlossen halte. Neugierig, wartete

das Mädchen nur den Sonntag ab, als Bauer und

Bäuerin in die Kirche waren, um zu stöbern und zu

suchen, und richtig, sie fand den Schlüssel zum Koffer

in seinem Versteck und schloß auf. Eine kleine

Puppe lag in dem Koffer, hatte Kleidchen an, war

weich gebettet und bewegte sich. Der Magd kam das

Ding graulich vor, sie schlug den Deckel zu und legte

den Schlüssel wieder an seinen Ort. Mittags nahm sie

die nötige Menge Mehl zu Klößen für das Haus und

Gesinde – Herrgott, wie quoll und schwoll das! Alles

voll, alles voll, das ganze Dorf hätte ein Klößeessen

halten können. Jetzt kam die Frau nach Hause und

sah den Vorrat. Was fällt dir ein? Was soll diese

Menge? Bist du unklug? – Das Mädchen antwortete:

Ich habe nicht mehr Mehl zum Teig genommen, als

nötig war. – Ha – so hast du – geh – wasche dir einmal

die Hände und halte dein Maul! – Wie das Mäd-

chen ihre Hände gewaschen hatte, war ihr die Kraft

des Allerünken verloren.

Manche haben auch das Allerünken Mönöloke genannt.

Verfertigt wurde es in des Teufels Namen von

weißem Wachs, in einen Rock von blauem Taffet gekleidet,

und darüber ein Wams von schwarzem Sammet,

Hände und Füße blieben bloß. Sie mußten gut

verwahrt und reinlich gehalten werden, dann wurden

die Besitzer reich. Wollte einer viel Getreide, so stellte

er die Mönöloke unter den Getreidehaufen, Geld,

unter den Geldkasten usf.

183. Das Glück der Rantzau

Das Geschlecht der Grafen Rantzau ist uralten herzoglich-

schleswigschen Stammes. Einer Ureltermutter

dieses Geschlechtes begegnete es, daß ein kleines

Männlein mit einer Laterne zu ihr kam und sie in

einen Berg holte zu einer Wöchnerin bei den Unterirdischen.

Sie legte derselben nur die Hand aufs Haupt,

und alsbald genas das Zwergenweiblein glücklich.

Das Männlein begleitete dann die edle Frau wieder

nach ihrem Schlosse zurück und gab ihr einen Klumpen

gediegenes Gold und sagte: Lasse daraus fertigen

fünfzig Rechenpfennige, einen Hering und zwei Spindeln

und verwahre das alles wohl bei deinem Geschlecht,

denn solches wird stets in Ruhm und Ehre

bleiben, solange von diesen Stücken nichts verloren

geht. – Dieses geschah, und die Stücke haben noch

auf lange Zeit dem Hause Glück gebracht. Es soll sich

diese Tatsache, die auf sehr verschiedene Weise erzählt

wird, auf dem Schlosse Breitenberg zugetragen

haben. Den goldenen Hering hatte zuletzt Josias von

Rantzau, ein tapferer Degen und kriegslustiger junger

Held. Er ließ sich ein gutes Schwert fertigen und den

Hering an dessen Griff umbiegen und als Bügel anbringen,

trat dann in französische Dienste, hatte

Glück in unzähligen Schlachten und wurde zuletzt

Generalfeldmarschall. Fechten und Raufen war seine

höchste Lust, dabei war er freilich unüberwindlich

durch das Erbstück der Ahnfrau. Das wurde ihm, weil

es ruchbar geworden, einstmals von einem Kriegskameraden,

Caspar Bockwold, ins Gesicht gesagt, er

habe gut Fechten und Händel suchen, man wisse

wohl, daß er fest sei und sein Mut und seine Tapferkeit

im Hering seines Degengriffes stecke. Darüber

ergrimmte Junker Josias höchlichst, schleuderte alsbald

seinen Degen von sich in den Rhein und forderte

Caspar Bockwold auf der Stelle zum Zweikampf und

besiegte ihn dennoch. Selten schlug es ihm fehl, als

Sieger aus solchen Kämpfen zu gehen, er hatte deren

aber so viele, daß er auch gar manche böse Scharte

davon trug. Als er zu hohen Jahren kam, hatte er nur

noch ein Auge, ein Ohr, einen Arm und ein Bein und

außerdem noch an seinem Leibe sechsundfunfzig

Male schwerer Wunden.

184. Schwertmann

In einem Hofe namens Rothwisch in der Krempnermarsch

lebte vordessen auch solch ein Raufbold, aber

noch viel schlimmer, denn er trieb es gar arg mit allen

tollen Streichen, und hieß Schwertmann. Der hat für

seine Übeltaten gar lange als Gespenst umgehen müssen,

als Feuermann, und hat die Leute geschreckt und

geängstigt. Als Schwertmann gestorben war, sah man

ihn auf seinem Leichenwagen wieder nach Hause fahren.

Beim Leichenschmause saß Schwertmann unter

den Leidträgern. Bald guckte er da, bald dort aus

einem Fenster, einem Korbe, einer Luke, mit schrecklicher,

abschreckender Fratze. Als Pfarrer und Küster

kamen und diesen Geist bannen wollten, warf er ihnen

alles Böse, das sie heimlich getan, laut vor, bis zum

Geringsten. Endlich überwand ihn der Schulmeister,

der im Überwinden Übung hatte, und trug ihn nun

nach dem wilden Moor, ihn zu bannen. Da zischelte

ihm Schwertmanns Geist ins Ohr: Nur nicht zu tief in

den Sumpf, hörst du? Nur nicht zu tief. Als Schwertmann

nun dorthin gebannt war, aber eben nicht zu

tief, so wandelte er von Zeit zu Zeit als Feuermann

herum und schreckte viele Leute. Die größte Pein litt

er an seinen brennenden Füßen; wo er Schuhe fand,

zog er sie an, weil sie seinen Brandschmerz linderten,

es paßten ihm auch alle, nur konnte er kein Paar lange

tragen, weil er jedes gleich durchbrannte. Oft bat er

selbst Leute um Schuhe, die gleich verschwanden, sobald

sie ihm hingesetzt wurden. Endlich hat ein Bäkkergesell

diesen ruhelosen Geist in einer Kiepe gefangen

und sie ins Meer gesenkt, seitdem war Ruhe vor

ihm, aber sein tolles Wesen bei seinem Leben und

nach seinem Leben, das blieb im Gedächtnis der

Leute, und sie sprachen sprüchwörtlich, wenn es wo

recht wild und toll und übel herging: Da regiert

Schwertmann.

Wenn einmal einer etwa die Kiepe zufällig auffischt

und öffnet, da wird er schon sehen, was für

einen Fisch er gefangen hat.

185. Die schwarze Gret und das Danewerk

König Christoph I. von Dänemark hatte zur Gemahlin

des Pommerherzogs Sambor Tochter, das war ein

arges Zauberweib; sie hieß nur die schwarze Gret und

hatte den Beinamen Springhest. Sie ist die Urheberin

des berühmten Danewerkes, jenes riesigen und weiten

Walles; den zu erbauen schloß sie einen Bund mit

dem Teufel und gebot ihm, in einer Nacht den Wall

fertig zu machen; nur ein einziges und zwar eisernes

Tor solle hineinkommen, dafür solle dem Teufel gehören,

was zuerst durch das vollendete Werk schreite.

Da stellte der Teufel ein zahlloses Heer von Arbeitern

in das Feld, davon füllte jeder nur dreimal seinen eisernen

Hut voll Erde, so war der Wall fertig, und der

Teufel stellte sich hinter dem Torflügel auf die Lauer,

sah auch schon einen gutgekleideten Reiter die Landstraße

 

daherkommen und freute sich auf den Fang.

Aber zufällig hatte der Reiter einen Pudel bei sich, der

lief vornweg nach Hundeart, und der Teufel riß ihn

wütend in Stücke, wie auf der Reußbrücke die Gemse,

auf der Regensburger Brücke den Hund, im Dom zu

Aachen den Wolf, und wo sich sonst dieser Sage ein

Widerhall findet.

Da nun die wilde schwarze Gret, Springhest genannt,

überhaupt ein gottloses, unseliges Leben führ-

te, so ward ihr zur Strafe ihrer schrecklichen Sünden

von Gott geboten, allnächtlich über ihr Teufels- und

Danewerk als Geist zu reiten. Da haben viele Leute

sie gesehen. Ihr Anzug ist ganz schwarz, aber ihr

Pferd ist weiß, und sein Odem ist Feuer. Zwei Geister

in weißen Kleidern folgen ihr, und da rennen und

sprengen die Drei wie der wilde Jäger von Hollingstede

bis Haddeby. Dieses Gespenst leidet nicht, daß auf

seinem Walle etwas angebaut werde. In der Nähe von

Haddebye heißt ganz besonders eine Stelle im Danewerke

nach der Springhest Margretenwerk, da läßt sie

sich am häufigsten sehen.

Einstmals erschien sie armen Fischern vom Schleswiger

Holm, die traurig waren, daß sie nach einer arbeitvollen

Nacht nichts gefangen hatten, in aller ihrer

königlichen Pracht, mit Perlen und Demanten geschmückt,

wie man ihr Bild im Schlosse zu Husum

sah, und gebot ihnen, die Netze noch einmal auszuwerfen,

aber den besten Fisch, den sie fingen, den

sollten sie wieder in das Wasser werfen. Die Fischer

taten den glückhaftesten Zug, der seit St. Petri Zeiten

getan worden, und der beste Fisch, der hatte Flossen

von Smaragd, Schuppen von gemünztem Gold, und

seine Nase war mit Perlen besetzt. Der eine Fischer

wollte dieses Prachtstück gleich wieder in die Flut

werfen, dem andern aber fraß die Habgier am Herzen,

und er verbarg den Fisch gegen den Willen des an-

dern, seines Gefährten. Rasch wurde fortgerudert,

aber da begannen alle andern Fische auch Schuppen

von gemünztem Golde zu bekommen und Perlen am

Oberkiefer und Edelsteine statt der Flossen, und da

wurde der Kahn so schwer, so schwer, und sank, und

der Habgierige mußte ertrinken, der andere aber konnte

nur mit genauer Not sein Leben retten.

186. Prinzessin Thüra

Auf der Thürenburg beim kleinen Danewerk saß vor

langen Zeiten eine Königstochter, die hieß Thüra,

nach ihr ist auch der Berg genannt. Nun kam dazumal

ein fremder Prinz, um sie zu freien, der war aber so

häßlich, daß niemand ihn ersehen konnte, auch die

Prinzeß nahm ihn höchst ungern, konnte es ihm aber

nicht abschlagen. Endlich fiel sie auf einen Rat. Kurz

vor der Hochzeit nahm sie mit dem Bräutigam einen

Spazierritt auf dem alten Wall nach Hollingstede vor,

da ging damals noch eine Inbucht von der Westersee

herein. Auf dem Rückweg ließ die Prinzessin ihr

Schürztuch fallen, als ob der Wind es ihr entführte.

Da sagte der Prinz: Prinzessin, Ihr habt Euer Schürztuch

fallen lassen, wollt Ihr es nicht mitnehmen? –

Darauf antwortete sie: Ei, wenn Ihr ein redlicher Ritter

seid, so solltet Ihr, junger Herr, doch selbst absteigen

und mir das Tuch aufheben! – Da ritt er hin zur

Stelle und bückte sich vom Roß, und die Prinzessin

ritt auch hin, zog, wie er sich bückte, sein Schwert

rasch aus der Scheide und hieb ihm den Kopf ab. Als

sie nun nach Hause kam und gefragt wurde, wo sie

denn ihren Bräutigam gelassen habe, da sagte sie:

Ach, wir ritten den alten Wall entlang, da sind die

Unholde über uns gekommen und haben dem Prinzen

den Kopf abgeschlagen, ich aber bin hinweggeritten.

– Da wurde der Tote aufgesucht und in einen Riesenberg

(Hünengrab) gelegt, auf das Eperstorfer Feld,

wo man es in den Dreibergen nennt.

187. Die Sassen und die Jüten

Vorzeiten war, wie ein Mann zu Kurborg bei Schleswig

am Danewerk erzählt hat, dieser Wall die Grenzscheide

zwischen Jütland und dem Lande der Sassen,

und den alten Wall, der das Danewerk heißt, den hätten

die Jüten erbaut. Sie gruben, den Wall noch sicherer

zu machen, da sie mit den Sassen in einem heftigen

Kriege begriffen waren, auch noch einen Graben

davor, der heißt noch heute der Kuhgraben. Und da

banden sie eine Schar rote Ochsen zusammen, steckten

auf jedes Ochsenhorn ein Wachslicht, hingen

ihnen weiße Tücher über die Köpfe und dachten

damit den Sassen bange zu machen. Aber die tapfern

Sassen nahmen den Kuhgraben und die Ochsen dazu.

Nachher lagen sie aber lange vor dem eigentlichen

Wall; endlich fanden sie eine Stelle zum Hindurchkommen.

Der Wall ging nämlich durch ein Torfmoor

und war an dieser Stelle bloß von Torf aufgeworfen.

Da steckten die Sassen Feuer in den Wall und brannten

das Stück bis auf den Grund nieder. Noch ist die

Stätte zu sehen und heißt der Sydergrund. Da nun die

Sassen den Jüten immer näher kamen, vergruben

diese ihre Kriegskasse in den Sydergrund, und die

Sassen drangen durch den Wall und erschlugen in

einer großen Schlacht zwanzigtausend Mann, dann

kehrten sie wieder um. Die Jüten aber sammelten sich

aufs neue und ließen sich vernehmen: Noch sind sie

nicht den Kropper Busch vorbei! Sie trieben nun die

Sassen auf die Heide und schlugen bei Kropp die

zweite Schlacht. Da haben die Sassen vierzigtausend

Mann verloren, und davon ist das Sprüchwort entstanden:

Noch ist er nicht den Kropper Busch vorbei.

In dieser Schlacht verloren die Sassen auch ihren

Feldherrn, das war ein Mann von solcher Stärke, daß

er mit seinem bloßen Finger in jeden Stein schreiben

konnte. Nicht weit von Anschlag liegt noch so ein

Stein, den er hingeworfen hat in der Schlacht, da sieht

man noch alle fünf Finger, wie sie in den Stein eingegriffen

haben.

188. Totenkopf wandert

Nicht weit von der Jütlandgrenze lagen zwei Burgen,

Fobeslet und Drenderup, die Güter sind noch vorhanden.

Auf Drenderup saß ein wüster Gesell, Ritter Adelbrand,

auf Fobeslet aber ein holdes Fräulein, Antolille

geheißen. Der Ritter liebte das Fräulein, und das

Fräulein haßte den Ritter. Sie sagte ihm, er sehe aus

wie ihres Vaters Hund, und ein andersmal, er sei nicht

besser als ein alter Pantoffel. Das verwandelte des

Ritters Liebe in grimmen Haß, und er schwur dem

Fräulein furchtbare Rache. Sieben Jahre bewachte er

ihre Burg, sieben Jahre durfte sie sich nicht herauswagen,

und da sie dies auch nicht tat, so bekam er sie

nicht in seine Gewalt. Da gab er, scheinbar des Harrens

müde, seine Bewachung auf und reiste weg, und

bald kam das Gerücht, er sei gestorben. Sieben Jahre

war das Fräulein Antolille in keine Kirche gekommen,

sie sehnte sich in eine solche, und da sie nun sich

sicher glaubte, so verließ sie ihre Burg mit ihrem Gefolge.

Plötzlich brach aus einem Hinterhalt Ritter Adelbrand,

versprengte die Diener und ergriff die Unglückliche,

die seine Liebe mit so bitterm Hohn gelohnt.

Er band sie an den Schweif seines Pferdes und

jagte so mit ihr davon auf seine Burg zu. Ihre Mutter

sah's von den Burgzinnen und starb mit Antolille zu

gleicher Zeit. Als Adelbrand seine wilde Rache gekühlt,

tötete er alsbald sich selbst. In Drenderup begrub

man die drei Leichen. Aber Adelbrands Schädel

fand keine Ruhe in der Gruft; wie er so rastlos sieben

Jahre arger Gedanken voll gewesen, so spukte und

rollte er bald da, bald dort umher, schreckte die Menschen

und weilte in keinem Grabe.

189. Die schwarze Schule

Viele Sagen gehen in Nordfriesland und in Norddithmarschen

von der schwarzen Schule, in welcher kein

anderer der Schulmeister ist als der Teufel selbst. In

diesem seinem Seminarium unterrichtet der Schwarze

junge Theologen und Schulmeister in gar mancherlei

geheimen Künsten, doch nicht umsonst, sie müssen

ihm ihre Seele verschreiben und eine gewisse Bedingung

festhalten, fehlt einer deren und versieht's einmal,

so ist seine Seele verloren. Die meisten

versehen's. Da muß einer nur ein Strumpfband tragen,

ein anderer darf sich nur einmal die Woche rasieren,

ein dritter darf nie anders die Strümpfe anziehen als

verkehrt. Die Künste, welche diese schwarzen Scholaren

lernten, bestanden in Bannen, Festmachen, sich an

andere Orte schnell hinzücken, erfahren, was daheim

geschieht, und wenn sie noch so weit vom Hause

sind, andere, besonders Diebe, stehenbleiben machen,

sie festschreiben, festlesen und dgl. Bisweilen glückt

es einem oder dem andern, den Teufel, der seinen

Bündnern fort und fort nachstellt und dahin wirkt, daß

sie das Gelobte nicht halten, zu überlisten, denn manchem

Pastoren und Schulmeister auf dem Lande ist

fürwahr der Teufel selbst noch nicht klug und schlau

genug. So wird viel gesprochen von einem Pastor in

Medelby im Amte Tondern, des Namens Fabricius,

der konnte mehr als Brot essen, weil er in die schwarze

Schule gegangen, und der durfte niemals zwei

Strumpfbänder anlegen, sondern immer nur eins.

Damit er nun sich vergäße, lagen gar manchesmal

früh beim Aufstehen zwei Strumpfbänder auf seinem

Stuhle, damit fing ihn aber der Teufel keinesweges.

Hierauf plagte der Teufel das Mädchen, das für den

Pfarrer Strümpfe strickte, als Floh, da ließ sie oft die

Maschen fallen und juckte sich, und da wurden die

Strümpfe zu weit, weil sie sich auch zum öftern verzählte,

nun fiel der Strumpf ohne Band herunter auf

die Ferse, das verschlug aber dem Pfarrer alles nichts,

er band ihn doch nicht fest, sondern ließ ihn hängen,

und der Teufel konnte ihm nichts anhaben. Ein anderer

Pastor, hieß Ziegler, durfte auch nur ein Strumpfband

tragen, doch nur auf Zeit eines Kontraktes mit

dem Teufel, nach dessen Ablauf wollte jener kommen

und ihn holen. Da nun die Zeit um war, kam der Teufel

frühmorgens, und der Pfarrer zog sich langsam an;

zuerst zog er die Strümpfe verkehrt an, das war dem

Teufel schon ganz zuwider, dann zog er sich weiter

sehr langsam an, und der Teufel verlor die Geduld

und sagte: Mache endlich, daß du fertig wirst, das

dauert ja eine Ewigkeit! Ich habe mehr zu tun. Jetzt

warte ich keinen Augenblick länger, als bis du dein

Strumpfband angelegt. Der Pastor Ziegler hatte schon

das Strumpfband in der Hand, aber als der Teufel das

sagte, legte er es ganz langsam wieder hin, sprach

zum Teufel: Guten Morgen! – und legte sich auf die

andere Seite. Wütend fuhr der Teufel von dannen und

kam nimmermehr wieder, und nimmermehr wieder

trug der Pastor ein Strumpfband. Als er noch einmal

herumgeschlafen hatte, nahm er eine Schere und

schnitt seine Strümpfe unter der Wade ab, so erfand

er die Strumpfsocken, wie sie die meisten Männer

jetzt tragen, und brauchte keine Strumpfbänder mehr.

190. Spottnamen und Schildbürger im Norden

Im innern Deutschland denken wir wunders was für

weise Lalenburger wir im Schwaben- und Frankenlande,

in Schilda und Schöppenstätt, in Wasungen

und Ummerstadt usw. haben. Da schaut einmal hinauf

nach Dithmarschen und Schleswig-Holstein, da ist

des Volkes Necklust lebendig über alle Maßen. Da

sind die Jagler bei Schleswig, die heißen die tollen

Jagler, wie auf dem Rhöngebirge die Einwohner des

Dorfes Ditges die tollen Dittiser; die wollten einen

Balken partout die Quere durch ihr Tor schaffen, bis

sie einen Spatzen mit einem Strohhalm fliegen sahen,

der den Halm zur Längst in sein Nest zog. Die Hostrupper

haben eine Scheuer, in der sie alle Dummheiten

einheimsen und aufspeichern, daher das Sprüchwort

gilt: Geh nach Hostrupp und laß dir die Narrheit

verschneiden. Zu Gabel ging es mit einer Katze fast

gerade wie zu Wasungen. Sie kauften solch ein rares

Tier zum Mäuseausrotten für dreihundert Taler. Als

der Handelsmann fort war, fiel den Gablern erst ein,

daß sie zu fragen vergessen, was denn dieses Tier

fresse. (Zu Wasungen kam die Rückantwort: Die

 

Katze frißt alles, da entstand große Furcht, und man

schaffte schleunigst die Katze wieder ab.) Dem reitenden

nacheilenden Boten aber rief der Händler zu:

Milch und Mäuse! Nun pfiff gerade der Wind etwas

stark, und der Bote verstand: Milch und Menschen!

und brachte im Galopp diese Antwort zurück. Welch

ein Schreck! Wie da zu raten und zu helfen? Im äußersten

Haus war schon die Katze, sie sollte von da

reihum gehen, wie der Dorfspieß. Man wagte sich

nicht an das menschenfressende Untier, man steckte

das Haus in Brand, da sollte es drinnen verbrennen.

Als das Haus im schönsten Brennen war, wurde es

der Katze zu warm darin, sie sprang daher geschwinde

heraus und lief in das nächste. Das wurde

auch angesteckt; die Katze sprang von da, weil es

wieder zu warm wurde, in das dritte Haus, und immer

so fort, bis kein Haus mehr da war, da lief sie über

Feld und kam nicht wieder. Die Gabler aber waren

froh, daß sie die Katze und zugleich auch ihre Hausmäuse

los waren, wie jene Guten, die ihr Haus niederbrannten,

um die Wolterkens samt allen Wanzkern

los zu werden. Die Romöer sind auch eine kluge

Sorte. Sie wollten gern ihre Kirche zwei Ellen weiterschieben

und meinten, da nur wenige Leute diese erbaut,

so würden viele Leute die Kirche doch leicht

fortschieben können. Damals trug man allgemein zu

Romöe rote Jacken; alle hatten welche, nur Paul Moders,

ein armer Robbenfänger, hatte keine. Da sagte

er, alle Romöer sollten sich an der Nordseite zum

Schieben anstellen, an der Südseite aber eine Jacke

zwei Ellen weit von der Kirche legen, damit man richtig

sehen könne, ob die Kirche weit genug geschoben

sei. Der Vorschlag gefiel, die Jacke ward hingelegt,

und alles schob. Jetzt kam Paul Moders und schrie:

Genug! genug! haltet ein! Ihr habt die Kirche schon

über die rote Jacke hinübergeschoben, ihr Simsone

ihr! – Da waren die Romöer froh, daß es ihnen so

wacker gelungen war. Am nächsten Sonntag wunderte

sich jedermänniglich, daß auch Paul Moders mit einer

roten Jacke in die Kirche kam, konnten gar nicht begreifen,

wie der arme Transchlucker zu einer roten

Jacke gekommen war.

Die Büsumer an der See, die sind auch von den

Pfiffigen. Einstmalen gingen ihrer Neun zu baden und

schwammen wie die Enten. Jetzt hob sich der Vordermann

und sagte: Mine Jongens, ik mutt doch würftig

mal tellen, ob ay noch all dohopen sünt. Nun zählte

er: Einer, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, ich

bin ich, es muß beim Donner einer versoffen sin! Stille,

laßt mich einmal zählen! rief ein anderer und zählte

gerade wieder so. Ach Gott! ach Gott! Einer von

uns muß versoffen sin! – Jetzt schwammen alle traurig

zum Ufer; ein Fremder kam, dem klagten sie ihr

Herzeleid, und der riet ihnen, sie sollten sich niederlegen

und ihre Nasen in den Sand stecken, hernach die

Löcher zählen. Selbiges taten sie, hurrah! da gab es

neun Löcher, und keiner war versoffen. Den Mond

wollten die Büsumer aus dem Brunnen schneiden,

einen Hummer haben sie für einen Schneider angesehen,

auf ein Feld säeten sie Kuhplapper, meinten, von

selbigen Eiern sollten Kühe wachsen. Ein Mann stahl

ihnen einen weißen Mühlstein, lange zogen sie ihm

nach, folgten seiner Spur bis nach Hamburg, taten

sich dort viel zugute auf Gemeindeunkosten, gingen

auch in St. Michaels Kirche und erhoben auf einmal

einen Heidenspektakel, indem sie überlaut schrien:

Unser Mühlstein! unser Mühlstein! Der Herr Pastor

hat ihn, hat sin Köpken durchgesteckt! – Sie hielten

den großen und breiten runden Halskragen von Batist,

den die Mode den Geistlichen um den Hals gelegt, für

ihren großen weißen Mühlstein.

Die Bishorster leitete ein Schalk an einem Seil in

einen tiefen Brunnen, als sie nach gewohnter Weise

die Christnachtmette besuchen wollten und sich an

dem Seile, das sie ausgespannt hatten, um in der

Nacht des Weges nicht zu fehlen, forthalfen. So erzählen

die Haseldörfer, Bishorst aber hat die Elbe

nach und nach ganz hinweggeflutet.

Die Kisdorfer haben eine Sense, die ein Grasdieb

liegen ließ, für ein gefährliches Tier angesehen und eilend

eingezäunt. Auch sie trugen, wie ihre witzigen

Brüder in Deutschland, den Tag in Säcken in ein neugebautes

Haus.

Die Fockbecker haben einen Teich mit eingesalze-

nen Heringen besetzt, meinten, übers Jahr reichliche

Brut davon zu haben. War aber gefehlt; als der Teich

abgelassen ward, war kein Hering drin, nur ein großer

Aal. – Das ist der Heringsfresser, der muß sterben!

rief der klügste Fockbecker. Wir wollen ihn essen,

wie er unsere Heringe gegessen hat! schlug einer vor.

Das ist nicht Strafe genug! rief ein zweiter, der sich

einmal gebrannt hatte. Verbrennt ihn! Nein! schrie ein

dritter, der einmal fast ertrunken wäre, brennen ist

sehr schlimm, aber versaufen ist schlimmer. Wir wollen

ihn in die Au schmeißen und ihn versaufen! – Alle

stimmten dem letzten bei, zumal er am meisten schrie,

und wie der Aal nun im Wasser fröhich schnalzte und

sich krümmte und schlängelte, da rief der letzte

Weise: Seht ihr, wie er sich quält! Ja – das ist der

schlimmste Tod, das Versaufen. – Wenn das Verdursten

nicht noch schlimmer ist! rief einer, der gern das

letzte Wort haben wollte.

191. Die Rungholder auf Nordstrand

Husum gegenüber in der Nordsee liegt die Insel Nordstrand,

darauf lag einst ein reicher Ort, Rungholt, dessen

Bewohner bauten große feste Dämme, und darauf

stehend sprachen sie zum Meere voll Übermutes:

Trotz um, blanke Hans! – In ihrem Übermut haben

sie einmal eine Sau im Wirtshaus betrunken gemacht,

ihr eine Schlafmütze aufgesetzt und sie ins Bett gelegt,

dann sind sie zum Pfarrer gelaufen und haben

ihm gesagt, er müsse kommen und einem Todkranken

das heilige Abendmahl reichen. Da er nun das Sakrament

nicht also schändlich entweihen wollen, haben

sie ihn bedräut und mißhandelt, und schmählichen

Unfug fortgetrieben. Da erging in der Nacht an den

Pfarrer ein Zeichen und eine Stimme: Gürte dein Gewand

und ziehe deine Schuhe an und wandere. – Da

wanderte der Pfarrer fort mit den Seinen, so eilend er

konnte. Darauf erhob sich ein Wind, und es schwoll

das Wasser, und wuchs und wuchs an den Dämmen

hinan, die dort Deiche heißen, und ging über die

Dämme, und stand über ihnen vier Ellen hoch, und

den Flecken Rungholt auf Nordstrand und sieben andere

Kirchspiele verschlang das Meer. Einst soll es

wieder auferstehen. Bei heller See erblicken Schiffer

zum öftern den Ort und das Land auf des Wassers

Grunde, seine Häuser, seine Türme und Windmühlen,

auch wollen manche die Glocken der versunkenen

Kirchtürme haben erklingen hören.

Gleich den Rungholtern haben auch einstmals die

bösen Bauern zu Lichtenau im großen Werder in

Preußen (bei Danzig) getan, es ist ihnen solches aber

übel genug bekommen.

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