Götter der Sterne

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Teil I
Mythen der Schöpfung,
Überlieferungen der Urzeit

Das Alte Testament ist das Schwerpunktthema des vorliegenden Buches. Zu Beginn der Bibel finden wir Schöpfungsberichte oder besser Überlieferungen, die bei näherer Betrachtung eines der interessantesten Kapitel der ganzen Heiligen Schrift sind. Die biblischen Berichte wimmeln von symbolischen Darstellungen und vieldeutigen Ereignissen, die selbst in der Theologie immer wieder diskutiert werden. Mythen über unseren Ursprung finden wir praktisch überall, in allen Teilen der Welt. Sie ähneln einander und helfen, die alttestamentarische Schöpfungsgeschichte des Menschen besser zu verstehen. Auch untermauert die Ähnlichkeit des biblischen Schöpfungsberichts mit Mythen anderer Völker den Wahrheitsgehalt des Alten Testaments. So, wie die Schöpfungsgeschichten in der Bibel niedergeschrieben sind und wie es die Kirche seit Jahrhunderten lehrt, kann sie niemand glauben, der nicht den biblischen "Gott" für die sonderbaren Ereignisse verantwortlich macht.

Wir bezeichnen uns heute als aufgeklärte Gesellschaft - was immer das sein mag. Selbst für einen gläubigen Christen erscheinen die Schöpfungsberichte der Genesis mit Blick auf die modernen Denkmodelle der Naturwissenschaft und Evolutionstheorie außerordentlich phantasievoll. Um aber zu erkennen, dass vieles davon heute aus einem anderen und logischen Blickwinkel gesehen werden muss, ist ein Ausflug zu anderen Überlieferungen der Welt erforderlich, denn die Schöpfungslegenden vergangener Zeiten und Völker sind eines der wertvollsten Mythenschätze der Menschheit überhaupt.

So will ich mich nicht allein auf die Berichte des Alten Testamentes konzentrieren, sondern in diesem Teil auch immer wieder andere Überlieferungen kurz zu Wort kommen lassen.

Kapitel I
Genesis: Das Buch der Ursprünge
I.1 Im Anfang war etwas

Die Schöpfung der Welt, der Anfang alles Seins, ist das erste, über das die Bibel im ersten Buch Mose, der Genesis (griechisch = "Buch der Ursprünge"), berichtet. Auch als "Mythen der Urzeit" betitelt, findet sich hier ein siebentägiger Schöpfungsbericht, der uns in religiöser Form zu erklären versucht, wie "Gott" angeblich Himmel, Erde und Menschen erschuf, bevor er sich am siebten Tag zur Ruhe begab, da ihm dieser Akt scheinbar einiges an Kraft gekostet hat.

Das Buch Genesis, das Mose als Autor zugeschrieben wird (aber nur aufgrund der Bezeichnung "Erstes Buch Mose"), gehört zu dem sogenannten "Pentateuch", den "fünf Rollen" (Tora), die heute als Mosebücher geführt werden. Mose selber hat diese Bücher kaum selber niedergeschrieben, jedoch gehen heutige Experten (vergl. Fox, S. 228ff.) davon aus, dass der oder die Autoren der Moseschriften ursprünglich auf vier Urquellen unbekannten Alters und Herkunft zurückgegriffen haben, die in diesen Texten mehr oder minder scharf umrissen zu erkennen sein sollen.

Die Bibel öffnet ihre Welt mit bekannten, aber dennoch nicht immer verstandenen Worten, die wahrscheinlich nach dem Ende des babylonischen Exils um 430 v. Chr. von Priestern niedergeschrieben wurden:

"Im Anfang schuf Gott die Himmel und das Erdreich. Und das Erdreich war wirr und wüst, ein Abgrund bedeckt von Dunkel, und über den Wassern schwebte Gottes Geist." (Gen. 1,1-2)

Diese Bibelworte werden je nach Ausgabe erheblich unterschiedlich wiedergeben. Scheinbar sind die Theologen nicht in der Lage, die ersten Zeilen der Heiligen Schrift einheitlich und vor allem richtig zu übersetzen. Modernsprachige Bibeln (sprich Schulbibeln) geben die Beschreibung der Welt vor dem großen Schöpfungsakt recht verzerrt wieder, so dass es dem Leser überlassen ist, was nun am/im Anfang war:

"Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde, die ganze Welt. Auf der Erde war es noch wüst und unheimlich; es war finster und Wasserfluten bedeckten alles. über dem Wasser schwebte der Geist Gottes."

Die oben zitierte Textstelle ist eine "modernsprachige" Übersetzung, bei der "die Himmel" in einen schlichten "Himmel" geändert wurden. Warum in den allermeisten Bibelausgaben nur von einem Himmel zu lesen ist, der von "Gott" geschaffen worden sein soll, ist fraglich. Der hebräische Originaltext besagt aber eindeutig, dass mindestens ein zweiter Himmel erschaffen wurde. Auch nichtbiblisches Schriftgut jüdischen Ursprungs, das wir im Verlauf dieses Buches noch kennenlernen werden, betont deutlich die Existenz zahlreicher "Himmel". Wo mögen diese gelegen haben, oder besser, wo liegen sie? Auch, dass die Erde anfangs "wirr und wüst" bzw. "wüst und unheimlich" war, ist eine nachträgliche Änderung der Schreiber. Noch in Martin Luthers "Merian-Bibel" von 1545 ist von "wüst und leer" die Rede, doch nun ist die Erde nicht mehr "leer", sondern "wüst" oder "unheimlich". Im hebräischen Text stehen an dieser Stelle die Worte "tohu" und "bohu", welche bei den Israeliten bis zum heutigen Tag "öde" und "leer" bedeuten. Können die modernen Übersetzer nicht einfach schreiben, was dort steht?

Ferner weisen die ersten Zeilen der Genesis noch zwei weitere, ungleich wichtigere Übersetzungsfehler auf. Auf hebräisch besagen diese Zeilen etwas ganz anderes. Die Worte "Am/Im Anfang", wie in den üblichen Übersetzungen, sind völlig aus dem Zusammenhang gerissen worden. Diese Stelle des ersten Verses müsste richtig "Aus dem, was am Anfang war" lauten. Dieser eindeutige Hinweis auf eine Schöpfung aus bereits vorhandenem Material (Materie) wurde hier einfach weggelassen!

Wie oft haben wir diese bekannten Worte des Genesis schon in unserem Leben gehört, und doch sind sie falsch oder fehlerhaft übersetzt. Der biblische "Gott" schuf seine Schöpfung nicht einfach aus dem Nichts, wie es die Lehre des "allmächtigen Gottes" will, sondern bediente sich bereits eines existierenden "Etwas". Schon allein diese Tatsache macht das Festhalten an diesen Überlieferungen unverständlich.

Interessanterweise dokumentiert die griechische Mythologie ebenfalls das Vorhandensein eines "Etwas", das da war, bevor ihre "Götter" die Bildfläche der Schöpfung betraten. So beschreibt der griechische Dichter Hesiod aus Askara in Böotien (ältester Dichter nach Homer, ca. 700 a.D.), dass am Anfang nur qualmartiger Nebel, Finsternis und ein riesiger Abgrund die gesamte Welt bildeten. Hier wird angeblich vom Chaos gesprochen, welches sich noch nicht in seiner endgültigen Vollendung befand. Erst dann, so Hesiod, kamen die "Götter in die Welt" (Nack, S. 43ff). Auch chinesische Überlieferungen (um 200 a. D.) überliefern uns: "Im Anfang war das Chaos" (Sproul, östlich, S. 242) - obwohl zwischen diesen Mythen Jahrhunderte liegen.

Diese mythische Überlieferung ist heute sehr bemerkenswert, weil sie in gewisser Weise den aktuellen Erkenntnissen der Astronomie gegenübergestellt werden kann: Die Entstehung eines Sonnensystem aus einem "Spiralnebel", der sich in einem scheinbaren Zustand des Chaos befand. Auch andere Überlieferungen haben einen ähnlichen Inhalt (s. II.3). Irgendwer muss dieses Wissen jemandem vermittelt haben.

Das Alte Testament und die griechischen Überlieferungen stehen aber inhaltlich nicht alleine da. Zahlreiche Schöpfungsmythen kennen ähnliche Schöpfungsanfänge. Als Beispiel sei hier noch auf die Weltwerdung der Germanen, Inder und Ägypter hingewiesen. Die germanische Dichtung Völuspa ("Der Seherin Gesicht") überliefert, dass zu Beginn zwar alles existierte, aber nur in einem ungeordnetem Zustand; eben im Chaos. Nur ein Riese namens Ymir lebte dort:

"Urzeit war es, da Ymir hauste: nicht war Sand noch See, noch Salzwogen, nicht Erde unten noch Himmel, Gärung grundlos und Gras nirgends." (Nack, S. 215)

Und die Ägypter? Sie halten in ihren Mythen aus Heliopolis fest, dass die Welt aus einer vorhandenen, materiellen Substanz entstand, die lediglich aus dem Chaos getrennt werden musste (Nack, S. 15)!

Auch Indien besitzt einen uralten Mythos, Rig-Veda genannt (um 1200 v. Chr.), der die öde am Anfang der Welt beschreibt:

"Nur dunkel war, verhüllt von Dunkel, anfangs und unverkennbar wogte dieses alles; Vom leeren Raum war zugedeckt die öde, das eine ward durch die Macht der Glut geboren." (Sproul, östlich, S. 213)

Bei einem Blick in das Buch Genesis stellen wir fest, dass sich dessen Schöpfung zwar auf eine Ordnung des vorhandenen Chaos bezieht, dass aber dieser Akt von "Gott" alleine gemeistert wurde. Frappierend ist aber nicht nur der "kleine" Übersetzungsfehler, dass am Anfang kein Nichts war. Wer machte sich daran, dieses vorhandene Material zu einer "Welt" zusammen zu fügen? "Gott" alleine?

I.2 Monotheismus oder Polytheismus in der Genesis?

Der erste Vers der Genesis dokumentiert, wie ein "Geist Gottes" ("ruah elohim") über den Wassern (oder Urmeer/Urflut, "tehom") schwebte, was von den Kirchenvätern sogar als Vorausweisung auf die Taufe verstanden wurde (wie die Flut und das mosiatische Meerwunder). Hier bieten sich erneut einige sinngleiche Möglichkeiten an, denn diesen schwebenden Geist kann man gleichfalls als "Ein gewaltiger Sturm brauste über dem Wasser" übersetzen. Auch nach dem hebräischen Wort für "schweben", "rhp" in konstantinischer Diktion, könnte hier synonym von einem "Wehen" gesprochen werden. Ugaritisch-syrische Schriften verwenden "rhp" auch als Vergleich mit einem brütenden Vogel, wodurch dieses "Wehen" meist in Beziehung zu einem Vogel verwendet wurde (Lurker, Symbole, S. 179).

Somit erhält dieser Vers eine völlig neue Sichtweise, denn ein Sturm - und nicht ein "Gott" - schwebte über der Urflut. Ob aber dieses "Schöpfungswesen" tatsächlich als ein Geist umherschwebte, ist demnach erneut dem Auslegungswillen des Übersetzers überlassen, denn bedeutungsgleich zu diesem "Geist" können wir wiederum "Schnauben", "Brausen" bzw. "Braus" oder das oben erwähnte "Wehen" verwenden. Auch in dem analytischen Werk der Theologin Dr. Edeltraut Staimer (Universität Köln), das sich ausschließlich mit der Interpretation der Schöpfungsberichte befasst, heißt es an einer Stelle (Staimer, S. 35): "über der Urflut, über dem Chaos schwingt der Braus Gottes". Die hebräische Fassung der Genesis lässt also diese Übersetzungen ebenso gut zu, wie einen schwebenden Geist.

 

Erstaunlicherweise stellte ich beim Studium der biblischen Texte fest, dass eine Ausgabe "im heutigen Deutsch" (Katholisches Bibelwerk 1982) als Anmerkung zu diesen Versen tatsächlich die zweite Möglichkeit nannte, dass auch ein Sturm getobt haben könnte. Was nun um alles in der Welt geschah dann am ersten Schöpfungstag? Schwebte der Geist "Gottes" über dem Urwasser, tobte ein gewaltiger Sturm oder schwebte ein "göttliches" Brausen umher - alles ist möglich und richtig!?

Ein weiteres Übersetzungsproblem und zugleich das schwerwiegendste in Bezug auf die ersten Worte der Schöpfung ist, dass sich nicht nur "Gott" an diesem Meer aufhielt, sondern mehrere "Götter"! Wir haben es genau genommen bei der Erschaffung der Welt mit einem Werk von mindestens zwei Wesen zu tun, die bereits vorhandenes Material für ihre Zwecke nutzten. So lassen sich die zwei ersten Verse in etwa auch wie folgt übersetzen:

"Im Anfang (oder: "Aus dem was, am Anfang war") schufen Elohim die Himmel und das Erdreich. Und das Erdreich war wirr und leer (öde), ein Abgrund bedeckt von Dunkel, und über den Wassern schwebte das Brausen Elohim ("ruah elohim", L.A.F.)."

Elohim, so das Wort, welches im Hebräischen an Stelle von "Gott" steht (eine Bezeichnung der sogenannten Elohisten), ist ein kleines Wort von äußerst interessanter Bedeutung. Es stammt aus dem Semitischen und bedeutet in der Übersetzung "Götter", "Gottheiten" oder "Götterwesen". Der Singular lautet (semitisch) El, "Gott" (akkadisch "ilu", arabisch "ilah" - vielleicht eine ethymologische Ableitung von "’wl", "stark sein"/"vorne sein", Haag, S. 374), aber eindeutig findet sich an verschiedenen Stellen der Genesis der Ausdruck Elohim in der Schöpfungsgeschichte 66 Mal! Im gesamten Alten Testament taucht der "Göttername" Elohim sogar mehr als 2000 Mal auf (Haag, S. 384). Hier wird uns von "Göttern", von einer Mehrzahl von Schöpferwesen, berichtet, sowie auch der "Braus Gottes", also "ruah elohim", als "Braus/Wind/Wehen der Götter" verstanden werden kann.

Unter dem Stichwort "Elohim" findet sich sogar in Band III des angesehenen "Lexikon für Theologie und Kirche" (katholisch) der Hinweis, dass Elohim auch allgemein "göttliche Wesen oder Menschen mit göttlicher Vollmacht" bedeuten könnte! In dem Plural, Elohim ("Gottheiten"), sieht Michael Buchberger, der Autor des Lexikons, "Gott als Träger der ganzen Fülle göttlicher Kräfte, Eigenschaften und Vollkommenheit...". Oder in Haags "Bibel Lexikon" (S. 348) erfahren wir, dass Elohim im Alten Testament eine "Erhebung der betreffenden Person zum generellen Repräsentanten" bedeuten soll. Dies sind reine, nichtssagende "Deutungen", um dem Monotheismus, die Lehre des einzigen "Gottes", aufrecht zu erhalten. In einer Bibelanmerkung (Lainen-Bibel 1938) ist zu lesen, dass "der Gottesname, den die Schrift in diesem ganzen Bericht gebraucht, Elohim ein in der Mehrzahl stehender Ausdruck ist." Also ganz klar wird hier eingestanden, dass es "Götter" waren. Aber dennoch steht auch in dem Bibeltext der Laien-Bibel der Singular "Gott", und das, obwohl die entsprechenden Anmerkungen aussagen, dass es sich hier um einen pluralischen Ausdruck handelt.

In einem Buch, das dem ungeübten Bibelinteressierten "Einführungen-Texte-Kommentare" des Alten Testamentes verständlich machen will (Lutz, S. 23), wird Elohim schlicht als "Gottheit" übersetzt. Von der ebenso möglichen Pluralform keine Spur. "Dabei hat das Wort Singular- und Pluralbedeutung, also auch Götter", hält der bekannte Experte Manfred Lurker fest (Lexikon, S. 125).

Der biblische Text unterscheidet sich von anderen religiösen Schriften dieses Kulturraums durch die Überzeugung, es gibt nur einen Schöpfer, nämlich den einen "Gott" Jahwe. Eifrige Übersetzer und Schreiber der Vergangenheit haben in ihrem festen Glauben an den einzigen "Gott" emsig die alten Bibeltexte verändert und "umübersetzt". Zwar wenden Theologen ein, der sogenannte "Urtext" der heiligen Schrift berichtet uns von diesem einen "Gott", aber interessanterweise existiert eine derartige Schrift überhaupt nicht.

Die ältesten Versionen, die uns heute noch vorliegen, sind und bleiben Abschriften von Abschriften von weiteren Abschriften, die allesamt zwischen dem vierten und zehnten Jahrhundert n. Chr. entstanden sind. Veränderungen und Neuübersetzungen von Neuübersetzungen sind in diesen Texten keine Seltenheit. Alle der rund 1500 Kopien unterscheiden sich inhaltlich; keine ist wie die andere. Der Codex Siniaiticus, der bekannteste der Texte, der uns als "ursprüngliche Fassung" angeboten wird, stammt aus dem vierten Jahrhundert n. Chr. Entdeckt wurde er von Konstantin von Tischendorf im Jahr 1844 in einer Abfalltonne des Katharinenklosters am Sinai. Sieben verschiedene Übersetzer und Autoren schmierten in dem Codex herum, so dass einige Stellen dreifach geändert wurden und der gesamte Text etwa 16.000(!) Korrekturen und 3.000 Abschreibfehler enthält (Langbein, Urtexte, S. 70). Insgesamt sind in den "Urtexten" sogar mehr als 80.000(!!) Abweichungen zu finden (Langbein, Urtexte, S. 71). Und wenn wir auf Bibel-Umschlägen Titel wie "Bibel in heutigem Deutsch" oder "Einheitsübersetzung", oder auch "Übersetzung von XY" lesen, dann sollte jedem klar sein, dass auch die Bibeln aus dem Buchladen (geringfügig) unterschiedlichen Inhaltes sind. Einen "Urtext", den wir als unbestreitbares Original der Bibel betrachten können, ist eine theologische Erfindung. Es gibt ihn nicht.

Auch ist der Pentateuch - die "fünf Bücher Mose" - (oder Tora) nicht von Moses geschrieben worden, sondern fußt auf vier älteren, unbekannten Schriften (Fox, S. 228ff.). Diese These ist bis heute nicht widerlegt - auch wenn Jesus Christus und seine Apostel im Neuen Testament konkret Moses als Schreiber nennen (etwa Joh. 1,45 und Joh. 5,45-47 oder Röm. 10,5).

Das pluralische Wort Elohim wurde, um der Ein-Gott-Überlieferung gerecht zu werden, schlicht als "Gott" übersetzt. Eindeutig aber berichtet auch das Alte Testament von mehreren "Göttern". Auch wenn die Schreiber der Vergangenheit sich dazu veranlasst fühlten, die Genesis als das Werk (und Wort) einer "Gottheit" zu betrachten, so haben sich doch textliche Beispiele erhalten, die in der Pluralform abgefasst sind. Der bekannteste hiervon ist natürlich:

"Nun sprach Gott: Lasst uns den Menschen machen als unser Bild und uns zum Gleichnis." (Gen. 1,26)

Der einzige "Gott", der alleinige Erschaffer der Welt, sprach im Plural. Natürlich hält die Theologie eine einfache Antwort auf derartige Verse (oben nur ein Beispiel) für den fragenden Bibelleser bereit: Es handele sich eindeutig um die Trinität des Herrn ("Gott, Sohn und heiliger Geist"). In diesem "lasset uns", sah die Kirche "von jeher eine geheimnisvolle Vorverkündigung der göttlichen Dreifaltigkeit", so zum Beispiel die Herder-Lainen-Bibel (1938). Dagegen bemerkt die Theologin Frau Dr. Edeltraut Staimer ganz konkret:

"Doch das Alte Testament ist aus sich heraus zu interpretieren, dies vom Neuen Testament her zu tun, verbietet sich." (Staimer, S. 43)

Dies zeigt deutlich, dass selbst in den Reihen der Theologen Zweifel an der Interpretation dieser Bibelaussage als Dreifaltigkeit bestehen. Die Lehre von der Trinität, oder besser Dreieinigkeit, wobei selbst das Christuskreuz derart interpretiert wird, ist aber eine nachträgliche Verschönung des Christentums selbst. Die Bibel, und vor allem das Alte Testament, liefern keine Hinweise für eine solche Glaubensrichtung. Spätere Übersetzer der Bibel meinten, die Dreifaltigkeitslehre "erfinden" zu müssen, um unliebsame Textstellen wie den Vers Gen. 1,26 deuten zu können.

Im Jahr 325 n. Chr. lösten die Bischöfe auf dem Konzil von Nikäa diese Schwierigkeit, indem sie die Dreieinigkeitslehre verkündeten. So glaubten sie auch, eine Lösung für das Problem gefunden zu haben, dass Jesus Christus teilweise als wiederauferstandener "Gott" verehrt wurde. Jede andere Lehre wurde von diesem Moment an als Blasphemie angesehen und durch den Ausschluss aus der Kirchengemeinde bestraft. Wie gesagt, das Alte Testament kennt keine Trinität.

Auch sagt die Lehre der Dreifaltigkeit unmissverständlich, dass "Gott" nicht entweder Sohn, Vater oder Heiliger Geist ist, also nur in der entsprechenden Maske erscheint, sondern er alle drei "Zustände" gleichzeitig ist bzw. repräsentiert. "Gott" ist nach der Trinität nicht in drei Personen vorhanden, was dann wiederum drei "Göttern" entsprechen würde, sondern ein "Gott" in drei Personen (Deutsche Bischofskonferenz, S. 84). Da er demnach so oder so einmalig ist, braucht er sich auch nicht pluralistischer Ausdrucksweisen zu bedienen, um mit seinem "Sohn", zum Beispiel, zu sprechen, da er dieser selbst ist.

Die Annahme, der "Herr" hätte mit seinen Engeln gesprochen bzw. diese um Rat gefragt, ist ebenfalls sehr zweifelhaft. Der wahre Gott wird kaum irgendwelche Helfer benötigen. Sollte dies aber dennoch der Fall gewesen sein, und wir werden im Verlaufe dieses Buches mehrfach mit Engel - "Gotteshelfern" - konfrontiert, was waren dann diese Engel? Laut theologischen Interpretationen sind Engel lediglich Helfer, Gesandte oder Boten Jahwes; was nach meinem Verständnis untergeordneten Himmelsgeschöpfen entspricht - "Untergötter", wenn man so will.

In Ps 82,6 haben wir sogar einen Beweis vorliegen, dass die "Söhne Gottes" bzw. "Göttersöhne", die laut Gen. 6 vom Himmel kamen und landläufig als Engel gedeutet werden, einst tatsächlich "Götter" waren:

"Ihr seit Götter, / ihr alle seid Söhne des Höchsten." (Ps 82,6)

Es ist interessant zu erfahren, dass auch die Engel, jenen "Mitgliedern des himmlischen Hofstaates" - laut dem entsprechenden Bibelkommentar - als "Götter" betrachtet wurden.

In der Offenbarung des Johannes (Off. 4,4-5), aber auch in 1. Kön. 22,19ff, wird selbst eine Art "Ältestenrat" beschrieben, der sich um "Gott" gesellte und mit dem der "Herr" Zwiesprache zu halten scheint. Hat Jahwe etwa mit diesen Beratern etwas besprochen; in Gen. 1,26 die Erschaffung des Menschen? Und was sollen die in der Offenbarung erwähnten "ältesten" an "Gottes" Seite? Dies Bild erinnert stark an eine straff organisierte "Regierung", und ist nicht mit einem Monotheismus - wenn Jahwe der wirkliche Schöpfer ist - zu vereinbaren. Jedoch sind die Engel Jahwes, des Befehlshabers, schlicht seine Untergebenen, die mit ihm im All lebten und bestimmte Missionen erfüllten.

Noch eine Lösung der Exegeten sei erwähnt: "Gott" hält hier eine Art Selbstberatung (Steimer, S. 43). Er befragt also sein eigenes Ich. Hat Gott das nötig? Zumal liegt Gen. 1,26 nicht in Form einer Frage vor, sondern dieser Vers drückt ganz klar eine Feststellung aus, denn "Sollen wir" und "Lasst uns" - wie es deutlich der Vers besagt - sind völlig unterschiedliche Aussagen. "Lasst uns" kann nicht einfach als eine Frage oder "innerliche Zwiesprache" ausgelegt werden.

Aber gehen wir weiter im Buch Genesis, wo die "Götter" den Menschen schufen:

"Und Gott (Elohim) schuf den Menschen nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes (Elohim) schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie." (Gen. 1,27)

Hier wurde der Plural Elohim ("Götter"), dem Tätigkeitswort "schuf" angepasst: "Und (die) Götter schuf den Menschen..." Es ist aber ebenso zulässig - niemand wird es bestreiten wollen -, "schuf" den "Göttern" anzupassen, also "die Götter schufen den Menschen...". Dies wird durch den studierten Theologen Walter-Jörg Langbein, der persönlich die hebräische Bibel übersetzte, bestätigt. Dennoch hat hier die Idee des Monotheismus gesiegt, und nur eine "Gottheit" soll hier am Werk gewesen sein.

Eine andere Erklärung für die ungebetenen Pluralverse wie Gen. 1,26 ist auch der "plural majestatis" oder "Majestätsplural", eine Ausdrucksform, der sich Könige, Kaiser und sonst wie Adelige der vergangenen Tage gerne bedienten, um sich so auch sprachlich vom "niederen" Volk zu unterscheiden. Diese Redeweise war aber zur Zeit des Alten Testamentes - zumindest aber vor dem babylonischen Exil (Staimer, S. 43) - nicht bekannt, auch sie ist eine nachträgliche Interpretation. Und warum sollte sich auch der "Allmächtige" durch seinen Sprachgebrauch irgendwie erheben oder unterscheiden wollen? Und von wem, da es noch keine Menschen gab? Er hatte es bestimmt nicht nötig.

 

Vielmehr weist der Plural uns auf die Elohim, die "Götter" hin, so wie es zahllose Völker berichten, die den "Göttern" die Erschaffung des Menschen zusprechen. Es wird selbst in der Bibelforschung durchaus in Betracht gezogen, dass hier ein polytheistischer ("Gott" und "Mutter Erde") Schöpfungsakt beschrieben wird, der seine Parallelen in der Mythologie der Nachbarvölker Israels hat (Staimer, S. 43f.)!

Wenn im Alten Testament verschiedentlich von "Göttern" berichtet wird, woher stammen dann diese? Die biblischen Schöpfungsmythen, wenn es denn tatsächlich nur reine "Mythen" sind, weisen einige sehr deutliche Parallelen zum Glauben der älteren Völker Mesopotamiens auf. Es scheint außer Frage zu stehen, dass etwa die Sumerer aus Untermesopotamien die Autoren der Bibel stark beeinflusst haben. Allerdings fand diese Beeinflussung nur indirekt statt, da das großartige Volk der Sumerer schon von der Bildfläche der Geschichte verschwunden war, als die biblischen Schreiber sich an die Arbeit machten. Aber klar zu erkennende Parallelen weisen eine Verbindung auf. Später jedoch dazu ausführlicher.