Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen

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4. Die Irrtumsanfechtung des Verkäufers

Da das Kaufrecht nur die Sachmängelrechte des Käufers abschließend regelt, darf der Verkäufer den Kaufvertrag ungeniert nach § 119 II anfechten, wenn er über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Kaufsache, etwa über die Echtheit eines Kunstwerks, geirrt und sie deshalb viel zu billig verkauft hat[349].

15. Kapitel Die Mängelhaftung des Verkäufers beim Verbrauchsgüterkauf

1. Das gesetzliche System

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Der Verbrauchsgüterkauf nach §§ 474-479 ist ein Bestandteil des europäischen Verbraucherschutzrechts, die Auslegung durch den EuGH für die nationalen Gerichte verbindlich[350].

Die EU hat freilich am 20.5.2019, in Kraft seit 11.6.2019, eine neue Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf erlassen, welche die EU-Staaten binnen 2 Jahren in nationales Recht verwandeln sollen[351]. Da Deutschland dies noch nicht getan hat, gelten die §§ 474-479 BGB weiterhin.

Nach § 474 handelt es sich immer dann um einen Verbrauchsgüterkauf, wenn ein Verbraucher (§ 13) von einem Unternehmer (§ 14) eine bewegliche Sache, ob neu oder gebraucht, kauft[352], auch wenn der Unternehmer daneben Dienste leisten soll. Die Beweislast trägt der Käufer[353].

Ausgenommen ist nach § 474 II 2 nur der Kauf gebrauchter Sachen in einer öffentlichen Versteigerung[354], an der auch der Verbraucher teilnehmen kann. Ob die versteigerte Sache neu oder gebraucht sei, bestimmt nicht der Parteiwille sondern die Verkehrsanschauung[355].

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Auch der Verbrauchsgüterkauf ist ein Kauf nach §§ 433 ff.[356], für den aber nach §§ 474 II 1 ergänzend die besonderen Vorschriften der §§ 475-479 gelten, nachdem sie zum 1.1.2018 nochmals tiefschürfend geändert worden sind:


-
- § 476 schließt eine vertragliche Beschränkung der Mängelhaftung des Verkäufers im Voraus weitgehend aus und soll auch Umgehungsgeschäfte verhindern (RN 134).
- § 477 ändert die Beweislast für den Zeitpunkt der Entstehung eines Sachmangels (RN 135).
- § 478 regelt den Rückgriff des Unternehmers (RN 137) und § 479 die Garantie (RN 136).

Ein Widerrufsrecht hat der Käufer eines Verbrauchsgutes nach §§ 312g I, 355, 356, 357 nur, wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers oder im Fernabsatz geschlossen wurde (RN 1873, 1878; Ausnahmen in § 312g II).

2. Keine vertragliche Haftungsbeschränkung im Voraus

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Nach § 476 I 1 kann sich der Unternehmer auf eine Vereinbarung nicht berufen, die zum Nachteil des Verbrauchers von §§ 433-435, 437, 439-443, 474-479 abweicht und vor der Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer getroffen wurde. Damit ist jede Beschränkung der Sach und Rechtsmängelhaftung im Voraus ausgeschlossen mit einer Ausnahme: Nach § 476 III können Schadensersatzansprüche des Käufers beschränkt und ausgeschlossen werden, jedoch „unbeschadet der §§ 307 bis 309“, die vorformulierten Haftungsbeschränkungen Grenzen setzen (RN 106).

§ 476 I 1 ist, nicht anders als die §§ 307-309, ein Nichtigkeitsgrund; die abweichende Formulierung: „… kann der Unternehmer sich nicht berufen …“ soll lediglich verhindern, dass die nichtige Haftungsbegrenzung nach § 139 den ganzen Kaufvertrag vernichte[359].

Nach § 476 II lässt sich die Verjährung der Mängelansprüche aus § 437 mit § 438 für neue Ware nicht unter 2 Jahre und für gebrauchte Ware nicht unter 1 Jahr abkürzen, bevor der Mangel dem Unternehmer mitgeteilt wird[360]. Schadensersatzansprüche sind nach § 476 III ausgenommen, jedoch „unbeschadet der §§ 307-309“.

3. Die Umgehung des Verbraucherschutzes

§ 476 I 2 erklärt die gesetzlichen Vorschriften der Mängelhaftung auch dann für unabdingbar, „wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden“. Rechtslogisch ist dies eine unsinnige Regel. Das Gesetz muss durch klare Formulierung schon selbst sagen, wann der Kauf ein Verbrauchsgüterkauf sei. Entweder sind die gesetzlichen Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs erfüllt oder sie sind es nicht. Das Vehikel der Gesetzesumgehung verschleiert das Problem nur, statt es zu lösen.

Umgehen Verkäufer und Käufer das strenge Gesetz etwa dann, wenn sie nach § 434 I 1 eine mindere Beschaffenheit vereinbaren, sodass es an einem Sachmangel fehlt? Um einen Verbrauchsgüterkauf handelt es sich jedenfalls dann, wenn der als „Bastlerauto“ bezeichnete Gebrauchtwagen nicht zum Ausschlachten, sondern zum Fahren ge- und verkauft wird[361]. Ebenso wenig kann man eine neue Sache als „gebraucht“ verkaufen, nur um die Verjährung nach § 475 II auf ein Jahr zu verkürzen, denn ob die verkaufte Sache neu oder gebraucht ist, entscheidet objektiv die Verkehrsanschauung[362].

Und wie steht es mit dem Gebrauchtwagen, den der Händler beim Verkauf eines Neuwagens in Zahlung genommen hat, um ihn später namens und mit Vollmacht des Neuwagenkunden weiter zu verkaufen? Der Weiterverkauf des Händlers ist dann ein Verbrauchsgüterkauf, wenn er den Gebrauchtwagen zum garantierten Festpreis übernommen hat und das Risiko eines Weiterverkaufs trägt, denn dann ist der Weiterverkauf kein echtes Vertreter-, sondern ein Eigengeschäft und darf der Händler den Neuwagenkunden nicht als Verkäufer vorschieben, nur um die eigene Mängelhaftung auszuschließen[363]. Die bloße Vermittlung des Weiterverkaufs hingegen macht aus dem Händler noch keinen Unternehmer eines Verbrauchsgüterkaufs[364].

Das Finanzierungsleasing ist schon deshalb kein verkappter Verbrauchsgüterkauf, weil es überhaupt kein Kauf, sondern eine ernst gemeinte Miete ist. Der Leasingnehmer darf auf die mietrechtliche Gewährleistung des Leasinggebers zurückgreifen, wenn die kaufrechtlichen Mängelrechte des Leasinggebers gegen den Lieferanten ausgeschlossen sind und deshalb nicht an den Leasingnehmer abgetreten werden konnten[365].

4. Die gesetzliche Vermutung für einen Sachmangel beim Gefahrübergang

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§ 477 verstärkt den Verbraucherschutz durch die gesetzliche Vermutung, dass ein Sachmangel, der sich binnen 6 Monaten ab Gefahrübergang zeige, schon beim Gefahrübergang vorhanden gewesen sei.

Nimmt man das Gesetz beim Wort, was bei einem Verbraucherschutzgesetz riskant ist, müsste der Käufer, der ein Mängelrecht geltend macht, behaupten und beweisen, dass sich der Mangel binnen 6 Monaten ab Gefahrübergang gezeigt habe, und der Verkäufer müsste diese Vermutung widerlegen[366].

Aber diese Wortauslegung ist zu eng, denn § 477 ist zugunsten des Käufers richtlinienkonform auszulegen[367] und lautet dann: Zeigt sich binnen 6 Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand oder eine Mangelerscheinung, wird vermutet, dass der Mangel zumindest im Keime schon bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sei[368]. Der Käufer muss nur die Mangelerscheinung behaupten und beweisen, nicht den Mangel selbst und schon gar nicht die Ursache der Mangelerscheinung[369]. Der Verkäufer aber muss die gesetzliche Vermutung des § 477 nach § 292 ZPO widerlegen und das Gegenteil beweisen, nämlich dass bei Gefahrübergang nicht der Hauch eines Mangels vorhanden gewesen sei, der Schaden also erst später, etwa durch einen Bedienungsfehler des Käufers entstanden sei[370]. Die gesetzliche Vermutung des § 477 gilt für alle Sachmängelrechte des Verbrauchers[371].

Die gesetzliche Vermutung des § 477 gilt ausnahmsweise nicht, („… es sei denn …“) wenn die Art und Weise der Kaufsache oder des Mangels mit der Vermutung nicht zu vereinbaren ist. Auch dafür trägt der Verkäufer die Beweislast. Kann er diese Ausnahme beweisen, wird nicht mehr vermutet, dass der Mangel schon beim Gefahrübergang vorhanden gewesen sei. Jetzt muss der Käufer beweisen, dass die Kaufsache schon beim Gefahrübergang mangelhaft gewesen sei.

 

Beispiele


- Die Unfallschäden an der Karosserie des gekauften Gebrauchtwagens sind so umfangreich und augenscheinlich, dass der Käufer sie schon bei einer oberflächlichen Besichtigung hätte entdecken müssen, wenn sie bereits bei der Übergabe vorhanden gewesen wären (BGH NJW 2005, 3490; 2006, 1195).
- Das gekaufte Pferd leidet an einer unsichtbaren Krankheit (BGH NJW 2006, 2250: anders die sichtbare saisonale Allergie).

5. Die Beschaffenheitsgarantie des Unternehmers

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§ 479 verschärft zugunsten des Verbrauchers die Garantieregeln des § 443. Die Garantie[372] muss nicht nur klar und verständlich abgefasst sein, sondern auch noch darauf hinweisen, dass die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers durch die Garantie nicht entwertet werden, und sie muss den Inhalt der Garantie, die Garantiedauer, ihren räumlichen Geltungsbereich sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers angeben (I). Der Verbraucher hat Anspruch auf eine Garantieerklärung in Textform (II).

Schon der Befehl zur einfachen und verständlichen Formulierung dürfte die meisten Unternehmer überfordern, tut sich doch selbst der Gesetzgeber überaus schwer damit, wie die Schuldrechtsreform und das Verbraucherschutzrecht auf Schritt und Tritt beweisen. Aber was schadet dies schon. Nach § 479 III ist die Garantie auch dann wirksam, wenn sie alle Gebote des § 479 I verletzt, denn eine nichtige Garantie hülfe dem Verbraucher rein gar nichts, und zu einer bestimmten Garantie kann man den Unternehmer nicht zwingen. Wozu dann der ganze Aufwand?

6. Die Verwirkung des Verbraucherschutzes

Der Verbraucher verwirkt nach § 242 den gesetzlichen Schutz der §§ 474 ff., wenn er dem Unternehmer beim Kaufabschluss vortäuscht, er wolle die Kaufsache gewerblich verwenden[373]. Die Beweislast für diese Ausnahme trägt der Verkäufer.

7. Der Rückgriff des Unternehmers

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Nachdem der Rückgriff des Verkäufers einer neu hergestellten Sache zum 1.1.2018 bereits in den allgemeinen Vorschriften der §§ 445a, 445b geregelt ist (RN 80), verbleiben für die Sonderregel des § 478 zum Verbauchsgüterkauf nur noch ein paar Abweichungen:


- Ist der letzte Vertrag in der Lieferkette ein Verbauchsgüterkauf, gilt § 477 in den Fällen des § 445a I, II derart, dass die Frist mit dem Übergang der Gefahr auf den Verbraucher beginnt (I).
- Auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den Lieferanten getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Unternehmers von Abs. 1 und §§ 433-435, 437, 439-443, 445a I, II, 445b abweicht, kann sich der Lieferant nicht berufen, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich gewährt wird (II 1). Dies gilt unbeschadet des § 307 nicht für Schadensersatz (II 2), wohl aber für die Umgehung durch eine andere Gestaltung (II 3).
- § 478 I, II ist auf Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegeben die jeweiligen Verkäufer entsprechend anwendbar, wenn der Schuldner ein Unternehmer ist (III).

16. Kapitel Besondere Arten des Kaufs

1. Der Vorbehaltskauf
1.1 Die rechtliche Konstruktion des Eigentumsvorbehalts

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Der Vorbehaltskauf ist ein Kreditkauf, der den Verkäufer nur dazu verpflichtet, die Ware unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung an den Käufer zu übereignen. Die rechtliche Konstruktion heißt Eigentumsvorbehalt: Der Verkäufer behält sich das Eigentum solange vor, bis der Kaufpreis bezahlt ist[374]. Der Eigentumsvorbehalt sichert die Kaufpreisforderung des vorleistenden Verkäufers und, falls der Kauf scheitert, auch dessen Anspruch auf Rückgabe der Ware[375].

Der Eigentumsvorbehalt hat eine schuldrechtliche und eine dingliche Seite:


- Schuldrechtlich ist die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts ein Bestandteil des Kaufvertrags und bedeutet: Der Verkäufer soll dem Käufer die Ware zwar übergeben, aber nur aufschiebend bedingt übereignen. Der Vorbehaltskauf ist ein unbedingter, vollgültiger Kauf. Bedingt ist nur der Gegenstand der Verkäuferpflicht: die Übereignung.
- Dinglich ist die Lieferung unter Eigentumsvorbehalt eine aufschiebend bedingte Übereignung nach §§ 929, 158 I: Der Käufer erwirbt das Eigentum erst, wenn der Kaufpreis vollständig bezahlt ist. Bis dahin erlangt er nur ein Anwartschaftsrecht (RN 2145).

Auch die Beweislast unterscheidet zwischen Schuld- und Sachenrecht. Wer Rechte aus einem Vorbehaltskauf verfolgt, muss die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts beweisen, was leicht fällt, wenn der Eigentumsvorbehalt in der Branche üblich ist[376]. Dinglich folgt die Beweislast des Verkäufers aus der gesetzlichen Vermutung des § 1006 I 1, dass der Käufer mit dem unmittelbaren Besitz auch das Eigentum an der Kaufsache erworben habe[377].

Bild 20: Der Eigentumsvorbehalt


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1.2 Die gesetzliche Regelung des Vorbehaltskaufs

§ 449 ist, als Bestandteil der Schuldrechtsreform, die einzige Bestimmung des BGB zum Eigentumsvorbehalt[378].

Abs. 1 liefert eine Auslegungsregel für die rechtliche Konstruktion des Eigentumsvorbehalts[379].

Abs. 2 macht den Herausgabeanspruch des Verkäufers davon abhängig, dass er nach § 323 I vom Kaufvertrag zurücktrete.

Abs. 3 ist ein Nichtigkeitsgrund für den Konzernvorbehalt.

1.3 Die gesetzliche Auslegungsregel

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Nach § 449 I übereignet der Verkäufer die bewegliche Kaufsache, an der er sich das Eigentum bis zur Kaufpreiszahlung vorbehält, „im Zweifel“ nur unter der „aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung“. Er leistet zwar vor, aber nicht in vollem Umfang, sondern nur durch Übergabe und aufschiebend bedingte Übereignung. Man muss hier zwischen Leistungshandlung und Leistungserfolg unterscheiden. Auch der Vorbehaltskauf bezweckt den unbedingten Eigentumserwerb des Käufers, und die Lieferpflicht des Verkäufers erlischt nach § 362 I erst, wenn der Käufer unbedingtes Eigentum erwirbt[380]. Die Leistungshandlung dagegen beschränkt sich auf Übergabe und aufschiebend bedingte Übereignung. Der Leistungserfolg hängt dann nur noch von der Bezahlung des Kaufpreises ab, die der Verkäufer einseitig nicht mehr verhindern kann.

§ 449 gilt nur für den Kauf beweglicher Sachen, denn Grundstücke lassen sich nach § 925 II nicht bedingt übereignen. Obwohl § 449 allgemein vom Vorbehalt des Verkäufers spricht, meint er den vereinbarten Eigentumsvorbehalt[381]. Behält der Autoverkäufer bei der Übergabe des Autos den Kfz-Brief zurück, muss der Käufer dies als Angebot eines Eigentumsvorbehalts verstehen[382]. Auch der vorformulierte Eigentumsvorbehalt in allgemeinen Lieferbedingungen ist wirksam[383]. Der Käufer kann ihn mit einer Abwehrklausel in seinen Einkaufsbedingungen verhindern[384]. Gegen den nicht vereinbarten einseitigen Eigentumsvorbehalt des Verkäufers (RN 141) hilft dies freilich nicht[385].

1.4 Der Herausgabeanspruch des Verkäufers

Nach § 449 II darf der Verkäufer aufgrund des Eigentumsvorbehalts die Vorbehaltsware vom Käufer nur heraus verlangen, wenn er vom Kaufvertrag nach § 323 oder § 216 II 2 zurückgetreten ist oder sich die Herausgabe vertraglich ausbedungen hat. Der Verzug des Käufers mit der Kaufpreiszahlung genügt dafür nicht[386].

Nach wirksam erklärtem Rücktritt darf der Verkäufer die Ware sowohl nach § 346 I als auch nach § 985 zurückfordern. Erst der Rücktritt des Verkäufers, nicht schon der Zahlungsverzug des Käufers, nimmt dem Käufer nach § 449 II das Recht zum Besitz, das ihm der Kaufvertrag nach §§ 433 I, 986 I 1 verschafft hat[387]. Solange der Kaufvertrag besteht, ist der Käufer zum Besitz der Kaufsache berechtigt[388].

Nach § 216 II 2 darf der Verkäufer schon dann zurücktreten, wenn der Kaufpreisanspruch verjährt ist und der Käufer deshalb die Zahlung verweigert[389]. Und das Besitzrecht des Käufers erlischt auch dann, wenn der Verkäufer die Vorbehaltsware kraft Vereinbarung einstweilen als Sicherheit zurücknehmen darf[390].

1.5 Die Spielarten des Eigentumsvorbehalts

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Man unterscheidet zwischen einfachem, verlängertem und erweitertem Eigentumsvorbehalt. Der einfache Eigentumsvorbehalt sichert die Kaufpreisforderung derart, dass der Verkäufer

das Eigentum an der beweglichen Kaufsache bis zur Kaufpreiszahlung behält und der Käufer darüber gemäß § 185 I nur mit Ermächtigung des Verkäufers verfügen kann (RN 2268).

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt ist aus der Notwendigkeit geboren, dass viele Käufer den Kaufpreis erst mit dem Erlös aus der Weiterveräußerung bezahlen können. Diese Veräußerung aber bedarf nach § 185 I der Ermächtigung des Verkäufers. Der Verkäufer wiederum gibt sein Eigentum nur preis, wenn er dafür eine andere Sicherheit bekommt.

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt besteht deshalb aus vier Teilen:


- einem gewöhnlichen Eigentumsvorbehalt nach §§ 929, 158 I;
- einer Verfügungsermächtigung des Verkäufers gegenüber dem Käufer nach § 185 I;
- einer Sicherungsabtretung der künftigen Kaufpreisforderung des Käufers aus dem Weiterverkauf nach § 398 an den Verkäufer;
-

Bild 21: Der verlängerte Eigentumsvorbehalt


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Der Käufer darf die unter verlängertem Eigentumsvorbehalt gelieferte Ware, obwohl sie ihm noch nicht gehört, im normalen Geschäftsgang weiterveräußern[392] und die abgetretene Kaufpreisforderung aus dem Weiterverkauf, obwohl sie ihm nicht mehr gehört, weiterhin einziehen, um mit dem Erlös den Kaufpreis zu bezahlen[393]. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt bietet sich auch dann an, wenn der Käufer die Vorbehaltsware nicht weiterveräußern, sondern verarbeiten oder verbauen will (§§ 946, 947, 950). Hier lässt sich der Verkäufer die Werklohnforderung des Käufers als Sicherheit abtreten oder vereinbart, dass der Käufer für ihn verarbeite[394].

 

Der erweiterte Eigentumsvorbehalt macht den Eigentumserwerb des Käufers von der Bezahlung aller seiner Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Verkäufer abhängig. Der Kontokorrentvorbehalt sichert vor allem die Saldoforderung aus der laufenden Geschäftsverbindung zwischen Verkäufer und Käufer[395].

Nichtig ist nach § 449 III der Konzernvorbehalt, soweit er dem Verkäufer das Eigentum solange vorbehält, bis der Käufer auch die Forderungen anderer Gläubiger erfüllt, die zum gleichen Konzern gehören.