Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen

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5. Der Kaufpreis
5.1 Die Kaufpreisvereinbarung

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Der Kaufpreis ist immer eine Geldsumme in Euro oder einer anderen Währung. Die Vertragspartner können ihn unabhängig vom Wert der Kaufsache bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138) frei vereinbaren. Es gibt keinen gesetzlichen oder amtlichen Mindestpreis. Gerecht ist der vereinbarte Preis[56]. Nach § 307 III 1 erlaubt nicht einmal das AGB-Recht eine Preiskontrolle (RN 2120). Aber der Kaufpreis wird keineswegs immer ausgehandelt. Oft gilt stillschweigend der Laden-, Listen- oder Katalogpreis.

Der Kaufvertrag muss den Kaufpreis auch nicht von vornherein festlegen, sondern kann die Preisbestimmung nach §§ 315 ff. dem Verkäufer oder einem Dritten überlassen (RN 1444)[57].

Der vereinbarte Kaufpreis ist ein Bruttopreis, der die MwSt bereits enthält. Zusätzlich schuldet der Käufer die MwSt nur, wenn es besonders vereinbart ist[58].

Ein Skonto darf der Käufer nur kraft Vereinbarung vom Kaufpreis abziehen. Die Skontoabrede ist ein aufschiebend bedingter Teilerlass für den Fall rechtzeitiger Zahlung. Den Eintritt der Bedingung muss der Käufer beweisen[59]. Die Skontofrist wahrt der Käufer schon dann, wenn er den Kaufpreis rechtzeitig auf den Weg zum Verkäufer bringt[60].

Im Buchhandel herrscht freilich immer noch die Preisbindung. Nach dem Buchpreisbindungsgesetz darf der vom Verleger festgesetzte Endpreis, der ein Barzahlungspreis ist, nicht unterschritten werden[61]. Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist nach Art. 34 AEuV unzulässig, da nicht geeignet, Leib und Leben zu schützen[62].

Der Verkäufer eines neuen Autos nimmt oft den Altwagen „in Zahlung“, entweder an Erfüllungs Statt (§ 364 I) oder nur zum Weiterverkauf für Rechnung des Käufers. Die Einzelheiten des Weiterverkaufs regeln die Parteien oft in einem Agenturvertrag[63], der nach § 476 I 2 dem Sonderrecht des Verbrauchsgüterkaufs unterliegen kann (RN 133).

Übernimmt der Grundstückskäufer in Anrechnung auf den Kaufpreis ein Grundpfandrecht nebst gesicherter Schuld, ist der Kaufpreis in dieser Höhe nur noch ein Rechnungsposten. Die vereinbarte Zahlung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto ist in der Regel noch keine Erfüllung, sondern sichert nur die Zug-um-Zug-Abwicklung (RN 1530).

Zwar darf die öffentliche Hand ihr Vermögen weder verschenken noch verschleudern[64]. Um aber ortsansässigen Bürgern zu einem erschwinglichen Eigenheim zu verhelfen, darf die Gemeinde nach § 11 I 1 Nr. 2 BauGB durch städtebaulichen Vertrag, der in allen Belangen angemessen sein soll, an ortsansässige Bürger gemeindeeigendes Bauland zu einem Preis verkaufen, der deutlich niedriger ist als der Verkehrswert, muss aber dafür sorgen, dass das Bauland alsbald bebaut und nicht zum Verkehrswert oder einem höheren Preis weiterverkauft werde[65]. Jeder Verstoß gegen das Gebot einer angemessenen Vertragsgestaltung ist in der Regel ein Nichtigkeitsgrund nach § 134[66].

Beispiel

Durch städtebaulichen Vertrag verkauft die Gemeinde einem ortsansässigen Bürger einen gemeindeeigenen Bauplatz zu einem Preis, der 30 % unter dem Verkehrswert liegt, und behält sich vertraglich ein Wiederkaufsrecht für 30 Jahre vor. Der Verkauf von Bauland unter Wert an Einheimische ist nach § 11 I 1 Nr. 2 BauGB erlaubt, und die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts ist ein geeignetes Mittel, die Bauverpflichtung des Erwerbers zu sichern.

Unangemessen ist jedoch die überlange Ausübungsfrist von 30 Jahren für einen Kaufnachlass von 30 %. Obwohl diese unangemessene Vereinbarung eigentlich den städtebaulichen Vertrag nach § 134 vernichten müsste, verkürzt der BGH die Ausübungsfrist auf 20 Jahre, weil die Nichtigkeit des Vertrags den Käufer zu hart träfe (BGH NJW 2019, 2602).

5.2 Die Fälligkeit des Kaufpreises

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Sofort fällig ist der Kaufpreis nach § 271 nur, wenn nichts anderes vereinbart ist (RN 1396).

In der Regel sind die beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag gleichzeitig fällig und gemäß § 320 Zug um Zug zu erfüllen (RN 1732).

Zur Vorauszahlung des Kaufpreises verpflichten die Fälligkeitsklauseln des Handelsverkehrs: „Kasse gegen Lieferschein“, „Kasse gegen Rechnung“ oder „Kasse gegen Dokumente“. Die Klausel „Dokumente gegen Akkreditiv“ verpflichtet den Käufer, die Fracht- und Verladepapiere durch seine Akkreditivbank einlösen zu lassen, bevor er die Ware auch nur sieht (RN 612). Das unwiderrufliche Akkreditiv der Käuferbank garantiert die Zahlung.

Die Lieferung gegen Nachnahme verpflichtet zwar nicht zur Vorauszahlung, schließt aber die Aufrechnung aus und kann nach § 309 Nr. 3 nicht formularmäßig ausbedungen werden[67].

6. Die Form des Kaufvertrags

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Der Kaufvertrag ist in der Regel formfrei; es gibt jedoch etliche Ausnahmen.

Notarieller Beurkundung bedarf der Kauf eines Grundstücks (§ 311b I), eines Wohnungs- oder Teileigentums (§ 4 III WEG), eines Erbbaurechts (§ 11 II ErbbauRG), des ganzen Vermögens (§ 311b III), einer Erbschaft (§§ 2371, 2385) sowie eines GmbH-Anteils (§ 15 IV GmbHG).

Schriftform ist vorgeschrieben für den Kreditkauf des Verbrauchers (§§ 492, 506, 507 II, 510 I).

7. Die behördliche Genehmigung des Kaufvertrags

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Gelegentlich wird der Kaufvertrag erst wirksam, wenn die zuständige Behörde ihn genehmigt. Der Kauf eines landwirtschaftlichen Grundstücks bedarf nach § 2 GrundstücksverkehrsG der Bodenverkehrsgenehmigung des Landwirtschaftsamtes[68], der Kauf eines Grundstücks in einem städtischen Sanierungs oder Entwicklungsgebiet nach §§ 144 II Nr. 3, 169 I Nr. 3 BauGB der Genehmigung der Gemeinde. Im Außenhandel verlangt das AWG Einfuhr- und Ausfuhrgenehmigungen.

Die behördliche Genehmigung ist ein Verwaltungsakt und hat mit der zivilrechtlichen Genehmigung nach § 184 nichts gemein (RN 2258). Der Kaufvertrag verpflichtet beide Parteien, sich nach Kräften um die Genehmigung zu bemühen oder eine Ersatzlösung zu finden[69].

8. Nebenpflichten aus Kaufvertrag und Kaufverhandlungen
8.1 Selbständige, klagbare Nebenleistungspflichten

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Neben den Hauptpflichten des § 433, die das Geschäft zum Kauf machen und nach §§ 320 ff. gegenseitig sind, gibt es auch noch mancherlei vertragliche und gesetzliche Nebenpflichten, vielleicht zur Auskunft über die rechtlichen Verhältnisse des Kaufgegenstandes und zur Herausgabe der Beweisurkunden. Die §§ 446 S. 2, 448 verteilen die Nutzungen (§ 100), Kosten und Lasten (§ 103)[70]. Die Parteien können beliebig weitere Nebenpflichten vereinbaren, etwa über Verpackung, Versand und Versicherung. All das sind klagbare Nebenleistungspflichten.

Beispiel

Der Grundstückskäufer verpflichtet sich, den Kaufpreis auf ein Notaranderkonto zu überweisen, damit vorweg bestimmte Grundstückslasten abgelöst werden (BGH NJW 97, 2004; 98, 2134).

8.2 Unselbständige Nebenpflichten

Neben den klagbaren Nebenleistungspflichten gibt es mancherlei Verhaltenspflichten zur Aufklärung, Warnung und Beratung[71], zur Obhut und Unterlassung. Einklagen kann man diese Nebenpflichten nicht, aber wer sie verletzt, ist nach § 280 I 1 mit § 241 II oder § 311 II wegen Vertragsverletzung oder Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zum Schadensersatz verpflichtet (RN 1669 ff.).

Bisweilen unterstellt die Rechtsprechung sogar einen stillschweigend vereinbarten Beratungsvertrag (RN 620)[72].

3. Kapitel Die Haftung des Verkäufers für Sachmängel

1. Eine Haftung wegen Vertragsverletzung

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Da ihnen das alte Kaufrecht von Grund auf missfiel, nahmen die Schuldrechtsmodernisierer die europäische Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie zum willkommenen Anlass, die Sachmängelhaftung neu zu erfinden, die gesetzliche Garantiehaftung in eine Haftung für Vertragsverletzung zu verwandeln und zu einem großen Teil in das allgemeine Schuldrecht der Leistungsstörungen zu verpflanzen, denn § 433 I 2 verpflichtet den Verkäufer dazu, die verkaufte Sache dem Käufer frei von Sachmängeln zu verschaffen.

Die Lieferung einer mangelhaften Sache ist nach § 433 I 2 eine Vertragsverletzung, für die der Verkäufer nach allgemeinem Schuldrecht und ein paar kaufrechtlichen Sonderregeln einstehen muss

Die modernisierte Struktur des Sachmängelrechts sieht so aus:


- Haftung des Verkäufers wegen Vertragsverletzung statt aus gesetzlicher Gewährleistung;
- Gleichbehandlung von Sach- und Rechtskauf statt unterschiedlicher Rechtsfolgen;
- Gleichbehandlung von Stück- und Gattungskauf statt unterschiedlicher Rechtsfolgen;
- Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz statt Wandelung, Minderung und Schadensersatz;
- Rücktritt und Minderung als Gestaltungsrechte statt der Ansprüche auf Wandelung oder Minderung;
- einheitlicher Begriff des Sachmangels mit einheitlichen Rechtsfolgen anstelle von „Fehler“ und „Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft“ mit unterschiedlichen Rechtsfolgen;
- Falsch- und Minderlieferung als Sachmängel statt als Nichterfüllung;
- Gleichbehandlung der Sach- und Rechtsmängel statt unterschiedlicher Rechtsfolgen;
- längere Verjährung der Sachmängelansprüche zwischen 2 und 5 Jahren anstelle der sehr kurzen früheren Verjährung von 6 Monaten oder 1 Jahr.

Der Strukturwandel schürft so tief, dass man vielleicht nicht mehr von „Gewährleistung“, sondern von „Sachmängelhaftung“ reden sollte.

 

Bild 11: Neue Strukturen des Kaufrechts


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2. Der gesetzliche Vorrang der Nacherfüllung

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Laut Gesetz hat der Käufer einer mangelhaften Sache zunächst nur einen Anspruch auf Nacherfüllung. Die anderen Sachmängelrechte: das Rücktritts- oder Minderungsrecht und den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung erlangt der Käufer erst, nachdem er dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, wenn nicht das Gesetz ausnahmsweise auf diese Frist verzichtet[73]. Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die gesetzlichen Ausnahmen[74].

Beseitigt der Käufer selbst den Mangel, ohne dem Verkäufer nach §§ 281 I 1, 323 I die erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, verliert er nicht nur die Mängelrechte, sondern auch alle anderen rechtlichen Möglichkeiten, seinen Beseitigungsaufwand dem Verkäufer in Rechnung zu stellen. Die kaufrechtliche Mängelhaftung nach §§ 434 ff. regelt die Folgen eines Mangels vollständig und abschließend[75]. Oder: Wer nicht hören will, muss fühlen. Der Käufer verliert seine Mängelrechte schon dann, wenn er zwar Nacherfüllung verlangt, den Verkäufer aber daran hindert, die Kaufsache auf den gerügten Mangel zu untersuchen[76].

3. Die Sachmängelrechte des Käufers auf einen Blick

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Nach Lieferung einer mangelhaften Sache hat der Käufer vier Rechte, freilich nicht zur freien Auswahl, sondern abgestuft hintereinander. Den Anfang macht der Anspruch auf Nacherfüllung, ihm folgen das Rücktrittsrecht, das Minderungsrecht und der Anspruch auf Schadensersatz. Rechtsgrundlage ist § 437[77].

Der Nacherfüllungsanspruch lässt dem Käufer die Wahl zwischen Mängelbeseitigung und Nachlieferung einer mängelfreien Sache.

Die Rechte auf Nacherfüllung und auf Schadensersatz sind Ansprüche, die der Erfüllung harren, durch Nichterfüllung verletzt werden und nach § 438 verjähren können. Der Anspruch auf Schadensersatz tritt in mehreren Varianten auf. Das Rücktrittsrecht und das Minderungsrecht sind Gestaltungsrechte, die der Käufer nach §§ 441 I 1, 349 durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausübt.

Bild 12: Die Sachmängelrechte des Käufers


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Was ein Sachmangel sei, sagt verbindlich und weitausholend die Hilfsnorm des § 434.

Der Verkäufer, der eine bestimmte Beschaffenheit der Sache oder gar deren Fehlerfreiheit verspricht, haftet für die vereinbarte Beschaffenheit bereits nach §§ 433 I 2, 434 I 1, 437 ff.

Die vertragliche Garantie als das Versprechen des Verkäufers, für eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache bedingungslos einzustehen, verschafft dem Käufer nach § 443 zusätzlich die gesetzliche Vermutung, dass ein Sachmangel, der während der Garantiefrist auftritt, den Garantiefall auslöse. Eine Garantie kann auch der Hersteller oder Importeur, der nicht der Verkäufer ist, erklären.

Die Haftung des Verkäufers lässt sich nach § 444 bis an die Grenze der Arglist vertraglich beschränken oder ausschließen. Nach § 442 I ist sie vollständig ausgeschlossen, wenn der Käufer den Sachmangel schon beim Kauf kennt, sie ist größtenteils ausgeschlossen, wenn der Selbstvornahme.

Käufer den Sachmangel grobfahrlässig nicht kennt. Außerdem gibt es noch etliche besondere Ausschlussgründe für die einzelnen Rechte des Käufers, mehrheitlich im allgemeinen Schuldrecht zu finden (§§ 439 III, 280 I 2, 286 IV, 323 V 2, VI).

4. Die Modernisierungskunst des Gesetzgebers

Bei näherer Betrachtung entpuppt sich das modernisierte Sachmängelrecht als ein buntes Gemisch aus Kaufrecht und allgemeinem Schuldrecht, denn die §§ 437-441 verweisen umfänglich auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 280, 281, 283, 284, 311a, 323, 326, die ihrerseits auch noch heftig aufeinander verweisen.

Beispiele


- Nicht weniger als sechs Vorschriften: die §§ 437 Nr. 2, 434, 326 I 3, 326 V, 275, 323 befassen sich mit dem Rücktritt für den Fall, dass die Nacherfüllung unmöglich ist.
- Ebenso viele Vorschriften: die §§ 437 Nr. 3, 434, 275, 280 I, III, 283 oder § 311a II regeln den Schadensersatz statt einer unmöglichen Nacherfüllung.

Diese Art von Schuldrechtsreform mag modern sein, praxis- oder gar bürgerfreundlich ist sie nicht, transparent schon gar nicht. Die neue Regelung ist schlichtweg unübersichtlich. Wenn man etwas über die Sachmängelhaftung erfahren will, muss man ständig im BGB hin- und herblättern. Außerdem wimmelt es im neuen Kaufrecht von blassen, unbestimmten Rechtsbegriffen, die Rätsel aufgeben, statt sie zu lösen. Das geniale, weil übersichtliche System des BGB, das die allgemeinen Regeln vor die Klammer setzt, damit man sie weiter hinten nicht dauernd wiederholen, ja nicht einmal mehr auf sie verweisen muss, wird durch den modernisierten Paragrafen-Mix zerstört.

5. Die Rechtsgrundlagen für die Sachmängelhaftung und ihre Ausnahmen
5.1 Die Anspruchs- und Rechtsgrundlagen

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§ 437 Nr. 1 mit § 439 I ist Anspruchsgrundlage für Nacherfüllung und lässt dem Käufer die Wahl zwischen Mängelbeseitigung und Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache.

§ 437 Nr. 3 ist Anspruchsgrundlage für Schadensersatz in mehrfacher Ausführung, wie die Verweisung auf die §§ 280, 281, 283 offenbart, und für Aufwendungsersatz nach § 284.

§ 437 Nr. 2 ist die Rechtsgrundlage für ein Rücktritts- oder Minderungsrecht, zwei Gestaltungsrechte, zwischen denen der Käufer wählen kann und die er durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausübt.

Die Rechtsfolgen des erklärten Rücktritts stehen in §§ 346, 347, und das sind Anspruchsgrundlagen für die Rückgabe der Kaufsache und die Rückzahlung des Kaufpreises nebst Nutzungs- und Wertersatz. Dass auch das Minderungsrecht ein Gestaltungsrecht sei, sagt deutlich § 441 I 1. Dagegen ist § 441 IV Anspruchsgrundlage für die Erstattung des überzahlten Kaufpreises.

Der Käufer hat diese Rechte nur wegen derjenigen Mängel, die er mit der Nacherfüllungsforderung gerügt hat[78].

Eine Zumutung für jeden Praktiker ist die neumodische Konstruktion des § 437, der die „Rechte des Käufers bei Mängeln“ zwar aufzählt, aber nicht selbst regelt, sondern auf eine Vielzahl anderer Vorschriften verweist, die zu allem Überdruss nur dann gelten sollen, „wenn die Voraussetzungen … vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist“. Der ausdrückliche Hinweis darauf, dass eine Rechtsnorm nur gelten soll, wenn ihre Voraussetzungen erfüllt seien, ist der steile Gipfel moderner Gesetzgebungskunst.

5.2 Die Gegennormen

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Gegennormen, welche die Sachmängelhaftung des Verkäufers beschränken oder ausschließen und Einwendungen oder Einreden begründen, findet man nicht nur im Kaufrecht, sondern auch im allgemeinen Schuldrecht.

Nach § 444 lässt sich die Sachmängelhaftung des Verkäufers durch Vertrag beschränken oder ausschließen. Unabdingbar ist nur die Haftung des Verkäufers für seine Arglist, und vorformulierte Haftungsbeschränkungen scheitern leicht an § 309 Nr. 8b).

§ 442 I schließt die Sachmängelhaftung aus, wenn der Käufer den Sachmangel schon beim Kauf kennt oder grobfahrlässig nicht kennt.

§ 439 IV berechtigt den Verkäufer, eine unverhältnismäßig aufwendige Nacherfüllung zu verweigern.

Weitere Einwendungen gegen einzelne Rechte des Käufers liefern die §§ 275 I, II, 280 I 2, 286 IV, 323 VI, 325 V 2.

5.3 Die Beweislast für und gegen eine Sachmängelhaftung

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Nach allgemeiner Regel, die auch für die Sachmängelhaftung gilt, muss im Streitfall der Käufer als Anspruchsteller die anspruchs- oder rechtsbegründenden Tatsachen, der Verkäufer als Anspruchsgegner die rechtfeindlichen Einwendungen und Einreden beweisen.

Ob der Verkäufer die Mangelfreiheit oder der Käufer den Sachmangel beweisen muss, diese Frage beantwortet § 363[79]. Da der Verkäufer nach §§ 433 I 2, 439 eine mangelfreie Sache schuldet, muss er nach § 362 I beweisen, dass er diese Verpflichtung erfüllt habe.

Der Käufer muss erst dann den Sachmangel beweisen, wenn er die Kaufsache als Erfüllung angenommen hat[80].

5.4 Die unberechtigte Mängelrüge

Rügt der Käufer einen Mangel, wo keiner ist, verletzt er den Kaufvertrag und ist dem Verkäufer nach § 280 I 1 zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er sich nicht nach § 280 I 2 entlastet. Freilich darf der Käufer auch zweifelhafte Mängelrechte einklagen oder sich damit gegen die Kaufpreisklage des Verkäufers verteidigen, denn dies ist der richtige Weg, den Mängelstreit auszutragen[81].

5.5 Der Gang der Darstellung

Das neue Sachmängelrecht wird in den folgenden Kapiteln näher vorgestellt. Die Kapitel 4–7 beschreiben die Rechte des Käufers auf Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz, das 8. Kapitel einheitlich für alle Käuferrechte den Sachmangel, das 9. Kapitel den Gefahrübergang und das 10. Kapitel die Einwendungen und Einreden des Verkäufers gegen die Käuferrechte. Das 11. Kapitel behandelt die Beschaffenheitsgarantie, das 12. Kapitel die Rechtsmängelhaftung, das 13. Kapitel den Rechtskauf und das 14. Kapitel die Konkurrenz der Mängelrechte mit anderen Rechten des Käufers.

 

Die besonderen Regeln des Verbrauchsgüterkaufs sind Bestandteil des Verbraucherschutzes und werden im 15. Kapitel dargestellt.