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Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen

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Der neue Kettenhund

Etwas Gutes wenigstens hatten die Schwäne: als sie sahen, daß die Wildgänse entkommen waren, fanden sie es unter ihrer Würde, ihnen nachzujagen. Die Wildgänse durften also in aller Ruhe auf einer mit Binsen bewachsenen Insel schlafen.

Nils Holgersson aber konnte vor lauter Hunger nicht einschlafen. „Ich muß sehen, daß ich in irgend einem Hause etwas zum Essen finde,“ sagte er.

In diesen Tagen, wo so vielerlei auf dem Wasser umhertrieb, war es für so einen kleinen Wicht wie Nils Holgersson nicht schwer, ein Beförderungsmittel zu finden. Er besann sich daher nicht lange, sondern sprang auf ein Bretterstück, das zwischen die Binsen hineingetrieben war. Dann fischte er einen kleinen Stock auf und stieß durch das seichte Wasser dem Ufer zu.

Kaum hatte er dieses erreicht, als er neben sich ein Plätschern im Wasser hörte. Er blieb unbeweglich stehen und sah da zuerst eine Schwänin, die ganz in seiner Nähe in ihrem großen Neste lag; dann aber erblickte er einen Fuchs, der ein paar Schritte ins Wasser hineingewatet war und sich zu dem Schwanenneste hinschlich.

„Hallo, hallo! Steh auf, steh auf!“ rief der Junge und schlug mit seinem Stock ins Wasser.

Die Schwänin stand auf, aber doch nicht so rasch, daß der Fuchs sich nicht hätte auf sie werfen können, wenn er gewollt hätte. Aber er gab diesen Plan auf und rannte eiligst auf den Jungen zu.

Der Däumling sah den Fuchs auf sich zukommen und lief spornstreichs ins Land hinein. Vor ihm lag weiter, flacher Wiesengrund, nirgends sah er einen Baum, den er hätte erklettern, nirgends ein Loch, in dem er sich hätte verstecken können. Es blieb ihm nichts übrig, als zu fliehen. Nun war der Junge zwar ein guter Läufer, aber daß er es in der Geschwindigkeit mit einem Fuchs, der frei und ungehindert laufen konnte und nichts zu tragen hatte, nicht aufnehmen könnte, dessen war er sich nur zu klar.

Eine Strecke weit im Lande drinnen lagen einige Kätnerhütten, aus deren Fenstern heller Lichtschein herausdrang. Natürlich lief der Junge darauf zu; aber er mußte sich selbst sagen, daß ihn der Fuchs längst eingeholt haben würde, ehe er die Häuser erreicht hätte.

Einmal war ihm der Fuchs schon so nahe, daß er den Jungen sicher zu haben meinte; aber da sprang dieser hastig zur Seite und lief wieder der Bucht zu. Diese Wendung hielt den Fuchs ein wenig auf, und ehe er den Jungen aufs neue eingeholt hatte, war dieser zu ein paar Männern hingelaufen, die den ganzen Tag hindurch und noch am Abend das auf dem Wasser umhertreibende Gut geborgen hatten und jetzt auf dem Heimweg waren.

Die Männer waren müde und schläfrig; sie hatten weder den Fuchs noch den Jungen bemerkt, obgleich dieser auf sie zugelaufen war. Der Junge wollte sie indes gar nicht anreden und sie auch nicht um Hilfe bitten; er begnügte sich damit, neben ihnen herzulaufen, denn er dachte: „Der Fuchs wird sich wohl hüten, ganz dicht zu den Menschen hinzugehen.“

Aber bald hörte er, wie der Fuchs herbeischlich. Ja, er wagte sich wirklich ganz nahe an die Menschen heran, denn er dachte: „Sie werden mich wohl für einen Hund halten.“

„Was schleicht denn da für ein Hund hinter uns her?“ sagte auch in der Tat einer von den Männern. „Er kommt uns so nahe, als ob er uns beißen wollte.“

Der andre blieb stehen und sah sich um. „Weg mit dir! Was willst du?“ rief er und versetzte dem Fuchs einen Stoß, der ihn auf die andre Seite des Weges beförderte. Von da an hielt sich der Fuchs in ein paar Metern Abstand, lief aber unentwegt hinter den Männern her.

Bald erreichten die Männer die Kätnerhütten und gingen miteinander in eine von ihnen hinein. Der Junge hatte eigentlich im Sinne gehabt, sich mit ihnen hineinzuschleichen; aber kaum war er auf dem Flur angekommen, da sah er einen großen, schönen, langhaarigen Kettenhund aus der Hundehütte herausrasen und den Hausherrn stürmisch begrüßen. Da änderte der Junge seine Absicht und blieb vor dem Hause.

„Hör einmal, Hofhund,“ sagte er leise, sobald die Männer die Tür hinter sich zugemacht hatten. „Willst du mir nicht helfen, heute nacht einen Fuchs zu fangen?“

Der Hofhund hatte keine scharfen Augen, und zornig und hitzig war er von dem Angebundensein auch geworden. „Wie soll ich einen Fuchs fangen?“ bellte er wütend. „Wer bist denn du, daß du daherkommst und mich verspottest? Komm mir nur so nahe, daß ich dich fassen kann, dann werde ich dich lehren, deinen Spott mit mir zu treiben.“

„O, ich habe durchaus keine Angst vor dir!“ rief der Junge und lief zu dem Hund hin. Und als der Hund den kleinen Knirps sah, war er so überrascht, daß er kein Wort herausbringen konnte.

„Ich bin der Junge, den die Tiere den Däumling nennen, und der mit den Wildgänsen umherzieht,“ sagte Nils Holgersson. „Hast du noch nicht von mir reden hören?“

„Doch, die Schwalben haben wohl so etwas von dir gezwitschert,“ antwortete der Hund. „Du scheinst große Dinge ausgerichtet zu haben, obwohl du nur so klein bist.“

„Ja, bis heute ist es mir ganz gut gegangen, aber wenn du mir nicht hilfst, dann ist es wohl aus mit mir. Ein Fuchs ist mir dicht an den Fersen. Er steht dort an den Ecke und lauert auf mich.“

„Ei freilich, ich wittre ihn wirklich deutlich,“ sagte der Hund. „Den werden wir bald haben.“

Damit jagte der Hofhund davon, so weit seine Kette reichte, und bellte und kläffte eine gute Weile.

„Ich glaube nicht, daß er sich jetzt noch einmal heranwagt,“ sagte er dann.

„Ach, mit dem Bellen allein wird dieser Fuchs nicht in die Flucht geschlagen,“ sagte der Junge. „Er wird gleich wieder da sein, und das wäre auch am besten, denn ich habe mir nun einmal in den Kopf gesetzt, daß du ihn gefangen nehmen sollst.“

„Treibst du schon wieder deinen Spott mit mir?“ rief der Hund.

„Nein, gewiß nicht. Komm nur mit mir in die Hundehütte hinein, damit der Fuchs uns nicht hören kann; dann sage ich dir, wie du es machen mußt,“ sagte der Junge.

Der Junge und der Hund krochen miteinander in die Hütte hinein und flüsterten da eifrig zusammen.

Nach einer Weile steckte der Fuchs die Nase um die Ecke, und als alles still war, schlich er sich sachte in den Hof hinein. Er verfolgte die Spur des Jungen bis zur Hundehütte hin und setzte sich in angemessener Entfernung davon nieder, um zu überlegen, wie er ihn herauslocken könnte. Plötzlich steckte der Hund den Kopf heraus und knurrte den Fuchs an. „Mach daß du fort kommst, sonst komme ich heraus und packe dich!“ rief er.

„Deinetwegen bleibe ich ruhig hier sitzen, solange ich Lust habe,“ erwiderte der Fuchs.

„Geh deiner Wege!“ brummte der Hund noch einmal in drohendem Ton. „Sonst hast du heute nacht zum letzenmal gejagt.“

Aber der Fuchs grinste den Hund nur an und wich nicht vom Fleck. „Ich weiß schon, wie weit deine Kette reicht,“ sagte er.

„Nun habe ich dich zweimal gewarnt,“ sagte der Hund und trat aus seiner Hütte heraus. „Jetzt mußt du die Folgen selbst tragen.“

Und in demselben Augenblick fuhr er mit einem großen Satz auf den Fuchs los. Er erreichte ihn ohne jegliche Schwierigkeit, denn er war frei; der Junge hatte ihm sein Halsband abgenommen.

Einen Augenblick kämpften die beiden Tiere miteinander; aber der Streit war bald entschieden: Der Hund stand als Sieger, der Fuchs lag auf dem Boden und wagte sich nicht zu rühren. „Ruhig, ruhig! Wenn du nicht ganz ruhig bleibst, beiße ich dich tot,“ sagte der Hund. Dann packte er ihn am Nacken und schleppte ihn in seine Hütte hinein. Da stand der Junge mit der Hundekette; er legte dem Fuchs das Halsband zweimal um den Hals und zog es recht fest zu, damit er ganz sicher gefangen saß; und die ganze Zeit über mußte der Fuchs vollkommen still liegen und wagte sich nicht zu rühren.

„So so, mein Herr Smirre, nun hoffe ich, daß ein guter Kettenhund aus dir wird,“ sagte der Junge, als er fertig war.

34
Die Sage von Uppland

Donnerstag, 5. Mai

Am nächsten Tag hatte der Regen aufgehört, aber es stürmte noch den ganzen Vormittag, und die Überschwemmung nahm immer mehr überhand. Gleich nach Mittag jedoch trat ein Umschlag in der Witterung ein. Es wurde auf einmal herrliches Wetter: warm, windstill und wunderschön.

Der Junge lag höchst vergnügt mitten in einem Busch prachtvoll blühender Dotterblumen und schaute zum Himmel hinauf, als zwei Schulkinder mit ihren Büchern und ihrem Vesperbrot auf einem Wiesenpfad daherkamen, der sich am Ufer hinschlängelte. Die Kinder gingen ganz langsam und sahen sehr betrübt aus. Als sie dicht bei dem Jungen angekommen waren, setzten sie sich auf ein paar Steine und schütteten sich gegenseitig das Herz aus.

„Mutter wird sehr ärgerlich werden, wenn sie hört, daß wir heute unsere Aufgabe wieder nicht gekonnt haben,“ sagte eines von ihnen.

„Ja, und der Vater auch,“ fuhr das andre fort. Und von ihrem Kummer ganz überwältigt, brachen die beiden Kinder in lautes Weinen aus.

Der Junge überlegte eben, ob er sie denn nicht auf irgendeine Weise trösten könnte, als eine kleine, bucklige alte Frau mit einem lieben, freundlichen Gesicht auf dem Pfade daherkam und vor den Kindern Halt machte.

„Kinder, warum weint ihr denn?“ fragte die Alte.

Da erzählten ihr die Kinder, sie hätten in der Schule ihre Aufgabe nicht gekonnt, und nun schämten sie sich so, daß sie nicht nach Hause gehen wollten.

„Aber was ist denn das für eine schwere Aufgabe, die ihr gar nicht lernen könnt?“ fragte die Alte. Da berichteten die Kinder, sie hätten die Geographie von ganz Uppland aufgehabt.

„Das ist allerdings nach dem Buch vielleicht gar nicht so leicht zu lernen,“ sagte die Alte. „Aber nun sollt ihr hören, was meine Mutter mir einmal von diesem Land erzählt hat. Ich selbst bin nicht in die Schule gegangen und habe deshalb auch nichts weiter davon gelernt, aber was meine Mutter mir darüber erzählt hat, hab ich meiner Lebtage nicht wieder vergessen.“

 

„Nun also, meine Mutter sagte,“ so begann die Alte, indem sie sich neben die Kinder auf einen Stein setzte, „in alten Zeiten sei Uppland die ärmste und unbedeutendste Landschaft von ganz Schweden gewesen. Sie habe nur aus mageren Lehmfeldern und einigen niedrigen Steinhaufen bestanden, und es soll bis zum heutigen Tage noch viele solcher Landstrecken da geben, wenn wir hier unten am Mälar auch nicht viel davon sehen.

Nun ja, woher es nun auch kommen mochte, traurig und betrübt sah es in Uppland aus, und das arme Uppland hatte das Gefühl, daß die andern Landschaften es für einen richtigen armen Schlucker hielten, und das ist auf die Dauer doch recht ärgerlich. Eines schönen Tages jedoch hatte Uppland das ganze Elend so gründlich satt, daß es einen Sack auf den Rücken und einen Stab in die Hand nahm und auszog, um bei denen, die es so viel besser hatten, zu betteln.

Zuerst wanderte das arme Uppland immer südwärts, bis es nach Schonen kam. Dort angelangt, jammerte es, wie arm es sei, und bettelte um etwas fruchtbares Erdreich.

‚Nächstens weiß man nicht mehr, was man allen Bettelleuten, die einen überlaufen, geben soll,‘ sagte Schonen. ‚Aber wir wollen einmal sehen. Da habe ich gerade ein paar Mergelgruben eröffnet, und du kannst dir einige von den Rasenstücken nehmen, die ich dort an den Rand geworfen habe!‘

Uppland nahm die Rasenstücke, bedankte sich schön, und wanderte von Schonen nach Westgötland. Dort angekommen, jammerte es, wie arm es sei, und bat wieder um Erdboden.

‚Erdboden kann ich dir nicht geben,‘ sagte Westgötland. ‚Einem Bettler gönne ich auch nicht ein Stückchen von meinen fetten Wiesen. Wenn du aber einen von meinen kleinen Flüssen brauchen kannst, die durch die Ebene hinziehen, dann nimm ihn dir.‘

Uppland nahm den Fluß und bedankte sich schön. Hierauf zog es nach Halland. Dort jammerte es aufs neue, wie arm es sei, und bat um Erdboden.

‚Ich bin auch nicht reicher als du,‘ sagte Halland, ‚und deshalb brauchte ich dir auch nichts zu geben. Wenn du aber meinst, es verlohne sich der Mühe, kannst du dir ein paar Steinhaufen ausbrechen und mitnehmen.‘

Uppland nahm das Geschenk, bedankte sich schön und eilte weiter nach Bohuslän. Da durfte es so viele kahle Felsen in seinen Sack stecken, als es nur wollte. ‚Sie sehen zwar nichts gleich,‘ sagte Bohuslän, ‚aber als Schutz gegen den Wind kannst du sie schon verwenden. Sie werden dir nützlich sein, denn du wohnst ja auch am Meere, gerade wie ich.‘

Uppland nahm alles, was ihm geschenkt wurde, dankbar an und wies nichts zurück, obgleich man ihm überall nur das gab, was die andern am leichtesten entbehren zu können glaubten. Wärmland warf ihm ein Stück Berg hin, Westmanland gab ihm eine Reihe von seinen Hügeln, Ostgötland schenkte ihm ein Stück von dem wilden Kolmården, und Småland stopfte ihm fast den ganzen Sack voll Moorboden, Steinhaufen und Heidehügeln.

Sörmland wollte nichts herschenken als ein paar Mälarbuchten, und Dalarna wollte auch nichts von seinem Land hergeben und fragte deshalb, ob sich Uppland nicht mit einem Stück vom Dalälf begnügen wolle.

Zuletzt bekam es von Närke noch einige sumpfige am Hjälmar gelegene Wiesen; dann aber war sein Sack ganz voll, und nun meinte Uppland auch genug zusammengebettelt zu haben.

Als es wieder zu Hause anlangte und alles, was es erbettelt hatte, aus seinem Sack herausnahm, dachte es freilich: ‚Da habe ich nichts als einen Haufen Gerümpel mit heimgebracht.‘ Es seufzte und zerbrach sich den Kopf darüber, wie es denn seine Gaben nützlich verwenden könnte.

Nun verging ein Jahr ums andre, währenddessen Uppland daheim sein Eigentum ordnete, und schließlich hatte es auch alles nach seinem Gutdünken aufgestellt.

Zu jener Zeit wurde in Schweden viel darüber verhandelt, wo in dem schwedischen Reiche der König wohnen und wo er sein Schloß und die Hauptstadt errichten sollte. Natürlich wollte jede Landschaft den König bei sich haben, und es wurde lange darüber hin und her gestritten.

‚Ich meine, der König sollte in der Landschaft wohnen, die sich als die klügste und tüchtigste ausweist,‘ sagte schließlich Uppland; und die andern Landschaften erklärten diesen Ausspruch für einen klugen Rat. Es wurde also beschlossen, daß die Landschaft, die sich als die klügste und tüchtigste ausweise, den König und die Hauptstadt bekommen solle.

Kaum waren alle Landschaften wieder zu Hause angelangt, als auch schon eine Botschaft von Uppland bei ihnen eintraf, die sie zu einem Fest zu sich einlud. ‚Was könnte uns denn dieser arme Schlucker wohl zu bieten haben?‘ sagten alle Landschaften; aber sie nahmen doch die Einladung an.

Als sie ankamen, waren sie über das, was sie sahen, aufs höchste überrascht. Dicht bebaut breitete sich Uppland vor ihnen aus. In der Mitte der Landschaft lag ein schöner Hof neben dem andern, an der Küste dehnten sich Ortschaften aus, und auf allen Wassern der Landschaft fuhren zahlreiche Schiffe hin und her.

‚Es ist eine Schande, mit dem Bettelsack umherzuziehen, wenn man es daheim so gut hat,‘ sagten die andern Landschaften.

‚Ich habe euch eingeladen, um euch eure Geschenke ordentlich zu zeigen, denn euch habe ich es zu verdanken, daß ich mich jetzt so gut fortbringen kann,‘ sagte Uppland.

‚Als ich heimkam,‘ fuhr Uppland fort, ‚leitete ich zu allererst den Dalälf in meinen Bereich herein, und zwar so, daß er zwei prächtige Wasserfälle bilden mußte, den einen bei Söderfors und den andern bei Älfkarleby. Südlich vom Dalälf bei Dannemora stellte ich den Berg auf, den ich von Wärmland bekam, und da entdeckte ich, daß Wärmland nicht so genau nachgesehen hatte, was es weggab, denn der Berg bestand aus dem besten Eisenerz. Ringsherum pflanzte ich den Wald, das Geschenk Ostgötlands, nun waren an ein und derselben Stelle Erz, Wälder und Wasserkraft beieinander, und daß da reiche Bergwerke entstehen würden, versteht sich von selber.

Nachdem ich es nun im Norden so gut eingerichtet hatte, stellte ich die Westmanländischen Hügel auf; aber ich streckte und dehnte sie, bis sie bis zum Mälar hinreichten und da Landzungen und Holme bildeten, die sich bald mit Grün bekleideten und zu schönen Gärten wurden. Die Buchten von Sörmland aber dehnte ich so weit wie möglich ins Land hinein; dadurch wurde dieses den Schiffen zugänglich und trat in Verbindung mit der Welt draußen.

Nachdem im Norden und Süden alles fertig war, wendete ich mich der östlichen Küste zu, und nun sammelte ich alle die nackten Klippen und Steinhaufen, die Heidestrecken und die kahlen Felder, die ihr mir gegeben hattet, und warf sie ins Meer. So entstanden alle meine Holme und Inseln, die mir für die Schiffahrt und den Fischfang äußerst nützlich sind und die ich für mein wertvollstes Eigentum halte.

Dann hatte ich von euern Geschenken nichts mehr übrig als die Rasenstücke von Schonen; diese legte ich mitten ins Land hinein, und daraus wurde die fruchtbare Vaksala-Ebene. Den trägen Fluß aber, den mir Westgötland gegeben hatte, leitete ich über die Wiese hin, und so bildet er eine gute Verbindung zu den Mälarbuchten.‘

Jetzt verstanden die andern Landschaften, wie alles zugegangen war, und obgleich sie immer noch etwas ärgerlich waren, mußten sie doch zugeben, daß Uppland seine Sache gut gemacht hätte. ‚Du hast mit wenig Mitteln Großes geleistet. Ja, du bist wirklich am klügsten und tüchtigsten von uns allen,‘ sagten sie.

‚Ich danke euch für diesen Ausspruch,‘ sagte Uppland. ‚Wenn ihr das sagt, dann bin ich auch die Landschaft, die den König und die Hauptstadt bekommen soll.‘

Wieder wurden die Landschaften etwas ärgerlich; aber ein Wort ist ein Wort, und so blieb es dabei.

So bekam Uppland den König und die Hauptstadt und wurde die erste von allen Landschaften. Und das war nicht mehr als recht und billig, denn Klugheit und Tüchtigkeit, diese beiden sind es, die auch heute noch aus Bettlern Fürsten machen.“

35
In Uppsala

Der Student

Donnerstag, 5. Mai

Zu der Zeit, wo Nils Holgersson mit den Wildgänsen durchs Land zog, war in Uppsala ein sehr tüchtiger junger Student. Er wohnte in einem Dachstübchen, und die jungen Leute sagten, er lebe geradezu von der Luft. Sein Studium betrieb er mit Lust und Liebe, und er wurde früher fertig als alle seine Studiengenossen. Trotzdem aber war er kein Bücherwurm und Spielverderber, sondern freute sich mit seinen Kameraden der akademischen Freiheit, gerade wie ein rechter Student sein soll. Er hatte nicht einen einzigen Fehler, wenn man nicht etwa das einen Fehler nennen wollte, daß er vom Glück etwas verwöhnt worden war. Aber das kann dem besten passieren; das Glück ist nicht so leicht zu ertragen, besonders nicht in der Jugend.

Eines Morgens, gleich nachdem der Student aufgewacht war, dachte er darüber nach, wie gut es ihm doch immer gegangen sei. „Alle Menschen haben mich lieb, die Lehrer und die Kameraden,“ sagte er vor sich hin. „Und wie gut ist es mir bei meinem Studium ergangen! Heut muß ich zum letzten Male zum ‚Tentamen‘, und dann habe ich nicht mehr viel zu tun. Wenn ich nur zur rechten Zeit fertig werde, bekomme ich gewiß eine gute Stelle mit einem ordentlichen Gehalt. Ja, ich habe in der Tat merkwürdig viel Glück, aber ich habe es mir auch tüchtig sauer werden lassen, da kann es mir nicht anders als gut gehen.“

Die Studenten in Uppsala sitzen nicht in Klassenzimmern und lernen da wie Schulkinder miteinander, sondern jeder studiert daheim auf seiner eignen Bude. Wenn sie dann mit einem Fach fertig sind, gehen sie zu ihren Professoren und werden gleich in diesem Fach examiniert. Eine solche Prüfung wird ein „Tentamen“ genannt, und jetzt sollte der obengenannte Student gerade in dem letzten und schwersten Fach seiner ganzen Studienzeit examiniert werden.

Sobald er sich angezogen und sein Frühstück eingenommen hatte, setzte er sich an den Schreibtisch, um einen letzten Blick in die Bücher zu werfen.

„Ich glaube, es ist ganz überflüssig, denn ich bin ja sehr gut vorbereitet,“ dachte er. „Aber ich will doch lieber bis zuletzt büffeln, dann habe ich mir nichts vorzuwerfen.“

Er hatte noch nicht lange studiert, als es an seiner Tür klopfte und ein Student mit einem dicken Band unter dem Arm bei ihm eintrat. Dieser Student war von einem ganz andern Kaliber als der, der am Schreibtisch saß. Er war bleich und schüchtern und sah ärmlich und bedürftig aus. Es war einer von denen, die sich einzig und allein auf die Bücher und nichts weiter verstehen. Man sagte ihm nach, er sei sehr gelehrt; aber er war so scheu und schüchtern, daß er sich noch nicht ein einziges Mal zu einem Tentamen herangewagt hatte. Alle seine Kameraden glaubten, es werde ein „ewiger Student“ aus ihm werden, ein solcher, der ein Jahr ums andre in Uppsala bleibt, immerfort studiert und studiert, und aus dem doch nie etwas Rechtes wird.

Jetzt kam dieser „ewige Student“ zu unserm Studenten, ihn zu bitten, ein Buch durchzulesen, das er geschrieben hatte. Es war noch nicht gedruckt, sondern nur im Manuskript fertig.

„Du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn du ein wenig hineinsehen möchtest und mir dann sagen, ob es irgend einen Wert hat,“ sagte der schüchterne Student.

Der Student, der immer Glück hatte, dachte im stillen: „Da haben wirs wieder, mich können alle Menschen besonders gut leiden; es mögen mich eben alle. Da kommt nun auch dieser Sonderling zu mir; der kann sich nicht überwinden, irgend jemand sein Werk zu zeigen, und nun bittet er mich, mein Urteil darüber abzugeben.“

Er versprach, das Manuskript sobald wie möglich zu lesen, und der andre legte es vor ihn auf den Schreibtisch. „Du mußt gut Acht darauf geben,“ sagte er. „Ich habe fünf Jahre lang daran gearbeitet; und wenn es verloren ginge, könnte ich es nicht noch einmal schreiben.“

„So lange es bei mir ist, wird ihm nichts passieren,“ sagte der Student. Und darauf entfernte sich der andre.

Der Student zog den großen Stoß Papier zu sich heran. „Was der wohl da zusammengeschmiert hat?“ sagte er. „Ah, die Geschichte der Stadt Uppsala; das klingt ja nicht so übel!“

Nun war aber unserm Studenten Uppsala die liebste Stadt von ganz Schweden, und er war überaus neugierig, zu sehen, was der „ewige Student“ über diese Stadt geschrieben hätte. „Wenn ich mir die Sache recht überlege, kann ich seine Geschichte ebensogut gleich lesen,“ murmelte er. „Es hat ja doch keinen Wert, wenn ich mich hier bis zum letzten Augenblick schinde. Deshalb geht es mir doch nicht besser beim Professor.“

Der Student fing also zu lesen an und hob den Kopf nicht mehr von den Blättern, bis er das letzte gelesen hatte. „Ei sieh einmal!“ sagte er. „Das ist ja ein fürchterlich gelehrtes Werk. Wenn dieses Buch herauskommt, ist der ewige Student ein gemachter Mann. Nein, wie freue ich mich, ihm sagen zu können, daß mir sein Werk gefällt!“

 

Er sammelte alle die losen Blätter, aus denen das Manuskript bestand, wieder sorgfältig zusammen und legte sie auf den Tisch. Während er noch damit beschäftigt war, hörte er eine Uhr schlagen.

„Ei der Tausend, es ist höchste Zeit, daß ich zum Professor gehe!“ rief er und eilte zur Türe hinaus, seine schwarzen Kleider zu holen, die in einem Kämmerchen auf dem Bodenraum hingen. Aber wie es öfters zu gehen pflegt, wenn man in Eile ist: Schloß und Schlüssel waren widerwillig, und es dauerte eine gute Weile, bis der Student wieder in sein Zimmer zurückkam.

Als er über die Schwelle trat, stieß er einen lauten Schrei aus. In der Eile, mit der er hinausgegangen war, hatte er die Tür seines Zimmers hinter sich offen gelassen, und das Fenster am Schreibtisch war auch offen gewesen. Dadurch war ein heftiger Zug entstanden, und jetzt sah der Student die losen Blätter des Manuskripts zum Fenster hinauswirbeln. Mit einem großen Satz war er am Schreibtisch und legte die Hand auf die Blätter. Aber es war nicht mehr viel zu retten: höchstens zehn bis zwölf Blätter lagen noch auf der Tischplatte, alle andern flatterten, vom Wind getrieben, über die Dächer und Höfe hin.

Der Student bog sich weit zum Fenster hinaus und sah den Blättern nach. Auf dem Dach vor dem Mansardenfenster saß ein schwarzer Vogel, der ihn mit spöttischer Überlegenheit ansah. „Ist das nicht ein Rabe?“ dachte der Student. „Man sagt doch, die Raben bedeuteten Unglück.“

Einige von den Blättern lagen noch auf dem Dache, und so hätte er vielleicht wenigstens noch einen Teil des verlorenen Gutes retten können, wenn das Tentamen nicht gewesen wäre. Nun aber meinte er, er müsse sich in erster Linie um seine eignen Angelegenheiten kümmern. „Es handelt sich ja um meine ganze Zukunft,“ dachte er.

Er warf sich in seinen schwarzen Anzug und stürzte zu dem Professor. Unterwegs mußte er immerfort an das verlorene Manuskript denken. „Das ist eine recht ärgerliche Geschichte,“ dachte er. „Wie schade, daß ich in so großer Eile war!“

Der Professor begann das Examen; aber der Student konnte an nichts andres denken, als an das verlorene Manuskript. „Was sagte doch der arme Kerl?“ dachte er. „Sagte er nicht, er habe fünf Jahre lang an dem Buch gearbeitet und wäre nicht imstande, es noch einmal zu schreiben? Ach, woher soll ich nun den Mut nehmen, ihm zu gestehen, daß es mir abhanden gekommen ist?“

Der Student war sehr aufgeregt und höchst unglücklich über sein Mißgeschick mit dem Manuskript und konnte sich auf nichts besinnen. Alle seine Kenntnisse waren wie weggeblasen. Er hörte nicht, was der Professor fragte, und hatte auch keine Ahnung, was er antwortete. Der Professor war ganz entsetzt über eine solche Unwissenheit und konnte nichts andres tun, als ihn durchfallen lassen.

Als der Student wieder auf die Straße kam, war er unglückselig. „Jetzt entgeht mir die gute Stelle!“ dachte er. „Und wer ist ganz allein schuld daran? Dieser alte Bücherwurm! Warum mußte er auch gerade heute mit seinem Werk daherkommen? Aber so geht es, wenn man immer gefällig ist.“

In diesem Augenblick sah der Student den, an den er eben dachte, auf sich zukommen. Er wollte ihm natürlich nicht sagen, daß ihm das Manuskript abhanden gekommen sei, ehe er einen Versuch gemacht hätte, es wieder zu erlangen, und suchte deshalb stillschweigend an ihm vorübergehen. Aber der andre wanderte ganz betrübt und niedergedrückt daher und dachte nur immerfort, was der Student wohl über sein Buch sagen werde. Als dieser nun mit einem unfreundlichen Kopfnicken vorübereilte, wurde er von einer grenzenlosen Angst erfaßt. Er hielt ihn am Ärmel fest und fragte ihn, ob er schon ein wenig in das Manuskript hineingesehen habe.

„Ich komme eben von meinem Tentamen,“ antwortete der Student und wollte rasch weitergehen. Aber der andre glaubte, er weiche ihm aus, damit er ihm nicht sagen müsse, wie wenig ihm das Manuskript gefallen habe. Ach, da war ihm, als müsse ihm das Herz brechen! Diese Arbeit, der er fünf Jahre seines Lebens geopfert hatte, war also ganz wertlos! Tief betrübt sagte er zu dem Studenten: „Höre nun, was ich dir sage. Lies mein Buch, so rasch du kannst, und dann teile mir mit, was du darüber denkst; aber wenn es nichts wert ist, verbrenne es, dann will ich es gar nicht mehr sehen.“

Nach diesen Worten ging er hastig davon. Der Student sah ihm nach und wollte ihn zurückrufen, besann sich dann aber anders und lenkte seine Schritte heimwärts.

Hier angekommen, zog er rasch seinen Werktagsanzug wieder an und eilte fort, nach den verlorenen Blättern zu suchen. Er suchte in den Straßen, auf den freien Plätzen und in den Gärten. Dann suchte er in den Höfen, ja er ging sogar weit vor die Stadt hinaus; aber er fand nicht ein einziges Blatt.

Nachdem er ein paar Stunden ununterbrochen gesucht hatte, war er so hungrig, daß er etwas essen mußte. In seinem gewohnten Gasthaus traf er wieder mit dem ewigen Studenten zusammen, der auch sogleich auf ihn zukam, um etwas über sein Buch zu erfahren.

„Ich werde heute abend zu dir kommen und mit dir darüber sprechen,“ sagte der Student ziemlich abweisend. Er wollte den Verlust des Manuskripts nicht gestehen, ehe er ganz sicher wäre, daß er es nicht wieder erlangen könnte.

Der andre erblaßte: „Vergiß nicht, daß du es vernichten mußt, wenn es nichts wert ist!“ sagte er im Fortgehen; denn jetzt war er vollkommen überzeugt, daß dem Studenten sein Buch ganz und gar nicht gefallen habe.

Der Student eilte wieder in die Stadt zurück und suchte ununterbrochen, bis es ganz dunkel war; aber nirgends war eine Spur von den verlorenen Blättern zu entdecken. Auf dem Rückweg nach seiner Wohnung traf er mit ein paar Kameraden zusammen.

„Wo hast denn du dich herumgetrieben; du bist ja nicht zum Maienfest gekommen?“ fragten sie.

„Ach, ist heute das Maienfest gewesen?“ rief der Student. „Das hatte ich ganz vergessen.“

Während er noch mit seinen Kameraden sprach, kam ein junges Mädchen, das der Student sehr lieb hatte, an der Gruppe vorüber. Sie sah ihn nicht an, sondern sprach mit einem andern Studenten, dem sie überaus freundlich zulächelte. Da fiel dem Studenten plötzlich etwas ein: Er hatte dieses junge Mädchen gebeten gehabt, doch ja gewiß zum Maienfest zu kommen, damit er mit ihr zusammen sein könnte; und nun hatte er selbst sich nicht eingefunden. Ach, was mochte sie von ihm denken!

Ein Stich ging ihm durchs Herz, und er wollte ihr nacheilen; aber da sagte einer von seinen Freunden: „Mit Stenberg, unserm guten Bücherwurm, scheint es schlecht zu stehen. Er ist heute nachmittag krank geworden.“

„Es wird doch nicht gefährlich sein?“ fragte der Student hastig.

„Irgend ein Herzleiden. Er hat einen schlimmen Anfall gehabt, der sich jederzeit wiederholen kann. Der Doktor meint, er habe irgend einen schweren Kummer, und seine Wiederherstellung hänge davon ab, ob man ihn von dieser Sorge befreien könne.“

Kurz darauf trat der Student bei dem Kranken ein. Dieser lag bleich und matt in seinem Bett und war nach dem schweren Anfall noch gar nicht wieder recht zu sich gekommen.

„Ich komme, wegen deines Buches mit dir zu reden,“ begann der Student. „Es ist ein ausgezeichnetes Werk; ich habe selten so etwas Schönes gelesen.“

Der ewige Student richtete sich in seinem Bette auf und sah den andern mit großen Augen an. „Warum warst du dann heute nachmittag so sonderbar?“ fragte er.

„Ich war in schlechter Laune, weil ich in dem Tentamen durchgefallen bin, und ich glaubte auch nicht, daß du dir so viel aus meinem Urteil machen würdest,“ sagte der Student. „Aber dein Buch hat mir ausnehmend gut gefallen.“

Der Kranke sah den andern forschend an und war immer fester überzeugt, daß ihm dieser etwas verheimlichen wollte. „Du sagst das nur, weil ich krank bin und du mich nun trösten möchtest.“