Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen

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3. Kapitel Der Anspruch des Darlehensgebers auf Rückzahlung des Darlehens

1. Anspruchsgrundlage und Beweislast

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Nach § 488 I 2, III hat der Darlehensgeber einen Anspruch auf Rückzahlung des fälligen Darlehens. Er klagt auf Zahlung, beim Sachdarlehen nach § 607 I 2 auf Übereignung und Herausgabe einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen gleicher Art und Güte[22].

Der Rückzahlungsanspruch hat drei Voraussetzungen: einen Darlehensvertrag, den Empfang des Darlehens und die Fälligkeit der Rückzahlung.

Die Beweislast trägt der Darlehensgeber als Anspruchsteller[23] auch dann, wenn der Anspruchsgegner behauptet, er habe das Geld geschenkt bekommen, denn damit erhebt er keine anspruchsfeindliche Einwendung, sondern bestreitet nur das anspruchsbegründende Darlehen[24].

Der Darlehensnehmer darf sich allerdings nicht wundern, wenn ihn ein wildfremder Zessionar auf Rückzahlung des Darlehens in Anspruch nimmt, denn trotz Bankgeheimnis und Datenschutz sind Darlehensforderungen immer noch frei abtretbar[25].

2. Der Darlehensvertrag

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Der Darlehensvertrag besteht aus dem vertraglichen Versprechen des Darlehensgebers, ein Darlehen zu gewähren, kann sich aber auch auf die Rechtsgrundabrede beschränken das ausbezahlte Kapital werde zur zeitweiligen Nutzung als Darlehen gewährt. Verspricht der Darlehensnehmer Zinsen, handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag nach § 320[26].

Durch Vertrag können Gläubiger und Schuldner auch jede andere Geldschuld oder Verpflichtung zur Lieferung vertretbarer Sachen, wenn sie denn besteht, in ein Darlehen umwandeln[27]. Der Parteiwille bestimmt, ob die Umwandlung die alte Schuld nur ändern oder durch die Darlehensschuld völlig ersetzen soll (RN 1414 f.).

Dadurch dass die Bank eine Kontoüberziehung ihres Kunden stillschweigend duldet, gewährt sie noch kein Darlehen[28]; anders § 505 zum Verbraucherdarlehen (RN 326). Auch der Lohn- oder Gehaltsvorschuss ist kein Darlehen, sondern eine Vorauszahlung auf Lohn oder Gehalt[29].

Anders als der Girovertrag mit Kontokorrent begründet der Darlehensvertrag keine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach §§ 675 I, 666, 259[30].

Der Darlehensvertrag ist oft vorformuliert, Während die Zinsabrede als Abrede einer vertraglichen Hauptleistungspflicht nach § 307 III keiner Inhaltskontrolle unterliegt (RN 2120), sind vorformulierte Zinsänderungsklauseln und andere Preisnebenabreden an § 307 I, II zu messen (RN 2121). So ist die vorformulierte „Vergütung“ für den Vertragsabschluss und den Vertragsaufwand dem Verbraucher gegenüber nach § 307 I 1 unwirksam, da sie dem gesetzlichen Leitbild des Darlehens widerspricht[31].

3. Der Empfang des Darlehens

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Der Anspruchsgegner muss nur ein empfangenes Darlehen zurückgewähren. Empfangen hat er es selten in bar, meist durch Gutschrift auf seinem Konto zur freien Verfügung[32]. Durch Auszahlung oder Überweisung an einen Dritten empfängt man ein Darlehen entsprechend §§ 362 II, 185 I nur, wenn man damit einverstanden ist und der Dritte vereinbarungsgemäß über das Kapital verfügen kann[33].

Beispiele


- Die Überweisung des Darlehens auf ein Notaranderkonto, verbunden mit dem Treuhandauftrag, das Geld dem Darlehensnehmer nur unter bestimmten Bedingungen zu überlassen, ist in der Regel noch keine Auszahlung (BGH NJW 85, 1831; 86, 2947; 87, 55; aber auch NJW 94, 1403).
- Ist der Zwischenfinanzierungsvertrag unwirksam, weil die Vollmacht des Vertreters wegen verbotener Rechtsberatung nach § 134 nichtig und nicht nach §§ 171, 172 geheilt ist, dann ist auch die Weisung des Vertretenen unwirksam, das Darlehen an einen Dritten auszuzahlen, und der Vertretene muss es nicht zurückzahlen, denn er hat es nicht empfangen (BGH NJW 2012, 3294).
- Die Bank zahlt das Darlehen für einen Fondsbeitritt nicht an den Darlehensnehmer sondern auf Weisung des Treuhänders an die Fondsgesellschaft. Wenn nun die Zahlungsanweisung des Treuhänders mangels Vollmacht unwirksam ist, hat der Darlehensnehmer das Darlehen nicht empfangen und muss es nicht zurückzahlen, hat selbst aber Anspruch auf Erstattung seiner Zins- und Tilgungszahlungen (BGH NJW 2015, 1948).

4. Die Fälligkeit der Rückzahlung des Darlehens
4.1 Fristablauf und ordentliche Kündigung

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Fällig wird der Rückzahlungsanspruch am Vertragsende. Der befristete Darlehensvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit, der unbefristete nach § 488 III 1 durch Kündigung (S. 1). Wenn nichts anderes vereinbart ist[34], darf jede Seite das unbefristete Darlehen mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten kündigen (S. 2). Die Kündigung ist ein einseitiges, empfangsbedürftiges (§ 130) Rechtsgeschäft, formfrei, aber bedingungsfeindlich[35]. Sie ist spätestens in der Klage auf Rückzahlung enthalten[36]. Der Darlehensnehmer wiederum darf nur das unverzinsliche Darlehen jederzeit zurückzahlen (S. 3).

Kraft ihrer AGB darf die Bank den Ratenkredit wegen Zahlungsverzugs nur für den Fall sofort fällig stellen, dass der Kreditnehmer mit mindestens zwei aufeinander folgenden Raten in Verzug gerät[37].

§ 489 berechtigt den Darlehensnehmer über § 488 III hinaus in drei Fällen zur befristeten ordentlichen Kündigung, jeweils mit verschiedenen Kündigungsterminen und -fristen:


- Die Festzinsbindung (jetzt: Sollzinsbindung) ist kürzer als die Laufzeit des Darlehens und für die Zwischenzeit kein Zinssatz vereinbart (I Nr. 1).
-
- Der Zinssatz ist, etwa aufgrund einer Zinsgleit- oder Zinsänderungsklausel, variabel (II). Was ein Sollzinssatz sei, erfährt man aus § 489 V.

Dieses Kündigungsrecht des Darlehensnehmers ist unabdingbar (IV 1). Ausgenommen ist die Kreditaufnahme der öffentlichen Hand (IV 2).

Aber die Kündigung des Darlehensnehmers „gilt als nicht erfolgt“, wenn er das Darlehen nicht binnen 2 Wochen zurückzahlt (III).

4.2 Die außerordentliche Kündigung des Darlehens

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§ 490 berechtigt beide Vertragspartner zur außerordentlichen Kündigung:

Der Darlehensgeber darf vor der Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, danach in der Regel fristlos kündigen, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers oder die Sicherheit derart verschlechtern oder zu verschlechtern drohen, dass der Rückzahlungsanspruch gefährdet wird (I)[39].

Der Darlehensnehmer darf ein Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz, das durch ein Grundpfandrecht gesichert ist, aus berechtigtem Interesse[40] nach Ablauf von sechs Monaten ab Empfang und mit Frist nach § 488 III 2 vorzeitig kündigen, hat dem Darlehensgeber aber eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen (II)[41].

4.3 Die fristlose Kündigung des Darlehens aus wichtigem Grund und wegen Störung der Geschäftsgrundlage

Nach § 490 III bleiben unberührt § 313 über die Störung der Geschäftsgrundlage und § 314 über die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Unabdingbar ist das Recht beider Vertragspartner, den Darlehensvertrag, der ein Dauerschuldverhältnis begründet, nach § 314 aus wichtigem Grund jederzeit fristlos zu kündigen (RN 1180 ff.). Auch die Störung der Geschäftsgrundlage kann nach § 313 eine vorzeitige Kündigung rechtfertigen (RN 1214).

4. Kapitel Einwendungen des Darlehensnehmers gegen die Rückzahlungs- und Zinszahlungspflicht

1. Die Nichtigkeit des Darlehensvertrags

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Die Vertragspflichten des Darlehensnehmers aus § 488 entstehen nicht, wenn der Darlehensvertrag nichtig ist, weil er nach § 134 gegen ein gesetzliches Verbot (RN 2327)[42] oder nach § 138 gegen die guten Sitten verstößt (RN 2349). Die beiderseitigen Leistungen sind dann nach §§ 812 I 1, 817 S. 1 als rechtsgrundlose Bereicherung zurückzugeben.

 

Die Rückzahlung ist jedoch nach § 817 S. 2 ausgeschlossen, wenn auch der Leistende gegen das gesetzliche Verbot oder die guten Sitten verstoßen hat (RN 913). Heißt dies, der Darlehensnehmer dürfe das Kapital endgültig behalten? Nein, er darf es nicht behalten. Behalten darf er, während der unwirksam vereinbarten Zeit, nur die Nutzung des Kapitals. Auch ein wirksamer Darlehensvertrag hätte ihm nur die zeitweilige Nutzung gewährt. Das Kapital hingegen muss er nach Ablauf der unwirksam vereinbarten Nutzungszeit zurückzahlen (RN 915). Zinsen schuldet er nur, wenn er nach §§ 819 I, 818 IV, 292, 246 bereits verschärft haftet.

2. Der Einwendungsdurchgriff

Beim finanzierten Abzahlungskauf und anderen fremdfinanzierten Geschäften darf der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber nach § 359 oder § 242 auch Einwendungen aus dem finanzierten Geschäft entgegenhalten (RN 324, 1202).

3. Der Tilgungseinwand

Der Tilgungseinwand des Darlehensnehmers nach § 362 kollidiert bisweilen mit nachteiligen vorformulierten Tilgungs- und Zinsberechnungsklauseln der Bank. Falls diese Klauseln nicht ohnehin dem gesetzlichen Leitbild widersprechen, müssen sie nach § 307 I 2 so klar formuliert sein, dass der Kunde seine Belastung daraus ablesen kann[43].

Eine Klausel, die der Bank erlaubt, nach Ablauf der Festzinsperiode Zins und Tilgung neu festzusetzen, ist nur wirksam, wenn sie den Kunden berechtigt, der Neufestsetzung durch Kündigung auszuweichen[44]. Im Übrigen legt man Zinsänderungsklauseln so aus, dass die Bank nach § 315 die Zinsen nur an die marktbedingte Änderung der Refinanzierungskosten anpassen darf[45].

4. Die Verjährungseinrede

Nach § 195 verjähren sowohl der Zinsanspruch als auch der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens in der Regelfrist von drei Jahren, der Zinsanspruch nach § 217 spätestens mit dem Rückzahlungsanspruch und nach § 197 II auch dann, wenn er bereits rechtskräftig festgestellt ist.

Normal verjährt auch der Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückzahlung von Zinsen und anderen Kreditkosten, die er auf einen nichtigen Darlehensvertrag bezahlt hat[46].

Den Verjährungsbeginn regelt § 199 I (RN 2486).

5. Die Einrede der Wechselhingabe

Hat der Darlehensnehmer für das Darlehen Wechsel akzeptiert, darf er den Darlehensgläubiger auf den Wechsel verweisen, solange dieser nicht vergeblich zur Zahlung vorgelegt worden oder bereits verjährt ist[47].

5. Kapitel Leistungsstörungen im Darlehensverhältnis

1. Das gesetzliche System

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Für Leistungsstörungen gelten die allgemeinen Regeln der §§ 275 ff., für das verzinsliche Darlehen auch die §§ 320 ff. Der Rücktritt nach § 323 wird jedoch in aller Regel durch die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ersetzt, denn das Darlehen begründet ein Dauerschuldverhältnis nach § 314 (RN 1180 ff.).

Wer den Darlehensvertrag verletzt, ist dem Vertragsgegner nach § 280 I 1 mit § 241 II, und wer eine vorvertragliche Pflicht verletzt, nach § 280 I 1 mit § 311 II zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er sich nicht nach § 280 I 2 entlastet. Der Darlehensvertrag verpflichtet den Darlehensgeber auch dazu, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers nicht zu gefährden, weder durch unwahre, noch durch wahre Tatsachenbehauptungen, und auch nicht durch abfällige Wertungen[48].

2. Die Aufklärungspflicht des Darlehensgebers

Als Kreditgeberin ist die Bank nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer vor den allgemeinen Kreditrisiken zu warnen[49] oder über die richtige Verwendung des Darlehens zu belehren[50], denn diese Risiken weist der Darlehensvertrag dem Darlehensnehmer zu.

Die Bank muss nur vor außergewöhnlichen Gefahren warnen und nur über außergewöhnliche Kreditrisiken aufklären, die ihr, nicht aber dem Darlehensnehmer bekannt sind („konkreter Wissensvorsprung“), und die den Darlehensnehmer, wenn er sie gekannt hätte, von der Kreditaufnahme hätten abhalten können[51].

Die Beweislast für eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Bank trägt der Darlehensnehmer[52].

Beispiele


- Das Ersterwerbermodell für Wohnungseigentum ist sanierungsbedürftig (BGH NJW 88, 1583).
- Der Bauträger ist insolvent (BGH NJW 91, 693).
- Die Initiatoren eines Bauherrenmodells sind vermögenslos (BGH NJW 92, 2146).
- Der Kaufpreis für das zu finanzierende Objekt ist derart überhöht, dass der Käufer sittenwidrig übervorteilt wird (BGH NJW 2003, 2088; 2007, 3272; 2017, 1313: Die Überteuerung ist der Bank bekannt oder drängt sich auf), oder enthält verdeckte Rückvergütungen (BGH NJW 2007, 1876; 2007, 3272; 2009, 2298). Die Bank muss beweisen, dass sie nicht vorsätzlich gehandelt habe (BGH NJW 2009, 2298).
- Der Erwerber des finanzierten Objekts ist arglistig getäuscht worden, und die finanzierende Bank weiß es (BGH NJW 2007, 3272).
- Gefährlich ist die Kombination aus Festkredit und Kapitallebensversicherung (BGH 111, 117; 116, 209; NJW 89, 1667; 2003, 2529; 2017, 2189: zur Verjährung), gefährlich auch der finanzierte Beitritt zu einem Mietpool im Bauherrenoder Erwerbermodell (BGH NJW 2008, 2572).

3. Die Beratungspflicht des Darlehensgebers

Sobald die Bank eine bestimmte Geldanlage (Aktien, Anleihen, Immobilienfonds) nicht nur finanziert, sondern auch noch empfiehlt, muss sie den Kunden ungefragt über alle Risiken dieser Geldanlage aufklären und umfassend beraten[53]. Tut sie dies nicht, und ist die Anlage ihren Preis nicht wert, hat die Bank dem Anleger den Schaden zu ersetzen.

Anspruchsgrundlage ist § 280 I 1, Anspruchsvoraussetzung ein Beratungsvertrag (RN 620 ff.).

Die Beweislast für eine unvollständige oder falsche Beratung durch die Bank trägt der Kunde[54].

Dass die fehlerhafte Beratung ihn zu einer nachteiligen Geldanlage verleitet habe, muss der Kunde nicht beweisen, denn davor schützt ihn der Beratungsvertrag mit einer Kausalitätsvermutung, die die Bank widerlegen muss[55].

Arbeitet die Bank gar Hand in Hand mit der Anlagegesellschaft oder dem Anlagevermittler derart eng zusammen, dass das Darlehen und die Geldanlage ein verbundenes Geschäft nach § 242 oder §§ 358, 359 bilden, muss sie sich nicht nur Einwendungen des Kunden aus dem finanzierten Geschäft gefallen lassen (RN 324, 1202)[56], sondern haftet nach §§ 280 I 1, 278 auch noch für Pflichtverletzungen ihrer Verbündeten[57].

4. Versuche des Darlehensgebers, Vertragsverletzungen des Darlehensnehmers abzuwehren

Die Banken versuchen mannigfach, sich gegen Vertragsverletzungen ihrer Kunden formularmäßig abzusichern.

Beispiele


- Nichtabnahmeentschädigung: Der Kunde soll 3 % zahlen, wenn er das vereinbarte Darlehen nicht abnehme. Diese Schadensersatzpauschale ist jedenfalls dann wirksam vereinbart, wenn die Bank durch die Vertragsverletzung ihres Kunden ein Disagio von 3 % verliert (BGH NJW 85, 1831; 90, 2676: Schadensersatz; NJW 2000, 509: Schadensberechnung).
- Überziehungszinsen: Der Darlehensnehmer soll höhere Zinsen dafür bezahlen, dass er das vereinbarte Kreditlimit überschreitet oder sein Girokonto überzieht (BGH NJW 92, 1751, 1753). Dies gilt nicht, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen auch nach Ablauf des Darlehensvertrags im bisherigen Umfang nutzen darf (BGH NJW 2003, 1801).
- Vorfälligkeitsentschädigung: Der Darlehensnehmer soll für die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens eine Entschädigung zahlen; das ist Schadensersatz für entgangenen Gewinn. Unter den Voraussetzungen der §§ 490 II 3, 502 hat der Darlehensgeber einen gesetzlichen Anspruch darauf. Im Übrigen ist eine Vorfälligkeitsentschädigung dann frei vereinbar, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen mit fester Laufzeit nicht vorzeitig zurückzahlen darf (BGH NJW 2003, 2230; 2004, 1730: statt das Darlehen vorzeitig zu tilgen, darf der Darlehensnehmer vielleicht die Sicherheit auswechseln; NJW 2016, 1382: zur Schadensberechnung nach § 490 II 3 und zur Vereinbarung von Sondertilgungsrechten). Die Pauschalierung durch AGB scheitert, wenn der zu erwartende Schaden geringer ist, an § 309 Nr. 5a und gegenüber Kaufleuten an § 307 (BGH NJW 98, 592; Knops NJW 2018, 1505: Vorfälligkeitsentschädigung nach der Wohnimmobiliarrichtlinie.
- Verzugszinsen: Für eine nicht fällige Restschuld darf sich die Bank durch AGB keine Verzugszinsen versprechen lassen (BGH NJW 84, 2941).

6. Kapitel Das Verbraucherdarlehen

1. Modernisierung total, aber für wen?

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Im Jahre 2002 hat das Schuldrechtsreformgesetz das Verbraucherkreditgesetz ins BGB verpflanzt. Dann hat das Gesetz vom 29.7.2009 (BGBl I, 2355) zum 11.6.2010 ein fast neues Verbraucherdarlehen produziert. Der Versuch, in einem Aufwaschen sowohl die Zahlungsdienst-Richtlinie 2007/64 EG als auch die Verbraucherkredit-Richtlinie 2008/48 EG in verständliches deutsches Recht zu verwandeln, ist gründlich misslungen.

Inzwischen ist das Verbraucherdarlehen wiederholt nachgebessert worden, zuletzt weit ausholend durch das Gesetz zum Wohnimmobiliardarlehen vom 11.3.2016, und derzeit auf drei- unddreißig übergewichtige Vorschriften angewachsen, deren Verständlichkeit mit ihrem Umfang nicht Schritt hält. Offenbar wird die Verfallzeit des Verbraucherschutzrechts von Nachbesserung zu Nachbesserung immer kürzer, seine Qualität dagegen immer schwächer. Der Gesetzgeber scheut sich nicht, derart windige neue Rechtsbegriffe zu erfinden wie den Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag in § 491 II 1 und den Immobilienverzehrkreditvertrag in § 491 III 4. Und warum wird das Immobiliarverbraucherdarlehen nicht in ein paar wenigen kompakten Vorschriften geregelt, sondern von § 491 bis § 511 stückweise in alle Winde verstreut, wo es nur schwer zu finden ist?

Das neue Recht zum Verbraucherdarlehen bildet ein nahezu undurchdringliches Dickicht aufgeblähter, schwerfällig formulierter Vorschriften und lässt all das vermissen, was man von einem ordentlichen Gesetz erwarten darf: ein durchsichtiges System und eine präzise Formulierung. Vergessen und verloren ist die hohe Kunst der Verfasser des BGB von 1900, das, was zu regeln ist, in ebenso knappe wie präzise Paragraphen zu gießen. Stattdessen treibt das neue Recht des Verbraucherdarlehens die Verweisungstechnik auf die Spitze. Den Vogel schießt § 492 II mit seiner Verweisung auf Art. 247 §§ 6-13 EGBGB ab. Wer erfahren will, welche Angaben ein modernisierter Verbraucherdarlehensvertrag enthalten soll, darf dreieinhalb Seiten Gesetzestext lesen. Und das ist nur das schlimmste Beispiel. Wie kann ein Gesetz, das nicht einmal der Jurist versteht, den Verbraucher schützen[58]. Längst vergessen ist die Rüge des Bundesverfassungsgerichts, der Gesetzgeber verletze das Rechtsstaatsgebot des Art. 20 III GG, wenn er seine Gesetze nicht so verfasse, dass auch der betroffene Bürger sie verstehen und sein Verhalten danach richten könne[59]. Man muss dem kreditbedürftigen Verbraucher raten, einen promovierten und habilitierten Spezialisten für Verbraucherschutzrecht mit zur Bank zu nehmen, wenn er die Segnungen des modernen Verbraucherschutzes nutzen will.