Linguistische Stil- und Textanalyse

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Weiterführende Literatur:

De Beaugrande, Robert Alain/Dressler, Wolfgang Ulrich: Einführung in die Textlinguistik. Niemeyer, Tübingen 1981.

Fix, Ulla/Poethe, Hannelore/Yos, Gabriele: Textlinguistik und Stilistik für Einsteiger. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Peter Lang, Frankfurt am Main 2001.

Krause, Wolf-Dieter (Hrsg.): Textsorten. Kommunikationslinguistische und konfrontative Aspekte. Peter Lang, Frankfurt am Main 2000.

Vater, Heinz: Einführung in die Textlinguistik. Struktur, Thema und Referenz in Texten. Wilhelm Fink, München 1994.

1.2 Textualitätshinweise

Textualität kommt – wie oben näher ausgeführt wurde – dann zustande, wenn ein sprachliches Gebilde bestimmte Merkmale aufweist. Eine sprachliche Erscheinungsform als Text zu analysieren, bedeutet deshalb zunächst, Hinweise auf diese Textualitätsmerkmale zu rekonstruieren. Dazu gehören:

 Hinweise auf die thematische ZusammengehörigkeitKohärenz

 VerknüpfungshinweiseKohäsion

 AbgrenzungshinweiseBegrenztheit

 GliederungshinweiseMusterhaftigkeit

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass das Verhältnis zwischen Textualitätshinweisen und sprachlichem Ausdruck nicht immer eins zu eins ist, sondern auch in derselben sprachlichen Form verschiedene Textualitätshinweise zusammenfallen können. Ein Beispiel dafür ist die Überschrift dieses Unterkapitels („1.2 Textualitätshinweise“). Sie liefert einerseits einen Hinweis für die Textgliederung, der erkennen lässt, wo eine neue textuelle Einheit beginnt und wie ihr Stellenwert innerhalb des gesamten Textes ist. Andererseits liefert sie einen thematischen Hinweis, durch den verstanden werden soll, worum es in einer textuellen Einheit geht und auf welche Weise das Thema der textuellen Einheit mit dem Textganzen verbunden ist.

Abgrenzungs- und Gliederungshinweise

Die Begrenzbarkeit sprachlicher Erscheinungsformen nach außen und ihre Gliederung nach innen stehen zueinander in enger Beziehung, weshalb sie gemeinsam erläutert werden sollen. Woher wissen wir, wo ein Text anfängt und wo er aufhört? Woher wissen wir, welche Untereinheiten er enthält, was dazugehört und was nicht?

Es gibt Hinweise auf Textgrenzen, die dem Leser signalisieren, wo eine textuelle Einheit beginnt und wo sie aufhört. In seltenen Fällen geben diese Signale Wörter wie Anfang oder Ende, häufiger gibt das Schriftbild mit seinen Seiten- und Zeilenumbrüchen, Leerzeichen, Schrifttypen, Schriftgrößen und vielen anderen Hervorhebungen derartige Zeichen. Relevant kann auch die Materialität der Schrift sein. So unterscheiden sich etwa die Textgrenzen eines Buches von denen eines Briefes: Buchdeckel vs. Briefumschlag.

Bisher fehlen in der germanistischen Forschungs- und Lehrliteratur klare operationale Kriterien für eine Klassifizierung der Abgrenzungs- und Gliederungshinweise von Texten. Prinzipiell scheint es bei der Beschreibung textueller Grenzen und Muster darauf anzukommen, Einheiten nachzuzeichnen, die im Text schon vorgezeichnet sind, und diese dann unter Berücksichtigung ihrer Produktions- und Rezeptionsbedingungen nach der Art ihrer Materialität zu klassifizieren. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Abgrenzungs- und Gliederungshinweisen innerhalb und außerhalb des eigentlichen Textes, wobei im Zentrum des linguistischen Interesses naturgemäß die innersprachlichen Hinweise zu Textgrenzen und Textmustern stehen.

Abgrenzungshinweise außerhalb des Textes sind besonders leicht zu identifizieren, wenn sie mit den materialen Grenzen des Zeichenträgers zusammenfallen und somit sinnlich stark wahrnehmbar, d.h. greifbar, spürbar und deutlich sichtbar sind. Dies kann bei einem Bucheinband, der den Anfang und das Ende der Lektüre suggeriert, ebenso der Fall sein wie bei einzelnen, losen bedruckten oder beschriebenen Zetteln oder Blättern wie einem Beipackzettel, bei dem die materiale Einheit einen Hinweis auf die Ganzheit des Aufgedruckten oder -geschriebenen gibt.

Schwerer kann die Abgrenzung von einzelnen Texten innerhalb eines Zeichenträgers sein (z.B. einer Erzählung in einem Sammelband, einer Anzeige in einer Zeitung). Zu den Abgrenzungshinweisen außerhalb des eigentlichen Textes zählen dann bestimmte Merkmale des Layouts/Designs wie beispielsweise der schwarze Trauerrand um eine Todesanzeige. Neben diesen Abgrenzungshinweisen außerhalb des Textes existieren in der Regel innerhalb des Textes zahlreiche Hinweise auf die Ganzheit des Textes. Sie sollen im Folgenden Ganzheitshinweise genannt werden.

Abb. 1:

Buchcover (Gudula List „Wie Kinder soziale Phantasie entwickeln“)

In Abhängigkeit von der Textsorte und der materialen Grundlage eines Textes können sich Ganzheitshinweise auf verschiedenen Ebenen befinden. Im Falle eines Buches (vgl. Abb. 1) gehören dazu sprachlich-typographische Hinweise wie der Titel (z.B. Wie Kinder soziale Phantasie entwickeln), Titeleien (Titelangaben) wie Autorenangaben (z.B. Gudula List), Verlagsangaben (z.B. narr/francke/attempto) und die Angabe der ISBN-Nummer (vgl. Abb. 1). Derartige Angaben sollen dazu dienen, im Inneren des Textganzen Anfang und Ende zu markieren. Dabei stehen die Ganzheitshinweise, wenn die Textgrenzen den materialen Grenzen des Zeichenträgers entsprechen, zumeist an einem prominenten Ort für die typographische Gestaltung, auf dem Einband. Dies ist bei Büchern ebenso der Fall wie etwa bei umfangreicheren Werbeprospekten (vgl. Abb. 2). Hier stehen an Stelle eines Titels und des Autorennamens der Name des beworbenen Produkts und des Herstellers/des Unternehmens.

Abb. 2:

Verlagsprospekt (Narr/Francke/Attempto-Verlag „Neuheiten\1. Halbjahr 2016“)

Ferner können zu den Ganzheitshinweisen diejenigen Elemente gezählt werden, die darauf aufmerksam machen, dass der „eigentliche“ Textinhalt erst beginnt bzw. an dieser Stelle bereits endet. Dazu gehören Begrüßungs-, Anrede- und Verabschiedungsformeln ebenso wie das Wort Ende bei bestimmten Textsorten. Gerade bei den Eröffnungs- und Beendigungshinweisen kann vielfach jedoch keine scharfe Unterscheidung zwischen Ganzheits- und Gliederungshinweis vorgenommen werden. So sind in jedem Fall bei einem Zeitungsartikel die Überschrift und das Kürzel des Autorennamens bzw. der Agentur als Ganzheitshinweis, also als innersprachlicher Abgrenzungshinweis, anzusehen, zugleich stellt gerade die Überschrift ein wichtiges Gliederungsmerkmal der Textsorte dar. Wie die Beispiele zeigen, werden Textgrenzen zudem oft mehrfach angezeigt. Im Falle eines Briefes können dies z.B. die materiale Einheit, sprachlich-typographische oder metasprachliche Hinweise (z.B. Post Scriptum) sein.

Gliederungshinweise beziehen sich stets auf ein Textganzes, dessen innere Struktur weiter unterteilt werden kann. Dazu gehören Hinweise, die dazu beitragen, dass ein Textganzes in Teiltexte eingeteilt werden kann, die Teiltexte in weitere Teiltexte, wodurch sich eine hierarchische Relation zwischen textuellen Unter- und Obereinheiten ergibt.

Genauso wie bei den Abgrenzungshinweisen kann bei den Gliederungshinweisen zwischen textinternen und -externen unterschieden werden. Außersprachliche Gliederungshinweise ergeben sich in vielen Texten gleich auf den ersten Blick durch das Druck- oder Schriftbild (Drucksatz) und die darin zum Ausdruck kommenden typographischen Möglichkeiten der Textgestaltung, des Layouts (z.B. Zeilenumbrüche, Freiräume, links- und rechtsbündiger Druck). Die Synthese von außersprachlichen und innersprachlichen Gliederungshinweisen zeigt sich beispielsweise deutlich bei Überschriften oder Titeln, die zum einem über einer textuellen Einheit stehen und graphisch durch verschiedene Mittel hervorgehoben werden können (andere Schriftgröße, Fettdruck usw.) und sich zum anderen durch eine bestimmte Musterhaftigkeit auf der sprachlichen Ebene auszeichnen.

Für innersprachliche Gliederungshinweise soll hier – analog zum Begriff des stilistischen Handlungsmusters – der Terminus ‚Musterhinweis‘ vorgeschlagen werden. Musterhinweise bestehen zunächst aus metakommunikativen Hinweisen wie dem Wort Inhaltsverzeichnis oder der Überschrift Zu diesem Buch in diesem Lehrbuch. Musterhinweise ergeben sich zudem durch das Vorhandensein bestimmter Textelemente wie z.B. der Dachzeile, der Hauptzeile/Schlagzeile und der Unterzeile in journalistischen Textsorten oder der Adresse des Empfängers, der Anschrift des Empfängers, der Orts- und Datumsangabe, der Betreffzeile, der Anrede und Mitteilung sowie der Grußformel und Unterschrift bei einem Geschäftsbrief. Wie die Beispiele zeigen, sind Hinweise auf Musterhaftigkeit – ebenso wie andere Gliederungs- und Abgrenzungshinweise – immer auch Hinweise auf Textsorten oder Kommunikationsbereiche, die aus der Vertrautheit von Lektüreanlässen und Lektürekontexten resultieren und sich folglich wahrnehmungs- und wissensabhängig ergeben. Dies betrifft in besonderem Maße auch die Musterhaftigkeit des textuellen Gewebes, die sich einerseits in komplexen stilistischen Merkmalen wie den konvergenten und divergenten stilistischen Mustern (vgl. Kap. 3.3), andererseits in speziellen, durch die Textanordnung bedingten Hinweisen spiegelt.

Modelle für Musterhinweise, die aus der Textanordnung resultieren, gelten als typisch für den Kommunikationsbereich der Belletristik und die damit verbundene primäre Textfunktion ‚Ästhetisch Unterhalten‘. Aus dieser Unterhaltungsfunktion ergibt sich vielfach eine charakteristische Formorientierung. Ein typisches Beispiel dafür sind die Reimformen in einem Gedicht:

 

Es ist alles eitel

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.

Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;

Wo jetzt noch Städte stehn, wird eine Wiese sein,

Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.

Was jetzt noch prächtig blüht, soll bald zertreten werden.

Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch’ und Bein,

Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.

Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Taten Ruhm muss wie ein Traum vergehn.

Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch bestehn?

Ach, was ist alles dies, was wir für köstlich achten,

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind;

Als eine Wiesenblum’, die man nicht wieder find’t.

Noch will, was ewig ist, kein einzig Mensch betrachten!

(Andreas Gryphius, 16371)

Auch in anderen Kommunikationsbereichen können sich Musterhinweise aus der Art der Textanordnung ergeben. Innerhalb der Gebrauchstextsorten geschieht dies zum einen häufig bei Texten, die ebenfalls – wenn auch sekundär – der Unterhaltung dienen sollen und in denen durch betont auffällige bzw. abweichende Textgestaltung versucht wird, die Aufmerksamkeit des Lesers zu steuern (z.B. Werbeanzeigen). Musterhaftigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang zumeist Figuriertheit in der Form und/oder im sprachlichen Ausdruck, die oft mit dem Auftreten rhetorischer Figuren einhergeht (z.B. Alliteration: Bitte ein Bit!) und kaum von komplexen stilistischen Handlungsmustern abzugrenzen ist (Kap. 3.3). Ganz andere, jedoch sehr deutliche Hinweise auf Musterhaftigkeit der Textanordnung ergeben sich innerhalb der Gebrauchstextsorten außerdem aus Aufzählungen, die als alphabetische oder numerische Listen und Verzeichnisse textuelle Untereinheiten oder auch textuelle Ganzheiten (z.B. Telefonbuch) bilden können.

Die genannten Beispiele zeigen, dass Musterhinweise häufig auf Wiederholungen basieren. Dies kann – wie im Falle der Alliteration – die Wiederholung einzelner Buchstaben des Alphabets sein. Es kann ebenso die Wiederkehr von bestimmten Graphem- und Phonemkombinationen2 sein, die zu verschiedenen Reimvarianten (wie Endreim, Binnenreim, Anfangsreim usw.) führt. Auch aus der Wiederholung von Wörtern und syntaktischen Konstruktionen können textsortenspezifische Musterhinweise resultieren. Typische Beispiele dafür sind sogenannte ‚Schlüsselwörter‘ in Texten der Unternehmenskommunikation wie z.B. das Wort Freude in der Marketingkampagne des Unternehmens BMW oder die Wiederholung abschnittsförmiger Einheiten innerhalb von Liedtexten.

In der folgenden Übersicht wird die terminologische Differenzierung von Abgrenzungs- und Gliederungshinweisen nochmals zusammenfassend abgebildet (vgl. Abb. 3).

Abb. 3:

Abgrenzungs- und Gliederungshinweise im Überblick

Verknüpfungshinweise

Texte sind sinnvolle Verknüpfungen sprachlicher Zeichen in einer bestimmten Abfolge. Als charakteristisch für diese Abfolge gilt der Anschluss satzförmiger Einheiten aneinander und die damit einhergehende Bildung einer übersatzförmigen Einheit. Dies ist nicht zwingend erforderlich, denn ein Text kann auch aus Einheiten bestehen, die nicht als Sätze zu definieren sind. Besteht ein Text jedoch – zumindest partiell – aus Sätzen, so wird die Frage nach den Formen der Textverknüpfung relevant, im anderen Fall wird der Zusammenhalt des Textes stärker auf der Ebene der Textgliederung (vor allem durch Musterhaftes) angezeigt und ergibt sich dann wahrnehmungs- und wissensabhängig (vgl. Kap. 2.1.1).

Textverknüpfung wird durch grammatische und lexikalische Elemente an der lesbaren Textoberfläche bewirkt und beruht auf semantischen Beziehungen innerhalb eines Textes. Gerade hinsichtlich dieses semantischen Aspekts stimmt sie mit einem Kohäsionsbegriff überein wie er von Halliday/Hasan (1976) eingeführt wurde.1

The concept of cohesion is a semantic one; it refers to relations of meaning that exist within the text, and that define it as a text. (Halliday/Hasan 1976, S. 4)

Hinweise auf Textverknüpfung signalisieren einerseits bestimmte grammatische Elemente. Dazu gehören vor allem Pro-Formen, sog. Stellvertreterwörter, die zum inhaltlichen Zusammenhang eines Textes beitragen, indem sie auf andere Elemente des Textes verweisen. Hinsichtlich der Verweisrichtung kann zwischen ‚anaphorisch‘ und ‚kataphorisch‘ unterschieden werden. Dabei beziehen sich anaphorische Elemente auf einen vorangehenden Teil des Textes, kataphorische Elemente weisen auf Elemente eines Textes voraus. Pro-Formen referieren auf denselben außersprachlichen Gegenstand oder Sachverhalt wie ihr Bezugselement und verbinden damit einen Ausdruck mit anderen Sprachzeichen des textuellen Gewebes. Wegen ihrer zumindest vordergründigen semantischen Leere stellen sie zugleich Suchanweisungen im Text dar. Textverknüpfungshinweise gehen auch von grammatischen Elementen aus, die dem Rezipienten zu verstehen geben, wie bereits Gelesenes und noch zu Lesendes zueinander in Beziehung gesetzt werden sollen, indem sie die logische Beziehung zwischen Vorgänger- und Nachfolgertext durch Konnektoren spezifizieren. Die Verbindung von Sätzen zu einem Text wird zudem durch Interpunktion angezeigt, weshalb von den verschiedenen Interpunktionszeichen ebenfalls starke Verknüpfungshinweise ausgehen. Darüber hinaus beruht Textverknüpfung auch auf der beständigen Wiederholung bzw. dem kontinuierlichen Auftreten einzelner grammatischer Merkmale, vor allem der sogenannten Tempuskonstanz. Hinweise auf Textverknüpfung unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Richtung, sondern auch ihrer Reichweite, der Größe der verknüpften Einheiten und der Spezifik der angezeigten Beziehung. Sie werden traditionell in ihrer grammatischen Relation zum Satz erfasst, obwohl sie ihre eigentliche Wirkung oft erst auf der Ebene des Textes entfalten. Die ausführliche Beschreibung der einzelnen grammatischen Verknüpfungszeichen erfolgt deshalb in Zusammenhang mit der obersten Ebene textlinguistischer Beschreibung und Analyse, der Textebene (vgl. Kap. 2.1.2 „Textkonstitution“).

Hinweise auf Textverknüpfung geben auch lexikalische Elemente, insbesondere Substantive, Verben und Adjektive als die wichtigsten Vertreter der offenen Wortklassen. Lexikalische Textverknüpfung kommt insbesondere durch Rekurrenz, d.h. die wörtliche Wiederholung von Lexemen, zustande. Zur Einheitlichkeit und inhaltlichen Kontinuität trägt auch partielle Rekurrenz als komplexere Form der lexikalischen Repetition sowie Substitution bei. Unter Substitution wird die Ersetzung eines Ausdrucks durch einen anderen bei gleichbleibendem Bezug auf einen außersprachlichen Sachverhalt verstanden (sog. „Referenzidentität“; vgl. auch Kap. 3.2.3). Sie basiert auf systematischen Beziehungen im Lexikon, weshalb die Verwendung von Synonymen, Hypero- und Hyponymen, Antonymen u.v.m. ebenfalls einen Hinweis auf die Textverknüpfung darstellen kann.

Hinweise auf die thematische Zusammengehörigkeit

Jeder Text, der informativ und verständlich sein soll, hat ein Thema. Mitunter haben Texte auch mehrere Themen, die miteinander verflochten oder gegeneinander gestellt werden. Hinweise auf die thematische Zusammengehörigkeit umfassen deshalb Hinweise auf die thematische Struktur von Texten, die zur Einführung, Beibehaltung, Entwicklung, Beendigung und gegebenenfalls der Wiederaufnahme von Themen dienen (vgl. Hausendorf/Kesselheim 2008).

Hinweise auf die thematische Zusammengehörigkeit erlauben es, die thematischen Stränge eines Textes bzw. seine Informationsstruktur nachzuzeichnen. Sie fallen in vielen Fällen mit Verknüpfungshinweisen zusammen. So dienen Pronomina nicht nur der Textverknüpfung, sondern geben auch einen Hinweis auf die thematische Zusammengehörigkeit, indem sie die Beibehaltung einer bestimmten Thematik im Text anzeigen. Ebenso signalisiert die Substitution den gleichbleibenden Bezug und enthält darüber hinaus eine Variation mit der inhärenten Option zur Themenentwicklung.

Gegenüber derartigen – in grammatischer und lexikalischer Hinsicht fest verankerten – Hinweisen auf die thematische Zusammengehörigkeit ergeben sich andere stärker wissensabhängig, z.B. durch die Vertrautheit mit bestimmten Gebrauchskontexten von Ausdrücken. Es geht dabei um den Teil der Sinnkontinuität von Texten, der vom Rezipienten durch kognitive Prozesse konstruiert wird (vgl. de Beaugrande/Dressler 1981, S. 84f.), weil es der Kontext und sein gespeichertes Weltwissen erlauben, im Text nicht ausdrücklich genannte Schlussfolgerungen zu ziehen.

Solche Hinweise auf die thematische Zusammengehörigkeit, die während des Rezeptionsprozesses durch Interpretation und Inferenz hergestellt werden, lassen sich mithilfe von theoretischen Konzeptionen zur kognitiven Wissensrepräsentation nachzeichnen. Dazu gehören allgemeine Formen der Wissensrepräsentation wie sie im Rahmen der Forschung zur Künstlichen Intelligenz entwickelt wurden: sog. frames und scripts (vgl. Minsky 1977 und Schank/Abelson 1977). Ein Frame bezieht sich auf eine Datenstruktur im Sinne eines Wissensbündels, das mit alltäglichen Standardsituationen verbunden ist und zusammengehörende, hierarchisch geordnete Elemente enthält. Zu einem Frame gibt es typische slots, die mit sog. fillers versehen werden. Der Frame ‚Haus‘ umfasst beispielsweise Slots wie ‚Küche‘, ‚Badezimmer‘ und ‚Adresse‘. Die Wörter eines Textes werden beim Textverstehen als Fillers diesen im Weltwissen gespeicherten Slots zugeordnet oder – falls der Text für bestimmte Slots keine Fillers enthält – durch das Mittel der Inferenz1 aus seiner Weltkenntnis ergänzt. Wenn ein Rezipient die Frames kennt, die in einem Text vorkommen, wird dadurch das Textverstehen erheblich erleichtert (vgl. Schubert 2008, S. 72f.). Dies ist auch bei einem Skript der Fall, welches im Vergleich zum statischen Frame den beteiligten Elementen zusätzlich eine chronologische Reihenfolge zuordnet. Es beschreibt einen charakteristischen Handlungsablauf einschließlich der zugehörigen Gegenstände und Aktanten (beispielsweise die Handlungsroutinen und Akteure beim Einkauf eines Produkts in einem Geschäft).

Auch das Isotopiekonzept ist schließlich dazu geeignet, Hinweise auf die thematische Zusammengehörigkeit abzubilden. Isotopiehinweise resultieren aus der Wiederkehr semantischer Merkmale in einem Text. Dabei handelt es sich jedoch nicht um standardisierte lexikalische Beziehungen, sondern um eine textbezogene Aktivierung semantischer Merkmale, die sich relativ und in Differenz zu anderen Lexemen ergibt und einen thematischen Strang bildet.

Gegenüber thematischen Hinweisen, die an der Textoberfläche grammatisch und lexikalisch verankert sind, unterliegen letztere, die sich wissens- und kontextabhängig ergeben, obwohl sie im Text selbst nicht benannt sind, stärker individuellen Aspekten des Textverstehens. Deshalb kann Kohärenz rezipientenabhängig bis zu einem gewissen Grad variieren, je nachdem, wie viel Interpretationsspielraum der Text bietet.