Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen

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4. Kapitel Der Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung

1. Die Anspruchsgrundlage

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Nach § 437 Nr. 1 mit § 439 I hat der Käufer nach Lieferung einer mangelhaften Sache Anspruch auf Nacherfüllung, entweder auf Beseitigung des Mangels oder auf Lieferung einer mangelfreien Sache, und nach § 439 II jeweils auf Kosten des Verkäufers. Die Hilfsnorm des § 434 definiert den Sachmangel und bestimmt als maßgeblichen Zeitpunkt den Gefahrübergang nach §§ 446, 447.

Bild 13: Der Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung


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Mit der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache verletzt der Verkäufer seine Vertragspflicht aus § 433 I 2, und der Nacherfüllungsanspruch ist die Rechtsfolge dieser Vertragsverletzung. Die Nacherfüllung soll die Kaufsache in den vereinbarten Zustand versetzen und die gerügten Mängel vollständig und dauerhaft beseitigen[82].

Die Absätze IV und V des § 439 berechtigen den Verkäufer dazu, die Nacherfüllung zu verweigern oder nach Lieferung einer mangelfreien Sache die Rückgabe der mangelhaften Sache zu verlangen.

2. Die Rechtsfolge des Anspruchs auf Nacherfüllung
2.1 Das Wahlrecht des Käufers

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§ 439 I gibt dem Käufer einen Anspruch auf Nacherfüllung und lässt ihm die freie Wahl zwischen Mängelbeseitigung und Lieferung einer mangelfreien Sache. Seine Wahl trifft der Käufer nach § 263 durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer (I) mit der Folge, dass die gewählte Art der Nacherfüllung von Anfang an allein geschuldet ist (II)[83].

Die Freiheit der Wahl ist indes bei weitem nicht so groß, wie § 439 I vorgibt, denn Stück- und Gattungskauf, die das modernisierte Kaufrecht in einen Topf wirft, wollen dort partout nicht bleiben, sondern fordern eine unterschiedliche Behandlung. Mit seiner unausgegorenen Formulierung hat der Gesetzgeber ein überflüssiges Problem produziert, über dessen Lösung sich die Gelehrten seit Jahren den Kopf zerbrechen. Das ist der Preis einer Modernisierung, die das Recht weder vereinfacht noch verbessert, sondern die Fahne nach dem Wind hängt.

Zur Ersatzlieferung berechtigt und verpflichtet eigentlich nur der Gattungskauf. Der Autokauf liefert ein anschauliches Beispiel. So darf der Käufer eines mangelhaften Neuwagens, der nur nach Gattungsmerkmalen bestimmt ist, einen mangelfreien Ersatzwagen aus der vereinbarten Gattung verlangen[84]. Soll aber auch der Käufer eines mangelhaften Gebrauchtwagens dieses Recht haben und nach welchen Merkmalen soll der Ersatzwagen bestimmt werden, wo doch der Gebrauchtwagenkauf nach dem Parteiwillen ein einmaliger Stückkauf ist?

Der Käufer hat jedenfalls dann kein Recht auf einen Ersatzwagen, wenn er den Gebrauchtwagen vor dem Kauf besichtigt oder gar Probe gefahren hat[85]. Das aber ist der Normalfall. Wer will schon die Katze im Sack kaufen. Wenn sich dagegen ein Käufer über das Internet mit allgemeinen Angaben zu Marke, Typ, Kilometerstand und Motorleistung zufrieden gibt, ohne den Gebrauchtwagen auch nur gesehen zu haben, mag er sein Heil im Anspruch auf einen gleichwertigen Ersatzwagen suchen[86]. Nimmt man den BGH, der zu Recht ganz auf den Parteiwillen abstellt[87], beim Wort, darf man dem Verkäufer einer individuell bestimmten Sache auch in anderen Fällen nicht unbesehen die Lieferung einer Ersatzsache aufzwingen.

Und es gibt Sachmängel, die weder durch Reparatur noch durch Ersatzlieferung beseitigt werden können. Aus einem gebrauchten Unfallauto lässt sich beim besten Willen kein unfallfreies Auto machen[88], aus einem gefälschten Nolde kein echter, so dass dem Käufer nur Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz bleiben (RN 58).

Den Erfüllungsort für die Nacherfüllung regelt § 269: Vereinbarung oder Natur des Schuldverhältnisses, hilfsweise Wohnsitz oder gewerbliche Niederlassung des Verkäufers bei Kaufabschluss, weil auch die Nacherfüllung eine Vertragserfüllung nach § 433 I 2 ist[89].

2.2 Der Anspruch des Käufers auf Mängelbeseitigung

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Der Käufer klagt auf Beseitigung eines bestimmten Sachmangels, den der Klageantrag so deutlich beschreibt, dass der Verkäufer ihn finden und beseitigen kann. Wie der Verkäufer dies bewerkstelligt, ist seine Sache, denn er schuldet nur den Erfolg, nicht auch eine bestimmte Art und Weise der Reparatur[90], den Erfolg gemäß § 439 II aber auf seine Kosten, zu denen vor allem Transport-, Arbeits- und Materialkosten gehören[91]. Der Käufer hat gegen den Verkäufer nach § 439 II nicht erst Anspruch auf Erstattung entstandener Auslagen sondern schon auf Vorschuss für künftige Auslagen[92].

Vollstreckungsrechtlich ist die Mängelbeseitigung in aller Regel eine vertretbare Handlung nach § 887 ZPO.

Was den Sachmangel nicht folgenlos beseitigen kann, ist keine Nacherfüllung nach § 439 I[93].

Schäden aus fehlerhafter oder gescheiterter Nachbesserung hat der Verkäufer nach § 280 I 1 zu ersetzen[94].

2.3 Der Anspruch des Käufers auf Lieferung einer mangelfreien Sache

Der Käufer klagt auf – gemäß § 439 II kostenlose[95] – Übergabe und Übereignung einer mangelfreien Sache, vorsichtshalber aber nur Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung der mangelhaften Sache (§§ 439 V, 348). Der Klageantrag beschreibt exakt die nachzuliefernde, mangelfreie Sache.

Vollstreckt wird die Verurteilung nach §§ 883, 887 III ZPO (Übergabe) und § 894 ZPO (Übereignung). Die Vollstreckung einer Zug-um-Zug-Verurteilung ist mit Rücksicht auf die Gegenleistung nach §§ 726, 756, 894 I 2 ZPO beschränkt.

2.4 Der Anspruch des Käufers auf Ersatz seiner Aufwendungen

Hat der Käufer die mangelhafte Sache, so wie es ihrer Art und ihrem Verwendungszweck entspricht, in eine andere Sache eingebaut oder an einer anderen Sache angebracht, ist der Verkäufer nach § 439 III im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften Sache und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen (S. 1)[96]. § 442 I ist derart anzuwenden, dass für die Kenntnis des Käufers an die Stelle des Vertragsschlusses der Einbau oder das Anbringen der mangelfreien Sache durch den Käufer tritt (S. 2).

2.5 Der Anspruch des Verkäufers auf Rückgewähr der mangelhaften Sache

Wenn der Verkäufer durch eine Ersatzlieferung mangelfrei nacherfüllt, hat er nach §§ 439 V, 346-348 Anspruch auf Rückgewähr der mangelhaften Sache und auf Ersatz der Nutzungen, die der Käufer während seiner Besitzzeit aus der mangelhaften Sache gezogen hat. Eine Ausnahme macht der Verbrauchsgüterkauf: Nach § 475 III 1 schuldet der Verbraucher keinen Nutzungsersatz[97].

2.6 Das Zahlungsverweigerungsrecht des Käufers

Was so deutlich nicht im Gesetz steht: Eine mangelhafte Sache muss der Käufer weder abnehmen noch bezahlen, sondern darf die Abnahme nach § 273 I und die Kaufpreiszahlung nach § 320 I 1 bis zur Beseitigung des Mangels verweigern[98] und kann dann mit dem Kaufpreis auch nicht in Verzug geraten[99]. Auch behält er seinen vertraglichen Erfüllungsanspruch aus § 433 I 2, solange er die mangelhafte Sache nicht annimmt, denn der Nacherfüllungsanspruch entsteht gemäß § 434 I 1 erst mit dem Gefahrübergang.

Auf eine Nacherfüllung muss sich der Käufer dann nicht einlassen, wenn der Verkäufer ihm den Mangel arglistig verschwiegen hat (zur Arglist RN 103 f.)[100].

3. Die Voraussetzungen des Nacherfüllungsanspruchs

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Nach §§ 437 Nr. 1, 439 I hat der Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung drei Voraussetzungen: einen Sachkauf und einen Sachmangel der in § 434 beschriebenen Art bei Gefahrübergang. Nach § 446 geht die Gefahr entweder durch Übergabe der Kaufsache (S. 1) oder durch Annahmeverzug (S. 3) auf den Käufer über, beim Versendungskauf nach § 447 I bereits mit Auslieferung an die Transportperson.

Es genügt freilich nicht, dass der Käufer den Verkäufer zur Nacherfüllung auffordert, er muss es dem Verkäufer auch ermöglichen, die Kaufsache am Erfüllungsort auf Mängel zu untersuchen und die Mängelrüge zu überprüfen; tut er dies nicht, verliert er seine Mängelrechte[101].

Die Beweislast für den Sachmangel bei Gefahrübergang trägt der Käufer erst, wenn er nach § 363 die Kaufsache als Erfüllung angenommen hat (RN 53). Beweisen muss er auch den Fehlschlag eines Nacherfüllungsversuchs[102].

Der Sachmangel wird für alle Sachmängelrechte des Käufers einheitlich im 8. Kapitel (RN 80 ff.), der Gefahrübergang im 9. Kapitel (RN 96 ff.) dargestellt.

 

4. Der Ausschluss des Nacherfüllungsanspruchs
4.1 Die Unmöglichkeit der Nacherfüllung

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Nach § 275 I entsteht der Nacherfüllungsanspruch des Käufers ausnahmsweise nicht, wenn und soweit die Nacherfüllung objektiv für jedermann oder auch nur subjektiv für den Verkäufer von Anfang an unmöglich ist. Der Nacherfüllungsanspruch erlischt, wenn und soweit die Nacherfüllung später unmöglich wird[103]. Die Beweislast trägt der Verkäufer[104].

Ist oder wird nur die Mängelbeseitigung oder nur die Ersatzlieferung unmöglich, beschränkt sich der Nacherfüllungsanspruch auf die andere Leistung.

Sind oder werden beide Leistungen unmöglich, weil der Sachmangel irreparabel ist und auch kein Ersatzstück zur Verfügung steht, erlischt nicht nur das Wahlrecht, sondern der ganze Nacherfüllungsanspruch des Käufers, und das Tor zum Rücktritt (§ 323), zur Minderung (§ 441) und zum Schadensersatz statt der Leistung (§§ 281, 283, 311a II) steht weit offen, denn mit dem Nacherfüllungsanspruch entfällt auch die Nachfrist, die das Gesetz für diese Rechte normalerweise voraussetzt[105] .

Beispiele


- Der Käufer erwirbt nach Besichtigung und Probefahrt einen Gebrauchtwagen als unfallfrei, bekommt aber einen Unfallwagen. Dagegen hilft nach § 275 I keine Nacherfüllung. Weder lässt sich der Mangel, der dem Unfallauto anhaftet, auf irgendeine Weise beseitigen, noch kann der Verkäufer einen Ersatzwagen liefern, denn der Gebrauchtwagenkauf ist ein Stückkauf, aus dem auch § 439 I keinen Gattungskauf machen kann (BGH NJW 2006, 2839). Obwohl eine Nacherfüllung von Anfang an objektiv unmöglich ist, erklärt § 311a I den Kaufvertrag für wirksam. Dem Käufer bleiben nach §§ 437 Nr. 2 und Nr. 3, 323, 311a II 1 das Minderungs- oder Rücktrittsrecht und ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung oder auf Ersatz seiner Aufwendungen
- Auch aus dem Kauf eines Gemäldes, das laut Expertise ein echter „Nolde“ sein soll, sich aber als Fälschung entpuppt, lässt sich nie und nimmer ein echter „Nolde“ machen, und auf den echten „Nolde“, falls es ihn gibt, hat der Käufer keinen Anspruch, denn er hat nicht den „Nolde“, sondern die Fälschung gekauft (dazu Wertenbruch NJW 2004, 1977).
- Der käuflich erworbene Hundewelpe leidet anlagebedingt an einer Fehlstellung des Sprunggelenks, die nicht operabel ist. Dies schließt eine Nacherfüllung aus. Und wenn der Züchter nach §§ 280 I 2, 311a II 2 den Mangel nicht zu vertreten hat, kann der Käufer nur vom Kauf zurücktreten oder den Kaufpreis mindern (BGH NJW 2005, 2852).
- Bestellt der Käufer im Internet eine Uhr als echt goldene Omega, erhält er aber nur eine vergoldete asiatische Fälschung, scheidet eine Mängelbeseitigung wiederum aus, aber der Käufer hat nach § 439 I Anspruch auf die Ersatzlieferung einer echt goldenen Omega zum vereinbarten Preis, wenn dieser Kauf ein Gattungskauf ist und der Markt Omega-Uhren dieser Art anbietet.

Der Verkäufer wird nach § 275 I aber nur von seiner Liefer- und Nacherfüllungspflicht, nicht auch von seiner Sachmängelhaftung befreit, sondern bleibt dem Käufer nach § 275 IV mit §§ 280 I 1, 281, 283, 284, 311a II 1 zum Schadensersatz oder Aufwendungsersatz verpflichtet, es sei denn, er habe den Mangel nach § 280 I 2 oder § 311a II 2 nicht zu vertreten.

4.2 Sonstige Erlöschensgründe

Der Nacherfüllungsanspruch überlebt zwar die Frist, die der Käufer dem Verkäufer nach §§ 281, 323 zur Nacherfüllung gesetzt hat, erlischt aber, sobald der Käufer den Rücktritt oder die Minderung erklärt oder gemäß § 281 IV Schadensersatz statt der Leistung verlangt, denn damit wickelt er den Kaufvertrag unwiederbringlich ab.

Wenn der Käufer den Fehler macht, den Mangel vorschnell selbst zu beseitigen, ohne dass er dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt oder die gesetzte Frist abgewartet hat und die Fristsetzung auch nicht ausnahmsweise entbehrlich war, verliert er nicht nur den Anspruch auf Nacherfüllung, sondern auch alle anderen Mängelrechte (RN 49)[106].

4.3 Das Leistungsverweigerungsrecht des Verkäufers

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Nach § 439 IV 1 darf der Verkäufer die vom Käufer gewählte Mängelbeseitigung oder Ersatzlieferung verweigern, wenn sie unverhältnismäßig teuer ist. Das Gesetz nimmt dem Verkäufer diese Nacherfüllungspflicht nicht einfach ab, wie § 275 I es tut, sondern berechtigt ihn nur zur Leistungsverweigerung; erst die berechtigte Verweigerung der überteuerten Nacherfüllung begründet eine dauerhafte Einrede gegen den Nacherfüllungsanspruch[107]. Der Käufer behält nach § 439 IV 3 den Anspruch auf die andere Art der Nacherfüllung, so der Verkäufer nicht auch sie zu Recht als überteuert verweigert.

Beispiele


- Die Reparatur eines billigen Massenartikels: eines Fotoapparates oder einer Quarzuhr kostet leicht mehr, als die Sache wert ist, während die Ersatzlieferung sehr viel billiger kommt.
- Umgekehrt steht der Aufwand für die Ersatzlieferung einer wertvollen Druckmaschine in keinem Verhältnis zu einem kleinen Mangel, der leicht und billig repariert werden kann.
- Das Wohnhaus ist vom Hausbock befallen und die Mängelbeseitigung derart teuer, dass der Verkäufer eine Nacherfüllung total verweigern darf (BGH NJW 2015, 468).

Die „unverhältnismäßigen Kosten“, auf die § 439 IV 1 abstellt, sind freilich keine feste Größe, auch wenn § 439 IV 2 den Wert der Kaufsache, die Bedeutung des Mangels und den Aufwand für die andere Art der Nacherfüllung berücksichtigt haben will.

Die Schwelle der Verhältnismäßigkeit ist jedenfalls dann überschritten, wenn die Kosten der Nacherfüllung insgesamt entweder den Wert der Kaufsache in mangelfreiem Zustand oder 200 % des mangelbedingten Minderwerts übersteigen[108]. Dem Käufer bleibt dann ein Anspruch auf Ersatz des mangelbedingten Minderwerts oder der Mängelbeseitigungskosten[109].

Jedoch ist der Verkäufer, der eine Mängelbeseitigung nach § 439 IV 1 zu Recht ablehnt, nicht verpflichtet, die unverhältnismäßig hohen Kosten einer Mängelbeseitigung als Schadensersatz voll zu ersetzen, sondern nur in Höhe des mängelbedingten Minderwerts, es sei denn, den Verkäufer treffe ein schweres Verschulden[110].

§ 439 IV 1 gilt „unbeschadet des § 275 II, III“. Der praktische Wert dieser Verweisung ist minimal. § 275 II sagt mit etwas anderen, aber nicht weniger dunklen Worten für das allgemeine Schuldrecht das Gleiche wie § 439 IV für das Kaufrecht. Während § 439 IV die „unverhältnismäßigen Kosten“ ins Feld führt, stellt § 275 II auf das „grobe Missverhältnis“ zwischen Leistungsaufwand und Gläubigerinteresse ab[111], ist aber noch schwammiger formuliert als § 439 IV und sucht sein Heil letztlich im Gebot von Treu und Glauben, womit man glücklich bei § 242 angelangt ist (RN 1661). Die Abgrenzung der beiden Vorschriften kann nur Haarspaltern gelingen. § 275 III, der den Schuldner berechtigt, eine höchstpersönliche Leistung zu verweigern, ist auf den Dienst- und Arbeitsvertrag gemünzt; die Lieferpflicht des Verkäufers hingegen ist so gut wie nie höchstpersönlich (RN 1663).

5. Kapitel Das Rücktrittsrecht des Käufers

1. Die Rechtsgrundlage

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Nach § 437 Nr. 2 mit §§ 440, 323, 326 V darf der Käufer wegen eines Sachmangels vom Kaufvertrag zurücktreten. Das ist eine imposante Rechtsgrundlage, besteht sie doch aus nicht weniger als vier Vorschriften.

Nicht mehr zur Rechtsgrundlage gehören freilich § 323 V 2 und § 323 VI, denn sie schließen den Rücktritt aus und verschaffen dem Verkäufer eine rechtshindernde Einwendung.

2. Die Rechtsfolgen des Rücktrittsrechts und des Rücktritts
2.1 Ein Gestaltungsrecht

Das Rücktrittsrecht des Käufers nach § 437 Nr. 2 ist ein Gestaltungsrecht, das der Käufer nach §§ 349, 130 I 1 durch unwiderrufliche Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausübt, denn die Rücktrittsregeln der §§ 346 ff. gelten nicht nur für das vertragliche, sondern direkt auch für das gesetzliche Rücktrittsrecht (RN 1500 ff.).

Das Rücktrittsrecht ist nach § 351 unteilbar: Mehrere Käufer können nur gemeinsam zurücktreten und nur allen Verkäufern gegenüber.

Bild 14: Das Rücktrittsrecht des Käufers


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2.2 Die Rückabwicklung des Kaufvertrags

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Mit dem Zugang der Rücktrittserklärung beim Verkäufer wird der Rücktritt des Käufers nach § 130 I 1 wirksam und verwandelt das vertragliche Kaufverhältnis unwiederbringlich in ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis mit den Rechtsfolgen der §§ 346 ff. (RN 1503 ff.)

Die vertraglichen Erfüllungsansprüche aus § 433 erlöschen, soweit sie noch nicht erfüllt sind[112], und die Rückgewähransprüche aus §§ 346, 347 gehen in die entgegengesetzte Richtung. Mit den Erfüllungsansprüchen erlöschen auch die Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung[113] sowie die forderungsabhängigen Sicherheiten, falls sie nicht auch die Rückgewähransprüche sichern sollen[114].

Die §§ 346, 347 sind Anspruchsgrundlagen. Nach §§ 346 I, 348, 320, 322 sind die empfangenen Leistungen Zug um Zug zurückzugeben. Der Käufer hat Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, muss selbst aber die Kaufsache zurückgeben und, falls er bereits Eigentum erworben hat, zurückübereignen. Er klagt deshalb auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung und Rückgabe der Kaufsache[115].

Hat der Käufer beim Kauf eines Neuwagens seinen Altwagen in Zahlung gegeben, klagt er auf Rückübereignung des Altwagens oder, wenn der Altwagen schon weiterveräußert ist, auf Zahlung des vereinbarten Mindestverkaufserlöses[116].

Nach § 346 I mit § 100 hat der Käufer die gezogenen Nutzungen herauszugeben[117]. Dazu gehört auch der Gebrauchsvorteil durch Fahren im gekauften Auto oder Wohnen auf dem gekauften Grundstück[118]. Unter den Voraussetzungen des § 347 I hat der Käufer sogar Nutzungen zu ersetzen, die er nicht gezogen hat, aber hätte ziehen können und sollen. Dies gilt sogar für den Verbrauchsgüterkauf, denn § 475 III 1 schließt einen Nutzungsersatz nur für die Nacherfüllung aus[119].

Kann der Käufer die Kaufsache aus irgendeinem Grund nicht mehr unversehrt zurückgeben, hat er nach § 346 II (Ausnahmen in III 1) ihren Wert zu ersetzen, zumindest nach § 346 III 2 die Bereicherung auszugleichen[120]. Verletzt er seine Rückgewährpflicht aus § 346 I, schuldet er dem Verkäufer nach § 346 IV mit § 280 I 1 Schadensersatz, wenn er sich nicht nach § 280 I 2 entlastet.

Unter den Voraussetzungen des § 347 II hat der Käufer Anspruch auf Ersatz seiner Verwendungen, die er auf die Kaufsache gemacht hat[121].

 

Einheitlicher Erfüllungsort für alle Ansprüche aus dem Rücktritt ist der Ort, an dem die Kaufsache sich vertragsgemäß befindet und das tut sie meist beim Käufer[122].

Da die Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis keine Mängelansprüche nach § 437 Nr. 1 und Nr. 3 sind, verjähren sie nicht nach § 438, sondern normal nach §§ 195, 199[123].