Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen

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2. Die gesetzliche Regel und ihre Ausnahmen

Die Rechtsprechung formuliert vorsichtiger und meint, dass die §§ 987 ff. „grundsätzlich“ nur für den unberechtigten Besitzer gelten[3], Ausnahmen aber nicht völlig auszuschließen seien[4]. Die Frage lautet: Wann sind die §§ 987 ff. systemwidrig auch auf den berechtigten Besitzer anwendbar (RN 153-155)?

3. Die Methode der Rechtsfindung

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Systematisches Denken stellt fest: Wo es um Nutzungs-, Schadens- oder Verwendungsersatz geht, gelangt man nur dann zu den Spielregeln der § 987 ff., wenn man den Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 985 bejaht und ein Besitzrecht des Besitzers nach § 986 verneint, oder wenn man den Herausgabeanspruch aus § 985 nur deshalb verneint, weil der unberechtigte Besitzer die Sache nicht mehr herausgeben kann. Ob der Besitzer Eigen- oder Fremdbesitzer ist, spielt sowenig eine Rolle[5] wie ein früheres Recht zum Besitz, das jetzt nicht mehr besteht[6].

Dagegen ist es systemwidrig und in aller Regel durchaus falsch, die §§ 987 ff. auf den berechtigten Besitzer anzuwenden, denn sein Verhältnis zum Eigentümer ist entweder durch Vertrag geregelt oder wird durch das gesetzliche Schuldrecht der Pflichtverletzung, der ungerechtfertigten Bereicherung oder der unerlaubten Handlung bestimmt. Wer da meint, er müsse gleichwohl auch den berechtigten Besitzer den §§ 987 ff. unterstellen, muss das außergewöhnliche Bedürfnis für diese Ausnahme besonders rechtfertigen (RN 153 ff.).

4. Die entsprechende Anwendung der §§ 987 ff.

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Abgesehen davon, dass die §§ 987 ff. gelegentlich auch für und gegen den berechtigten Besitzer gelten, sind sie entsprechend anzuwenden:


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2. Kapitel Das gesetzliche System

1. Die Rechtsfolgen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses

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Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis produziert dreierlei Ansprüche und ein Wegnahmerecht:


- einen Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe der Nutzungen oder auf Nutzungsersatz (§§ 987, 988, 990);
- einen Anspruch des Eigentümers auf Schadensersatz dafür, dass der Besitzer die Sache nicht mehr unversehrt herausgeben kann (§§ 989, 990, 992);
- einen Anspruch des Besitzers auf Verwendungsersatz (§§ 994, 996, 999);
- ein Recht des Besitzers auf Wegnahme einer Sache, die er mit der Sache des Eigentümers verbunden hat (§ 997).

Die Ansprüche des Eigentümers aus §§ 987, 989, 990 hängen davon ab, dass der Besitzer entweder auf Herausgabe verklagt oder bösgläubig ist. Für den Anspruch des Besitzers auf Verwendungsersatz kommt es nach §§ 994 I, 996 darauf an, ob die Verwendungen notwendig oder wenigstens nützlich waren, während der Anspruch aus § 994 II zusätzlich eine Geschäftsführung ohne Auftrag erfordert. Die rechtliche Prüfung erfordert subtile Unterscheidungen, ganz abgesehen von den systemwidrigen Ausnahmen, welche die Rechtsprechung glaubt, machen zu müssen.

Alle diese Rechtsfolgen sind dingliche Rechtsfolgen, denn sie stehen im Sachenrecht[14]. Schuldrechtliche Vorschriften darf man deshalb nicht unbesehen, sondern von Fall zu Fall nur entsprechend heranziehen. Entsprechend anwendbar sind nach § 990 II die Vorschriften der §§ 280 I, II, 286 über den Schuldnerverzug[15] und wohl auch die §§ 293 ff. über den Gläubigerverzug.

Abbildung 12: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis


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2. Das Privileg des unverklagten gutgläubigen Besitzers

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Sinn und Zweck der komplizierten gesetzlichen Regelung ist es, den gutgläubigen Besitzer, der noch nicht auf Herausgabe verklagt ist, rechtlich besser zu stellen als er ohne diese Spezialregeln schuldrechtlich stünde. Denn nach §§ 812, 818 müsste er alle gezogenen Nutzungen herausgeben oder ersetzen und nach § 823 I für jede fahrlässige Eigentumsverletzung, nach § 848 sogar für den zufälligen Untergang der Sache einstehen. Seine Verwendungen auf die Sache schließlich bekäme er, auch wenn sie noch so notwendig gewesen wären, nur nach §§ 677, 683, 812, 818 ersetzt. Dies alles mutet das Gesetz laut §§ 993 I, 994 II einem unberechtigten Besitzer nicht zu, der sich gutgläubig für besitzberechtigt hält und noch nicht durch die Herausgabeklage des Eigentümers aus seiner Ahnungslosigkeit aufgeschreckt worden ist.

Diese Milde des Gesetzes verscherzt sich der unberechtigte Besitzer nach §§ 987-990 durch seinen bösen Glauben oder die Missachtung der Warnung, die der Eigentümer mit seiner berechtigten Herausgabeklage ausgesprochen hat. Hat der Besitzer den Besitz gar durch schuldhaft verbotene Eigenmacht oder eine strafbare Handlung erlangt, lässt § 992 jede Rücksicht fallen und liefert den Besitzer dem Recht der unerlaubten Handlung aus.

3. Eine erschöpfende Sonderregelung für Nutzungs-, Schadens- und Verwendungsersatz

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Ihren Zweck, den unverklagten, gutgläubigen Besitzer besser zu stellen, als er nach dem Schuldrecht stünde, erfüllen die §§ 987-1003 nur, wenn sie den Nutzungs-, Schadens- und Verwendungsersatz erschöpfend regeln und sowohl den Bereichungsausgleich nach §§ 812 ff. als auch den Schadensausgleich nach §§ 823 ff. verdrängen[16], nicht auch den Anspruch aus § 951[17].

Das Gesetz selbst sagt in § 993 I Hs. 2, dass der unverklagte gutgläubige Besitzer über die Herausgabe der Übermaßfrüchte hinaus weder zum Nutzungsnoch zum Schadensersatz verpflichtet sei. Und § 992 unterwirft den Besitzer dem Deliktsrecht der §§ 823 ff. nur nach einer verbotenen Eigenmacht oder strafbaren Handlung. Dass die §§ 994-996 auch den Verwendungsersatz abschließend regeln, sagt deutlich § 996.

Die §§ 987 ff. sind zwar auf den unberechtigten Eigenbesitzer zugeschnitten, gelten aber auch für den unberechtigten Fremdbesitzer, freilich mit einer kleinen Einschränkung: Damit der unberechtigte Fremdbesitzer nicht besser fahre als der berechtigte, werden ihm seine Verwendungen nur dann nach § 994 ff. ersetzt, wenn sie auch im Rahmen seines vermeintlichen Besitzrechts (Mietverhältnis) ersetzt würden[18].

Dass der Besitzer früher einmal zum Besitz berechtigt war, steht einer Anwendung der §§ 987 ff. nicht im Wege, denn mit dem Erlöschen des Besitzrechts entsteht die für das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis erforderliche Vindikationslage, auch wenn der Eigentümer daneben noch einen schuldrechtlichen Herausgabeanspruch, etwa aus § 546 I, hat[19].

4. Ausnahmen vom gesetzlichen System des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses

4.1 Juristische Winkelzüge

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Die §§ 987 ff. sind deshalb so schwer zu handhaben, weil die Rechtsprechung das gesetzliche System des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses mehrfach durchbricht. Auf der einen Seite wendet sie die §§ 987 ff. gelegentlich auch auf den berechtigten Besitzer an, wenn sie dafür einen besonderen Bedarf sieht. Auf der anderen Seite unterstellt sie den unberechtigten Besitzer bisweilen doch dem Bereicherungs- und Deliktsrecht.

 

4.2 Der besondere Regelungsbedarf für den berechtigten Besitzer

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Damit der berechtigte Besitzer nicht schlechter fahre als der unberechtigte, wendet die Rechtsprechung die §§ 987 ff. auch auf ihn an, wenn sein Rechtsverhältnis zum Eigentümer, das ihn zum Besitz berechtigt, die Nutzungen und/oder Verwendungen nicht regelt[20].

4.3 Verwendungen des unberechtigten Besitzers während der Zeit seines Besitzrechts

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Viel spricht dafür, dass die §§ 994 ff. sich auf Verwendungen beschränken, die der unberechtigte Besitzer auf die fremde Sache gemacht hat. Der Rechtsprechung ist es jedoch einerlei, ob der Besitzer die Verwendungen als berechtigter oder als unberechtigter Besitzer gemacht hat, wenn er nur später sein Besitzrecht verliert und dann wehrlos dem Herausgabeanspruch des Eigentümers nach § 985 ausgeliefert ist[21].

4.4 Die Eingriffskondiktion

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Wenn der unverklagte gutgläubige Besitzer die Sache nicht mehr herausgeben kann, weil er sie inzwischen veräußert hat, ist er gemäß § 993 I Hs. 2 weder nach § 990 noch nach § 823 I zum Schadensersatz verpflichtet. Heißt dies, er dürfe auch den Veräußerungserlös behalten? Nein, das heißt es nicht, der Besitzer muss den Erlös nach § 816 I 1 an den Eigentümer herausgeben. Entweder war die Veräußerung nach § 892 oder § 932 von Anfang an wirksam oder sie ist wirksam geworden durch die Genehmigung des Eigentümers nach §§ 185, 184, die im Verlangen nach dem Erlös und spätestens in der Klage auf Herausgabe des Erlöses schlüssig enthalten ist[22]. Die §§ 987 ff. regeln abschließend nur Nutzungs- und Schadensersatz, nicht den Eingriff des Besitzers in die Sachsubstanz. Der Veräußerungserlös aber ist gleichsam das Surrogat der Sache und gebührt deshalb gleichfalls dem Eigentümer[23].

Dies gilt für alle Fälle der Eingriffskondiktion nach § 812 I 1, auch für den Verbrauch oder die Verarbeitung der fremden Sache durch den unberechtigten Besitzer[24].

Die unberechtigte Untervermietung hingegen ist kein Eingriff in die Substanz der fremden Sache, sondern verpflichtet nur, auch ist der Untermietzins kein Surrogat der Mietsache. Der vermietende Eigentümer hat deshalb keinen Anspruch auf Herausgabe des Untermietzinses gegen den Mieter, sondern nach § 280 I 1 nur einen Anspruch auf Schadensersatz[25].

4.5 Der Fremdbesitzerexzess

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Der unverklagte gutgläubige Fremdbesitzer verdient den besonderen Schutz des § 993 I Hs. 2 dann nicht, sondern haftet wie jeder andere Schädiger aus § 823, wenn er sein vermeintliches Besitzrecht überschreitet und die fremde Sache in einer Art und Weise behandelt, wie er sie auch als berechtigter Besitzer nicht behandeln dürfte[26]. So darf der Mieter die Mietsache durch den Mietgebrauch vielleicht abnutzen, aber keinesfalls beschädigen oder zerstören, und was der berechtigte Besitzer nicht tun darf, ist dem unberechtigten Besitzer erst recht verboten.

Beispiel

Der Minderjährige mietet – nach § 107 unwirksam – ein Auto und beschädigt es schuldhaft durch einen Verkehrsunfall. Dafür muss er trotz § 993 I Hs. 2 auch als gutgläubiger unberechtigter Besitzer nach § 823 einstehen, denn sein vermeintliches Besitzrecht als Mieter deckt nur den Gebrauch, nicht die Beschädigung des Mietautos (BGH NJW 73, 1790).

Für den berechtigten Fremdbesitzer, der sein Besitzrecht überschreitet, bedarf es dieser Krücke nicht, denn er haftet ganz selbstverständlich aus Vertragsverletzung und/oder aus unerlaubter Handlung, auch aus Eingriffskondiktion nach § 812 I 1[27], während die §§ 987 ff. mangels einer Vindikationslage nicht anwendbar sind. Die Rechtsprechung hingegen wirft den berechtigten und den unberechtigten Besitzer nicht selten in einen Topf[28], was im Ergebnis zwar zutrifft, aber systematisch verfehlt ist.

3. Kapitel Der Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe der Nutzungen

1. Die Anspruchsgrundlagen

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Einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen oder auf Nutzungsersatz hat der Eigentümer nach § 987 gegen den verklagten unrechtmäßigen Besitzer, nach § 990 I gegen den bösgläubigen Besitzer und nach § 988 gegen den Besitzer, der den Besitz unentgeltlich erworben hat.

2. Die Rechtsfolge

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Rechtsfolge ist ein Anspruch auf Herausgabe gezogener Sachnutzungen. Sind die gezogenen Nutzungen nicht mehr vorhanden, ist ihr Wert in Geld zu ersetzen; insoweit ist der Wortlaut des § 987 I zu eng[29].

Nutzungen sind nach § 100 die Früchte der Sache sowie die Gebrauchsvorteile. Früchte sind nach § 99 die Erzeugnisse der Sache und die sonstige bestimmungsgemäße Ausbeute (I), auch soweit sie vermöge eines Rechtsverhältnisses erzielt werden (III).

Beispiele


- Unmittelbare Sachfrüchte nach § 99 I sind die Getreide-, Kartoffel- und Weinernte sowie die Sand- und Kiesausbeute.
- Mittelbare Sachfrüchte nach § 99 III sind die Miet- und Pachtzinsen.
- Gebrauchsvorteile nach § 100 sind das Wohnen in einem Haus (BGH NJW 87, 50: Nutzungsausfall als Schaden), das Benutzen eines Büroraums, eines Lagerplatzes (BGH 39, 186) oder eines Docks (BGH 63, 365) und das Fahren mit einem Auto (OLG Karlsruhe NJW 2003, 1950: auch zur Berechnung).
- Keine Sachfrucht ist der Gewinn, der aus einem gewerblichen Unternehmen oder einer freiberuflichen Praxis gezogen wird, denn er hängt entscheidend von der persönlichen Leistung des Unternehmers ab (BGH 7, 208; 63, 365; 109, 191). Herauszugeben ist die Nutzung nur in Höhe eines üblichen Miet- oder Pachtzinses (BGH 7, 208).

Wenn der Eigentümer den Umfang oder Wert der herauszugebenden Nutzungen nicht kennt, kann er nach § 242 vom Besitzer Auskunft verlangen[30] und nach § 254 ZPO Stufenklage erheben.

3. Der auf Herausgabe der Sache verklagte Besitzer

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Nach § 987 I hat der unberechtigte Besitzer dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach Eintritt der Rechtshängigkeit aus der Sache gezogen hat. Und nach § 987 II hat er auch noch diejenigen Nutzungen zu ersetzen, die er zwar nicht gezogen hat, nach den Regeln einer ordentlichen Bewirtschaftung aber hätte ziehen sollen und können[31]. Ob auch der Eigentümer diese Nutzungen gezogen hätte, ist unerheblich[32].

Rechtshängig wird die Streitsache nach § 261 I ZPO durch Zustellung der Herausgabeklage des Eigentümers an den unberechtigten Besitzer[33].

Der auf Herausgabe verklagte unberechtigte Besitzer wird nach § 987 genauso behandelt wie der bösgläubige Besitzer nach § 990, weil die Herausgabeklage ihn aus seinem guten Glauben aufgeschreckt und auf seine Herausgabepflicht nachdrücklich hingewiesen hat[34].

4. Der bösgläubige Besitzer

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Die Ansprüche aus § 987 I, II auf Herausgabe oder Ersatz von Nutzungen hat der Eigentümer nach § 990 I auch gegen den bösgläubigen Besitzer. Das Gesetz unterscheidet zwei Fälle: War der Besitzer schon beim Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, haftet er von Anfang an (S. 1); erfährt er hingegen erst später, dass er zum Besitz nicht berechtigt sei, haftet er erst ab dieser Kenntnis (S. 2). Die Beweislast für den bösen Glauben des Besitzers trägt der Eigentümer[35].

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Der gute oder böse Glaube des unberechtigten Besitzers bezieht sich hier nicht auf fremdes Eigentum, sondern auf das eigene – fehlende – Besitzrecht[36]. Den bösen Glauben definiert § 932 II als Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis. Also ist der unberechtigte Besitzer schon dann bösgläubig, wenn er beim Erwerb des Besitzes grobfahrlässig nicht weiß, dass er zum Besitz nicht berechtigt sei. Grobfahrlässig handelt, wer die im Verkehr gebotene Sorgfalt ungewöhnlich schwer verletzt und sich über Bedenken hinwegsetzt, die jedem einleuchten müssen[37].

Ist der Besitz aber gutgläubig erworben, schadet dem Besitzer nach § 990 I 2 nur noch die spätere positive Kenntnis von seinem fehlenden Besitzrecht. Diese Kenntnis aber hat er schon dann, wenn er sich ihr bewusst verschließt, indem er partout nichts hören und sehen will[38], oder wenn er sich auf einen unsinnigen Rechtsirrtum beruft[39].

Die Kenntnis ist eine innere Tatsache, die im Streitfall nur mit logisch brauchbaren Indizien bewiesen werden kann (RN 1006).

Beim Besitzerwerb durch Besitzdiener (§ 855) schadet der böse Glaube des Besitzherrn stets und der böse Glaube des Besitzdieners jedenfalls dann, wenn der Besitzherr ihm freie Hand lässt[40].

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Schärfer als nach § 990 I haftet der Besitzer nach § 990 II mit §§ 280 I, II, 286, wenn er nicht nur verklagt oder bösgläubig ist, sondern mit der Herausgabe der Sache auch noch in Verzug gerät[41].

§ 991 I dagegen beschränkt die Haftung des unmittelbaren Besitzers (Mieters), der sein Besitzrecht von einem mittelbaren Besitzer (Vermieter) herleitet, denn er haftet nur, wenn die Voraussetzungen des § 990 (böser Glaube) oder des § 987 (Rechtshängigkeit der Herausgabeklage) auch in der Person des mittelbaren Besitzers erfüllt sind; andernfalls könnte der bösgläubige unmittelbare Besitzer den gutgläubigen mittelbaren Besitzer in Regress nehmen.

5. Der unentgeltliche Besitzerwerb

5.1 Die Haftungsverschärfung

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§ 988 verschärft die Haftung des unberechtigten Besitzers, der den Besitz unentgeltlich erlangt hat, denn er soll dem Eigentümer auch diejenigen Nutzungen herausgeben, die er vor Rechtshängigkeit der Herausgabeklage gezogen hat[42], wenn auch nur „nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung“ (RN 166). Diese Haftungsverschärfung nach unentgeltlichem Erwerb ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der schon den §§ 816 I 2, 822 zu Grunde liegt.

Auch § 988 gilt nur für den unberechtigten Besitzer, der die fremde Sache zu Unrecht genutzt hat[43], sei es als Eigenbesitzer, sei es als Fremdbesitzer kraft eines vermeintlich dinglichen oder schuldrechtlichen Nutzungsrechts[44].

5.2 Der unentgeltliche und der rechtsgrundlose Besitzerwerb

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Unentgeltlich“ bedeutet nach dem Sprachgebrauch des BGB soviel wie schenkungshalber (§ 516) oder „ohne ausgleichende Gegenleistung“[45]. Die Rechtsprechung freilich wendet den § 988 auch auf den rechtsgrundlosen Besitzerwerb an, weil § 988 insoweit lückenhaft sei[46]. Das ist auch hier, nicht anders als im Bereicherungsrecht nach §§ 816 I 2, 822[47], durchaus problematisch, denn „unentgeltlich“ und rechtsgrundlos sind zwei grundverschiedene Kategorien. Unentgeltlich ist die Zuwendung ohne Gegenleistung, also schenkungshalber, rechtsgrundlos ist die Zuwendung ohne Rechtsgrund. Das Reichsgericht hat so argumentiert: Wenn der Verkäufer nach nichtigem Kaufvertrag, aber wirksamer Übereignung vom Käufer nach § 818 II auch Ersatz für die gezogenen Nutzungen verlangen könne, dürfe der Eigentümer nach nichtigem Kaufvertrag und nichtiger oder fehlender Übereignung nicht schlechter stehen[48]. Diese Schlussfolgerung überzeugt nicht, denn sie nimmt dem Besitzer alle Einwendungen aus seiner Rechtsbeziehung zum Vorbesitzer.

 

Von einem unentgeltlichen Besitzerwerb kann schon gar nicht mehr die Rede sein, wenn der Besitzer den berechtigten Besitz entgeltlich erlangt hat und nach Ablauf der Besitzzeit unberechtigt, aber gutgläubig fortsetzt[49].

Wer die entsprechende Anwendung des § 988 auf den rechtsgrundlosen Besitzerwerb ablehnt, jedoch mit der Rechtsprechung eine Gesetzeslücke sieht, füllt sie vielleicht mit der Leistungskondiktion nach § 812 I 1 aus.

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Jedenfalls soll der Besitzer nur seine Bereicherung herausgeben. Nach § 818 III wird er frei, wenn er nicht mehr bereichert ist und noch nicht verschärft nach §§ 818 IV, 819 haftet. Entreichert ist er auch durch Aufwendungen, die er auf die Sache macht, solange er den Mangel seines Besitzrechts nicht kennt, auch wenn es keine Verwendungen nach §§ 994 ff. sind[50]. Die Beweislast für die Entreicherung trägt der Besitzer, die Beweislast für eine Verschärfung der Haftung trägt der Eigentümer.