Das Paradies ist zu Ende

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Der Erklärung und Erzählung von Herrn Poller hörten alle Schüler interessiert zu. Wir liefen im Gänsemarsch langsam durch das Sägewerk und schauten uns im Untergeschoss an, wie das Sägemehl, das durch die riesigen Gattersägen entstand und mit Holzrutschen in den sog. Sägemehlkeller fiel und dort lagerte. Es wurde von Bauern geholt, die es mit Stroh mischten und als Streu im Stall verwendeten. Dann marschierten wir wieder hoch zu den Sägen. Herr Poller erklärte und zeigte uns, wie die Sägeblätter verschoben werden können um dicke, oder dünne Bretter oder Balken zu sägen. Ich fragte ihn, ob er die kleine Gattersäge mal laufen lassen könne. Er ließ uns alle einen Eid schwören, dass wir uns nicht von der Stelle rühren würden, wenn das Gatter anlief und sagte: „Frau Kofer und Herrn Lohrer, so eine Säge ist sehr gefährlich.“ Frau Kofer sagte: „Stellt euch bitte im Halbkreis auf und fasst euch an den Händen, keiner darf sich bewegen und keiner lässt die Hand des anderen los.“ Herr Lohrer und Frau Kofer standen am Anfang und am Ende des Halbkreises, sie überblickten die Reihe der vielen Schüler. Herr Poller ging in seine Werkstatt und ließ die kleine Gattersäge anlaufen. Sie bewegte sich zunächst ganz langsam auf und ab. Linde stand neben mir und sagte: „Wie wenn sie vögle dät.“ Sie wurde immer schneller und schneller und immer lauter. Dabei wurde ein Stamm, dessen Ende auf einem Rollwägelchen befestigt war in das Gatter gezogen. Es wurde noch lauter, das Gatter raste rauf und runter, vorne war ein Baumstamm und hinten kamen fertige Bretter aus dem Gatter. Nach gewisser Länge wurde ein Rollwagen unter die Bretter geschoben, mit einem Riesenschraubstock wurden die Bretter zusammengepresst, deshalb konnten sie nicht rutschen. Am Ende des Gatters war der Stamm zu Brettern zersägt. Danach fuhren zwei Arbeiter den Rollwagen auf einen überdachten Platz und luden die Bretter des zersägten Baumstammes ab und schichteten sie auf. Zwischen jedes Brett legten Arbeiter vorne und hinten eine Holzleiste, damit die Bretter Luft zum trocknen bekamen. Als der dicke Stamm zersägt war stellte Herr Poller die Gattersäge ab, es kehrte Ruhe ein. Herr Poller zeigte uns im Büro das Modell eines Fachwerkhauses. Wir bewunderten das Schwarzwälder Bauernhaus dem das Gemäuer fehlte. Herr Poller lobte uns, weil wir ruhig stehenblieben und alle sich an ihr Versprechen hielten. Er holte zwei Krüge Apfelsaft aus dem Keller und sagte er hätte leider nicht so viele Gläser aber wenn wir mit vier Gläsern auskämen, könnten wir auf dem Holzplatz vespern.

Angelika war von dem Schwarzwaldhaus begeistert und fragte: „Herr Poller wie baut man so ein Haus?“ Herr Poller fragte: „Kasch du gut rechne?“ Herr Lohrer, der daneben stand, sagte: „Angelika ist im Rechnen Klassenbeste.“ Herr Poller sagte: „Wenn du im Hartmut rechne beibrengsch no kann er dir so ein Haus mache, des Material schenk i euch.“ Angelika schaute Hartmut an und fragte: „Kannst du so was tolles bauen?“ Hartmut wurde rot und war sehr aufgeregt, er hätte sicher gestottert, deshalb nickte er. Er sah ernst und bedächtig aus. Angelika sagte: „Ich rechne mit dir, du wirst sehen, in einem halben Jahr hast du im Rechnen eine drei.“ Hartmut wollte eigentlich einen Satz sagen, es war zu schwierig für ihn, er antwortete deshalb nur: „I mach dir dann so a Haus.“ Er wusste, dass ihm sein Vater helfen würde. Als wir uns zum Vespern auf dem großen Holzplatz verteilten, sagte Herr Lohrer: „Es würde mich interessieren, wie viele Kinder wir in beiden Klassen sind, bitte zählt mal durch.“ Wir waren damals in unserer Klasse 39 und in Hartmuts Klasse 41 Schüler. Wir hatten uns auf einigen großen Holzstämmen verteilt. Herr Lohrer und Frau Kofer saßen auf einem Stamm uns gegenüber. Der Apfelsaft aus dem Steinkrug schmeckte hervorragend. Hartmut hatte sich zu uns gesetzt. Linde hatte ihr Vesper mit Landbutter und hausgemachter Leberwurst bestrichen und teilte es mit mir. Angelika kam zu uns und fragte: „Darf ich mich zu euch setzen.“ Hartmut und Angelika unterhielten sich, seine Aufregung hatte sich gelegt, er stotterte nicht mehr. Wir überlegten, ob wir uns am Samstag nach dem Mittagessen verabreden wollten um Eisenbahn zu spielen. Hartmut meinte es wäre am Samstagnachmittag günstig, weil sein Vater nicht arbeiten würde und das Sägewerk still stand. Angelika freute sich, dass sie bei den größeren Mädchen mitspielen durfte. Sie war, glaube ich, etwas älter als Hartmut, denn sie konnte während ihrer Flucht und im Lager nicht regelmäßig zur Schule gehen. Meine Mutter kannte Frau Kranski und sagte: „Die Familie ist evangelisch, ich glaube, ihr Vater ist vermisst oder in Gefangenschaft. Frau Kranski ist sehr nett, sie singt neben mir im Kirchenchor und unterstützt mich mit ihrer Altstimme. Ihre Kinder sind ebenfalls sehr nett und höflich. Angelika hat eine jüngere Schwester, die in die erste Klasse geht.“ Angelika war etwas größer als Hartmut und hatte kurze kastanienbraune Haare, sie hatte grünliche Augen die ernst blieben, auch wenn sie lachte. Ich bemerkte, dass sie Hartmut gefiel, er war nett zu ihr und gab an, wenn er erzählte. Er erzählte: „Dr Louis on die drei Mädle gehen nachher zur Frau Kofer, dort sin se, weil sie die beschte sin un ins Gymnasium kommet. Die lernet zweimal in dr Woch bei dr Frau Kofer un esset sogar bei ihr.“ Angelika war erstaunt und fragte: „Bezahlt ihr eurer Lehrerin was, wenn ihr bei ihr esst?“ Linde antwortete: „Du Angelika i übernacht sogar manchmal bei ihr, un no dusch oder bad i, un mir müsset trotzdem nix zahle, im Gegenteil manchmal schenkt sie uns no was. Meine Eltern wolltet ihr scho a mal Butter oder Schpeck schenke, aber sie hat immer gsagt, dass se des zahle möcht. Sie hat sogar im Louis a mol a Paar Schuhe gschenkt.“ Angelika fragte: „Warum macht sie das, vielleicht ist sie zu euch besonders nett, verstehen kann ich es nicht. Sie sieht nicht aus, wie eine Frau, die einfach lieb und nett ist. Ich möchte gerne eine Freundin von Hartmut und euch sein und freue mich, wenn ihr mich mitspielen lasst. Die Mädchen meiner Klasse mögen mich nicht, weil ich Flüchtling bin und anders spreche. Als wir nach Larenbuch kamen, musste die Polizei kommen, damit das Ehepaar, dem das Haus gehört, uns in die Wohnung ließ. Inzwischen wohnen wir bei netten Hausbesitzern.“ Linde sagte: „Ich kann dich gut verstehn, denn i han am Afang niemand gfonde, der nebe mir sitze wollt, weil se alle gsagt hen, i dät nach Kühe on Schtall schtinke, un schtell dir vor, no hat sich dr Louis zu mir gsetzt.“ Angelika schaute mich an und meinte: „Du magst Linde sicher und hast sie schon gekannt?“ Rosanna sagte zu Angelika: „Wenn du so nett bleibsch, no kasch gern mitschpiele, aber es liegt vor allem am Hartmut, weil dem des Sägwerk, on der Holzplatz g'hört“. Hartmut wollte etwas sagen, aber er freute sich so und konnte nur stottern, deshalb antwortete ich für ihn und sagte: „Angelika, dr Hartmut dät sage, er freut sich, dass du mitschpiele wilsch.“ Angelika fragte mich: „Und warum sprichst du für dein Freund, warum sagt er mir das nicht selbst.“ Hartmut versuchte es, aber es war hoffnungslos. Er reichte ihr deshalb seine Hand. Rosanna sagte: „Du dr Hartmut isch en nette Kerle, aber immer wenn er ufgregt isch, kann er neme schwätze, nur no schtottere, un deshalb schwätzt no dr Louis für ihn. On er isch au bloß deshalb ufgregt, weil du ihm gfällsch, un er sich so freut. Wenn du a Weile mit ihm zamme bisch. On wenn ihr euch besser kennet, no schtottert er nimme, no schwätzt er ganz normal.“ Angelika gab Hartmut ihre Hand und sagte zu ihm: „Du Hartmut, es ist nicht schlimm, wenn du manchmal stotterst, du musst jetzt nichts sagen, vielleicht kannst du nicken, freust du dich, wenn ich mitspiele?“ Hartmut nickte eifrig. Er war rot und verlegen, als Rosanna über ihn sprach. Wir verabredeten uns, nach dem Essen. Am Samstagnachmittag hatten wir selten Hausaufgaben und oft Glück mit dem Wetter. Wir trafen uns auf dem Holzplatz. Herr Poller hatte, da er von Hartmut wusste, dass Kinder heute spielen wollten, aufgeräumt, die Sägen abgedeckt und Stämme in den Gattersägen gelassen, damit wir gefahrlos spielen konnten. Wenn ich den Abenteuerspielplatz mit den Haftungsbestimmungen und Vorschriften heutiger Spielplätze vergleiche, könnten Kinder den Holzplatz mit Rollwagen und Sägewerk nicht nutzen. Wir losten zunächst aus, wer bei unserem Spiel welche Rolle spielte, denn wir brauchten Reisende, zwei Lokführer, einen Schaffner und einen Fahrkartenverkäufer. Hartmut durfte aussuchen, welche Rolle er spielen wollte, denn ihm verdankten wir das Spiel. Er wollte Lokomotivführer sein, dabei bemerkte man sein Stottern nicht, denn er musste nicht reden. Die Mädels meinten, sie wollten mich und Hartmut als Lokführer haben, weil wir uns mit den Rollwagen auskennen würden und die Drehscheibe beherrschten, auf denen Züge gewendet wurden. Angelika würde gerne Fahrkarten verkaufen, da sie zum ersten Mal dabei war, wollte sie sich erst alles ansehen. Ich sagte: „Mir hen den Nachmittag Zeit un könnet au schpäter wieder neue Rolle verteile, weil i au mal gern im Wage mitfahre dät, un nit immer Lockführer sei will. Auf dem Holzplatz waren zwei Schienen mit einer Weiche, zwei großen Rollwägelchen, mit denen zwei bis vier Fahrgäste fahren konnten. Auf die Wägelchen legten wir immer, zwei kleine Stämme als Sitze. Die Fahrgäste saßen, wie in den Wagen der damaligen Bundesbahn, Rücken an Rücken. Die einen fuhren vorwärts, die anderen rückwärts. In der ersten Klasse saßen nur zwei Personen in kleinen Rollwagen. Natürlich hatten die Wagen keine Motoren, sondern mussten mit Muskelkraft vom Lockführer geschoben werden. Bei den Schnellzügen schwitzten die Lockführer, denn um die Fahrpläne einzuhalten rannten die Lockführer. Wir hatten im Keller des Sägewerks ein Hotel der Bahn eingerichtet. Deshalb gab es für die Lockführer Ruhepausen. Hartmut und ich hatten uns vor einiger Zeit eine Schiebestange gebastelt, damit wir uns nicht bücken mussten um die Wägelchen zu schieben. Die Holzstange hatte vorne eine Gabel, die wir gegen den Rollwagen drückten, hinten hatten wir ein Brett angeschraubt und mit dem Messer zugeschnitzt, dass es dem Holzschaft eines Gewehrs ähnelte. Wir konnten das geschnitzte Brett gegen die Schulter stemmen und auf diese Art die Rollwägelchen schieben, ohne uns zu bücken. Reinhild und Linde waren Bahnreisende, wir hatten für Fahrgäste kleine Koffer aus Holz gesägt. Am Fahrkartenschalter kauften Reisende bei Angelika Fahrkarten. Wir hatten uns Städte ausgedacht, die wir anfahren wollten. Rosa war Schaffnerin und kontrollierte Fahrkarten und ließ mit einem Pfiff die Züge losfahren. Wir hatten zu wenig Reisende. Als beide Altmeier Schwestern kamen, fragten sie: „Dürfen wir mitspielen?“ Um mehr Fahrgäste zu haben, ließen wir sie heute mitspielen. Harald kam und fragte ebenfalls, ob er mitspielen könne. Angelika wollte gerne Rollwägelchen fahren, deshalb musste Harald Fahrkarten verkaufen. Hartmut und ich rannten um den Fahrgästen Schnellzüge anzubieten. Am Ende der Schienen war der Hauptbahnhof von Stuttgart, ein Kopfbahnhof. In Stuttgart mussten die Loks auf einer Drehscheibe gedreht werden und wieder vorne an Zug gehängt werden. Hartmut und ich hatten es bequemer, wir fuhren mit unseren Wägelchen einfach, wie die heutigen Züge, in die Gegenrichtung. Wir nahmen unsere Stützen und legten sie an die Schulter. Wenn der Schaffner pfiff fuhren wir los. Wenn wir ins Sägewerk bogen wir über die Drehscheibe ab. Wenn Angelika rückwärts saß, legte Hartmut seine Schiebestange zur Seite und bückte sich um den Wagen zu schieben. Als wir in Stuttgart Aufenthalt hatten, fragte ich: „Hartmut, warum bücksch du di immer, mir hen doch extra Schiebschtange gmacht, damit mir uns nit bücke müsset“. Hartmut lächelte und sagte: „Ha weisch, wenn i mi buck on des Kärele schieb, no kann i der Angelika untern Rock gucke, sie hat bloß a kleins Schlüpferle a, do seh i fascht alles.“ Bei meiner nächsten Tour saß Linde rückwärts zur Fahrtrichtung. Ich bückte mich und lächelte als Linde fragte: „Hallo Lockführer, gfällt ihne was sie sähet.“ Sie lachte mich dabei an. Ich schaute auf, sie hatte ihre Beine etwas gespreizt, ich errötete, weil ich mich ertappt fühlte. Als Angelika auf einer Fahrt neben Linde saß und Hartmut fragte: „Ist es nicht anstrengend, wenn du so gebückt schieben musst?“ Linde lachte und antwortete: „Das macht er gern, weil er so a schöne Aussicht hat.“ Angelika sagte: „Linde, aber er schaut doch gar nicht hoch, er schaut doch nur seine Lokomotive an.“ Linde lachte und sagte: „Er sieht nit sei Lok, er sieht unter dei Kleid on freut sich, der dät di bis nach Paris schiebe, wenn er dafür die schö Aussicht hät.“ Hartmut und Angelika wurden verlegen. Angelika antwortete: „Das glaub ich nicht“ und presste ihre Beine zusammen. Hartmut lächelte, er stotterte nicht, als er sagte: „Angelika, du gfällsch mir, d‘ Linde hat recht, i dät dich bis nach Paris schiebe.“ Obwohl ich wusste, wie Linde, Rosanna und Reinhild aussahen, gefiel es mir, manchmal ohne meinen Schiebestock das Wägelchen zu schieben um Reisenden unter ihre Kleider zu sehn. Linde hatte auf der Toilette ihren Schlüpfer ausgezogen und zeigte mir ihr Kätzchen. Wenn Hartmut sie schob, setzte sie sich in die andere Richtung und fuhr vorwärts. Linde flüsterte mit Angelika, die auch auf der Toilette war. Hartmut war perplex, als er Angelika ohne Schlüpfer sah, wäre er fast hingefallen. Er achtete kaum auf den Weg und schob den Wagen am Ende der Schienen so hart gegen den Rammbock, dass Angelika fast vom Wagen gefallen wäre. Bei unserem Spiel konnten wir Lockführer uns, bei einem Aufenthalt im Bahnhotel ausruhen. Wir fuhren die Züge ins Sägewerk und gingen in unser gespieltes Hotel das sich im Sägemehlkeller befand. Linde und ich gingen nach hinten und schmusten. Wir wollten jedoch nicht von den Anderen, gesehen werden. Hartmut durfte mit Angelika schmusen. Als unsere Nacht im Hotel vorbei war und wir auf dem Weg zu unseren Zügen waren, hielt ein Auto. Unsere Lehrerin brachte uns eine Milchkanne mit frischem Zitronensaft. Der Saft war eiskalt und erfrischend. Sie hatte beim Bäcker Schnecken für uns gekauft. Wir machten eine Pause und setzten uns beim Holzplatz auf die Stämme. Frau Kofer lächelte, als sie sah, dass Linde und Angelika keine Schlüpfer anhatten. Es faszinierte mich immer, was Frau Kofer in kurzer Zeit wahrnahm. Sie fotografierte uns und wollte, nachdem wir gestärkt waren, eine Runde mitfahren. Ich wollte für meine Lehrerin die schnellste Lock fahren. In meinem Wagen saß meine Lehrerin neben Linde und auf der anderen Seite saßen Reinhild und Rosanna. Linde rief: „He Louis übertreibs nit un fahr nit so schnell. Als wir in Bahnhof von Stuttgart einfuhren musste ich scharf bremsen. Die Rückfahrt nach Rostwill fuhr Frau Kofer mit Hartmut und saß neben Angelika. Sie bemerkte, dass Hartmut sich bückte und den Wagen direkt und ohne Stange schob. Sie setzte sich etwas bequemer und sah, wie Hartmut rot wurde, als er unter ihren Rock sah. Frau Kofer meinte, es wäre Zeit nach Hause zu gehen. Wir fuhren die Rollwägelchen ins Sägewerk und legten die Stämme, die wir als Bänke benutzt hatten, wieder an ihren Platz. Frau Kofer sagte zu Linde: „Ich fahre nach Hornfleeg, zu meiner Freundin, ich nehme dich mit und bringe dich nach Hause. Könnt ihr ohne Linde aufräumen, dann fahre ich gleich?“ Natürlich konnten wir ohne Linde aufräumen. Ich verabschiedete mich von Frau Kofer und sagte zu Linde: „Also bis morgen“, denn wir waren am Sonntag bei ihren Eltern zum Mittagessen. Linde sagte zu Hartmut und mir: „Ich danke euch, es war sehr schön.“ Wir bedankten uns bei Frau Kofer für das Getränk und die Bäckerschnecken. Dann schaute ich mit Reinhild und Rosanna, ob auf dem Holzplatz und den Schienen alles aufgeräumt war. Die beiden Schwestern und Harald mussten ebenfalls nach Hause. Sie bedankten sich bei Hartmut, weil er sie mitspielen ließ. Wir fegten im Sägewerk den Staub zusammen, den wir aufgewirbelt hatten. Ich wollte mit Hartmut den Sägemehlkeller fegen, als Hartmut sagte: „Angelika, wenn du mir im Keller hilfsch, no könnet die andere scho heimgange, i breng di dernoch heim.“ Angelika sagte: „Ich helfe dir gerne, übrigens finde ich eure Lehrerin unheimlich nett und bin fast neidisch. Ich weiß ich nicht, warum sie so nett ist.“ Hartmut sagte: „Do ben i scho ewig neidisch, denn die isch nit bloß nett, die sieht ja au toll aus“. Angelika sagte zu Hartmut: „Du weißt sogar wie sie unter ihrem Rock aussieht, denn ich hab sah, wie du geschaut hast.“ Rosanna und Reinhild bedankten sich bei Hartmut und fragten: „Du Hartmut, sollen wir euch wirklich nicht helfen?“ Hartmut sagte: „Wenn mir d’ Angelika hilft, reicht des, mir hen ja au bloß zwei große Bese.“ Rosanna und ich begleiteten Reinhild nach Hause. Sie sagte zu uns: „Kommet doch mit rei, mei Mutter isch no gar nit da.“ Sie zeigte uns ihr Zimmer, die damals übliche „Wohnküche“ die meist groß war und gleichzeitig Esszimmer und der Hauptaufenthaltsraum war, sowie die Nähstube ihrer Mutter. Sie sagte: „Es isch eigentlich no gar nit schpät, solle mir no was mitnander schpiele“ „Was dätsch no gern schpiele?“ Fragte Rosanna und lachte, weil wir an das gleiche Spiel dachten, jedoch Angst hatten, dass wir von Reinhilds Mutter überrascht würden. Reinhild meinte: „Mei Mutter kommt sicher nit vor sechse.“ „Aber mir wisset's nit“, sagte Rosanna. Ich überlegte und antwortete: „Mir könnet en Holzkeil schnitze und unter Tür schiebe, wenn mir höret, dass dei Mutter kommt, müsse mir uns schnell anziehe. On wenn sie in dei Zimmer komme will no musch sage, Mutter wart, es hat sich an der Tür was verklemmt.“ Reinhild sagte: „Des isch a gute Idee“ i bring dir ein Holzscheit aus der Küche. Mit meinem Taschenmesser schnitzte ich einen Keil. Reinhild und Rosanna zogen sich aus streichelten sich. Reinhild sagte: „Rosanna komm leg dich ins Bett, dann schmuset mir“ Während ich den Keil schnitzte, legten sich beide ins Bett und spielten. Ich schaute zu und war erregt. Ich schob gerade den Keil unter die Zimmertüre als ich bemerkte, wie die Glastüre aufschlossen wurde. Da ich noch angezogen war, ging ich in Flur und klappte die Zimmertüre hinter mir zu und begrüßte Frau Gründer. Sie hatte Kunden besucht und zwei Koffer mit Kleidung dabei. Ich half ihr, die Koffer in die Nähstube zu tragen und erzählte, dass wir zu acht auf dem Holzplatz Eisenbahn spielten und wie toll es war. Ich kannte Frau Gründer gut, weil sie öfters die Nähmaschine meiner Mutter geliehen hatte. Frau Gründer war wohl überrascht, weil ich in ihrer Nähstube stand und erzählte. Als ihre Tochter und Rosanna in die Nähstube kamen, fiel Reinhild ihrer Mutter um den Hals. Ihre Mutter sagte: „Reinhild du bist ja ganz heiß und deine Haare sind zerzaust, bist du krank.“ Reinhild meinte: „Ach Mutter mir hen gschpielt on sin so gerannt, i bin nit krank. Guck d’ Rosanna isch au ganz rot, weil mir so gschpronge sin.“ Reinhilds Mutter fand es nett, dass wir ihre Tochter heim begleiteten und fragte ob wir was essen wollten. Rosanna und ich verneinten, wir erzählten, Frau Kofer hätte uns etwas zu trinken und zu Essen gebracht. Wir unterhielten uns über unsere nette Lehrerin und verabschiedeten uns.

 

Ich begleitete Rosanna, sie sagte: „Dei Glied schpannt durch d' Hos, wenn meine Eltern nit derhoim wäret, no dät i gern mit dir schpiele.“ Ich ging neben Rosanna und unterhielt mich über den schönen Nachmittag, als wir zum Dorfplatz kamen, saß Leopold auf der Bank und rief: „Hallo Rosanna!“ Sie rief zurück: „Leopold, i han kei Zeit i muss heim.“ Sie sagte zu mir: „Der alte Esel hockt immer do un schreit mir nach.“ Plötzlich sagte sie: „Mir fällt was ei, komm i weiß, wo mir allei sin.“ Sie zog mich am Arm in die Kirche. Ich erschrak, ich war bislang nur mit Hartmut in der katholischen Kirche. Es knieten einige Frauen in der Bank und beteten. Ich wusste, dass es in katholischen Kirchen Kniebänke gab, damit Menschen sich beim Beten hinknien konnten. Unsere evangelische Kirche ist nur am Sonntag zum Gottesdienst offen. Rosanna sagte: „Katholische Kirche sin immer offe, damit Menschen bete könnet.“ Rosanna zog mich am Arm, wir stiegen die schmale Treppe zur Orgel empor. Ich fragte: „Nach was riecht es in eurer Kirche?“ Sie fragte: „Meinsch du Weihrauch?“ „Ach“, sagte ich, „so riecht Weihrauch?“ Rosanna sagte: „Das isch Harz vom Weihrauchstrauch aus Oman, die heiligen drei König hen ihn damals im Jesuskind mitbracht.“ Bei der Orgel waren wir alleine. Rosanna schmuste mit mir. Ich zog ihren Schlüpfer aus. Wir streichelten uns ins Paradies. Als sie mein Sperma an ihrer Hand hatte, wollte ich ihr mein Taschentuch geben. Sie nahm bei der Orgel einen Klingelbeutel, an dem sie ihre Hände abwischte. Sie zog ihr Höschen an und lehnten den Klingelbeutel wieder an die Orgel. Wir schlichen leise die Treppe runter. Vor Rosannas Haus verabschiedete ich mich und sagte: „Es war für mi ein wunderschöne Tag.“ Rosanna antwortete: „Für mi au on jetzt muss i aber schprenge, also ade.“ Auf dem Heimweg überlegte ich, ob Gott uns in der Kirche gesehen hätte und ob es sündig war, als wir mit unseren Gefühlen in der Kirche im Paradies waren. Ich dachte, Gott hätte uns kaum solche Gefühle geschenkt wenn unsere Sexspiele sündig wären. Gott sagte: „Seid fruchtbar und mehret euch!“ Wir Kinder würden deshalb üben. In der Schule müssten wir auch Dinge üben, die erst im späteren Leben nützlich wären. Als bibelfestes gläubiges Kind, das pietistische Stunden besuchte und Bibelauslegungen erlebte, überlegte ich, ob man die Bibel so auslegen könnte. Sicher wäre das Üben keine Sünde. Linde und ich könnten vielleicht einen Stundenhälter oder Frau Kofer fragen. Im Bett überlegte ich, woher Rosanna die Treppe zur Orgel kannte.

Wie jeden Sonntag waren wir in der Kirche. Meine Mutter erzählte danach den Kindern in der Kinderkirche biblische Geschichten. Nach unserem einstündigen Fußmarsch waren wir gegen zwölf Familie Gerner zum Mittagesse eingeladen. Lindtraud sagte ihren Geschwistern, mir kommet glei wieder, i zeig im Louis was.“ Wir gingen auf den Heuboden und schmusten. Gerda war uns leise gefolgt und sagte: „Linde, du zeigsch im Louis bloß dei Kätzle on läsch's vom Louis schtreichle.“ Lindtraud sagte zu Gerda: „On du musch uns immer neugierig nachspringe, such dir doch au ein, der dei Kätzle schtreichelt.“ Gerda meinte: „Wenn es so eifach wär, aber ich ka so en Kerle nit wie Äpfel vom Baum schüttle.“ Gerda weinte plötzlich. Linde und ich erschraken. Auch wenn sich beide Schwestern manchmal streiten, mochten sie sich. Linde fragte: „Gerda, was hasch du denn?“ und umarmte sie. Ich mochte Gerda, sie war kürzlich siebzehn geworden, ich sah sie noch nie weinen. Gerda sagte: „Mir müsset jetzt zum Esse, aber i erzähls euch schpäter, aber i glaub nit, dass mir jemand helfe ka.“ Eine der älteren Gernertöchter war letzten Monat ausgezogen, sie arbeitet im Gasthaus zum Ochsen und verdiente Geld. Sie wollte am Sonntag direkt zur Stunde kommen und sich mit Eltern und Geschwistern treffen. Die Stunde war heute beim Senders-Bauer, er hatte große Räumlichkeiten. Es kam wieder mal der berühmte Stundenhälter, Karl Rabe, deshalb hatten sich viele Besucher angemeldet. Die Stunde dauerte länger, aber wir Kinder durften nach einer Stunde draußen spielen, an diesen langen Bibelauslegungen mussten wir nicht teilnehmen. Ich beobachtet in der ersten Stunde Gerda, sie saß schräg vor mir und sah traurig aus. Sie war mir fast fremd, denn sie hatte tiefe Ringe unter den Augen. Linde saß vor mir drehte sich um und sah auch nicht mehr fröhlich aus. Jetzt kam ihre Schwester Erika vom Forchenmühl. Sie entschuldigte sich und sagte: „I han nit früher wegkönne, aber i han a Neuigkeit on han mein Bräutigam mitbracht, mir hen uns verlobt.“ Als erster stand der Senders-Bauer auf und gratulierte Beiden. Dann gab es eine allgemeine Gratulationsrunde alle standen auf, eine Bank fiel um, weil sie gleichzeitig aufstanden. Ich hörte wie der Ehnder-Bauer zu einem andern sagte: „Ha jetzt guck, da hat dr Gerner wieder a mal Glück g'het, wer hät denkt dass sei Tochter den Ochsewirt heiratet, wo beim Gerner immer dr Schmalhans daheim war. Donnerwetter, da hat d‘ Erika a gute Partie gmacht.“ In diesem ganzen Trubel ging völlig unter, dass Gerda weinte und wenn es jemand sah, dachten alle, sie würde sich für ihre Schwester freuen, weil bald Hochzeit wäre. Nachdem sich der erste Trubel gelegt hatte, holte der Senders-Bauer einen Schnaps aus seinem Keller und sagte: „Darauf müsse mir trinke. Ha Gerner, des hätsch nit denkt, dass dei Große a mol so a schös Mädle werde dät, aber die Schönheit hat se nit von dir, die hat se von deiner Frau.“ Alle lachten und waren fröhlich. Die Schnapsflasche kreiste von Mund zu Mund. Als sich wieder alle hingesetzt hatten, stand der Franz auf und sagte: „I hät ja no gwartet, aber die Glegeheit isch günschtig, drum will i mei Verlobung mit meiner Lina jetzt au bekannt gebe!“ Linde drehte sich zu mir um und sagte: „He Louis, du hasch des scho vor eim Jahr gwisst.“ Wieder kreiste die Schnapsflasche, alle freuten sich auf die anstehenden Hochzeiten und waren fröhlich und vergnügt. Der Senders-Bauer holte noch eine Flasche. Der Deich sagte lachend: „Wenn des außrem Herrgott unser Staat wüsst, wie schwarz der Schnaps isch, den mir trinke dürfet.“ Alle lachten, ich sah den klaren Schnaps in der Glasflasche und verstand nicht, was der Deich meinte. Ich fragte Linde, sie lachte und sagte: „I sag dirs nacher.“ Als alle wieder auf ihren Schrannen (Bänke ohne Lehne) saßen und der Senders-Bauer den Stundenhälter und Bibelausleger, Karl Rabe, nochmals vorstellte, sagte er: „Aber jetzt wolle mir zunächst aus em Herze bete, vor allem für die glückliche Brautleut, on was uns bsonders freit, es sin alle rechte Pietischte on Schtondeleut, die sich in unserer Gemeinde gfunde hen. Ja lieber Herrgott dafür wolle mir uns alle bei dir bedanke. En bsondre Dank au, dass unser Gernertochter so a gute Partie gmacht hat un kein Katholik heiratet. Lieber Herrgott schenk den Brautleut au a lange on glückliche Zeit, on schenk ne au viele gsunde Kinder, die alle au rechtschaffene Schtondeleut werdet. On wenns amol sei muss, dass mir aus dem Erdelebe ganget, no wünsche mir uns, dass mir uns im Paradies wieder treffet, on dort kein schwarze Schnaps trinke müsset, sondern a klares un gutes Chriesewasser, on damit des Gebet au en Wert hat, werde mir em Herrgott nomol zuproste. Margret, hol nomol a Flasch, Amen.“ Margret, die Schwester vom Senders-Bauer reichte die frische Flasche als erstes dem Bruder im Herrn, Karl Rabe. Er nahm einen großen Schluck aus der Flasche: „Lieber Gott, wir danken dir für den köstlichen Schnaps, den der Senders-Bauer zu deinen Ehren gebrannt hat.“ Er nahm einen weiteren Schluck und sprach: „Ich trinke nochmals auf alle Brüder und Schwestere aus unserer Stundengemeinde“, und mit noch einem Schluck stand er auf und kam um den Tisch gelaufen und reichte dem einen und dem anderen Bräutigam die Hand und gratulierte ihm zu seinem Glück und sagte Beiden: „So viel Glück un Freud hat mer nit oft im Lebe, jeder von euch hat a fromms on a rechtschaffes Gotteskind zur Frau, i freu mi scho uf euer Hochzeit on hoff, dass mir alle eiglade werdet. I mach euch en Vorschlag, machet a gscheite Doppelhochzeit, des lohnt sich, on die könnet ihr im Ochsen feiere. Mit einem letzten Schluck reichte er die Flasche weiter und nahm die beiden Bräute in Arm, hielt sie lange fest und meinte: „Jetzt dät doch au des fröhliche Hillerlied, was jeder kennt dazu passe, on drom wolle mir alle singe: „An Jesu zu glauben, das ischt eine Luscht!“ Die Männer hatten etliche Schlücke vom hochprozentigen getrunken und waren fröhlich gestimmt. Auch manche der Frauen waren nicht mehr Tonsicher. Meine Mutter war auch fröhlich, sie traf mit ihrer lauten Gesangsstimme aber immer noch den richtigen Ton und so wurde das schöne Hiller-Lied gerettet. Der Senders-Bauer war zu uns Kindern immer sehr nett, wir mussten nie an den langen Stunden teilnehmen. Mit seinem Alkoholpegel war er noch fröhlicher und sagte: „I glaub, dass mir Erwachsene heut unter uns bleibet und lasset die Kinder bei dem schöne Wetter uf der Gass schpiele. Ich nahm Gerda, die eigentlich mit 17 Jahren, nicht mehr zu den Kindern gehörte, bei der Hand und zog sie mit uns raus. Linde sah ihre verheulte Schwester an und fragte: „Gerda, jetzt sag endlich, was isch eigentlich los“. „Ha i krieg a Kind“, antwortete Gerda. Ich rief: „Des isch jo toll, Linde no wirsch du Tante!“ Linde sah mich an, als wäre ich nicht mehr richtig im Kopf und sagte: „Ja sag a mol Louis, bisch du jetzt übergeschnappt?“ Ich hielt mich zurück und ließ die Schwestern beratschlagen. Ich erfuhr, dass der blöde rothaarige Walter Seiler Gerda vergewaltigte und wie problematisch es für Frauen in den fünfziger Jahren war, ein uneheliches Kind zu bekommen. Es war eine Schande für die Familie und die Verhütung lag damals ausschließlich beim Mann, aber die Frau litt unter der Schande ihres unehelichen Kindes. An diesem Nachmittag wurde ich von Gerda und Linde aufgeklärt. Wir saßen zu dritt im Geräteschuppen. Es wurde über Engelmacherinnen geredet und besprochen welche Möglichkeiten es noch geben würde. Ich erfuhr, was Pariser sind, die nicht in Paris wohnen und erfuhr, was eine verbotene Abtreibung ist. Gerda erzählte, was bei einer Abtreibung geschieht. Ich überlegte und sagte: „Da hät i Angscht. Linde sagte zu mir: „Was glaubsch, meinsch d’ Gerda hät kei Angscht? Ja horch no zu, dass du nit au mol so en Scheiß machsch wie dr Seiler.“ Ich antwortete: „I dät doch niemals beim a Mädle Gewalt a wende. I könnt des nit.“ „Du hosch recht“, sagte Gerda und zu Linde gewandt, „des dät dr Louis nie.“ Ich überlegte lange, dachte an unsere Lehrerin, zu der ich grenzenloses Vertrauen hatte und fragte Gerda: „Also du willsch des Kind auf gar koin Fall? Dann sot mer vielleicht d’ Frau Kofer frage, die hat a Freundin, die isch Ärztin, no müsstesch nit zu re Engelmacherin, bei der du vielleicht schterbe köntesch.“ Mir kamen Tränen, wenn ich dachte, was Gerda passieren könnte. Linde und Gerda trösteten mich, obwohl sie selbst weinten. Ich erfuhr an dem Tag genaues über Monatsblutungen und dass diese schon eine geraume Zeit ausblieb. Linde sagte zu Gerda: „Aber des könnt ja au was anders sei.“ Gerda meinte: „I han im Gfühl, dass i schwanger bin.“ Linde griff meine Idee auf: „Mir schwätzet am Montag mit der Frau Kofer, Louis kasch du mir helfe, dass i des nit alleinigs beschpreche muss?“ „Ja klar“, sagte ich. Am Montag gingen wir vor der großen Pause zu unsrer Lehrerin ich sagte: „Frau Kofer, wir müssen etwas Kompliziertes mit ihnen nach der Schule besprechen. Frau Kofer fragte: „Dauert es länger?“ Linde sagte: „Wahrscheinlich.“ Frau Kofer sagte zu mir: „Du läufst schnell nach Hause und sagst deiner Mutter, dass du mir etwas helfen müsstest und noch nicht wüstest, wie lange es dauern würde, aber sag ihr, ich würde dich, egal wie spät es würde, nach Hause bringen, sie soll sich keine Sorgen machen.“ Ich rannte nach Hause und erzählte es meiner Mutter. Meine Mutter fragte: „Weißt du, was du helfen müsst?“ Ich sagte: „I glaub sie will was schwers eikaufe“, meine Mutter meinte: „Da könnte ihr vielleicht auch Michael helfen.“ „Wenn mir dr' Michael brauchet, no komme i vorbei on hol ihn“, sagte ich, „aber dr Michael hat doch heut Nachmittag Schul, der kommt doch erscht abends heim.“ Frau Kofer ging nach der Schule in ihre Wohnung. Linde und ich warteten bis alle Schüler gingen. Es sollte niemand mitbekommen, dass wir mit Frau Kofer reden wollten. Wir waren beide aufgeregt, als wir bei Frau Kofer klingelten. Sie war, wie immer sehr nett und wartete geduldig bis wir anfingen. Ich wollte nicht lange um den heißen Brei reden und sagte: „D‘ Gerda, dr Linde ihr Schwester, kriegt a Kind.“ Frau Kofer fragte: „Und warum ist dies ein Problem?“ Linde erklärte es ihr. Jetzt unterhielt sich Frau Kofer nur noch mit Linde. Frau Kofer fragte uns: „Wer weiß bisher von dem Kind und dem Problem?“ Wir antworteten: „Bisher nur wir drei und jetzt noch sie.“ „Wirklich außer uns niemand?“ Frau Kofer sagte: „Meine Freundin ist Ärztin, wenn jemand erfahren würde, dass sie eine Abtreibung vornähme, würde meine Freundin ihren Beruf verlieren, ins Zuchthaus kommen und könnte nie wieder Ärztin sein. Wisst ihr was dies bedeutet?“ Wir nickten betreten. Frau Kofer sprach weiter: „Zunächst wissen wir nicht, ob deine Schwester schwanger ist, meine Freundin wird sie untersuchen. Dies muss rasch geschehen und muss unser Geheimnis bleiben. Überlegt euch, was meiner Freundin passiert, wenn jemand etwas davon erfährt. Ihr dürft nicht mal im Schlaf darüber reden, denn es könnte jemand hören. Wir haben schon Geheimnisse, es kommt ein gefährliches hinzu, das nicht mal Rosanna und Reinhild wissen dürfen, auch keine Geschwister und keine Eltern, niemand auf dieser Welt. Linde ganz wichtig, lass dir das Versprechen auch von Gerda geben. Ich bringe dich nachher zur Weggabelung und fahre zu meiner Freundin weiter um mit ihr zu reden. Ich denke, dass wir morgen deine Schwester zur Untersuchung mitnehmen. Ich hole Gerda morgen um zwei an der Weggabelung ab. Sag bitte deiner Schwester, sie sollte nicht gesehen werden, sonst überlegen die Leute wo wir hinfahren. Wir müssen vorsichtig sein und dürfen meine Freundin nicht gefährden. Louis, dich nehme ich ebenfalls mit, meine Freundin muss wissen, wer das Geheimnis kennt und sich überlegen, wie sie sich entscheidet. Du sagst deiner Mutter, dass ich dich erst morgen zum Helfen brauche, sag ihr das Kleinmöbel, das ich erwarte, wäre heute nicht gekommen, wir würden es erst morgen abholen. Es würde deshalb spät werden. Jetzt geben wir uns das Ehrenwort, dass es unser Geheimnis bleibt.“