Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Einleitung Das Sachenrecht im System des Zivilrechts
1. Kapitel Das System des Zivilrechts

1. Das Zivilrecht

1

Das Zivilrecht besteht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch und seinen Nebengesetzen, sowie aus dem Handels-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht, dem Versicherungsrecht, dem Wettbewerbsrecht, dem gewerblichen Rechtschutz, dem Erfinder- und Urheberrecht.

Rechtsstreitigkeiten aus all diesen Teilrechtsgebieten lenkt § 13 GVG auf den ordentlichen Rechtsweg vor die Zivilgerichte.

Abbildung 1: Zivilrecht


[Bild vergrößern]

2. Das bürgerliche Recht

2.1 Der Kodex und seine Nebengesetze

2

Das bürgerliche Recht ist derjenige Teil des Zivilrechts, der für alle gilt. Man findet es im Bürgerlichen Gesetzbuch und seinen Nebengesetzen, als da sind: EGBGB, ProdHaftG, StVG, HaftpflG, LuftVG, ErbbauRG und WEG, um nur die wichtigsten zu nennen. Andere Nebengesetze wie AGBG, VerbrkG, HWiG, FernAbsG und TzWrG, also das Verbraucherschutzrecht, hat die Schuldrechtsreform 2002 in das BGB verpflanzt, wo es sich üppig ausbreitet.

Der gewaltige Kodex des BGB, ein Meisterwerk der Gesetzgebungskunst, von dem der moderne Gesetzgeber viel lernen und dadurch manchen Pfusch vermeiden könnte, ist trotz seines Greisenalters von 100 Jahren nach wie vor das Zentrum des bürgerlichen Rechts.

Seine fünf Bücher hören auf die Namen:

„Allgemeiner Teil“ (§§ 1-240), „Recht der Schuldverhältnisse“ (§§ 241-853), „Sachenrecht“ (§§ 854-1296), „Familienrecht“ (§§ 1297-1921) und „Erbrecht (§§ 1922-2385).

2.2 Das bürgerliche Vertrags- und Vermögensrecht

Während Familien- und Erbrecht scharf umrissene Lebensbereiche regeln, nämlich Ehe, Familie und Kindschaft, Vormundschaft, Pflegschaft und rechtliche Betreuung, sowie die Rechtsnachfolge nach dem Tode, bilden die ersten drei Bücher des BGB in enger, aber schwer durchschaubarer Verzahnung das private Vertrags- und Vermögensrecht der Lebenden. Sie regeln nicht einen Lebensbereich nach dem anderen, sondern das Allgemeine vor dem Besonderen. Am Anfang steht weder der Kauf noch das Eigentum, sondern ein „Allgemeiner Teil“, der ein ganzes Buch füllt mit allgemeinen Regeln für die folgenden Bücher. Damit nicht genug haben auch das Schuld- und das Sachenrecht ihre allgemeinen Teile.

Dieser Gesetzesaufbau ist überaus verschachtelt, das BGB ein verwirrendes Labyrinth, in das der unbedarfte Leser leicht hineingerät, aber nur schwer wieder hinausfindet. Wer mit diesem Gesetzbuch vernünftig arbeiten will, muss seinen Bauplan kennen, muss wissen, wie die ersten drei Bücher ineinander greifen. Stein des Anstoßes ist der Allgemeine Teil. Wenn man heute noch sagt, der Allgemeine Teil ziehe die allgemeinen Regeln vor die Klammer, ist dies wortwörtlich zu verstehen, mathematisch nämlich, wie es dem Denken der Aufklärung entsprach.

Einen Vorwurf verdient dieses Schachtelsystem nicht, sondern nötigt dem Juristen noch heute Bewunderung ab. Rationeller kann man ein Gesetz dieses Ausmaßes kaum organisieren, präziser die Rechtsbegriffe kaum fassen. Ein Lehrbuch ist das BGB freilich nicht. Auch muss das Lehrbuch den Aufbau des BGB nicht blind übernehmen, sondern soll das gesetzliche Labyrinth seiner Schrecken berauben und begehbar machen. Der praktische Jurist denkt nun einmal nicht vom Allgemeinen zum Besonderen, sondern in umgekehrter Richtung vom Besonderen seines Falles oder Problems zum Allgemeinen, und diesen Denkweg will auch dieses Buch gehen.

3. Der rechtliche Zusammenhang der ersten drei Bücher des BGB

3.1 Die Themen der ersten drei Bücher des BGB

3

Hauptthema des Allgemeinen Teils des BGB ist das Rechtsgeschäft (§§ 104-185), bestehend aus einer Willenserklärung (§§ 116-144) oder deren zwei, die sich zu einem Vertrag (§§ 145-157) zusammenfinden. Es sind dies Abstraktionen höchsten Grades, die im praktischen Rechtsleben nicht vorkommen und den naiven Leser verwirren müssen.

Thema des Schuldrechts ist das – vertragliche oder gesetzliche – Schuldverhältnis zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner. Der Gläubiger hat einen Anspruch auf eine Leistung, genannt Forderungsrecht oder kurz Forderung, und was der Gläubiger fordern darf, soll der Schuldner leisten. Forderungsrecht und Leistungspflicht sind die beiden Seiten derselben Medaille, die Schuldverhältnis heißt. Auch dies sind noch hochgradige Abstraktionen, die nur der gelernte Jurist versteht. Von ihnen handelt der allgemeine Teil des Schuldrechts (§§ 241-432). Erst das besondere Schuldrecht (§§ 433-853) regelt Rechtsverhältnisse, mit denen auch der juristische Laie etwas anfangen kann, Kauf und Miete, Darlehen und Bürgschaft sagen jedermann etwas, wenn auch noch nichts Genaues.

Die Themen des Sachenrechts sind Besitz, Eigentum und beschränkte dingliche Rechte. Wie aber hängt das Sachenrecht mit dem Schuldrecht und wie mit dem Allgemeinen Teil zusammen? Dieser Frage entgeht kein Ziviljurist. Erst die Antwort öffnet die Tür zum rechtlichen Verständnis des gesetzlichen Schachtelsystems im Allgemeinen und des Sachenrechts im Besonderen.

Abbildung 2: Das System des BGB


[Bild vergrößern]

3.2 Schuld- und Sachenrecht

4

Den rechtlichen Zusammenhang zwischen Schuld- und Sachenrecht erschließen anschaulich die beiden Hauptdarsteller: der Kaufvertrag und die Übereignung.

Der Kauf ist ein schuldrechtlicher Vertrag, der den Verkäufer nach § 433 I verpflichtet, dem Käufer die Kaufsache mangelfrei zu übergeben und zu übereignen. Und was dem Verkäufer die Verpflichtung, das ist dem Käufer auf der anderen Seite des Kaufs der schuldrechtliche Anspruch, das Forderungsrecht oder die Forderung auf Übergabe und Übereignung. Mehr gibt der Kaufvertrag nicht her, macht den Käufer weder zum Besitzer noch zum Eigentümer.

Besitzer wird der Käufer erst durch Übergabe der Kaufsache nach § 854 I, und Eigentum erwirbt er erst durch Einigung und Übergabe nach § 929 S. 1 oder, wenn es sich um ein Grundstück handelt, durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch nach §§ 873, 925. Dies aber sind sachenrechtliche Vorgänge. Die Übereignung ist ein anderes Geschäft als der Kauf, weil ihre Rechtsfolge eine andere ist. Sie überträgt das Eigentum vom Verkäufer auf den Käufer, verpflichtet aber nicht. Der Kaufvertrag dagegen verpflichtet nur, überträgt aber noch kein Eigentum. Erst die sachenrechtliche Übereignung erfüllt die schuldrechtliche Verkäuferpflicht und löscht sie nach § 362 I aus. Dies ist die klare Sprache des BGB (RN 1457).

Eine zweite Brücke verbindet das Schuldrecht mit dem Sachenrecht: Der schuldrechtliche Kauf bildet den Rechtsgrund der sachenrechtlichen Übereignung und hindert so den Verkäufer daran, sein Eigentum nach § 812 I 1 als ungerechtfertigte Bereicherung zurückzufordern, denn was man mit Rechtsgrund erwirbt, darf man auch behalten (RN 1459 ff.).

Fazit: Das geltende Recht trennt scharf zwischen Kauf und Übereignung, zwischen Verpflichtung und Erfüllung, zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft und der sachenrechtlichen Verfügung (RN 1460). Schuld- und Sachenrecht sind zwei Welten, die man auch dann auseinander halten muss, wenn sie im praktischen Rechtsleben unentwirrbar ineinander greifen.

Abbildung 3: Schuld- und Sachenrecht


[Bild vergrößern]

3.3 Sachenrecht und BGB Allgemeiner Teil

5

Kauf und Übereignung sind, ihren unterschiedlichen Rechtsfolgen zum Trotz, gleichermaßen Rechtsgeschäfte. Das ist ihr gemeinsamer Nenner, der die Brücke schlägt zum Allgemeinen Teil des BGB. Die §§ 104-185 über Rechtsgeschäfte, Willenserklärungen und Verträge gelten auch für Kauf und Übereignung, soweit das Schuld- und Sachenrecht nichts anderes sagt, denn das ist Sinn und Zweck allgemeiner, vor die Klammer gesetzter Regeln.

Auch die Übereignung ist ein Rechtsgeschäft und besteht – unter anderem – aus Willenserklärungen. Auch die dingliche Einigung ist ein Vertrag, der durch Willenserklärungen zu Stande kommt, die auf dieselbe Rechtsfolge zielen. Auch die Übereignung kann wegen Geschäftsunfähigkeit, Gesetzesverstoßes oder Sittenwidrigkeit nichtig sein oder wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung durch Anfechtung vernichtet werden (RN 1470 ff.).

 
2. Kapitel Das objektive Sachenrecht

1. Die Rechtsgrundlagen

6

Das Sachenrecht steht, mehr als 400 Paragrafen stark, im 3. Buch des BGB, aber nicht nur dort. Zum Sachenrecht gehören auch die §§ 90-103 über Sachen und Tiere, Sachbestandteile und Zubehör, Sachfrüchte und Sachnutzungen; sie bilden eine Art allgemeiner Teil des Sachenrechts und liefern eine Reihe verbindlicher gesetzlicher Definitionen. Den Rechtsfolgen nach zählen auch ein paar schuld-, familien- und erbrechtliche Vorschriften zum Sachenrecht: die §§ 718, 719 über die Gesamthand der Gesellschafter, die §§ 1362, 1416, 1424 über Eigentumsvermutungen in der Ehe und die Gesamthand in der Gütergemeinschaft sowie die §§ 2032, 2033 über die Gesamthand der Miterben.

Außerhalb des BGB sind geregelt: das Wohnungs- und Teileigentum im WEG und das Erbbaurecht im ErbbauRG.

Die Art. 64-69, 106-133 EGBGB ermächtigen die Länder, ein paar sachenrechtliche Beziehungen zu regeln wie den Altenteil oder das Nachbarrecht; so ergänzen etliche Nachbarrechtsgesetze der Länder das bundesrechtliche Nachbarrecht der §§ 906 ff.

Sogar in der ZPO verlieren sich ein paar sachenrechtliche Vorschriften: die §§ 867, 868 über Zwangshypothek und Eigentümerhypothek, § 894 über die fiktive Abgabe einer dinglichen Willenserklärung, § 895 über die Sicherung eines vorläufig vollstreckbaren Urteils durch Vormerkung oder Widerspruch und § 898 über den Erwerb vom Nichtberechtigten.

Auch im Sachenrecht gilt:


- Bundesrecht bricht Landesrecht (Art. 31 GG);
- jüngeres Recht bricht älteres Recht;
- spezielles Recht geht allgemeinem Recht vor.

Über allem thront das Grundgesetz, dessen Art. 14 das Eigentum samt allen anderen dinglichen Rechten nicht nur als individuelle Grundrechte, sondern auch als Institutionen des Zivilrechts garantiert.

2. Das System des Sachenrechts

2.1 Die Gliederung des BGB

7

Das 3. Buch „Sachenrecht“ des BGB handelt vom Besitz, vom Eigentum und von den beschränkten dinglichen Rechten an einer Sache. Die 8 Abschnitte sind überschrieben mit:


- „Besitz“ (§§ 854-872);
- „Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken“ (§§ 873-902);
- „Eigentum“ (§§ 903-1011, ergänzt durch das WEG);
- „Dienstbarkeiten“ (§§ 1018-1093);
- „Vorkaufsrecht“ (§§ 1094-1104);
- „Reallasten“ (§§ 1105-1112);
- „Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld“ (§§ 1113-1203);
- „Pfandrecht an beweglichen Sachen und an Rechten“ (§§ 1204-1296).

Das Erbbaurecht war früher in §§ 1012-1017 BGB und ist jetzt im ErbbauRG geregelt.

2.2 Besitz und Eigentum

8

Gegen eine landläufige Meinung, die beides in einen Topf wirft, trennt das BGB klar und deutlich zwischen Besitz und Eigentum. Den Besitz definiert § 854 I als „tatsächliche Gewalt über die Sache“, die rechtliche Sachherrschaft reserviert § 903 dem Eigentum. Schärfer konnte der Gesetzgeber die Grenze nicht ziehen, denn die Trennung zwischen tatsächlicher und rechtlicher Sachherrschaft, zwischen Tatsache und Recht ist fundamental. Es gibt keinen vernünftigen Grund, schon den nackten Besitz als dingliches Recht zu behandeln. Erst das Recht zum Besitz nach § 986, sei es dinglich oder schuldrechtlich, verleiht der tatsächlichen Sachherrschaft rechtliche Qualität (RN 22).

Warum aber schützen die §§ 858 ff. auch den unrechtmäßigen Besitz vor verbotener Eigenmacht des Berechtigten? Weil der Rechtsstaat in aller Regel keine Selbsthilfe dulden kann.

Eine führende Rolle spielt der Besitz im Recht der beweglichen Sachen für den Erwerb des Eigentums sowohl vom Berechtigten (§§ 929 ff.) als auch vom Nichtberechtigten (§§ 932 ff.) und für die Beweislast (§ 1006).

2.3 Grundstücksrecht und Recht der beweglichen Sachen

9

Aus historischen und technischen Gründen musste schon der Gesetzgeber das Sachenrecht in zwei Blöcke aufspalten: in das Grundstücksrecht (Liegenschaftsrecht) und das Recht der beweglichen Sachen (Mobiliarsachenrecht). Besitz und Grundbuch sind die Stichworte. Was der Besitz nach §§ 929, 932, 1006 für die bewegliche Sache, ist das Grundbuch nach §§ 873, 891, 892 für das Grundstück. Beide machen das Eigentum publik, bestimmen die Übertragungsart, ermöglichen den Erwerb vom Nichtberechtigten und regeln die Beweislast.

Jede rechtsgeschäftliche Verfügung über ein Grundstück bedarf nach § 873 der Eintragung im Grundbuch. In das Grundbuch aber kommt man nur über ein besonderes Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, das in der Grundbuchordnung geregelt ist. Materielles Grundstücksrecht und Grundbuchverfahrensrecht aber gehören zusammen, auch in einem Sachenrechtslehrbuch (RN 913 ff. und 1045 ff.).

Die gesetzliche Trennung der beiden Blöcke springt nicht immer ins Auge, man muss schon genau hinschauen. Während die §§ 873-902 so etwas wie einen allgemeinen Teil des Grundstücksrechts bilden (RN 913 ff.), gelten die §§ 985-1007 über die dinglichen Ansprüche aus dem Eigentum für alle Sachen. Die §§ 1030-1067 wiederum regeln inmitten des Grundstücksrechts den Nießbrauch einheitlich für alle Sachen, während sich das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1204 ff.) weitab von den Grundpfandrechten (§§ 1113 ff.) findet.

3. Die Struktur des Sachenrechts

3.1 Die rechtliche Zuordnung der Sachgüter

10

Das Schuldrecht regelt, wem von Rechts wegen etwas zukomme, und drückt dies durch Forderungsrechte und Leistungspflichten aus, die ein Schuldverhältnis begründen zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner (§ 241). Gegenstand des Schuldverhältnisses kann nicht nur eine Sache sein, jeder andere Gegenstand tut es auch.

Das Sachenrecht hingegen regelt die rechtliche Zuordnung der Sachgüter und antwortet auf die Fragen, wem eine Sache gehöre, wie er sie erworben habe und wie er sie auf einen anderen übertragen oder für einen anderen belasten könne. Das Sachenrecht beschränkt sich ganz auf Sachen, das aber sind nach § 90 nur die körperlichen Gegenstände (RN 1402 ff.).

Das BGB ist freilich nicht ganz konsequent, wenn es unter dem Dach des Sachenrechts auch den Nießbrauch und das Pfandrecht an Rechten regelt (§§ 1068 ff., 1273 ff.).

Sicherlich sind Nießbrauch und Pfandrecht an einem Grundpfandrecht auch ihrerseits Sachenrechte; Nießbrauch und Pfandrecht an einer Forderung aber sind es nicht, sondern lediglich Teilbefugnisse des belasteten Forderungsrechts.

3.2 Das unnachgiebige Sachenrecht

11

Während das Schuldrecht weithin nachgiebiges Recht ist, das nur gilt, wenn nichts anderes vereinbart ist, präsentiert sich das Sachenrecht als unnachgiebig strenges Recht, das der vertraglichen Gestaltungsfreiheit so gut wie keinen Spielraum lässt nach dem Motto: „Vogel friss oder stirb“. Man muss nehmen, was das Gesetz anbietet, und das gesetzliche Angebot ist beschränkt. Es gibt nur ein einziges Eigentum und nur eine begrenzte Zahl beschränkter dinglicher Rechte, gewissermaßen Spaltprodukte des einzigen Eigentums. Es herrscht der numerus clausus der Sachenrechte (RN 1445).

Damit nicht genug, schreibt das Gesetz auch noch den Inhalt der Sachenrechte vor sowie die Art und Weise ihres Erwerbs und ihres Verlustes, ihrer Übertragung und Belastung. Im Sachenrecht herrscht Typenzwang (RN 1445).

Strenger als das Schuldrecht erlaubt das Sachenrecht Eigentum und andere dingliche Rechte nur an einzelnen Sachen, nicht an Sachmehrheiten oder Sachinbegriffen, und die einzelne Sache muss genau bestimmt sein, bloße Bestimmbarkeit genügt nicht. Es ist dies der Grundsatz der Spezialität (RN 1442).

Schließlich existieren das Eigentum und die anderen dinglichen Rechte nicht nur auf einem Stück Papier oder in den Köpfen Eingeweihter, sondern liegen offen zu Tage, denn Besitz und Grundbuch machen sie publik. Der Besitz ist für bewegliche Sachen, das Grundbuch für Grundstücke zuständig. Dies hat Folgen für Übertragung (§§ 873, 925, 929) und Beweislast (§§ 891, 1006) und ermöglicht den Erwerb vom Nichtberechtigten (§§ 892, 932).

3. Kapitel Das subjektive Sachenrecht
1. Das dingliche Herrschaftsrecht und seine Schranken

1.1 Die unmittelbare rechtliche Herrschaft über eine Sache

12

Aus dem objektiven Sachenrecht des Gesetzes, das für alle gilt, entsteht das subjektive Sachenrecht oder dingliche Recht einer bestimmten Person an einer bestimmten Sache: das Eigentum, die Grundschuld oder das Pfandrecht. Anders als die schuldrechtliche Forderung, die der künftigen Erfüllung harrt, verleiht das dingliche Recht eine unmittelbare rechtliche Herrschaft über die Sache.

Gesetzliches Leitbild ist das Eigentum. Nach § 903 S. 1 darf der Eigentümer mit seiner Sache machen, was er will und Dritte von jeder Einwirkung ausschließen, er darf die Sache gebrauchen und verbrauchen, veräußern und belasten. Fremder Übergriffe erwehrt er sich mit den starken dinglichen Herausgabe- und Abwehransprüchen aus §§ 985, 1004.

Die anderen dinglichen Rechte vom Erbbaurecht über den Nießbrauch bis zur Grundschuld sind aus dem gleichen Holz geschnitzt, sind sie doch nichts anderes als Teilbefugnisse auf Nutzung oder Verwertung der Sache, die das Gesetz vom Eigentum abspaltet und rechtlich verselbstständigt.

Art. 14 I 1 GG garantiert das Eigentum einschließlich der beschränkten dinglichen Rechte nicht nur als Rechtsinstitut, sondern auch als individuelles Grund- und Freiheitsrecht des Einzelnen gegen staatliche Willkür (RN 93).

 

1.2 Die Schranken des dinglichen Rechts

Art. 14 I GG und § 903 S. 1 stellen das Eigentum unter den Vorbehalt des Gesetzes, das den Inhalt des Eigentums festlegt und die Grenzen zieht, den Kern aber nicht antasten darf, es sei denn unter den strengen Voraussetzungen einer Enteignung nach Art. 14 III GG (RN 98 ff.).

Zivilrechtlich wird das Eigentum durch andere Rechte eingeschränkt, die es dinglich belasten. Dem Grundeigentum setzt außerdem das gesetzliche Nachbarrecht der §§ 906 ff. Grenzen (RN 291 ff.).

Zahlreich und tiefgreifend sind die Schranken, die das öffentliche Recht zum allgemeinen Wohl vor und auf dem Grundstück errichtet durch das öffentliche Bau- und Verkehrsrecht, das Landwirtschafts- und Naturschutzrecht und manch andere Gesetze (RN 96, 97).