Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen

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1.6 Der nicht vereinbarte einseitige Eigentumsvorbehalt

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Da Kauf und Übereignung zweierlei sind, kann sich der Verkäufer, wenn er es richtig anstellt, das Eigentum auch einseitig wider seine Verpflichtung zur bedingungslosen Übereignung vorbehalten. Schuldrechtlich darf er es zwar nicht, weil es nicht vereinbart ist, als Eigentümer aber kann er es. Freilich muss er den Vorbehalt spätestens bei der Übergabe dem Käufer gegenüber deutlich erklären[396]. Andernfalls darf der Käufer die Lieferung als bedingungslose Übereignung verstehen. Die Vorbehaltserklärung des Verkäufers geht dem Käufer gemäß § 130 I 1 nur dann zu, wenn er sie zur Kenntnis nimmt oder mit ihr rechnen muss[397].

Der einseitige Eigentumsvorbehalt ist zwar eine Vertragsverletzung, zugleich aber auch ein Angebot auf bedingte Übereignung. Nimmt der Käufer es an, erwirbt er wenigstens bedingtes Eigentum. Seine Zustimmung ändert zugleich den Kaufvertrag und heilt die Vertragsverletzung des Verkäufers. Lehnt er ab, erwirbt er nur Besitz, behält aber den Anspruch aus § 433 I auf bedingungslose Übereignung. Bedingtes Eigentum kann der Verkäufer dem Käufer nicht aufzwingen, er kann nur den unbedingten Eigentumserwerb verhindern[398].

2. Der Kauf auf Probe

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Nach der Auslegungsregel des § 454 I 2 ist der Kauf auf Probe oder auf Besicht im Zweifel aufschiebend bedingt durch die Billigung des Käufers. Bis dahin ist der Kauf in der Schwebe, bindet aber bereits[399]. Die nach § 455 S. 1 befristete Billigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung und steht nach § 454 I 1 im Belieben des Käufers. Ist die Sache aber dem Käufer zwecks Probe oder Besichtigung übergeben, gilt nach § 455 S. 2 schon sein Schweigen als Billigung. Sie ist aber nur „im Zweifel“ eine aufschiebende Bedingung. Eine auflösende Bedingung durch Missbilligung des Käufers liegt nahe beim Erprobungskauf[400].

3. Der Wiederkauf

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Der Wiederkauf ist nach § 456 ein Kauf mit vertauschten Rollen. Zustande kommt er so: Der Verkäufer, der die Kaufsache zurückkaufen darf, übt sein Wiederkaufsrecht, das er sich im Kaufvertrag vorbehalten hat, durch Erklärung gegenüber dem Käufer aus (I)[401]. Der Kaufpreis ist im Zweifel auch der Wiederkaufpreis (II). Der Verkäufer, der auf einen Wiederkauf klagt, muss zweierlei beweisen: den vereinbarten Vorbehalt des Wiederkaufsrechts und die Wiederkaufserklärung[402]. Der Vorbehalt ist Bestandteil des ersten Kaufvertrags[403], das Wiederkaufsrecht ein Gestaltungsrecht[404], das den Verkäufer dazu berechtigt, den verkauften Gegenstand durch Erklärung gegenüber dem Käufer zurückzukaufen.

Als Gestaltungsrecht kann das Wiederkaufsrecht nicht verjähren, ist aber nach § 462 befristet und erlischt mit Fristablauf, wenn es nicht vorher ausgeübt wird[405]. In erster Linie gilt die vereinbarte Frist (S. 2)[406], hilfsweise die gesetzliche (S. 1).

Bereits die Vereinbarung des Wiederkaufsrechts begründet einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückübereignung[407]. Aber erst die Wiederkaufserklärung macht den Wiederkauf nach §§ 456, 457 I, 433 voll wirksam[408]: Der Verkäufer wird Käufer, der Käufer wird Verkäufer. § 457 II regelt abschließend die Haftung des Wiederverkäufers, der den Kaufgegenstand nicht mehr unversehrt herausgeben kann, § 458 die Haftung für Rechtsmängel, die durch eine frühere Verfügung des Wiederverkäufers entstanden sind. Nach Ausübung des Wiederkaufsrechts verjährt der Anspruch des Wiederkäufers auf Herausgabe des zurückgekauften Grundstücks nach § 196 in zehn Jahren[409].

Das BGB kennt nur ein Wiederkaufsrecht, die Vertragsfreiheit erlaubt aber auch die Vereinbarung eines Wiederverkaufsrechts[410]: Es berechtigt den Käufer dazu, den gekauften Gegenstand an den Verkäufer zurückzuverkaufen, und begründet bereits einen aufschiebend bedingten Wiederverkauf. Die §§ 456 ff. sind, mit Ausnahme des § 457 II, entsprechend anwendbar[411]. Auf einen Wiederverkauf, der nicht als Gestaltungsrecht sondern als Verpflichtung vereinbart wird, ist auch § 456 I nicht anwendbar[412].

4. Der Vorkauf
4.1 Die rechtliche Konstruktion

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Der Vorkauf nach §§ 463-473 ist ein Kauf zu den Bedingungen eines anderen Kaufs . Zustande kommt er durch Ausübung des Vorkaufsrechts.

Es gibt also zwei Kaufverträge mit drei Beteiligten: den Drittkauf zwischen dem Verkäufer und dem Dritten und den Vorkauf zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verkäufer.

Das Vorkaufsrecht ist das Recht, durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer einen Kauf zu den Bedingungen des Drittkaufs zustande zu bringen.

Bild 22: Der Vorkauf


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Die §§ 463 ff. regeln nur das schuldrechtliche Vorkaufsrecht. Das dingliche Vorkaufsrecht nach §§ 1094 ff. belastet unmittelbar das verkaufte Grundstück, steht im Grundbuch und sichert den Vorkaufsberechtigten wie eine Vormerkung[413].

4.2 Die Ansprüche aus dem Vorkauf

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Anspruchsgrundlage ist § 464 II. Durch Ausübung des Vorkaufsrechts kommt zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verkäufer ein Kaufvertrag zustande, der dem Vorkaufsberechtigten nach § 433 I und im Rahmen des Drittkaufs einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Kaufsache frei von Sach- und Rechtsmängeln verschafft und dem Verkäufer nach § 433 II einen Anspruch auf den mit dem Dritten vereinbarten Kaufpreis[414].

Der Vorkauf setzt nach §§ 463, 464 voraus: ein vertragliches oder gesetzliches Vorkaufsrecht, einen Drittkauf, dessen Inhalt auch für den Vorkaufsberechtigten gilt, und die Ausübung des Vorkaufsrechts.

4.3 Das Vorkaufsrecht

Das Vorkaufsrecht entsteht durch Vertrag (zur Form nach § 311b I 1: RN 1435), seltener unmittelbar durch Gesetz. Es ist ein Gestaltungsrecht[415], verjährt deshalb nicht, sondern erlischt gemäß § 469 II durch Fristablauf. Wenn nichts anderes vereinbart ist, kann es gemäß § 473 weder übertragen noch vererbt werden.

Schon die Vereinbarung des Vorkaufsrechts lässt sich als doppelt bedingten Kaufvertrag begreifen[416]: Erste Bedingung ist der Vorkaufsfall durch Abschluss des Drittkaufs, zweite Bedingung ist die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar ist der Inhalt des Kaufvertrags noch offen, aber der Vorkaufsberechtigte akzeptiert nach § 464 II schon jetzt die Bedingungen des Kaufs, den der Verkäufer künftig mit einem Dritten schließen wird. Zwingend ist das nicht, denn Verkäufer und Vorkaufsberechtigter können die Kaufbedingungen auch frei aushandeln[417].

Gesetzliche Vorkaufsrechte begründen: § 577 für Wohnungsmieter[418], § 2034 für Miterben und §§ 24 ff. BauGB für Gemeinden[419].

4.4 Der Vorkaufsfall

Vorkaufsfall ist der Drittkauf: Nach Entstehung des Vorkaufsrechts[420] verkauft der Verkäufer den betreffenden Gegenstand an einen Dritten. Vorkaufsfall ist nur ein wirksamer Verkauf[421], nicht ein anderes Geschäft[422], und nur der Verkauf an einen Dritten[423].

Vorkaufsfall kann nach dem Rechtsgedanken der §§ 162, 242 aber auch ein anderes Geschäft sein, das nur dazu dient, das Vorkaufsrecht zu vereiteln[424].

Beispiele


- Unbefristetes, unwiderrufliches Kaufangebot mit Auflassungsvormerkung, Nießbrauch, Grundschuld und Veräußerungsvollmacht (BGH 115, 335);
- Erbvertrag mit Vermächtnis, Verfügungsverbot unter Lebenden, bedingter Übereignung und Auflassungsvormerkung (BGH NJW 98, 2136).

Das sind zwar einfallsreiche Vertragsgestaltungen, aber nicht raffiniert genug, den ernstlich gewollten Verkauf samt böser Absicht vollständig zu verschleiern (BGH 115, 335; NJW 98, 2136).

Damit der Vorkaufsberechtigte sein Vorkaufsrecht ausüben kann, soll der Verkäufer ihm nach § 469 I den Inhalt des Drittkaufs mitteilen; die Mitteilung durch den Dritten tut es auch.

4.5 Die Ausübung des Vorkaufsrechts

Das Vorkaufsrecht übt man nach Eintritt des Vorkaufsfalles gemäß §§ 464 I 1, 130 I 1 durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer aus[425].

Die Vorkaufserklärung ist nach § 464 I 2 stets formfrei, aber bedingungsfeindlich und unwiderruflich. Unwirksam ist sie nicht nur nach §§ 466 S. 2, 471, sondern nach § 469 II auch dann, wenn sie zu spät kommt[426] oder nach § 242 gegen Treu und Glauben verstößt.

Beispiele

Der Berechtigte hat versprochen, das Vorkaufsrecht nicht auszuüben (BGH 37, 151), ist offenbar zahlungsunfähig, verweigert von Anfang an beharrlich die Kaufpreiszahlung (BGH LM § 505 Nr. 3; MDR 62, 974) oder kündigt an, er werde die Höhe des Kaufpreises gerichtlich überprüfen lassen (BGH MDR 66, 134).

 

Unwirksam ist die Vorkaufserklärung auch dann, wenn der Drittkauf zuvor aufgehoben worden ist[427]. Ist das Vorkaufsrecht aber einmal wirksam ausgeübt worden, kann eine spätere Aufhebung des Drittkaufs den Vorkauf nicht mehr zerstören[428].

Die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts der Gemeinde erfordert im Einzelfall ein öffentliches Interesse am Vorkauf[429].

4.6 Der Kaufvertrag mit dem Inhalt des Drittkaufs

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Der Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verkäufer hat, wenn dort nichts anderes steht, den gleichen Inhalt wie der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Dritten. Die beiden Kaufverträge sind aber rechtlich selbständig. Der Vorkaufsberechtigte tritt nicht an Stelle des Dritten in dessen Kaufvertrag ein, sondern hat seinen eigenen Kaufvertrag, freilich zu den Bedingungen des Drittkaufs[430]. Der Vorkaufsberechtigte und der Dritte sind keine Vertragsgegner, sondern nur Konkurrenten. Welchen der beiden Kaufverträge er erfülle, ist das Problem des Verkäufers. Vorsichtshalber hat er sich den Rücktritt vom Drittkauf vorbehalten oder eine andere Hintertüre offengehalten. Derartige Klauseln sind nach § 465 nur dem Vorkaufsberechtigten gegenüber unwirksam, dem Dritten gegenüber sind sie wirksam, weil nötig. Hat der Verkäufer es versäumt, das Erfüllungsrisiko auf den Dritten abzuwälzen, ist er demjenigen der beiden Käufer, der leer ausgeht, nach § 280 zum Schadensersatz verpflichtet.

Der Vorkaufsberechtigte hat in der Regel nur die Wahl zwischen einem Kauf zu den Bedingungen des Drittkaufs und einem Kaufverzicht[431]. Er muss aber nicht alles schlucken. Ihm gegenüber unwirksam sind Abreden im Drittkauf, die mit dem Kauf sachlich nicht zusammenhängen, sondern ersichtlich nur dazu dienen, ihn vom Kauf abzuschrecken[432].

Problematisch ist die Abrede im Drittkauf, der Dritte solle die Maklerprovision übernehmen. Ist das noch eine kaufrechtliche Klausel oder schon ein Fremdkörper im Kaufvertrag? Man muss unterscheiden: Soll der Dritte die Verkäuferprovision übernehmen, handelt es sich wirtschaftlich um eine Erhöhung des Kaufpreises, die der Vorkaufsberechtigte übernehmen muss[433]. Betrifft die Provisionsklausel hingegen die Käuferprovision, dient sie nur Maklerinteressen und ist ein Fremdkörper im Kaufvertrag, der den Vorkaufsberechtigten nichts angeht[434].

Nach § 465 sind dem Vorkaufsberechtigten gegenüber diejenigen Abreden unwirksam, die den Drittkauf von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängig machen oder dem Verkäufer für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts den Rücktritt vorbehalten. Derartige Klauseln machen weder den Vorkaufsfall ungeschehen, noch werden sie Bestandteil des Vorkaufs[435], sondern gelten nur gegenüber dem Dritten. Versuche des Verkäufers, das Vorkaufsrecht auf unlautere Art und Weise zu vereiteln, sind rechtlich zum Scheitern verurteilt. Die Beweislast bleibt dem Vorkaufsberechtigten freilich nicht erspart[436].

Beispiel

Um den Vorkauf über § 139 zu Fall zu bringen, vereinbart der Verkäufer mit einem vollmachtlosen Vertreter des Vorkaufsberechtigten einen Verzicht auf das Vorkaufsrecht ohne Aussicht darauf, dass der Vorkaufsberechtigte ihn genehmige (BGH 110, 230).

5. Der Handelskauf
5.1 Das gesetzliche System

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Der Handelskauf nach §§ 373 ff. HGB ist ein Handelsgeschäft. Handelsgeschäfte sind nach § 343 HGB alle Geschäfte eines Kaufmanns in seinem Handelsgewerbe. Wer Kaufmann sei, sagen die §§ 1-6 HGB[437]. Ist also jeder Kauf eines Kaufmanns auch ein Handelskauf? Bei weitem nicht.

Ein Handelskauf ist nur der Waren- und Wertpapierkauf[438], weder der Grundstücks noch der Rechts- und auch nicht der Unternehmenskauf. Waren sind handelsrechtlich nur bewegliche Sachen, nach § 381 II HGB auch solche, die erst noch herzustellen oder zu erzeugen sind[439].

§ 345 HGB unterscheidet das einseitige vom beiderseitigen Handelsgeschäft danach, ob nur auf einer Seite oder auf beiden Seiten ein Kaufmann steht. Während die §§ 373-376 HGB über Annahmeverzug, Spezifikations- und Fixkauf schon dann gelten, wenn auch nur ein Vertragspartner Kaufmann ist, entsteht die Untersuchungs- und Rügelast des Käufers nach § 377 HGB erst, wenn der Kauf für beide Vertragspartner ein Handelsgeschäft ist.

Die §§ 373-381 HGB beantworten nur Teilfragen des Handelskaufs, im Übrigen gelten die §§ 433 ff. BGB. Farbe bekommt der Handelskauf durch die Handelsbräuche (§ 346 HGB) und die typischen Vertragsklauseln über Lieferort und Lieferzeit, Zahlungsweise und Kostentragung. Auch darf der Kaufmann seinen entgangenen Gewinn stets abstrakt nach seiner Gewinnspanne berechnen (RN 1280).

5.2 Die Untersuchungs- und Rügelast des Käufers

148

§ 377 HGB regelt für den beiderseitigen Handelskauf nicht die ganze Sachmängelhaftung des Verkäufers, sondern nur einen kleinen Ausschnitt: den Rechtsverlust des Käufers durch Versäumung der rechtzeitigen Mängelrüge[440]. Alles andere richtet sich nach §§ 434 ff. BGB.

§ 377 HGB verpflichtet nicht zur Mängelanzeige, sondern begründet nur eine Obliegenheit oder Last: Der Käufer schadet nur sich selbst, wenn er Mängel der Ware nicht rechtzeitig rügt[441].

§ 377 HGB ist keine Anspruchsgrundlage, sondern eine Gegennorm: Die gelieferte Ware gilt trotz ihrer Mängel als genehmigt, wenn der Käufer sie nicht rechtzeitig beanstandet, und diese gesetzliche Fiktion nimmt dem Käufer die Mängelrechte. Es ist dies die rechtliche Konstruktion einer Ausschlussfrist (RN 25).

Die fiktive Genehmigung des Käufers bedeutet rechtlich: Mit Ablauf der Untersuchungs- und Rügefrist erlöschen nach § 377 II, III HGB alle Mängelrechte des Käufers[442], auch die Schadensersatzansprüche aus Vertragsverletzung oder Verschulden bei Vertragsverhandlungen, wenn sie auf dem Sachmangel beruhen[443], es sei denn, der Käufer habe nach § 377 IV HGB den Mangel rechtzeitig gerügt oder der Verkäufer nach § 377 V HGB den Mangel arglistig verschwiegen. Unberührt bleiben Schadensersatzansprüche wegen anderer Vertragsverletzungen, etwa wegen fehlender Aufklärung, Warnung oder Verpackung[444], und erst recht Ansprüche aus unerlaubter Handlung[445].

5.3 Die rechtsvernichtende Einwendung des Ablaufs der Rügefrist

149

Die Einwendung des Verkäufers aus § 377 II, III HGB hat drei Voraussetzungen: einen beiderseitigen Handelskauf[446], die Ablieferung der Ware und den Ablauf der Untersuchungs- und Rügefrist. Die Beweislast trägt der Verkäufer[447].

§ 377 HGB erfasst den Stückwie den Gattungskauf. Die Untersuchungs- und Rügelast des Käufers entsteht mit der Ablieferung. Abgeliefert ist die Ware erst, wenn der Käufer sie ungehindert untersuchen kann[448]. Auch die fehlerhafte Mängelbeseitigung oder Ersatzlieferung ist zu rügen[449].

Beginn und Dauer der Untersuchungs- und Rügefrist hängen davon ab, ob der Mangel der Ware offen zu Tage liegt oder im Verborgenen blüht. Offene Mängel sind nach unverzüglicher Untersuchung unverzüglich anzuzeigen, versteckte erst unverzüglich nach Entdeckung (§ 377 I, III HGB)[450]. Offen zu Tage liegt ein Mangel schon dann, wenn der Käufer ihn mit zumutbarer Anstrengung leicht finden kann[451]. Letztlich zählt zwar nur die rechtzeitige Mängelrüge, die erforderliche Dauer der Untersuchung bestimmt aber entscheidend die Länge der Rügefrist. Wo und wie die abgelieferte Ware zu untersuchen ist, sagen die Gepflogenheiten des Handelsverkehrs, vor allem aber die Höhe des Aufwands und des Schadensrisikos[452].

Beispiele


- Zu untersuchen ist am Ablieferungsort, möglichst schon im Abladehafen (BGH 60, 5: fob-Ölkauf).
- Große Warenmengen sind durch Stichproben an verschiedenen Stellen der Ladung zu untersuchen (BGH BB 77, 1019: Pilzkonserven; RG 106, 362: Konserven; OLG Düsseldorf DB 73, 1395: paketweise verpacktes Fotoalbenpapier).
- Tiefgefrorenes Fleisch ist stichprobenweise aufzutauen (OLG Oldenburg NJW 98, 388).
- Lässt der Käufer die Ware direkt an seinen Abnehmer ausliefern, darf er diesem auch die Untersuchung überlassen, behält aber das Risiko einer verspäteten Mängelanzeige (BGH NJW 78, 2394).

5.4 Der Gegeneinwand der rechtzeitigen Mängelrüge

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Der Käufer behält seine Mängelrechte, wenn er den Mangel unverzüglich, also „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 II BGB), anzeigt. Dafür trägt er die Beweislast. „Unverzüglich“ ist zwar ein unbeweisbarer Rechtsbegriff, beweisbar sind aber die Tatsachen für eine unverzügliche Mängelrüge. Der Käufer muss nachweisen, dass und wann er den Mangel gegenüber dem Verkäufer gerügt habe[453].

Die Mängelrüge ist keine Willenserklärung, sondern nur eine geschäftsähnliche Handlung, analog § 130 aber gleichfalls empfangsbedürftig[454]. Die rechtzeitige Absendung der schriftlichen Rüge wahrt nach § 377 IV HGB zwar die Rügefrist, den Zugang ersetzt sie aber nicht[455]. Die Mängelrüge ist formfrei, so dass ein Telefonanruf genügt. Wenn der Käufer den Verkäufer aber nicht sogleich erreicht, hilft ihm nur eine rasche schriftliche Rüge[456]. Sie muss den Mangel, nicht auch dessen Ursache, so genau beschreiben, dass der Verkäufer ihn beseitigen und der Käufer später nicht auf andere ungerügte Mängel ausweichen kann[457].

5.5 Der Arglisteinwand des Käufers

Nach § 377 V HGB behält der Käufer seine Mängelrechte auch ohne Mängelrüge, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat[458]. Auch dafür trägt der Käufer die Beweislast.

5.6 Falschlieferung und Mengenfehler

§ 378 HGB, der die Rügelast des § 377 HGB auf genehmigungsfähige Falschlieferungen und Mengenfehler ausgedehnt hatte, ist durch die Schuldrechtsreform aufgehoben worden, da bereits § 434 III BGB beides als Sachmängel behandelt[459].

2. Teil Die Schenkung

1. Kapitel Das gesetzliche System

151

§ 516 I definiert die Schenkung als vertragliche unentgeltliche Zuwendung, meint damit aber nicht das Schenkungsversprechen, das erst in § 518 auftritt, sondern die Handschenkung, die wie der Handkauf das Verpflichtungsmit dem Erfüllungsgeschäft zusammenfasst und das Schenkungsversprechen durch die Rechtsgrundabrede: „schenkungshalber“ oder „schenkweise“ ersetzt.

Anders als das Kaufrecht beginnt das Schenkungsrecht nicht mit einer Anspruchsgrundlage. Die §§ 516, 517 handeln von der Handschenkung, und § 518 regelt nur die Form des Schenkungsversprechens. Die §§ 519, 528, 529 behandeln die Verarmung des Schenkers und die §§ 530-534 den groben Undank des Beschenkten. Diese Spezialregeln verdrängen weithin die allgemeine Vorschrift des § 313 über die Störung der Geschäftsgrundlage[1].

Die §§ 516-534 regeln die Schenkung unter Lebenden. Das Schenkungsversprechen nach § 518 soll, zumindest bedingt, noch zu Lebzeiten des Schenkers wirksam werden[2], mag es auch erst nach dessen Tod erfüllt werden und dem Erben zur Last fallen[3]. Dagegen soll das Schenkungsversprechen von Todes wegen nach § 2301 nur gelten, wenn der Beschenkte den Schenker überlebe; die Überlebensbedingung unterwirft es weitgehend dem Erbrecht[4].