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Gösta Berling: Erzählungen aus dem alten Wermland

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»Aber du selber, Gösta Berling?«

»Ich habe meine Arbeit an der Hobel- und Drechselbank, Frau Majorin. Ich muß fortan mein eigenes Leben leben. Will meine Frau nicht mit mir gehen, so muß ich es geschehen lassen. Wenn man mir jetzt auch alle Reichtümer der Welt böte, würde mich das nicht verlocken; ich will mein eigenes Leben leben. Ich will fortan ein armer Mann unter den Bauern sein und ihnen helfen, soweit es in meinen Kräften steht. Sie brauchen einen, der ihnen bei Hochzeiten und beim Weihnachtsschmaus aufspielt, einen, der Briefe an die Söhne in der Fremde schreiben kann – und das kann ich alles tun. Aber arm muß ich sein, Frau Majorin.«

»Das wird ein trauriges Leben für euch, Gösta!«

»Ach nein, Frau Majorin, das würde es nicht, wenn wir nur zwei wären, die zusammenhalten. Die Reichen und Fröhlichen würden ebensogut zu uns kommen wie die Armen. Wir würden Frohsinn genug in unserm Häuschen haben. Die Gäste würden sich nicht daran stoßen, daß das Essen vor ihren Augen bereitet würde, es würde sie nicht beleidigen, daß sie zu zweien von einem Teller speisen müßten.«

»Und welchen Nutzen würdest du mit alledem stiften, Gösta? Welche Ehre würdest du erringen?«

»Es würde mir Ehre genug sein, Frau Majorin, wenn die Armen sich ein paar Jahre nach meinem Tode meiner noch erinnerten. Ich würde Nutzen genug gestiftet haben, wenn ich bei jedem Hause ein paar Apfelbäume gepflanzt, wenn ich dem Spielmann ein paar von den Melodien der alten Meister gelehrt hätte, wenn der Hirtenbube auf dem Waldpfade einige schöne Lieder singen könnte. – Die Frau Majorin können mir glauben, ich bin noch derselbe tolle Gösta Berling wie in alten Zeiten. Ein Bauernspielmann, das ist alles, was ich werden kann; aber das ist genug. Ich habe viel wieder gutzumachen, aber das Weinen und die Reue sind nichts für mich. Ich will den Armen Freude bereiten, das ist meine Buße!«

»Gösta,« sagte die Majorin, »ein solches Leben ist zu gering für einen Mann mit deinen Gaben. Ich will dir Ekeby geben.«

»Ach, Frau Majorin!« rief er entsetzt aus; »machen Sie mich nicht reich! Belasten Sie mich nicht mit solchen Pflichten! Scheiden Sie mich nicht von den Armen!«

»Ich will dir und den Kavalieren Ekeby geben«, wiederholte die Majorin. »Du bist ja ein vorzüglicher Mensch und vom Volke gesegnet. Ich sage wie meine Mutter: Fortan kannst du diese Arbeit übernehmen.«

»Nein, Frau Majorin, das können wir nicht annehmen, wir, die wir Sie so verkannt und Ihnen so viel Kummer bereitet haben!«

»Ich will Euch Ekeby geben! Hörst du es nicht?« Sie sprach hart und scharf ohne alle Freundlichkeit.

Eine entsetzliche Angst überkam ihn.

»Führen Sie die Alten nicht in eine solche Versuchung, Frau Majorin; das würde sie ja wieder zu leichtsinnigen Zechbrüdern machen. Reiche Kavaliere! Gott im Himmel! Was sollte wohl aus uns werden?«

»Ich will dir Ekeby geben, Gösta, dafür sollst du mir aber geloben, deiner Frau die Freiheit zu schenken. So eine feine, kleine Dame paßt nicht für dich. Sie hat zuviel gelitten hier im Bärenlande; sie sehnt sich zurück in ihre lichte Heimat. Du sollst sie reisen lassen. Deshalb gebe ich dir Ekeby.«

Jetzt aber kniete Gräfin Elisabeth am Lager der Majorin nieder. »Ich sehne mich nicht mehr fort, Frau Majorin. Er, der mein Gatte ist, hat das Rätsel gelöst und das Leben gefunden, das ich leben kann. Ich brauche nicht kalt und streng an seiner Seite zu gehen und ihn an Reue und Buße zu mahnen. Armut und Not und strenge Arbeit werden das schon zur Genüge tun. Die Wege, die zu den Armen und Kranken führen, kann ich ohne Sünde wandeln. Ich fürchte mich nicht mehr vor dem Leben hier oben im Norden. Machen Sie ihn aber nicht reich, Frau Majorin, denn dann kann ich nicht bei ihm bleiben.«

Die Majorin richtete sich im Bette auf. »Alles Glück verlangt Ihr für Euch«, rief sie und drohte mit der geballten Faust, »alles Glück und allen Segen. Nein, die Kavaliere sollen Ekeby haben, damit sie zugrunde gehen. Mann und Weib sollen voneinander getrennt werden, damit sie zugrunde gehen. Eine Hexe, eine Zauberin bin ich, und ich will Euch zu allem Bösen anstacheln. So wie mein Ruf ist, so will ich auch sein!«

Sie nahm den Brief und schleuderte ihn Gösta ins Gesicht. Das schwarze Papier flatterte zur Erde. Gösta kannte es sehr wohl.

»Du hast dich gegen mich versündigt, Gösta. Du hast die verkannt, die dir eine zweite Mutter gewesen ist. Wagst du es, dich zu weigern, deine Strafe aus meiner Hand hinzunehmen? Du sollst Ekeby annehmen, und es soll dein Verderben werden, denn du bist schwach. Du sollst deine Frau nach Hause senden, daß du niemand hast, der dich erretten kann. Du sollst mit einem Namen sterben, der ebenso verhaßt ist wie der meine. Von Margarete Celsing wird es nach ihrem Tode heißen, daß sie eine Hexe, eine Zauberin war, von dir soll es heißen: er war ein Verschwender, ein Bauernschinder!«

Sie sank in ihre Kissen zurück, und alles ward still. Da erklang durch die Stille der Nacht ein dumpfer Schlag, dann folgte ein zweiter und ein dritter. Der Stangeneisenhammer hatte sein dröhnendes Werk begonnen.

»Horch!« sagte Gösta Berling. »So klingt Margarete Celsings Nachruhm! Das sind nicht die Scherze betrunkener Kavaliere. Es ist die Siegeshymne der Arbeit, die zu Ehren einer alten, treuen Arbeiterin angestimmt wird. Dank! sagt sie, Dank für gute Arbeit, Dank für das Brot, das du den Armen gegeben, Dank für die Wege, die du gebahnt, Dank für die Wohnungen, die du gebaut, Dank für die Freude, der du deine Säle geöffnet hast! – Dank, sagt sie, ruhe in Frieden, dein Werk soll leben und bestehen. Dein Heim soll stets eine Freistätte für die glückbringende Arbeit sein! – Dank! sagt sie, und verurteile uns nicht, die wir geirrt haben Du, die du jetzt die Reise in das Heim des Friedens antrittst, gedenke unser, die wir noch leben, mit milden Gedanken.«

Gösta schwieg. Der Hammer aber fuhr fort zu reden. Alle Stimmen, die gut und liebevoll mit der Majorin geredet hatten, vermischten sich mit dem Hammerklang. Nach und nach wich die Spannung aus ihren Zügen; sie erschlafften, und es war, als breite der Tod seine Schatten über sie aus.

Anna Lisa trat ein und meldete, daß die Herren aus Högfors da seien. Die Majorin schickte sie fort; sie wollte kein Testament machen.

»Gösta Berling, du Mann der Tat, so hast du also noch einmal gesiegt. Neige dich zu mir herab, damit ich dich segnen kann.«

Das Fieber kehrte mit verdoppelter Gewalt zurück. Der Todeskampf begann. Der Körper hatte noch schwere Leiden durchzukämpfen, die Seele aber wußte gar bald nichts mehr davon. Sie begann in die Himmel zu schauen, die sich den Sterbenden öffnen.

So verging eine Stunde, dann war der schwere Todeskampf beendet. Da lag sie so friedlich und schön, daß die Umstehenden tiefbewegt waren.

»Meine liebe alte Majorin,« sagte Gösta Berling, »so habe ich dich schon einmal gesehen. Jetzt ist Margarete Celsing wieder ins Leben zurückgekehrt. Jetzt soll sie der Majorin von Ekeby nie wieder weichen.«

Als die Kavaliere aus der Schmiede zurückkehrten, vernahmen sie die Kunde vom Tode der Majorin.

»Hörte sie den Hammer?« fragten sie. Den hat sie gehört, und damit mußten sie sich begnügen.

Sie erfuhren später, daß sie die Absicht gehabt hatte, ihnen Ekeby zu vermachen, daß aber das Testament niemals geschrieben wurde. Das betrachteten sie als große Ehre und taten sich bis an ihr Lebensende etwas darauf zugute. Niemand aber hörte sie jemals über die Reichtümer klagen, die ihnen verloren gegangen waren.

Man erzählt auch, daß Gösta Berling in dieser Christnacht an der Seite seiner jungen Gattin stand und seine letzte Rede an die Kavaliere hielt. Er war betrübt über ihr Schicksal, da sie nun alle aus Ekeby fort mußten. Die Gebrechen des Alters harrten ihrer. Wer alt und griesgrämig ist, dem wird nur ein kühler Empfang zuteil, wohin er auch kommen mag. Der arme Kavalier, der sich bei Bauern in Kost geben muß, hat keine frohen Tage: von Freunden und Abenteuern getrennt, welkt er in Einsamkeit dahin.

So sprach er zu ihnen, den Sorglosen, die der Wechsel des Glückes abgehärtet hatte. Noch einmal nannte er sie alte Götter und Rittersleute, die gekommen waren, um Freude einzuführen in das Eisenland und in die eiserne Zeit. Aber er klagte, daß der Garten, in dem die schmetterlingbeschwingte Freude schwärmt, von den zerstörenden Larven heimgesucht werde, so daß ihre Früchte zugrunde gehen.

Wohl wisse er, daß die Freude ein kostbares Gut sei für die Kinder dieser Erde und daß sie unentbehrlich wäre. Aber gleich einem schweren Rätsel laste stets die Frage auf der Welt, wie der Mensch gut und glücklich zugleich sein könne. Das sei das Leichteste und zugleich das Schwerste in der Welt, sagte er. Auch sie hätten dies Rätsel bisher nicht lösen können. Jetzt aber glaubte er, daß sie es gelernt hätten, die Lösung zu finden, daß sie alle es gelernt hätten in diesem Jahre der Freude und der Not, des Glückes und der Sorgen!

Ach, ihr guten Herren Kavaliere, auch für mich liegt die Bitterkeit des Abschiedes über diesem Augenblick! Es ist die letzte Nacht, die wir zusammen durchwacht haben. Ich soll das muntere Lachen und die fröhlichen Lieder nicht mehr hören. Ich soll mich jetzt von Euch trennen und von all den anderen fröhlichen Menschen an den Ufern des Löfsees.

Ihr lieben Alten! Ihr habt mir in früheren Zeiten gute Gaben gespendet. Ihr kommt zu den Einsamwohnenden mit der Botschaft von den reichen Wechselfällen des Lebens. Ich sah euch mächtige Ragnarok-Kämpfe ausfechten an den Ufern des Sees meiner Kindheit. Was aber habe ich euch gegeben?

Vielleicht wird es euch doch freuen, daß eure Namen zusammen mit denen der lieben Besitztümer genannt werden. Möchte all der Glanz, der über euer Leben ausgegossen war, auf die Gegend zurückfallen, wo ihr gelebt habt! Noch steht Borg, noch steht Björne, noch liegt Ekeby am Löfsee, herrlich umkränzt von Gießbach und See, von Park und lächelnden Waldwiesen, und wenn man auf den breiten Altanen steht, umschwärmen einen die Sagen wie die Bienen des Sommers.

 

Aber da wir doch von Bienen sprechen, so laßt mich noch eine kleine Geschichte erzählen. Der kleine Ruster, der als Trommelschläger an der Spitze der schwedischen Armee einherging, als sie im Jahre 1813 in Deutschland einrückte, konnte seither nie müde werden, von dem wunderlichen Land dort im Süden zu erzählen. Die Menschen seien so groß wie Kirchtürme, die Schwalben so groß wie Adler, die Bienen wie Gänse.

»Aber dann die Bienenkörbe?«

»Die Bienenkörbe waren wie gewöhnliche Bienenkörbe.«

»Wie konnten denn die Bienen da hineinkommen?«

»Ja, das war ihre Sache«, antwortete dann der kleine Ruster.

Lieber Leser, darf ich nicht dasselbe sagen? Hier haben uns nun die Riesenbienen der Phantasie seit Jahr und Tag umschwärmt, aber wie sie in den Bienenkorb der Wirklichkeit hineinkommen sollen – ja, das muß wahrlich ihre Sache sein.