Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen

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9. Kapitel Die Haftung für Baumängel am Wohnungseigentum

1. Das Wohnungseigentum

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Das Wohnungseigentum ist rechtlich Sondereigentum an einer Wohnung verbunden mit einem Bruchteil am gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 II WEG). Gemeinschaftliches Eigentum sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen (§ 1 V WEG). Welche Gebäudeteile Sondereigentum sind oder sein können, regelt § 5 WEG.

Baumängel können sowohl das Sondereigentum als auch das gemeinschaftliche Eigentum verschlechtern[145].

2. Mängel des Sondereigentums

Mängel des Sondereigentums belasten, solange sie nicht auf das Gemeinschaftseigentum übergreifen, nur den betroffenen Wohnungseigentümer[146]. Die Gemeinschaft geht das nichts an, Mängelrechte kann sie nur mit Ermächtigung des Wohnungseigentümers geltend machen[147].

3. Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums

Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums belasten alle Wohnungeigentümer. Inhaber der Mängelrechte wird und bleibt zwar der Wohnungseigentümer als (Käufer oder) Besteller der Eigentumswohnung[148], aber die teilrechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übt diese Rechte nach § 10 VI 3 WEG anstelle der betroffenen Wohnungseigentümer im eigenen Namen aus[149].

Freilich entscheidet der Wohnungseigentümer als Besteller der Wohnung allein, ob er sich wegen eines Mangels des gemeinschaftlichen Eigentums durch Rücktritt oder großen Schadensersatz statt der Leistung vom Werkvertrag lösen soll und macht diese Rechte auch allein geltend[150], denn mit der Gemeinschaft hat dies nichts zu tun.

Alle anderen Mängelrechte aber: die Ansprüche auf mangelfreie Nacherfüllung, auf Vorschuss für eine Mängelbeseitigung, auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten oder des Mangelschadens oder auf den kleinen Schadensersatz statt der Leistung und auch das Minderungsrecht übt nach § 10 VI 3 WEG die Gemeinschaft aus und klagt sie, wenn die Mehrheit für eine Klage stimmt, im eigenen Namen und in gesetzlicher Prozesslandschaft ein[151]. Nur so kann sie ihre Aufgabe erfüllen, das gemeinschaftliche Eigentum ordnungsgemäß zu verwalten. Der betroffene Wohnungseigentümer kann diese Mängelrechte, obwohl es seine eigenen Rechte sind, nur noch mit Ermächtigung der Gemeinschaft ausüben[152].

10. Kapitel Einwendungen und Einreden des Unternehmers gegen die Mängelrechte

1. Die vertragliche Beschränkung der Mängelrechte

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Die §§ 634 ff. sind abdingbar. Die Parteien können die Haftung für Werkmängel bis an die Grenzen der §§ 134, 138, 242 verschärfen, beschränken oder ausschließen[153]. Der klar formulierte vollständige Haftungsausschluss („Die Gewährleistung für Mängel des Werks ist ausgeschlossen“) erfasst alle, auch die schwersten und verstecktesten Mängel. Die Beweislast trägt derjenige, dem die Vereinbarung rechtlich nützt.

Unabdingbar haftet der Unternehmer nach § 639 nur, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen[154] oder eine bestimmte Beschaffenheit des Werks garantiert hat[155]. Für unwirksam hält der BGH auch den individuellen, aber „formelhaften“ Ausschluss der Gewährleistung in einem notariellen „Kaufvertrag“ über die Herstellung eines Eigenheims, wenn der Notar den „Käufer“ nicht gründlich über die nachteiligen Folgen belehrt hat[156].

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AGB des Unternehmers sind an §§ 305-309 zu messen. Individuelle Zusicherungen des Unternehmers gehen seinen abweichenden AGB nach § 305b stets vor. Die vorformulierte Beschränkung der Mängelhaftung ist außerdem nach § 305c II eng und gegen den Unternehmer auszulegen[157] und dann – wie beim Kauf (RN 106) – in erster Linie an § 309 Nr. 8b zu messen[158]. Schon § 307 verhindert den totalen Gewährleistungsausschluss[159]. Nicht einmal gegenüber einem Kaufmann darf der Unternehmer gleichzeitig Rücktritt und Minderung ausschließen[160].

2. Die Mangelkenntnis des Bestellers bei der Abnahme

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Nach § 640 III stehen dem Besteller, der ein mangelhaftes Werk abnimmt, obwohl er den Mangel kennt, die Rechte aus §§ 634 Nr. 1-3 nur dann zu, wenn er sie sich bei der Abnahme vorbehält[161].

Die Beweislast wird so verteilt: Der Unternehmer muss die Kenntnis des Bestellers bei der Abnahme, der Besteller seinen Vorbehalt bei der Abnahme beweisen[162].

Nicht erforderlich ist der Vorbehalt für Ansprüche auf Schadensersatz oder Aufwendungsersatz nach § 634 Nr. 4[163].

3. Die Entlastung des Unternehmers

Von der Schadensersatzpflicht aus § 634 Nr. 4 befreit sich der Unternehmer durch den Nachweis nach §§ 280 I 2, 286 IV, dass er den Mangel oder die Verzögerung nicht zu vertreten habe[164], oder nach § 311a II 2 durch den Nachweis, dass er den Mangel bei Vertragsschluss nicht habe kennen müssen[165].

Entlastet ist der Unternehmer auch dann, wenn der Mangel seines Werks durch verbindliche Vorgaben des Bestellers oder durch Vorleistungen anderer Unternehmer verursacht wird und er seine Prüf- und Warnpflicht erfüllt hat (RN 452).

4. Das Mitverschulden des Bestellers
4.1 Eine Einwendung des Unternehmers

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Ein Mitverschulden des Bestellers am Mangel des Werks kann nach § 254 streng genommen nur den Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 634, 280 kürzen.

Der Unternehmer darf ein Mitverschulden des Bestellers aber schon dem Nacherfüllungsanspruch aus § 635 entgegenhalten. Rechtsgrundlage dieser Einwendung ist der Rechtsgedanke der §§ 242, 254, dass der Gläubiger aus seinen eigenen Fehlern keinen Vorteil ziehen dürfe.

Der Besteller ist am Mangel des Werks etwa dann mitschuldig[166], wenn er dem Unternehmer ungeeignetes Material, eine ungeeignete Machart oder fehlerhafte Pläne vorgibt (RN 452).

Die Beweislast für ein Mitverschulden des Bestellers trägt der Unternehmer (RN 1176, 1353).

Man muss freilich unterscheiden:


- Der Unternehmer ist für Mängel seines Werks auch dann verantwortlich, wenn sie durch Vorgaben des Bestellers verursacht werden. Die beiderseitigen Verursachungsbeiträge sind nach § 254 gegeneinander abzuwägen.
- Das Werk ist mangelfrei, wenn der Unternehmer selbst ordentlich arbeitet und den Mangel der Vorgabe des Bestellers (Baupläne) fachlich nicht erkennen kann (RN 452). Der Besteller ist dann nicht lediglich mitschuldig, sondern allein verantwortlich.
- Das Werk ist auch dann mangelfrei, wenn der fehlerfrei arbeitende Unternehmer erkennt, dass die Vorgabe des Bestellers sich nicht dazu eignet, ein mangelfreies Werk herzustellen, und den Besteller umgehend vor diesem Risiko warnt, muss seine Warnung aber beweisen (RN 452). Auch in diesem Fall ist der Besteller, der die Warnung in den Wind schlägt und die Sache einfach laufen lässt, für den Mangel des Werks allein verantwortlich und muss es voll bezahlen.

4.2 Das Mitverschulden des Bauherrn durch Architektenfehler

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Im Bauprozess wendet der Bauunternehmer oder Bauhandwerker ein Mitverschulden des Bauherrn vor allem dann ein, wenn er meint, auch der Architekt habe den Baumangel verursacht. Nach §§ 254 II 2, 278 muss sich der Bauherr die Fehler seiner „Erfüllungsgehilfen“ zurechnen lassen. § 278 ist nicht erst auf die Schadensminderung nach § 254 II 1, sondern schon auf die Schadensverhinderung nach § 254 I anwendbar, wenn, wie hier, zwischen den Beteiligten bereits ein Schuldverhältnis besteht (RN 1368 f.).

Der Architekt ist „Erfüllungsgehilfe“ des Bauherrn nur, soweit er dessen Obliegenheit aus § 254 I gegenüber dem Bauunternehmer erfüllen soll. Nach § 254 I hat der Bauherr dem Bauunternehmer eine fehlerfreie Bauplanung zu liefern[167]. Deshalb fallen Planungsfehler des Architekten, die Baumängel verursachen, im Verhältnis zum Bauunternehmer nach §§ 254 II 2, 278 dem Bauherrn zur Last[168].

Nicht zu vertreten hat der Bauherr dagegen die fehlerhafte Bauüberwachung durch den Architekten, denn es gehört nicht zu seinen Obliegenheiten nach § 254 I, den Architekten gehörig zu beaufsichtigen und vor Fehlern zu bewahren[169].

4.3 Die Rechtsfolge des Mitverschuldens des Bestellers

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Der unstreitige oder bewiesene Einwand aus § 254 bewirkt: Im Umfang seines Mitverschuldens verliert der Bauherr die Mängelrechte. Wie er sie verliert, hängt davon ab, ob der Bauherr Schadensersatz oder Nacherfüllung verlangt.

Beispiele

Der Bauherr verlangt Schadensersatz

Der Keller des neuen Wohnhauses ist nass, weil die Kelleraußenwände nicht gegen drückendes Wasser isoliert sind. Der Rohbauunternehmer hat die Isolierung deshalb weggelassen, weil sie in den Architektenplänen nicht vorgesehen ist. Der Bauherr fordert den Bauunternehmer zur Nacherfüllung auf und setzt ihm eine letzte Frist. Der Bauunternehmer rührt sich nicht. Der Bauherr will das Haus verkaufen. Ein Kaufinteressent bietet nach Besichtigung 400 000,– €. Ohne die Mängel würde er 500 000,– € zahlen. Der Bauherr verklagt den Bauunternehmer auf 100 000,– € Schadensersatz. Der Bauunternehmer verweist auf den Planungsfehler des Architekten.

Wenn der Bauunternehmer den Planungsfehler des Architekten nicht beanstandet hat, obwohl er ihn als Rohbaufachmann hätte erkennen müssen, ist er dem Bauherrn nach §§ 634 Nr. 4, 280 I 1, III, 281 zum Schadensersatz verpflichtet (BGH NJW 2008, 511). Der Schaden des Bauherrn in Gestalt entgangenen Gewinns (§ 252) beträgt 100 000,– €.

Der Schadensersatzanspruch ist jedoch nach §§ 254 I, II 2, 278 zu kürzen. Der Bauherr muss sich den Planungsfehler des Architekten wie einen eigenen Fehler zurechnen lassen. Der Architekt war „Erfüllungsgehilfe“ des Bauherrn, denn der Bauherr „schuldete“ dem Bauunternehmer nach § 254 I eine fehlerfreie Planung (BGH NJW 2002, 2708; 2009, 582; 2014, 3645). Der Planungsfehler wiegt hier schwerer als der Baufehler, der sich darauf beschränkt, dass der Bauunternehmer den Planungsfehler hätte erkennen und den Bauherrn warnen sollen (RN 452). Bewertet man die Verantwortung des Architekten mit 3/4, diejenige des Bauunternehmers mit 1/4, darf der Bauherr vom Bauunternehmer wegen überwiegenden Mitverschuldens nur noch 25 000,– € Schadensersatz fordern (BGH 70, 187; NJW 2009, 582: Keinesfalls tritt das Mitverschulden völlig zurück; NJW 2014, 3645: Abwägung der Verursachungsbeiträge).

Hätte der Bauunternehmer den Planungsfehler erkannt und umgehend dem Bauherrn mitgeteilt, wäre seine Bauleistung mangelfrei und allein das Architektenwerk mangelhaft. Der Bauherr aber, der die Warnung des Bauunternehmers in den Wind geschlagen hätte, wäre für seinen Schaden selbst verantwortlich und könnte sich nur an den Architekten halten (BGH NJW 2008, 511; 2011, 3780).

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Der Bauherr verlangt Nacherfüllung

Der Anspruch des Bauherrn auf Nacherfüllung nach §§ 634 Nr. 1, 635 lässt sich, da er kein Schadensersatzanspruch ist, nicht einfach nach §§ 254 I, II 2, 278 kürzen. Der Unternehmer darf die Mängelbeseitigung oder Neuherstellung nach §§ 273, 242 jedoch solange verweigern, bis der Bauherr seinen Anteil an den Mängelbeseitigungskosten bezahlt (BGH 90, 344). Das sind 75 000,– €, wenn die Mängelbeseitigung 100 000,– € kostet und der Mitschuldanteil des Bauherrn 3/4 beträgt. Zwar hat der Unternehmer nach § 635 II Baumängel auf seine Kosten zu beseitigen. Diese Regel passt aber nicht, wenn und soweit der Bauherr selbst den Mangel „verschuldet“ hat. Der Planungsfehler des Architekten wird nach §§ 254 II 2, 278 dem Bauherrn zugerechnet (BGH 90, 344; NJW 2010, 2571: Anspruch des Unternehmers auf Zuschuss zur Mängelbeseitigung). Die Leistungsverweigerung des Bauunternehmers bewirkt nach § 274, dass er zur Mängelbeseitigung oder Neuherstellung nur Zug um Zug gegen Zahlung des Bauherrn in Höhe von 75 000,– € verurteilt wird.

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Doppelte Zug-um-Zug-Leistung

Noch komplizierter wird es, wenn der Bauunternehmer nach Abnahme des Rohbaus den Restwerklohn von 120 000,– € fordert, der Bauherr die Zahlung verweigert, bis die Mängel beseitigt seien, was 100 000,– € kostet, und der Bauunternehmer sich auf den Planungsfehler des Architekten beruft.

Nach §§ 631, 641 hat der Bauunternehmer Anspruch auf den Restwerklohn. Der Bauherr darf aber nach § 320 solange die Zahlung verweigern, bis der Bauunternehmer nach § 635 nacherfüllt. Die Einrede aus § 320 bewirkt nach § 322 I, dass der Bauherr zur Zahlung nur Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung oder Neuherstellung verurteilt wird. Da der Bauunternehmer aber wegen des Planungsfehlers zur Mängelbeseitigung nur Zug um Zug gegen einen Kostenanteil des Bauherrn von 75 000,– € verpflichtet ist, rechtfertigt § 274 eine doppelte Zug-um-Zug-Verurteilung: Der Bauherr wird zur Zahlung von 120 000,– € verurteilt Zug um Zug gegen Beseitigung der Kellerfeuchtigkeit, die wiederum der Bauunternehmer nur Zug um Zug gegen Zahlung von 75 000,– € leisten soll (BGH 90, 354 auch zur Zwangsvollstreckung).

5. Der Vorteilsausgleich für „Sowieso-Kosten“

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Nach allgemeiner Regel des Schadensersatzrechts muss sich der Geschädigte Vorteile, die er aus dem Schadensfall zieht, unter bestimmten Voraussetzungen auf seinen Schaden anrechnen lassen. Der Vorteilsausgleich begründet eine anspruchsmindernde Einwendung, die der Schädiger beweisen muss (RN 1310 ff.). Sie beschränkt unmittelbar nur den Schadensersatzanspruch des Bestellers aus § 634 Nr. 4 mit § 280. Auf die anderen Mängelrechte dagegen kann man finanzielle Vorteile nicht einfach anrechnen. Gleichwohl ist der Rechtsgedanke des Vorteilsausgleichs auch auf Nacherfüllung (§ 635) und Kostenerstattung (§ 637 I) anwendbar[170]. Der Unternehmer eines mangelhaften Werks muss zwar gemäß § 635 II den Mangel auf seine Kosten beseitigen, aber er trägt nicht auch noch die Mehrkosten, um die ein fehlerfreies Werk von Anfang an teurer gewesen wäre. Diese „Sowieso-Kosten“ fallen dem Besteller zur Last[171]. Sie kürzen sowohl den Schadensersatzanspruch aus § 634 Nr. 4 als auch den Aufwendungsersatzanspruch aus § 637 I[172]. Vom Anspruch auf Nacherfüllung kann man dagegen nichts abziehen, aber der Unternehmer darf die Nacherfüllung nach § 273 solange verweigern, bis der Besteller ihm die „Sowieso-Kosten“ bezahlt.

Beispiel

Der Rohbau ist mangelhaft, weil er nicht gegen drückendes Wasser abgedichtet ist. Diese Abdichtung ist im Bauvertrag nicht enthalten. Sie hätte zusätzlich 20 000,– € gekostet. Was der Unternehmer vertraglich nicht schuldet, muss er auch über § 634 nicht unentgeltlich leisten. Die Mehrkosten für die zusätzliche Abdichtung fallen deshalb dem Bauherrn zur Last. Der Unternehmer ist nach §§ 273 I, 274 zur Nacherfüllung nur Zug um Zug gegen Erstattung der Mehrkosten verpflichtet, wenn nicht der Bauherr nach § 273 III Sicherheit leistet (BGH 90, 344; NJW 87, 644).

Im Werklohnprozess bewirkt § 274 eine doppelte Zug-um-Zug-Verurteilung (BGH 90, 354; 91, 206): Der Bauherr wird zur Zahlung des Werklohns verurteilt Zug um Zug gegen Nacherfüllung die auch der Unternehmer nur Zug um Zug gegen Zahlung der „Sowieso-Kosten“ in Höhe von 20 000,– € leisten soll.

6. Die Verjährung der Mängelansprüche
6.1 Die besondere Verjährung

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Nach § 634a haben die Mängelansprüche des Bestellers auf Nacherfüllung, Kostenerstattung und Kostenvorschuss sowie auf Schadens- und Aufwendungsersatz ihre eigene Verjährung, deren Dauer und Beginn von den allgemeinen Regeln der §§ 195, 199 kräftig abweichen.

Keine Mängelansprüche sind der Anspruch des Bestellers aus § 346 auf Rückabwicklung des Vertrags nach Rücktritt[173], der Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten nach außerordentlicher Kündigung gemäß § 314[174] und der Anspruch des Unternehmers auf Rückzahlung des Kostenvorschusses[175]; sie verjähren normal nach §§ 195, 199[176].

6.2 Die besonderen Verjährungsfristen

Abweichend von § 195 dauert die Verjährungsfrist nach § 634a I:


- 2 Jahre bei der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache einschließlich der Planung und Überwachung (Nr. 1);
-
- und „im Übrigen“ 3 Jahre Regelverjährung nach § 195 (Nr. 3).

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Die Verjährungsfrist „bei einem Bauwerk“ ist deshalb länger, weil versteckte Baumängel oft erst nach Jahren entdeckt werden[178]. Das Bauwerk ist eine unbewegliche Sache, muss aber kein Gebäude sein, das man betreten kann, es muss lediglich auf oder unter dem Erdboden hergestellt und mit ihm dauerhaft verbunden sein[179]. Erneuerungs- und Reparaturarbeiten an Bauwerken verjähren freilich nur dann in 5 Jahren, wenn sie für den Bestand des Bauwerks wichtig sind[180]. Letztlich verliert sich die Rechtsprechung in bunter Kasuistik .

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Beispiele


- Erneuerung eines Kirchendachs (BGH 19, 319);
- Umbau eines Hühnerstalls (BGH NJW 77, 2361);
- Ausschachtung der Baugrube als Teil der Bebauung (BGH 68, 208);
- Nachträgliche Isolierung der Kelleraußenwände und Verlegung einer Drainage gegen Kellerfeuchtigkeit (BGH NJW 84, 168);
- Einbau eines Schwimmbeckens aus genormten Fertigteilen (BGH NJW 83, 567), einer Klimaanlage (BGH NJW 74, 136) oder einer speziellen Balkenpresse zur Papierentsorgung (BGH NJW 87, 837);
- Einbau einer Hängebahn in eine Werkshalle (BGH NJW 97, 1982);
- Errichtung einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach einer Halle (BGH NJW 2016, 2876) und Einbau in die Fassade beim Umbau eines Bürogebäudes in ein Studentenwohnheim (BGH NJW 2019, 1593);
- Verlegen eines Spezialfußbodens bei Instandsetzung von Fabrikräumen (BGH 53, 43) oder von Fußbodenplatten (BGH NJW 80, 2081) und Verkleben eines Teppichbodens in einer Wohnung (BGH NJW 91, 2486);
- Erneuerung der Elektroinstallation (BGH NJW 78, 1522);
- Erneuerung eines Sportplatzes mit Rollrasen, Bewässerung, Rasenheizung und Kunstfaserverstärkung (BGH NJW 2013, 601: kommt einem Neubau gleich).
- Umfangreiche Malerarbeiten für die Renovierung eines Hauses (BGH NJW 93, 3195);
- An Bauwerken arbeiten aber nicht nur Bauunternehmer und Bauhandwerker, sondern auch Architekten (BGH 32, 206; 37, 341; NJW 92, 2759), Statiker (BGH 48, 257; 58, 85), Fachingenieure (BGH NJW 2019, 1593), Vermessungsingenieure (BGH 58, 225) und Baugrundsachverständige (BGH 72, 257). Die vorformulierte Abkürzung der Verjährung für Bauplanungs- und Überwachungsfehler des Ingenieurs auf zwei Jahre ist unwirksam (BGH NJW 2014, 206).

Die Regelverjährung nach §§ 634a I Nr. 3, 195 fängt alle Werkleistungen auf, deren Mängel nicht nach § 634a I Nr. 1 oder Nr. 2 verjähren.

 

Beispiele


- Auskunft und Gutachten;
- Installation der anderswo gekauften Solarmodule auf dem Scheunendach (BGH NJW 2014, 845; a.A. OLG München NJW 2014, 567: 5 Jahre für den Einbau einer brauchbaren Anlage);
- Entwicklung individueller Software und Wartung;
- Konzert und Theateraufführung;
- Transport (BGH NJW 2002, 3255).

Normal in 3 Jahre verjähren nach §§ 634a III, 195 Mängelansprüche des Bestellers auch dann, wenn der Unternehmer einen Mangel arglistig verschwiegen hat[181], bei einem Bauwerksmangel jedoch nicht vor Ablauf der Fünfjahresfrist des § 634a I Nr. 2.