Eltern werden 40+

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BIOLOGIE SCHLÄGT CHRONOLOGIE

Zwar findet man eine Reihe wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu steigenden Risiken für Mütter ab 35 Jahren. Doch zumindest für die Risiken »Frühgeburt« (Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche) und »niedriges Geburtsgewicht« (weniger als 2.500 Gramm) scheint das Alter der Mutter nicht ausschlaggebend zu sein. In einer aktuellen Studie wurden Tausende finnische Familien untersucht, die mindestens zwei Kinder bekommen hatten. Hatte eine Frau beim ersten Kind im jüngeren Alter kein Frühchen oder ein Kind mit niedrigem Geburtsgewicht, so war es auch der Fall in höherem Alter. Umgekehrt konnte aber nicht aus dem Alter auf höhere Risiken geschlossen werden. Mut machende Worte des Direktors vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock, Mikko Myskylä: »Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Frauen sich keine Sorgen über ihr Alter an sich machen sollten, wenn sie darüber nachdenken, ein Kind zu bekommen. Persönliche Lebensumstände und das eigene Verhalten scheinen wichtiger zu sein als das Alter.«

Grundsätzlich bringt unser reiferes Alter aber auch Vorteile mit sich: Eine große Studie aus Schweden hat 1,5 Millionen schwedische Kinder untersucht und kam zu dem Schluss, dass Kinder älterer Mütter denen jüngerer in nichts nachstehen. Im Gegenteil: Sie sind gesünder, größer und in der Schule erfolgreicher.

Und es gibt noch einen Punkt, der für eine späte Elternschaft spricht: Unsere Lebenserwartung steigt immer weiter. Eine jetzt erwachsene Frau wird statistisch ca. 84 Jahre und ein Mann 79 Jahre erreichen. Zum Vergleich: Im Jahr 1970 betrug die Lebenserwartung für eine Frau nur 71 Jahre. Es ist daher auch mit 45 Jahren statistisch gesehen noch genug Zeit, die eigenen Enkel zu erleben. Zudem zeigen andere Untersuchungen, dass Frauen von einer späten Mutterschaft profitieren – viele späte Mütter werden sehr alt. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass eine Fruchtbarkeit im 5. Lebensjahrzehnt ein Zeichen einer allgemein guten Gesundheit ist oder aber, dass Kinder uns länger jung halten.

Kyras Oma (Jahrgang 1914) hat noch mit 44 Jahren Zwillinge zur Welt gebracht und hat insgesamt 17 Enkel und Urenkel erlebt, bis sie im Alter von 96 Jahren friedlich eingeschlafen ist.

Lesen Sie keine Statistiken, die Ihnen Ihre Chancen auf eine Schwangerschaft pro Zyklus berechnen. Das verunsichert nur. Statistiken sagen nichts über den Einzelfall aus, und die 42.800 Babys im Jahr 2018 sind genügend solcher Einzelfälle, die Sie ermutigen sollten, Ihren Kinderwunsch noch umzusetzen, oder?

WIE ENTSTEHT EIN WUNDER?

Wenn wir uns an die Aufklärung im Biologieunterricht in der siebten Klasse zurückerinnern, fällt uns vor allem der Biolehrer ein, der einen riesigen Tampon in ein Gefäß mit Wasser legte, bis dieser zum Entsetzen aller Mädchen – und unter dem Gelächter der Jungen – zu einem unförmigen Etwas aufquoll. Oder an die Nummer mit den Kondomen, die reihum über einen Holzpenis gestreift werden mussten. Und mit allem verbunden das Gefühl von Ekel und Scham. Und ja, stimmt, irgendwas war da doch noch mit Eisprung um den 14. Tag, und dass ungeschützter Geschlechtsverkehr (die Betonung lag auf »schlecht«) zu einer Schwangerschaft führen könnte. In jenen Tagen dann sicherlich ungewollt.

Viel Nützliches ist aus diesem Unterricht bei den meisten wohl nicht hängen geblieben. Man hat uns beigebracht, wie Organe funktionieren, aber nicht dazu angeleitet, unseren Körper richtig wahrzunehmen. Und durch jahrelange Verhütung mit der Pille, die oft schon in der Teenagerzeit begann, ist es vielen Frauen nicht bewusst, dass der Körper jeden Monat deutliche Signale der Fruchtbarkeit bzw. der Unfruchtbarkeit aussendet. Der eigene Körper blieb uns, den Frauen der 1970er und 1980er Jahrgänge, dadurch fremd und unverständlich.

Die eigene Fruchtbarkeit ist und bleibt für viele Frauen und auch Männer ein Leben lang ein Buch mit sieben Siegeln – zu viele scheinbar verwirrende biologische Prozesse.

Zum Glück liegen nun schon einige Jahre hinter unserer Schullaufbahn, sodass wir uns in der Theorie ganz entspannt dem widmen können, worum es in diesem Buch eigentlich geht: nicht das Verhüten, sondern das Schaffen neuen Lebens – damit wir unser ganz eigenes persönliches Wunder erleben.

Die Entstehung neuen Lebens ist tatsächlich ein Wunder. Und um dieses einzufangen, ist es wichtig, die Abläufe des weiblichen Zyklus und auch die wesentlichen Aspekte männlicher Fruchtbarkeit zu verstehen, um den optimalen Zeitpunkt für eine Befruchtung nicht zu verpassen. Dieser liegt nämlich keinesfalls immer am 15. Zyklustag, wie uns viele Biologiebücher so gerne glauben machen wollen. Widmen wir uns zunächst dem Schauplatz der Befruchtung und Schwangerschaft, quasi der Bühne des Lebens.

DIE WEIBLICHEN HAUPTDARSTELLER: EIERSTÖCKE, EILEITER UND GEBÄRMUTTER

Wie bei einem richtigen Theaterstück geht ohne die Hauptdarsteller gar nichts. Wir finden sie umgeben von Darm, Blase und Bauchwand gut geschützt durch unsere Beckenknochen und das Schambein. Die Eierstöcke sind etwa walnussgroß und mit Haltebändern an der Beckenwand befestigt. Sie beherbergen unzählige Eizellen.

Haben Sie übrigens gewusst, dass die gesamten Eizellen eines weiblichen Babys schon in der 20. Schwangerschaftswoche der Mutter angelegt sind? Es sind zu der Zeit ca. drei Millionen, die sich aber bis zur Geburt schon bereits auf zwei Millionen reduziert haben. Beim Einsetzen der Pubertät sind immer noch 400.000 Stück vorhanden. In jedem Zyklus gehen ca. 1.000 Eizellen zugrunde. In der Regel hat eine Frau um die 40 immer noch eine hohe Anzahl Eizellen, die sogenannte »ovarielle Reserve«. Diese schwankt jedoch von Frau zu Frau sehr. Wir kommen später noch einmal darauf zu sprechen.

Die Eierstöcke sind nicht nur die Hüter der Eizellen, sondern in ihnen werden auch Östrogen und Progesteron gebildet. Diese beiden wichtigen Geschlechtshormone sind, wie wir später noch sehen werden, entscheidend für das Zustandekommen einer Schwangerschaft.

Die Gebärmutter ist ein birnenförmiges, etwa fünf bis sieben Zentimeter großes Organ, das im Inneren mit einer Muskelschicht versehen ist. Dieser Muskel kann sich enorm dehnen, um einem Baby den Raum zum Wachsen zu geben, den es in der Schwangerschaft braucht. Er kann sich aber auch zusammenziehen, was sich manchmal während der Perioden bemerkbar machen kann und natürlich auch während der Geburtswehen.

Rechts und links der »Gebärmutterbirne«, die übrigens auf dem Kopf steht, also mit dem dicken Ende Richtung Bauchnabel zeigt, gehen die Eileiter ab. Bei ihnen handelt es sich um tunnelförmige ca. 10 bis 15 Zentimeter lange Schläuche, die einen Durchmesser von 0,1 Milimeter haben. Sie sind von innen mit Flimmerhärchen bedeckt, die sich wellenförmig bewegen und auf denen das Ei nach dem Eisprung in Richtung Gebärmutter transportiert wird. In den Eileitern treffen in der Regel Ei und Samenzelle aufeinander. Hier ist der Ort, an dem dem Wunder in einem magischen Moment durch das Verschmelzen von Ei- und Samenzelle erstes Leben eingehaucht wird.


Damit die Eizelle beim Eisprung nicht einfach irgendwo in der Bauchhöhle verschwindet, befinden sich am Ende der Eileiter wie Finger anmutende Enden, die die Eizelle nach dem Eisprung auffangen und so sicherstellen, dass sie dort hingelangt, wo sie hingehört.

Das untere schmale Ende der Gebärmutter bildet den Gebärmutterhals (Zervix). Er ragt etwa vier Zentimeter in die Scheide hinein und wird von dem äußeren Muttermund verschlossen. Dieser verändert sich im Laufe des Zyklus. Direkt nach der Periode ist er verschlossen, hart und liegt tief in der Scheide, d.h. er ist dann auch gut tastbar. Je näher der Eisprung rückt, desto weicher wird der Muttermund und desto höher steigt er auch, sodass er manchmal gar nicht mehr ertastet werden kann. Dies ist eine Körperbeobachtung, die man sich selbst zunutze machen kann, um die fruchtbaren Tage einzugrenzen bzw. abzutasten. Denn nach dem Eisprung kehrt der Gebärmutterhals wieder zu seiner ursprünglichen Position zurück und wird auch wieder härter.

NEUER MONAT, NEUE CHANCE: DER WEIBLICHE ZYKLUS

Jeden Zyklus, seit dem Einsetzen der ersten Periode (insofern er nicht durch Hormone künstlich verändert wurde), betreiben die Eierstöcke und die Gebärmutter einen unglaublichen Aufwand, um sich darauf einzustellen, einem neuen Menschen Raum zum Wachsen und Gedeihen zu geben.

Wenn man davon ausgeht, dass eine Eizelle, nachdem sie »gesprungen« ist, nur maximal 18 bis 24 Stunden lebensfähig ist, wird das Zeitfenster der Befruchtung schon sehr klein. Umso wichtiger ist es, den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen und optimal auf allen Ebenen vorbereitet zu sein. Sehen wir uns also den weiblichen Zyklus einmal genau an. Die Schauplätze des Geschehens kennen wir ja bereits.

Der Zyklus beginnt mit dem ersten Tag der Periodenblutung und endet mit dem letzten Tag vor der nächsten Blutung. Bei einigen Frauen kündigt sich das Zyklusende durch Schmierblutungen an. Diese gelten aber nicht als erster Zyklustag. Gezählt wird ab dem Tag, an dem die Blutung richtig einsetzt. Im Menstruationsblut finden sich übrigens jede Menge Nährstoffe, wie Vitamine, Eiweißstoffe, Eisen, Kupfer, Kalzium oder Magnesium sowie Abwehrstoffe und sogar Stammzellen.

 

Noch während eine Frau blutet, werden in den Eierstöcken etwa 20 Follikel (unreife Eizellen) durch das follikelstimulierende Hormon (FSH) angeregt zu wachsen. Dieses wird in der Hypophyse im Gehirn gebildet und ist der übergeordnete Dirigent für die Östrogenbildung. Ohne FSH kann die Gebärmutterschleimhaut nicht aufgebaut werden und die Follikel nicht reifen. Sie liegen in einer mit Flüssigkeit gefüllten Hülle, die wie eine kleine Blase aussieht und daher Eibläschen oder eben Follikel genannt wird. In der Hülle wird das Hormon Östrogen gebildet. Östrogen bewirkt, dass die oberste Schicht der Gebärmutterschleimhaut neu aufgebaut wird, die Haltebänder der Gebärmutter sich straffen und sich die Gebärmutter dadurch aufrichtet. Zudem verändert sich der Zervixschleim, der in den Einbuchtungen des Gebärmutterhalses, den sogenannten Krypten, gebildet wird. Die Schleimmenge nimmt zu und verändert ihre Konsistenz. Ist sie zu Beginn des Zyklus oft dicklich, zäh, klumpig oder cremig, wird sie je näher der Eisprung rückt und umso mehr Östrogen gebildet wird, immer durchsichtiger, flüssiger und spinnbar – d.h. der Schleim kann zwischen den Fingern mehrere Zentimeter auseinandergezogen werden.

Nicht nur die Beschaffenheit verändert sich, sondern auch die Farbe. Am Zyklusanfang ist der Zervixschleim eher weißlich, gelblich oder milchig. Um den Eisprung herum erhält er ein glasiges Aussehen, das auch an rohes Eiweiß erinnern kann. Der Schleim, sonst eher spermienfeindlich und »sauer«, verändert sich und wird nun alkalisch. Die Samenzellen finden in ihm Nährstoffe, die sie einige Tage am Leben halten und mit neuer Energie versorgen. So haben auch die Spermien, die schon vor dem Eisprung ihren Weg in die Gebärmutter gefunden haben, eine Befruchtungschance. Damit erhöht sich der fruchtbare Zeitraum eines Zyklus von wenigen Stunden auf bis zu 6 Tage. Maximal 5 Tage vor dem Eisprung bis maximal 24 Stunden danach. Dieser Zeitraum ist nur bei idealen Bedingungen möglich. Im Normalfall überleben Spermien eher 2 bis 3 Tage.


Das Östrogen verändert aber nicht nur den Zervixschleim. Es sorgt auch dafür, dass unsere Knochen härten und die Blutgefäße vor Ablagerungen geschützt werden.

Der über eine längere Zeit erhöhte Östrogenspiegel löst in der Hirnanhangdrüse das Signal aus, das luteinisierende Hormon (LH) zu produzieren, was zur Folge hat, dass das größte Follikel den Eisprung wagt. Das LH ist übrigens das Hormon, auf das Ovulationstests im Urin anspringen und so die (bevorstehenden) fruchtbaren Tage anzeigen können. Wir gehen auf diesen Test später noch ein.

Der Eisprung kann, muss aber nicht von einem Mittelschmerz begleitet sein. Auch wenn nicht ganz klar ist, was diesen Schmerz auslöst, wird vermutet, dass etwas Flüssigkeit in die Bauchhöhle läuft und das Bauchfell reizt. Der Mittelschmerz kann sich durch krampfartige Schmerzen oder Stiche bemerkbar machen, die auch in die Oberschenkel oder in die Afterregion ausstrahlen können.

Eine andere Erklärung könnte sein, dass die Muskelkontraktion der Eileiter das Bauchfell reizen, während sie versuchen, sich über das Eibläschen zu legen. Oder es ist das wachsende Follikel selbst, das durch seinen zunehmenden Umfang für Unbehagen sorgt. Dieser Zustand kann wenige Minuten bis zu mehreren Tagen andauern.

Nicht alle Frauen nehmen einen Mittelschmerz wahr und selbst bei Frauen, die damit vertraut sind, tritt er nicht bei jedem Zyklus auf. Der Mittelschmerz ist kein sicheres Zeichen für einen Eisprung, weil er auch erst nach dem Eisprung auftreten kann. Er kann aber einen Hinweis auf ein fruchtbares Fenster geben.

Nach dem Eisprung fällt das Eibläschen in sich zusammen und wandelt sich zu einer Drüse um, die aufgrund ihrer gelblichen Farbe auch Gelbkörper genannt wird. Die Östrogenproduktion wird jetzt heruntergefahren. Der Gelbkörper übernimmt und produziert nun Progesteron. Dieses Hormon wird über verschiedene Stufen aus Cholesterin hergestellt. Bei einer Progesteronerhöhung bekommt der Körper das Signal »Achtung – bereiten Sie sich vor, eine Schwangerschaft steht an.« Und zwar unabhängig davon, ob eine Befruchtung stattgefunden hat oder nicht. Der Körper muss zwischen Eisprung/Befruchtung und Einnistung mithilfe von Progesteron in die Lage gebracht werden, alle Vorkehrungen zu treffen, dass eine Schwangerschaft möglich ist. Dafür hat er in etwa eine Woche Zeit: Die Gebärmutterschleimhaut wird aufgebaut. Es entstehen neue kleine Blutgefäße und Nährstoffe werden eingelagert. Die Brust spannt, wird schwerer, größer und berührungsempfindlich. Sie wird stärker durchblutet und neue Milchdrüsen entstehen. Der Zervixschleim wird wieder dicker, zäher und verändert seine Farbe und verschließt den Muttermund wie ein Pfropfen.

Wenn keine Schwangerschaft eintritt, wird nach zehn bis vierzehn Tagen die Progesteron- und Östrogenproduktion eingestellt. Die Gebärmutterschleimhaut wird mit der einsetzenden Menstruationsblutung abgestoßen. Für den Körper war die ganze Arbeit umsonst und doch wird er im nächsten Zyklus wieder von vorne anfangen. Unermüdlich. Und das, wenn nicht hormonell verhütet wird, etwa 400-mal im Leben einer Frau.

Sie haben nun einen relativ einfachen Überblick über das Zyklusgeschehen erhalten. Die erste Zyklushälfte kann unterschiedlich lang sein. Es gibt Frauen, bei denen findet der Eisprung schon am siebten bis zehnten Tag statt. Bei anderen Frauen dauert die erste Zyklushälfte mehrere Wochen. Das sind natürlich Extreme. Im Durchschnitt liegt die Dauer der ersten Hälfte bei 17 Tagen. Die zweite Phase dauert zwischen 10 und 16 Tagen.

Die Abläufe bei der Frau sind komplexer als beim Mann, aber auch Männer in unseren Praxen wissen oft erstaunlich wenig über ihre eigene Fruchtbarkeit.

Da wir uns ausführlich mit der weiblichen Fruchtbarkeit beschäftigt haben, möchten wir nun auch auf die Vorgänge bei Männern eingehen.

DIE MÄNNLICHEN HAUPTDARSTELLER: HODEN UND NEBENHODEN

Nun betreten die männlichen Hauptdarsteller die Bühne des Lebens: die Hoden und die Nebenhoden. Sie liegen außerhalb des Körpers, da sie große Temperaturen nicht gut vertragen.

Während die Frau mit allen ihr in ihrem Leben zur Verfügung stehenden Eizellen auf die Welt kommt, nehmen bei Männern irgendwann im Laufe der Pubertät unter dem Einfluss von Testosteron die Hoden die Produktion der ersten Samenzellen auf. Ab dann werden ca. 1.000 fertige Spermien pro Sekunde hergestellt. Täglich entstehen somit 20 bis 100 Millionen neue Spermien. Dabei dauert es von den Anfängen bis zum fertigen Spermium drei Monate. Ihre Reifezeit verbringen die Samenzellen in den Nebenhoden. Dort ist es etwa zwei Grad kühler als im restlichen Körper. Ein wichtiger Aspekt, da zu viel Hitze den Samenzellen schaden kann.

Und obwohl auch die männliche Fruchtbarkeit im Alter nachlässt, sind Männer prinzipiell vom ersten bis zum letzten Samenerguss zeugungsfähig. 24 Stunden lang, sieben Tage die Woche. Was für ein Unterschied zu den maximal 24 Stunden, in denen eine Eizelle befruchtungsfähig ist und eine Frau sich fortpflanzen kann.

Eine Samenzelle ist nur wenige Hundertstelmillimeter lang und setzt sich aus drei Teilen zusammen: dem Schwanz, dem Mittelstück und dem Kopf, der nicht nur die Erbinformationen (DNA) enthält, sondern auch das Akrosom, ein Zellteil, in dem sich Enzyme befinden, die dem Spermium helfen, die Hülle der Eizelle zu durchdringen. Im Mittelstück der Spermien befinden sich die Mitochondrien. Diese Zellorganellen sind in fast jeder Körperzelle vorhanden. Sie regeln wichtige Zellfunktionen. Ohne Mitochondrien sind Zellen nicht lebensfähig. Für die Spermazellen sind Mitochondrien die treibende Kraft, denn sie produzieren unentwegt Energie, die die Spermazellen für ihre Fortbewegung benötigen. Ohne funktionierende Mitochondrien sind die Spermazellen lahme Schwimmer.


Je schneller sich ein Spermium fortbewegen kann, desto eher ist es an seinem Zielort, der Eizelle, angekommen. Langsame Spermien sind eher ein Nachteil bei der Fortpflanzung.

Interessant ist, dass die Mitochondrien des Mannes nicht mit der Eizelle bei der Befruchtung verschmelzen. Das Mittelstück mit den Energiekraftwerken fällt genauso wie der Schwanz der Spermazelle ab. Nur der Kopf, der die männliche DNA enthält, vereinigt sich mit der Eizelle. Diese besitzt bis zu 120.000 Mitochondrien – keine Körperzelle hat hier mehr zu bieten! Alle Mitochondrien, die wir besitzen, haben wir also von unserer Mutter geerbt.


DAS WUNDER GESCHIEHT

Beim Samenerguss werden die Spermien an den Samenbläschen und der Prostata vorbeigeführt, wo sie mit einem Sekret versorgt werden, das Energie liefert und das Ejakulat flüssiger macht. Beim Samenerguss machen sich durchschnittlich 150 Millionen Spermien auf den Weg.

Der Eisprung ist der Moment, ab dem die Zeit läuft. Einen halben bis maximal einen dreiviertel Tag haben die Spermazellen nun Zeit, die Eizelle zu erreichen. In dieser Zeit müssen die Spermien die Vagina durchqueren, den Gebärmutterhals, die Gebärmutter erklommen haben und in den Eileiter gelangt sein. Eine bis anderthalb Stunden dauert es, bis die Hülle der Eizelle von den sie bearbeitenden Spermien mithilfe von Enzymen geknackt wird. Aber nur ein einziges Spermium darf eintreten. Und auch nur der Kopf wird hineingelassen. Der Schwanz und der Mittelteil sowie alle anderen Samenzellen müssen draußen bleiben. Nun ist der Grundstein für ein neues Leben gelegt: Ein Wunder ist geschehen!

Den Eileitern kommt eine ganz entscheidende Rolle zu: Sie müssen durchlässig genug sein, damit sowohl die Spermien hochschwimmen als auch das befruchtete Ei in die Gebärmutter hinuntergelangen kann. Das befruchtete Ei erreicht nach ca. drei bis fünf Tagen die Gebärmutter und nistet sich dort ein. Zu diesem Zeitpunkt hat sich die befruchtete Eizelle bereits vielfach geteilt.

Wie entsteht also ein Wunder? Im Detail wissen wir es (noch) nicht, es ist immer noch ein Geheimnis der Natur oder der Schöpfung – ein Wunder eben, das uns jedes Mal wieder in Staunen versetzt.

Wir wissen aber, dass die Entstehung neuen Lebens nur dann möglich ist, wenn die Bedingungen für alle Beteiligten zumindest ausreichend gut sind.

Auf der Seite der Frau:

• Die Gebärmutterschleimhaut wurde in der ersten Zyklushälfte hoch genug und wohl genährt aufgebaut.

• Es hat ein Eisprung stattgefunden oder dieser steht unmittelbar bevor.

• Der pH-Wert in der Vagina ist leicht basisch.

• Die Eileiter sind durchlässig (in beide Richtungen).

• Die Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut funktioniert reibungslos.

Auf der Seite des Mannes:

• Möglichst viele, schnelle, normal geformte Spermazellen.