Tugenden für eine bessere Welt

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4. Die Trockenheit: Geburtsstätte des Menschen



Gleichsam als ein Unterkapitel des Lebens tauchten vor etwa 75 Millionen Jahren, als Nordamerika, Grönland und Europa noch einen einzigen Kontinent bildeten, die ersten Affen auf, entfernte Vorfahren des Menschen. Diese kleinen Tiere, die etwa so groß waren wie Ratten, ernährten sich von Blütenpflanzen, und nicht mehr nur von Insekten wie ihre Vorfahren. Da sie die Bäume hinauf- und hinunterklettern mussten, entwickelten sie die oberen Gliedmaßen. Die Pfote wies einen Finger auf, der in Opposition zu den anderen stand (den Daumen), was es diesen Tieren ermöglichte, etwas zu ergreifen, zum Beispiel eine Frucht oder einen Stein.



Als sich diese Affen weiterentwickelten, tauchten vor etwa 35 Millionen Jahren die ersten Primaten auf, die gemeinsamen Vorfahren der Menschen und der großen Menschenaffen. Sie sind immer noch recht klein und haben etwa die Größe einer Katze. Sie lebten isoliert in Afrika, wo sie sich den klimatischen Veränderungen – zum einen der großen Trockenheit und zum anderen den vermehrten Niederschlägen und der Ausdehnung der Wälder – anpassten.



Diese Primaten entwickelten sich und wurden größer. Es tauchten die großen afrikanischen Affen auf, die Schimpansen und Gorillas. Vor etwa 7 Millionen Jahren vollzog sich eine Aufspaltung von entscheidender Konsequenz: Auf der einen Seite gab es weiterhin die Schimpansen (sie haben mit uns 99 % der Gene gemeinsam), und auf der anderen Seite entstand der Australopithecus, ein Primat auf dem Weg zur Menschwerdung. Diese Aufspaltung verdankt sich einem geologischen Unfall. Das Gebiet des heutigen ostafrikanischen Grabensystems (Great Rift Valley) stürzte ein: Es entstand ein riesiger Spalt von 6000 Kilometern. Auf der einen Seite befanden sich die tropischen Regenwälder, die gut bewässert waren und wo die höheren Primaten einen angenehmen Lebensraum hatten. Auf der anderen Seite regierten die Trockenheit und die Savanne, und dort befand sich der Australopithecus.



Diese Veränderung der Umwelt bewirkte zwei Evolutionstypen. Im Regenwald existierten nach wie vor die Primaten, Gorillas und Schimpansen. Sie mussten sich kaum anpassen, denn sie lebten in ihrer Umwelt in einer biologischen Siesta. Die anderen waren zur Trockenheit verdammt und mussten Fertigkeiten für das Überleben entwickeln. Sie bedurften der Intelligenz und der Strategie. Die biologische Basis ihrer Arterhaltung war ein höher entwickeltes Gehirn. Sie gingen auf ihren Füßen, um weiter sehen zu können, und sie zwangen sich, alles zu essen, was sich ihnen darbot (sie sind Allesfresser). Wie man aus den Knochen von Lucy, einer jungen Frau, die 1974 in Äthiopien entdeckt wurde, ersehen kann, wiesen sie bereits vor drei bis vier Millionen Jahren die Merkmale der Humanoiden auf.



Im Verlauf der Evolution fand ein in höchstem Maß beschleunigter Prozess der Entwicklung des Gehirns statt. Ab einem Zeitpunkt von vor 2,2 Millionen Jahren tauchten nach und nach der

homo habilis, erectus

 und

sapiens

 auf, der bereits in vollem Sinne Mensch war. Es handelte sich um soziale Lebewesen, die sich kooperativ verhielten und sprachen. Wenn sie jagten, aßen sie die Beute nie allein, sondern teilten sie mit Ihresgleichen. Im Verlauf von einer Million Jahren verdoppelte sich die Gehirnmasse dieser drei Menschentypen. In den darauf folgenden eine Million Jahren, in denen der

homo sapiens

 herrschte, wuchs das Gehirn nicht mehr. Das war nicht mehr nötig, denn es wuchs das äußere Gehirn, die künstliche Intelligenz, das heißt die Fähigkeit, zu wissen, Werkzeuge und Kunstgegenstände herzustellen, die Welt zu verändern und Kultur zu schaffen: Dieses Merkmal zeichnet einzig und allein den

homo sapiens

 aus. Er besitzt kein spezialisiertes Organ. Er muss den Austausch mit der Natur vollziehen und in diese eingreifen, um sein Überleben zu gewährleisten. Er verlängert seine Sinne mit Hilfe von Techniken, selbst wenn es sich um die rudimentärste handelt, und auf diese Weise entsteht die Sphäre der Kultur. Die Kultur ist das Ergebnis der Aktivität des Menschen in Bezug auf die Natur und in Bezug auf sich selbst, entweder, indem er sich ihr anpasst, oder, indem er die Natur seinen Bedürfnissen entsprechend gestaltet. Dies vollzieht sich immer in einem spannungsreichen Dialog, der nicht immer ausgewogen ist.





5. Die Zerstreuung der Menschen und die Entstehung der Zivilisationen



Kaum waren die Menschen aus der Evolutionsgeschichte hervorgegangen, begann ihre Zerstreuung. Von Afrika aus breiteten sie sich über Eurasien, in den Orient und nach Amerika aus und kamen schließlich nach Ozeanien und Polynesien. Zu Ende der Altsteinzeit vor etwa 40.000 Jahren bewohnten sie bereits den gesamten Planeten. Die Bevölkerung erreichte eine Größe von einer Million Menschen.



In der Jungsteinzeit, zwischen 10.000 und 5000 v. Chr., fand die Revolution des Ackerbaus statt, eine der größten Umwälzungen in der Geschichte der Menschheit. Die Menschen zähmten Tiere, züchteten Saatgut, führten Bewässerungen durch und schufen die ersten Siedlungen. Zu dieser Zeit gab es etwa fünf bis zehn Millionen Menschen auf dem Planeten.



Seit etwa 3500 v. Chr. entstanden die großen klassischen Zivilisationen der Sumerer in Mesopotamien und zur gleichen Zeit am Nil in Ägypten und der Hindus in Indien. Es entstanden die Kulturen Chinas, der Olmeken und Tolteken in Mittelamerika, der Griechen und Römer in Europa und viele andere. Um 1500 v. Chr., als diese Periode zu einem Abschluss kam, gab es 500 bis 600 Millionen Menschen auf der Welt.



Ab dem 15. Jahrhundert unserer Zeitrechnung bildeten sich die modernen Nationalstaaten, die mittels Grenzen voneinander getrennt sind und sich häufig bekriegen. Es beginnt die industrielle Revolution, die das Verhältnis des Menschen zur Natur veränderte, denn nun unterwirft er sie seinen Interessen ohne Rücksicht auf den Eigenwert der unterschiedlichen Lebewesen und deren Verhältnis zueinander. Die industrielle Revolution findet ihren Höhepunkt in der Informationsgesellschaft mit ihrer technischen Durchdringung der gesellschaftlichen Beziehungen, mit der atomaren und kybernetischen Revolution und mit der Eroberung des Weltraums zur Erforschung unseres Sonnensystems und der Weiten des Kosmos.



In dieser Phase brachte der Mensch das Prinzip der Selbstzerstörung hervor. Er erweist sich nicht nur als

homo sapiens sapiens

. Er kommt einem ebenso wie ein

demens demens

 vor. Er besitzt bereits 83 % der Erdoberfläche, bedroht alle Gleichgewichte und alle Arten und führt sich in einigen Fällen wie der Satan des Lebens auf. Er verschaffte sich die Mittel, um die Biosphäre schwer zu verletzen und sich selbst zu zerstören.



Zur gleichen Zeit aber setzt er dieser Unvernunft das Prinzip der Fürsorge, der Mitverantwortlichkeit und des Mitleids entgegen. Mit Hilfe dieser Qualitäten nimmt er sein eigenes Geschick, das mit dem der Erde untrennbar verbunden ist, in einer Perspektive der Selbstbeschränkung und der Kontrolle der Zerstörungsmechanismen an. Vom möglichen Satan der Erde verwandelt er sich in deren Schutzengel, einem dem Leben gegenüber guten und wohltuenden Engel. Seine Aufgabe ist es, der Hüter der Natur und der Gärtner des irdischen Paradiesgartens Eden zu sein.



Zum Schluss dieses Abschnittes möchten wir folgende Grunddaten festhalten:



Der Evolutionsprozess ist ein dynamisches, organisches, sich in Gegensätzen vollziehendes (mit Ordnung und Unordnung) und aus sich ergänzenden Elementen bestehendes Ganzes, und der Mensch ist ein Teil davon. Es dauerte 15 Milliarden Jahre, bis schließlich der Mensch (als Mann und Frau) entstand. Vermittels des Menschen, seines Gehirns, seines Auges, seines Denkens, seiner Schwingung, seiner Spiritualität und seiner Ehrfurcht sieht sich das Universum selbst, bewundert es seine strahlende Schönheit, liebt es seine eigene Wirklichkeit und verehrt es das Mysterium, das es in sich birgt und zugleich offenbart. Der Mensch als ein Teil des Ganzen macht es möglich, dass das Ganze zum reflexiven Bewusstsein seiner selbst und zu seiner wesenhaften Liebe gelangt. Er entstammt der Erde, dem fruchtbaren

Humus.

 Deshalb nennt er sich

Homo

/Mensch. Doch sein Horizont übersteigt die Erde, denn er ist auf die Sterne hin ausgerichtet, von wo er herkommt und wohin er stets zurückkehren will.





6. Die Rückkehr aus dem Exil: die Globalisierung



Trotz ihrer irdischen Verwurzelung in ihren jeweiligen Kulturen und Nationalstaaten unternahmen die Menschen unablässig Expeditionen über den gesamten Planeten. Und mit ihnen zogen ihre Bazillen, ihre Krankheiten, ihr Saatgut, ihre Tiere, ihre Bräuche und Weltanschauungen. Unter den Menschen fand immer eine große Vermischung statt. Es gibt keine Rassen, schon gar keine reinen Rassen. Die Gene jeglicher Herkunft vermischten sich, ohne zu verschmelzen. Alle Menschen sind Mischlinge. Dies ist das ständige Ferment einer Globalisierung, wie sie immer stattfindet.





a) Das Eisenzeitalter der Globalisierung



Doch von 1492 an begann ausgehend vom Westen ein überaus großer Expansionsprozess. Columbus (1492) brachte den Europäern Kenntnis von der Existenz anderer bewohnter Kontinente mit völlig anderen Kulturen. Fernaõ de Magalhães trat den Beweis dafür an, dass die Erde tatsächlich rund ist und dass jeder beliebige Ort von jedem beliebigen anderen Ort aus erreicht werden kann. Die Hegemonialmächte des 16. Jahrhunderts, Spanien und Portugal, entwickelten zum ersten Mal ein Projekt von weltweiter Dimension. Sie streckten sich nach Afrika, Asien und Amerika aus. Sie verwestlichten die Welt.



Dieser Prozess fand seine Fortsetzung im 19. Jahrhundert mit dem westlichen Kolonialismus, der mit Feuer und Schwert die gesamte bekannte Welt den kulturellen, religiösen und vor allem kommerziellen Interessen der Kolonialmächte unterwarf. Dies alles wurde unter extremer Gewaltausübung und unter Verbreitung von Terror unter den unterlegenen Völkern vorangetrieben. Das Gewehr und die Kanone sprachen lauter als Vernunft und Religion. Der europäische Westen erwies sich als die Hyäne der Völker. Wir, die wir im äußersten Westen leben, sind schon in einer globalisierten Welt geboren und wissen aus eigener Erfahrung, was Globalisierung bedeutet, die als Globokolonialisierung empfunden und erlitten wird.

 



Dieser Prozess erreichte seinen Höhepunkt in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit der hegemonialen Ausbreitung der USA. Technik und Wissenschaft, die so viele Erleichterungen mit sich brachten, werden nun als Instrument der Beherrschung und Bereicherung eingesetzt. Die transnationalen Konzerne kontrollieren die nationalen Märkte. Eine westliche Einheitskultur löst die regionalen Kulturen auf. Eine einzige Produktionsweise, nämlich die kapitalistische, gewinnt die Oberhand. Ihre Grundlage ist das Konkurrenzprinzip, und so zerstört sie die gesellschaftlichen Bindungen und die Formen der Kooperation. Das einzig gültige, neoliberale Denken breitet sich über alle Teile der Welt aus. Das Schlimmste daran ist, dass aus der Erde eine Handelsbank gemacht wird, die alles zur Ware macht. Metalle, Pflanzen, Saatgut, Wasser, Gene – alles wird verkauft und zu etwas gemacht, aus dem man Profit schlagen kann. Die Eigenständigkeit und Subjektivität Gaias wird nicht respektiert. Unsere eigenen irdischen Wurzeln und unser Ursprung werden verleugnet, denn als Menschen kommen wir aus der Erde, aus dem Humus, der fruchtbaren Erde. Als Söhne und Töchter Adams (der Name Adam bedeutet Sohn der Erde) entstammen wir dem fruchtbaren Ackerboden (auf hebräisch

adamah

).



Dies ist das Eisenzeitalter der Globalisierung, das wir auch nach dem Tyrannosaurus benennen können. Wir bezeichnen es als solches, weil es in seiner Vernichtungstendenz eine Analogie zum Tyrannosaurus aufweist, dem gefräßigsten aller Dinosaurier. Tatsächlich prägt die Wettbewerbslogik des Marktes ohne jede Spur von Kooperation dem herrschenden Globalisierungsprozess den Stempel der Gnadenlosigkeit auf. Sie grenzt etwa die Hälfte der Menschheit aus. Sie saugt das Blut der Ökonomien der schwachen und rückständigen Länder aus und gibt Abermillionen von Menschen dem Hunger und der Kraftlosigkeit preis. Sie richtet ökologischen Schaden in solchem Maße an, dass sie die Biosphäre gefährdet, denn sie verschmutzt die Luft, vergiftet die Böden, kontaminiert die Gewässer und durchsetzt die Lebensmittel mit Chemikalien. Sie legt ihrer dinosauriergleichen Gefräßigkeit keine Zügel an und stellt sich nicht der realistischen Möglichkeit, dass das Projekt Mensch auf dem Planeten nicht mehr möglich sein wird. Sie nimmt lieber das Risiko des Todes in Kauf als den Rückgang ihres materiellen Gewinns. Der französische Genetiker Albert Jaquard hat dies treffend angeprangert: „Das Ziel einer Gesellschaft ist der Austausch. Eine Gesellschaft, deren Hauptantriebskraft der Wettbewerb ist, ist eine Gesellschaft, die mir den Selbstmord nahelegt. Wenn ich gegen den anderen in Wettbewerb trete, kann ich mich mit ihm nicht austauschen, ich muss ihn eliminieren, zerstören.“ (2004).



Dieses auf Ausgrenzung beruhende Modell von Globalisierung läuft Gefahr, die Menschen in zwei Teile aufzuspalten: Auf der einen Seite sind die Nationen, die im Überfluss leben, im materiellen Konsum ersticken und gleichzeitig im spirituellen und menschlichen Sinne erschreckend arm sind. Sie nehmen alle Wohltaten der Technik und Wissenschaft für sich in Anspruch. Auf der anderen Seite gibt es die großen Massen, die ihrem eigenen Schicksal überlassen und der Barbarei ausgeliefert werden. Sie dienen der Produktionsmaschine als Brennstoff, sind zu einem Tod vor der Zeit verdammt, leiden unter chronischem Hunger, unter den Krankheiten der Armen und unter der allgemeinen Verschlechterung des Zustandes der Erde. Es gibt tausend Gründe, uns dieser Art von Globalisierung zu widersetzen. Sie darf nicht von Dauer sein, wenn es uns um die Zukunft der Gattung Mensch geht.





b) Das menschliche Zeitalter der Globalisierung



Trotz der aufgezeigten Widersprüche leistet die Globalisierung des Eisenzeitalters einen unverzichtbaren Beitrag zur Globalisierung in einem weiteren Sinne. Sie schafft die Infrastruktur und die materiellen Voraussetzungen für die anderen Formen der Globalisierung: Sie hat die großen weltweiten Kommunikationskanäle hervorgebracht, sie hat das Netz von Handels- und Finanzbeziehungen geschaffen, sie hat den Austausch zwischen allen Völkern, Kontinenten und Nationen gefördert. Ohne diese Voraussetzungen wäre es unmöglich, von Globalisierungen ganz anderer Art zu träumen. Sie gingen immer mit der Ökonomie einher, ohne jedoch die Hegemonie zu haben.



Nun, nachdem die materielle Globalisierung vollendet ist, muss sich die menschliche Globalisierung ihrer innerhalb eines größeren und umfassenderen Rahmens bedienen und die Vorherrschaft anstreben. Sie vollzieht sich gleichzeitig auf mehreren Ebenen: der anthropologischen, der politischen, der ethischen und der spirituellen.



Die Einheit der menschlichen Gattung, des

homo sapiens et demens

, verankert sich mehr und mehr im kollektiven Bewusstsein. Wie groß die kulturellen Unterschiede auch immer sein mögen: Bestimmend bleibt eine grundlegende genetische Einheit. Wir haben dieselben anatomischen Voraussetzungen, wir verfügen über dieselben psychischen Mechanismen, dieselben spirituellen Impulse, dieselben archetypischen Sehnsüchte. Wenn auch die Ausdrucksweisen unterschiedlich sind, so verfügen wir doch alle über Emotionalität, Intelligenz, Freiheit, Kreativität, die Fähigkeit zur Fürsorge, zum Mitleid, zur Liebe, über Witz, Humor und Musikalität, über künstlerische Ausdrucksfähigkeit und spirituelle Erfahrung. Zugleich zeichnen uns auch Kleinlichkeit, die Tendenz zur Ausgrenzung des Anderen, Gewalt gegen die Natur, Zerstörung, Rache und Tod aus. Wir sind die komplexe Einheit dieser Widersprüche.



Immer mehr breitet sich die – vom Westen ausgehende, aber keineswegs ausschließlich westliche – Überzeugung aus, dass jede Person, sofern sie Mensch ist, heilig und mit Würde ausgestattet ist (

res sacra homo

). Sie ist ein Zweck an sich und kann niemals zum bloßen Mittel für irgendetwas degradiert werden. Sie stellt ein unendliches Projekt dar, das sichtbare Antlitz des Mysteriums der Welt, Sohn und Tochter Gottes. Im Namen dieser Würde wurden die grundlegenden Menschenrechte, die Rechte der Person und die sozialen Rechte, kodifiziert. Sie wurden präziser gefasst als Rechte der Völker, der Minderheiten, der Frauen, der Homosexuellen, der Kinder, der Alten und der Kranken. Zuletzt wurde die

dignitas terrae

 explizit ausformuliert. Sie umfasst die Rechte der Erde als eines lebendigen Superorganismus, der Ökosysteme, der Tiere und alles dessen, was lebt.



Die Demokratie als universaler gelebter Wert auf allen Ebenen – in den Familien, den Schulen, den Gemeinden, den sozialen Bewegungen und Regierungsformen – durchdringt nach und nach die politischen Vorstellungen weltweit. Das heißt, jeder Mensch hat das Recht zur Teilhabe an der gesellschaftlichen Wirklichkeit, der er angehört und die er mit seiner Persönlichkeit und Arbeitskraft mitzugestalten hilft. Die Macht muss der Kontrolle unterworfen werden, damit sie nicht zur Tyrannei verkommt. Der Weg zu dauerhaften Lösungen ist der unermüdliche Dialog, die beständige Toleranz und die permanente Suche nach Übereinstimmungen in den Unterschieden, und nicht die Gewalt. Der Friede ist zugleich Methode (der Imperativ, stets friedliche oder die am wenigsten zerstörerischen Mittel zu gebrauchen) als auch Ziel. Er ist die Frucht der Fürsorge eines jeden für alle, für das Gemeinsame Haus und für die unverzichtbare gesellschaftliche Gerechtigkeit. Die Institutionen, so sehr sie sich auch voneinander unterscheiden mögen, müssen ein Mindestmaß an Gerechtigkeit, Gleichheit und Transparenz verwirklichen.



Ein Minimalkonsens für eine globale Ethik konzentriert sich auf die

humanitas

 (Humanität); wir alle und jeder Einzelne von uns sind deren Träger. Die

humanitas

 ist mehr als ein Begriff; sie ist das tiefe Empfinden dessen, dass wir Brüder und Schwestern sind, denselben Ursprung haben, dieselbe natürliche Ausstattung in physikalisch-chemischer, biologischer, soziokultureller und spiritueller Hinsicht haben und dasselbe Schicksal miteinander teilen. Wir müssen alle der Goldenen Regel entsprechend menschlich behandeln: „Handle am anderen so, wie du selbst von ihm behandelt werden willst.“



Die Ehrfurcht vor dem Leben, die unbedingte Achtung den Unschuldigen gegenüber, die Wahrung der physischen und psychischen Integrität der Personen und aller Schöpfung, die Anerkennung des Rechtes des Anderen, in seiner jeweiligen Besonderheit zu leben – das sind die Grundpfeiler, auf denen die Gesellschaftsfähigkeit des Menschen, die Werte und der Sinn unserer kurzen Reise auf diesem Planeten ruhen.



Es begegnen einander die spirituellen Erfahrungen aus Ost und West, der Ureinwohner und der heutigen Kulturen, und es kommt zu einem gegenseitigen Austausch der jeweiligen Weltsichten. Durch sie macht sich der Mensch von Neuem fest an der ursprünglichen Quelle allen Seins, er knüpft ein geheimnisvolles Band, das das gesamte Universum durchläuft und alle untereinander verbundenen Dinge wieder vereint in einem dynam