Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen

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8.5 Zusammenhängende Verträge

Auch wenn zwei Verträge rechtlich nicht so miteinander verbunden sind, wie § 358 III es verlangt, aber nach § 360 II zusammenhängen, erstreckt § 360 I das Widerrufsrecht des Verbrauchers in mancher Hinsicht auf den fremdfinanzierten Vertrag.

8.6 Abschließende gesetzliche Regelung

Nach § 361 I begründet der Widerruf des Verbrauchers über die §§ 355 ff. hinaus keine weiteren Ansprüche gegen den Verbraucher, und nach § 361 II sind Abreden in der Regel unwirksam, die zum Nachteil des Verbrauchers vom Gesetz abweichen.

9. Sonstige Maßnahmen des Verbraucherschutzes
9.1 Kein Einwendungsverzicht

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Nach § 496 I kann der Verbraucher nicht auf Einwendungen verzichten, die er nach §§ 404,406 auch dem Erwerber der Darlehensforderung entgegenhalten darf.

9.2 Die Information über einen Gläubigerwechsel

Wenn der Darlehensgeber die Darlehensforderung abtritt oder sonstwie die Bühne verlässt, hat er den Verbraucher nach § 496 II unverzüglich so zu unterrichten, wie Art. 246b § 1 I Nr. 1, 3, 4 EGBGB es befiehlt, es sei denn, er trete auch weiterhin als Gläubiger auf.

9.3 Weder Wechsel noch Scheck

Unwirksam ist nach § 496 III die Verpflichtung des Verbrauchers, für seine Darlehensschuld einen Wechsel zu unterschreiben. Auch darf der Darlehensgeber für die Darlehensforderung keinen Scheck annehmen. Wechsel und Scheck sind freilich gültig, dem Verbraucher aber zurückzugeben. Und der Darlehensgeber hat den Schaden zu ersetzen, der dem Verbraucher aus Wechsel oder Scheck entsteht. Für sonstige selbständige Schuldanerkenntnisse oder Schuldversprechen gilt dies alles nicht[93].

9.4 Der Zahlungsverzug des Verbrauchers

Auch der Verbraucher hat das Darlehen nach §§ 497 I, 288 I zu verzinsen, wenn er mit der Rückzahlung in Verzug kommt. Der Darlehensgeber kann einen höheren, der Verbraucher einen niedrigeren Verzugsschaden nachweisen[94]. Damit keine Zinseszinsen auflaufen, sind Verzugszinsen nach § 497 II gesondert zu verbuchen und dürfen nicht in ein Kontokorrent eingestellt werden.

Zahlungen des Verbrauchers, die nicht die ganze Schuld tilgen, sind nach § 497 III und abweichend von § 267 I zuerst auf die Kosten der Rechtsverfolgung, dann auf die Kapitalschuld und zuletzt auf die Zinsen anzurechnen. Der Darlehensgeber darf Teilzahlungen nicht zurückweisen. Die Verjährung des Rückzahlungs- und Zinsanspruchs ist ab Verzug bis zu ihrer Feststellung entsprechend § 197 I Nr. 3-5 gehemmt[95]. Für Zahlungen auf vollstreckbare Zinsen gilt dies alles nicht.

Ein Teilzahlungsdarlehen darf der Darlehensgeber nach § 498 wegen Zahlungsverzugs nur unter erschwerten Voraussetzungen kündigen.

9.5 Die Kündigung des Darlehensgebers

§ 499 I erklärt die Vereinbarung über ein Kündigungsrecht des Darlehensgebers für unwirksam, wenn eine bestimmte Laufzeit des Verbraucherdarlehens vereinbart oder die Kündigungsfrist kürzer als zwei Monate ist. Jedoch darf der Darlehensgeber nach § 499 II, wenn für die Rückzahlung des Darlehens keine Zeit bestimmt ist, vereinbarungsgemäß aus sachlichem Grund die Auszahlung des Darlehens verweigern, soll den Verbraucher aber rechtzeitig schon über seine Verweigerungsabsicht und den Verweigerungsgrund unterrichten. Nach § 499 III 1 darf der Darlehensgeber nicht allein deshalb kündigen oder den Vertrag sonstwie beenden, weil der Darlehensnehmer unvollständige Angaben gemacht hat oder weil die Kreditwürdigkeitsprüfung nicht in Ordnung war (mit Ausnahme in Satz 2).

9.6 Kündigung und vorzeitige Rückzahlung des Verbrauchers

Der Verbraucher darf einen Darlehensvertrag, der keinen Rückzahlungstermin bestimmt, nach § 500 I jederzeit ganz oder zum Teil kündigen. Eine Kündigungsfrist kann nur bis zur Dauer eines Monats vereinbart werden. Und nach § 500 II darf der Verbraucher seine Darlehensverpflichtungen jederzeit vorzeitig erfüllen. Die vorzeitige Kündigung oder Zahlung des Verbrauchers verringert nach § 501 die Gesamtkosten[96]. Als Ersatz für den Zinsverlust durch eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens hat der Darlehensgeber nach § 502 Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung in begrenzter Höhe[97].

10. Das Immobiliar-Verbraucherdarlehen

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Auch das Immobiliar-Verbraucherdarlehen, definiert in § 491 III 1 mit Ausnahmen in § 491 III 2, also das entgeltliche Darlehen, das durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast gesichert wird, ist nach § 491 I 2 ein Verbraucherdarlehen, neben dem Allgemein-Verbraucherdarlehen aber eine zweite Kategorie, die rechtlich in vielen Punkten anders behandelt wird[98].

Diese besonderen Regeln sind aus unerfindlichen Gründen nicht in ein paar wenigen kompakten Vorschriften zusammengefasst sondern über das ganze Verbraucherdarlehen hin verstreut; man findet sie in §§ 356b II 2 (Widerrufsfrist), 357a III (Nutzungsersatz), 491a II 3, III 3, IV (vorvertragliche Information), 492a, 492b (Koppelungsgeschäfte), 493 IV-VI (vertragliche Information), 494 VI 3 (Formfehler), 495 III (Bedenkzeit vor Vertragsschluss), 497 IV (Verzug), 498 II (Verzug), 500 II (vorzeitige Erfüllung), 503 (Umwandlung in Fremdwährung), 505a III, 505b II (Prüfung der Kreditwürdigkeit), 505c (Bewertung), 505e (Rechtsverordnung), 506 I 2 (Zahlungsaufschub), 511 (Beratung).

11. Der Überziehungskredit
11.1 Drei Möglichkeiten, ein Konto zu überziehen

Wenn der Verbraucher sein laufendes Konto überzieht, hängen die Rechtsfolgen davon ab, ob der Unternehmer die Überziehung erlaubt oder wenigstens duldet oder aber ablehnt. § 504 regelt die erlaubte, § 505 die geduldete Überziehung. Die vertragswidrige Überziehung bezahlt auch der Verbraucher mit hohen Überziehungszinsen und hat sie umgehend rückgängig zu machen.

11.2 Die erlaubte Kontoüberziehung

Erlaubt der Unternehmer dem Verbraucher in einem Vertragsverhältnis über eine laufende Rechnung (Kontokorrent), das Konto in bestimmter Höhe zu überziehen, begründet die Überziehung gemäß §§ 491 I, 504 I 1 ein Verbraucherdarlehen. § 504 bestimmt zusätzlich:


- Der Darlehensgeber hat den Verbraucher regelmäßig so zu unterrichten, wie Art. 247 § 16 EGBGB es vorschreibt (I 1).
- Der Darlehensgeber hat keinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung (I 2).
- Die Informationspflicht des Darlehensgebers aus § 493 III beschränkt sich auf die Erhöhung des Zinssatzes und der sonstigen Kosten (I 3).
- § 499 I zur Vereinbarung eines Kündigungsrechts für den Darlehensgeber ist nicht anwendbar (I 4).
- Dauert die vereinbarte Laufzeit des Darlehens höchstens drei Monate oder darf der Darlehensgeber fristlos kündigen, sind die §§ 491a III, 495, 499 II, 500 I 2 nicht anwendbar (II 1).
- Auch § 492 I ist nicht anwendbar, wenn außer den Zinsen keine weiteren laufenden Kosten vereinbart sind, die Zinsen frühestens alle drei Monate fällig werden und der Verbraucher unverzüglich nach Vertragsschluss den Vertragsinhalt auf einem dauerhaften Datenträger besitzt (II 2).

§ 504a verpflichtet den Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer, der eine erlaubte Überziehung seines Kontos ununterbrochen 6 Monate lang und in Höhe von mehr als 75 % des vereinbarten Höchstbetrags nutzt, eine Beratung anzubieten (I), die der Darlehensnehmer annehmen (II) oder ablehnen kann (III).

11.3 Die geduldete Kontoüberziehung

Ein Verbraucherdarlehen kommt auch dann zustande, wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Überziehung des laufenden Kontos zwar nicht erlaubt, aber für den Fall, dass er sie dulde, ein Entgelt verlangt. § 505 sagt dazu:


- Diese Vereinbarung muss die Angaben des Art. 247 § 17 I EGBGB enthalten, und sie müssen dem Verbraucher regelmäßig auf einem dauerhaften Datenträger mitgeteilt werden (I 1).
- Eine erhebliche Überziehung über einen Monat hinaus ist dem Verbraucher unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger entsprechend Art. 247 § 17 II EGBGB mitzuteilen (II 1).
- Für eine ununterbrochene Überziehung während drei Monaten in bestimmter Höhe gilt § 504a entsprechend (II 2, 3).
- Wenn der Unternehmer diese Pflichten verletzt, verliert er seinen Anspruch auf Zinsen und Kosten (III).
- Die §§ 491a-496, 499-502 sind nicht anwendbar (IV).

11.4 Die Pflicht des Darlehensgebers, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zu prüfen

Man sollte meinen, der gewerbliche Kreditgeber prüfe die Kreditwürdigkeit seiner Kunden im ureigenen Interesse von sich aus, aber § 505a verpflichtet ihn zum Schutze des Darlehensnehmers, der ein Verbraucher ist, dazu[99]. Was die Grundlage dieser Prüfung betrifft, unterscheidet § 505b zwischen dem Allgemein-Verbraucherdarlehen (I) und dem Immobiliar-Verbraucherdarlehen (II-IV). Die Folgen einer Verletzung dieser Prüfungspflicht regelt § 505d und § 505e ermächtigt zu einer Rechtsverordnung über die Leitlinien der Kreditwürdigkeitsprüfung.

 

12. Die entgeltliche Finanzierungshilfe

Auf die entgeltliche Finanzierungshilfe eines Unternehmers für einen Verbraucher wie den Zahlungsaufschub sind nach § 506 I die §§ 358-360, 491a-502 und 505a-505e „mit Ausnahme des § 492 IV und vorbehaltlich der Absätze 3 und 4“ entsprechend anzuwenden[100]. Dunkel bleibt der Hinweis auf „sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen“. Nach § 506 II gilt unter Umständen auch die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes als Finanzierungshilfe.

Für Teilzahlungsgeschäfte: die Lieferung von Sachen oder sonstige Leistungen gegen Teilzahlung[101] gelten gemäß § 506 III auch noch die §§ 507, 508, jedoch vorbehaltlich des § 506 IV, der die Verträge des § 491 II, III ausnimmt. Obwohl auch die Teilzahlungsgeschäfte zu den Finanzierungshilfen gehören, haben sie in den §§ 507-508 eine Fülle eigener Regeln über Form, Formfehler, Rückgaberecht des Verbrauchers, Rücktritt des Unternehmers wegen Zahlungsverzugs und Pflicht des Unternehmers, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu prüfen.

13. Das unabdingbare Verbraucherschutzrecht

Nach § 512 S. 1 darf der Verbraucherdarlehensvertrag, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, von den §§ 491-511, 514, 515 nicht zum Nachteil des Verbrauchers abweichen. Unerlaubte Abreden sind unwirksam, lassen den Vertrag aber ohne diese Abreden bestehen, denn § 139 ist nicht anwendbar.

Diese Vorschriften sind nach § 512 S. 2 auch dann anwendbar, „wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden“. Das ist eine überflüssige Regel. Ob und in welchem Umfang die §§ 491 ff. gelten sollen, direkt oder wenigstens entsprechend, müssen sie durch eine klare oder wenigstens auslegungsfähige Formulierung schon selbst sagen. Wenn der Gesetzgeber dazu nicht mehr fähig ist, kann auch ein Umgehungsverbot nicht helfen.

14. Existenzgründer

Nach § 513 gelten die §§ 491-512 bis zum Betrag von 75 000,– € auch für Existenzgründer.

15. Unentgeltliche Darlehen und Finanzierungshilfen

Der Verbraucher ist inzwischen so tief gesunken, dass er auch vor unentgeltlichen Darlehen geschützt werden muss. § 514 wendet auf derartige Darlehen die §§ 497 I, III, 498, 505a-505c, 505d II, III, 505e entsprechend an (I 1 mit Ausnahme I 2) und gibt dem Verbraucher ein Widerrufsrecht gemäß § 355 (II 1 mit Ausnahmen in II 2), über das der Verbraucher nach Art. 246 III EGBGB belehrt werden muss (II 3, 4).

Und nach § 515 gelten die §§ 514, 358-360 entsprechend, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher einen unentgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige unentgeltliche Finanzierungshilfe gewährt.

5. Teil Der Dienstvertrag

1. Kapitel Das gesetzliche System

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Im Buch 2 des BGB: „Recht der Schuldverhältnisse“, Abschnitt 8: „Einzelne Schuldverhältnisse“ heißt der Titel 8 jetzt nicht mehr „Dienstvertrag“, sondern „Dienstvertrag und ähnliche Verträge“. Untertitel 1 regelt mit den §§ 611-630 unverändert den Dienstvertrag, Untertitel 2 mit den §§ 630a-630h den neuen „Behandlungsvertrag“. Schöpfer der neuen Errungenschaft ist das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013 (BGBl I, 277)[1].

Die Verbesserung der Patientenrechte fällt freilich bescheiden aus, beschränkt sie sich doch weitgehend darauf, die hoch entwickelte und für eine weitere Rechtsfortbildung offene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in starre Paragrafen zu zwängen[2].

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Was also bezweckt das Patientenschutzgesetz? Es will mit einem verständlichen Text für mehr Rechtssicherheit und Transparenz sorgen, zwei hehre Ziele, die die Rechtsprechung angeblich nicht erreichen kann. Nun war die Rechtsprechung zum Arztvertrag und zur Arzthaftung freilich nur einigen Juristen bekannt, die sich beruflich damit befassen mussten. Aber der Patient wird auch das neue Gesetz, mag es ihn noch so direkt in beiderlei Geschlecht ansprechen, nicht lesen, bevor er sich unter das Messer des Chirurgen legt oder einer Chemo-Therapie unterzieht[3]. Vielleicht ist das Patientenschutzgesetz schlicht überflüssig[4]. Dass die Patientinnen im hochtrabenden Namen des Gesetzes noch den Ton angeben, im Text des Gesetzes aber nichts mehr zu sagen haben, wirkt unfreiwillig komisch.

Obwohl die Rechtsprechung auch den Anwaltsvertrag und den Krankenhausaufnahmevertrag weit über die §§ 611 ff. hinaus näher ausgestaltet hat, bleibt diesen Verträgen die Ehre einer speziellen gesetzlichen Regelung versagt. Dennoch verdienen auch sie eigene Kapitel in diesem Buch, der Anwaltsvertrag das 6. und 7. Kapitel und der Krankenhausvertrag das 8. Kapitel, bevor der neue Behandlungsvertrag mit dem 9. und 10. Kapitel das Thema „Dienstvertrag“ beschließt.

2. Kapitel Die Ansprüche aus dem Dienstvertrag

1. Die Anspruchsgrundlage und ihre Rechtsfolgen

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Nach § 611 I haben der Dienstberechtigte Anspruch auf die versprochenen Dienste und der Dienstpflichtige auf die versprochene Vergütung. Nach § 611 II kann man Dienste beliebiger Art versprechen. Die Vergütung besteht meist aus einer Geldsumme.

Der Anspruch des Dienstberechtigten auf die versprochene Dienstleistung ist zwar klagbar, die Verurteilung des Dienstpflichtigen nach § 888 III ZPO aber nicht vollstreckbar. Deshalb wird vor Gericht nur über die Vergütung oder über Schadensersatz wegen Vertragsverletzung gestritten.

2. Der Vergütungsanspruch

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Das Gesetz bietet, wenn man es genau liest, drei Anspruchsgrundlagen an:


- § 611 I: Der Dienstvertrag regelt die Vergütung vollständig nach Grund und Höhe.
- § 611 I mit § 612 II: Der Dienstvertrag regelt die Vergütung nur dem Grunde nach.
- § 611 I mit § 612 I: Der Dienstvertrag regelt die Vergütung gar nicht, aber die Umstände lassen eine Vergütung erwarten.

Bild 33: Der Anspruch auf eine Vergütung der Dienste


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Nach § 611 I hat der Dienstpflichtige Anspruch auf die auch der Höhe nach vereinbarte Vergütung. Das ist der gesetzliche Normalfall. Die Beweislast für die Lohnvereinbarung trägt der Anspruchssteller.

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Die taxmäßige oder übliche Vergütung verdient der Dienstpflichtige nach § 612 II nur, wenn eine Vergütung zwar dem Grunde nach vereinbart, ihre Höhe aber nicht bestimmt ist. Das ist, wie nach § 632 II auch beim Werkvertrag und nach § 653 II beim Maklervertrag, eine anspruchsbegründende negative Tatsache, die der Anspruchssteller beweisen muss[5]. Da er ein Nichts aber nicht beweisen kann, darf der Anspruchsgegner im Prozess das behauptete Fehlen einer Vereinbarung über die Höhe der Vergütung nicht einfach verneinen, sondern muss schlüssig darlegen, welche – niedrigere – Vergütung vereinbart worden sei. Beweisen muss er es nicht, der Anspruchssteller muss es widerlegen und nachweisen, dass die Höhe der Vergütung vertraglich nicht bestimmt worden sei[6].

Taxe ist die gesetzliche Gebührenordnung: das RVG für den Rechtsanwalt, die StBGebV für den Steuerberater, die GOÄ für den Arzt und die GOZ für den Zahnarzt.

Wo eine Taxe fehlt, ist die übliche Vergütung geschuldet. Üblich ist die Vergütung, die zur fraglichen Zeit und am fraglichen Ort für Dienste der vereinbarten Art gewöhnlich verlangt und bezahlt wird[7].

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Sagt der Vertrag zur Vergütung gar nichts, handelt es sich entweder um einen unentgeltlichen Auftrag nach § 662 oder um einen Dienstvertrag nach § 611. § 612 I schließt die Vertragslücke mit einer Fiktion und unterstellt eine stillschweigende Vergütungsabrede, wenn die Umstände eine Vergütung erwarten lassen.

Wer nach § 612 I eine Vergütung seiner Dienste fordert, muss Tatsachen dafür beweisen, dass er eine Vergütung habe erwarten dürfen[8]. Wenn aber schon die allgemeine Lebenserfahrung dafür spricht, dass ein Geschäftsmann oder Freiberufler nicht für Gottes Lohn arbeite[9], muss der Anspruchsgegner nachweisen, dass unentgeltliche Dienste vereinbart seien[10]. Eine stillschweigende Vergütungsabrede hat man gelegentlich dann angenommen, wenn die Dienste in der enttäuschten Erwartung einer lebzeitigen oder letztwilligen Zuwendung des Nutznießers geleistet wurden[11]. Plausibler ist ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung nach § 812 I 2[12].

334

Gemäß § 614 wird die Vergütung, wenn nichts anderes vereinbart ist, erst nach Leistung der vereinbarten Dienste oder Ablauf des vereinbarten Zeitabschnitts fällig, und der Dienstpflichtige muss vorleisten.

3. Kapitel Der Dienstvertrag als Anspruchsvoraussetzung

1. Ein gegenseitiger Verpflichtungsvertrag

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Der Dienstvertrag ist, so wie die §§ 320-326 es verlangen, ein gegenseitiger Vertrag, der den einen Vertragspartner zu Diensten beliebiger Art und den anderen zu einer Vergütung verpflichtet. Oft beschränkt er sich nicht auf einen einmaligen Leistungsaustausch, sondern begründet ein Dauerschuldverhältnis, das nach §§ 617, 618 zu besonderer Rücksicht verpflichtet und nach § 626 aus wichtigem Grund jederzeit fristlos gekündigt werden kann.

336

Besteht die Dienstleistung, wie die des Rechtsanwalts, aus einer Geschäftsbesorgung, gilt nach § 675 I auch noch Auftragsrecht (RN 590 f.).

2. Eine Verpflichtung nur zur Tätigkeit, nicht zum Erfolg

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Das BGB unterscheidet die Dienstleistung von der Herstellung eines Werks. Der Werkvertrag verpflichtet nach § 631 zur mängelfreien Herstellung des bestellten Werks, der Dienstvertrag nach § 611 nur zur versprochenen Tätigkeit. Musterbeispiel ist die abhängige Arbeit, der Arbeitsvertrag immer noch ein Dienstvertrag, auch wenn er als Bestandteil des Arbeitsrechts längst ein Eigenleben führt.

 

Der zivilrechtliche Dienstvertrag beschäftigt heute vor allem die freien Berufe. Anwalt, Steuerberater, Wirtschaftsberater und Arzt versprechen in aller Regel keinen Erfolg, sondern nur brauchbare Dienste nach den Regeln ihrer Zunft. Zwar erwartet man auch von ihnen einen greifbaren Erfolg, aber sie versprechen ihn nicht[13].