Gia Yü

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6. KAPITEL: WEN LI / Die Fragen nach der Sitte

Der erste Abschnitt dieses Kapitels, ein Gespräch mit dem Herzog Ai von Lu, deckt sich weitgehend mit einem Abschnitt des Kapitels Ai Gung Wen des Siau Dai Li Gi (Couvreur 2, 362 ff.; Legge 2, 261 ff.) und mit dem ersten Abschnitt des 41. Kapitels des Da Dai Li Gi. Er ist unter Berücksichtigung aller Versionen übersetzt im Buch der Sitte S. 195–196. Die Gia Yü-Version ist vielfach abweichend und hat verschiedentlich den ausführlicheren Text. Der zweite Abschnitt, ein Gespräch mit Yen Yen, findet sich in einem Abschnitt des Kapitels Li Yün des Siau Dai Li Gi wieder, er ist übersetzt im Buch der Sitte S. 32–34.

7. KAPITEL
WU I GIË / Ausführungen über die fünf Stufen der Menschen

Dieses Kapitel bringt eine Reihe von fiktiven Gesprächen zwischen Kung und dem Herzog Ai von Lu. Dies war der regierende Herzog während der letzten Lebensjahre Kungs, und es ist von ihm berichtet, daß er eine hohe Meinung von Kung hatte. Es liegt kein Grund vor zu zweifeln, daß er tatsächlich mit dem alternden Kung Gespräche über Politik und Moral geführt hat. Ausgestaltungen solcher Gespräche sind dann in der späten Dschou-Zeit und in der Han-Zeit ein beliebtes Mittel geworden, gewisse Gedankengänge der konfuzianischen Schule mit Emphase zur Darstellung zu bringen.

Parallelen zum 1. Abschnitt finden sich im Kapitel Ai Gung des Sündsï und im Kapitel Ai Gung Wen Wu I des Da Dai Li Gi. Er ist übersetzt im Buch der Sitte S. 191–194. Die Charakteristika der fünf Stufen finden sich zum Teil ähnlich im 1. und 4. Kapitel des Han Schï Wai Dschuan. Der zweite Abschnitt ist in demselben Kapitel des Sündsï enthalten, wo er vom vorigen durch die Frage des Herzogs nach der Krone des Schun (Gia Yü 10, 1) getrennt ist. Eine zweite Parallele findet sich im Sin Sü des Liu Hiang, Dsa Schï, Kap. 4. Der 3. Abschnitt ist im Sündsï wieder durch ein anderes Gespräch unterbrochen; er ist auch, mit leichten Abweichungen, im Han Schï Wai Dschuan, Kap. 4, und im Schuo Yüan, Kap. Dsun Hiën, enthalten. Der 4. Abschnitt hat eine Parallele im Kap. Dschï Wu des Schuo Yüan, der 5. im Kap. Gün Dau und der 6. im Kap. Ging Schen desselben Werks. Parallelen zum 7. Abschnitt finden sich im Kap. Dsa Yen des Schuo Yüan und im Han Schï Wai Dschuan, Kap. 1. Eine ähnliche Stelle findet sich auch im Kap. Fu Yen des Wendsï, wo sie dem Laotse in den Mund gelegt ist.

2. Wie ein Fürst das Leben kennenlernt

Der Herzog sprach: »Das ist schön; ohne Eure Weisheit, Meister, hätte ich solche Worte nie vernommen. Allein ich bin geboren im Inneren des Schlosses und bin herangewachsen in den Armen der Wärterinnen. Ich habe Trauer, Sorgen, Mühe, Furcht und Gefahren nie kennengelernt. Ich fürchte, ich bin nicht imstande, die Lehren von den fünf Stufen zu verwirklichen; was kann ich tun?«

Meister Kung erwiderte: »Wenn Ihr also redet, so wißt Ihr es ja schon; ich wüßte auch nichts Weiteres.«

Der Herzog sprach: »Ohne Euch, mein Meister, bin ich nicht imstande, mein Herz zu entfalten. Sagt es mir, mein Meister.«

Meister Kung sprach: »Wenn Ihr, o Fürst, in den Ahnentempel Euch begebt, rechts die Stufen zur Halle emporsteigt, wenn Ihr nach oben blickt auf die Kapitelle und Streben der Säulen, nach unten blickt auf Tisch und Kissen und daran denkt, wie die Geräte alle noch da sind wie einst und doch die Menschen nicht mehr zu sehen sind, die sie gebraucht; wenn Ihr so der Trauer denkt, so werdet Ihr erfahren, was Trauer ist.

Wenn Ihr beim ersten Tagesgrauen Euch erhebt und Gewänder und Krone anlegt, wenn Ihr bei Tagesanbruch Audienz haltet und all die Gefahren und Schwierigkeiten überdenkt, wie auch das kleinste Versehen im Einzelnen der Anfang werden kann von Verwirrung und Untergang; wenn Ihr also an die Sorgen denkt, so wißt Ihr, was Sorgen sind.

Wenn Ihr vom Sonnenaufgang an Euch mit der Regierung beschäftigt, bis die Sonne sich zum Untergang neigt, wenn der Fürsten Söhne und Enkel kommen und gehen als Eure Gäste, wenn Ihr alle Sitten der Höflichkeit, die Verbeugungen, das Vortrittlassen unter sorgfältiger Beachtung der Würde, die der Rang erfordert, vollzieht; wenn Ihr so der Mühe denkt, so wißt Ihr auch, was Mühe ist.

Wenn Ihr in tiefe Gedanken versunken zu den vier Toren Eurer Hauptstadt hinausgeht und besorgt in die Ferne blickt und die Trümmer vergangener Reiche seht – und es sind sicher eine ganze Anzahl da –; wenn Ihr also der Furcht gedenkt, so wißt Ihr, was Furcht ist.

Nun gleicht der Fürst dem Schiff, das Volk gleicht dem Wasser. Das Wasser ist es, das das Schiff trägt, das Wasser ist es auch, das das Schiff zum Kentern bringt. Wenn Ihr so der Gefahr denkt, so wißt Ihr, was Gefahr ist.

Wenn Ihr diese fünf Stücke versteht und daneben noch ein wenig die fünf Stufen im Sinn behaltet, welche Fehler könntet Ihr da bei Eurer Regierung noch machen?«

3. Wahl der Leute

Herzog Ai fragte den Meister Kung und sprach: »Darf ich nach der Art fragen, wie man die rechten Leute auswählt?« Meister Kung erwiderte: »Jeder soll mit dem Amt betraut werden, dem er gewachsen ist. Man nehme keinen, der schnell mit dem Wort bei der Hand ist, man nehme keinen, der anderen das Wort abschneidet, man nehme keinen, der viele Worte macht.

Die schnell mit dem Wort bei der Hand sind, sind habgierig, die Wortabschneider sind frech, die Schwätzer sind falsch. So muß man bei einem Bogen erst darauf sehen, daß er ausgeglichen ist, und dann erst auf seine Kraft. Ein Pferd muß gezähmt sein, ehe man sich seiner Schnelligkeit bedienen kann. Bei einem Beamten ist vor allem wichtig die Zuverlässigkeit, dann erst sehe man auf Wissen und Fähigkeit. Wer nicht zuverlässig ist und viele Fähigkeiten hat, der gleicht einem reißenden Wolf, dem man sich nicht nahen soll.«

4. Wie Kriege überflüssig werden

Herzog Ai fragte den Meister Kung und sprach: »Ich möchte imstande sein, mein Land, obwohl gering, zu verteidigen, und wenn es groß ist, andere anzugreifen. Worauf kommt es dabei an?«

Meister Kung erwiderte: »Wenn der Fürst und sein Hof der Sitte entsprechen, wenn Oben und Unten in Eintracht leben, dann ist alles Volk auf Erden Euer Volk; wen braucht Ihr dann noch anzugreifen? Wenn Ihr diesem Grundsatz aber entgegenhandelt, dann empört sich das Volk, als ginge es nach Hause, alle sind Eure Feinde: Auf wen wollt Ihr Euch da noch stützen zur Verteidigung?«

Der Herzog sprach: »Trefflich!« Daraufhin hob er die Jagd- und Fischverbote auf und schaffte die Zölle und Marktabgaben ab, um dem Volke Güte zu zeigen.

5. Das Brettspiel und der Edle

Herzog Ai fragte den Meister Kung und sprach: »Es heißt, der Edle halte sich dem Brettspiel fern; ist das wahr?«

Meister Kung sprach: »Ja.«

Der Herzog sprach: »Warum?«

Der Meister erwiderte: »Weil es zwei Arten zu ziehen gestattet.«1

Der Herzog sprach: »Warum soll man deshalb nicht das Brettspiel spielen, weil es zwei Arten von Zügen hat?«

Der Meister sprach: »Weil man dabei gleichzeitig auch den schlechten Weg wählen darf.«

Der Herzog erschrak. Nach einer Weile fragte er wieder: »So gründlich haßt also der Edle den schlechten Weg?«

Meister Kung sprach: »Wenn der Edle den schlechten Weg nicht gründlich haßte, so würde er auch den guten Weg nicht von Grund auf lieben. Wenn er aber den guten Weg nicht von Grund auf liebte, so würde das Volk seinem Fürsten auch nicht von Grund auf zugetan sein. Im Buch der Lieder heißt es:

Wenn ich meinen Herrn nicht sehe,

Ist mein Herz von Trauer schwer.

Wenn ich ihn sehen kann,

Wenn ich ihn treffen kann,

Dann wird mein Herz still2.

So sehr liebt das Buch der Lieder den guten Weg.«

Der Herzog sprach: »Wundervoll! Der Edle hilft dem anderen zum Guten, er hilft ihm nicht zum Schlechten. Wenn Ihr, mein Meister, nicht zu mir gesprochen, so hätte ich nie etwas darüber erfahren.«

6. Jeder ist seines Glückes Schmied

Herzog Ai fragte den Meister Kung und sprach: »Eines Reiches Bestehen und Untergang, Glück und Unglück haben doch sicher ihre himmlische Bestimmung und rühren nicht nur von Menschen her.«

Meister Kung erwiderte: »Bestehen und Untergang, Glück und Unglück kommen alle nur durch eigene Schuld. Zeichen am Himmel und Vorbedeutungen auf der Erde können nichts hinzufügen.«

Der Herzog sprach: »Gut, mein Meister, habt Ihr geredet, aber wie soll das zugehen?«

Meister Kung sprach: »Vor alters zur Zeit des Herrschers Sin aus dem Hause Yin3, da brütete ein Sperling einen großen Vogel aus auf der Ecke der Stadtmauer. Die Zeichendeuter sprachen: ›Wenn Kleines Großes erzeugt, so wird das Reich sicher blühen und des Herrschers Name berühmt werden.‹ Darauf verließ sich der Herrscher Sin auf die Kraft dieses Sperlings. Er kümmerte sich nicht um die Regierung des Landes und war hart und grausam über alle Maßen, und vor den Leuten seines Hofes gab es keine Rettung. Da brachen Räuber von außen ein, und die Herrschaft des Hauses Yin fand dadurch ihr Ende. So hat er selbst der Zeit des Himmels entgegengewirkt und das zugedachte Glück in Unglück verwandelt.

 

Wiederum zur Zeit seines Vorfahren, des Königs Tai Mou aus dem Hause Yin, war der rechte Weg verlassen, und die Gesetze ruhten, so daß schließlich Vorzeichen auftraten, Maulbeere und Korn aus einer Wurzel im Schloßhof wuchsen und nach sieben Tagen schon eine Spanne im Umfang hatten. Der Zeichendeuter sprach: ›Maulbeere und Korn sind Gewächse der Wildnis; sie pflegen nicht aus einer Wurzel im Schloßhof zu wachsen. Sollte das auf den Untergang des Reiches deuten?‹ Tai Mou erschrak, er wendete sich und ordnete seinen Wandel. Er gedachte der Regierung der früheren Könige und brachte den Weg zur Pflege des Volkes wieder ans Licht. Und nach drei Jahren war es soweit, daß ferne Länder seine Gerechtigkeit rühmten, und Gesandte, die mehrere Dolmetscher brauchten4, kamen aus sechzehn Reichen. Das ist ein Beispiel, wie einer durch eigenes Tun der Zeit des Himmels entgegenwirkte und drohendes Unheil in Glück verwandelte.

So sind Zeichen am Himmel und Vorbedeutungen auf der Erde dazu da, die Herrscher zu warnen. Träume und Wunder sind dazu da, um die Beamten zu warnen. Zeichen und Vorbedeutungen sind nicht stärker als eine gute Regierung, Gesichter und Träume sind nicht stärker als ein guter Wandel. Wer das zu erkennen vermag, der wird die höchste Stufe der Ordnung erreichen. Nur ein weiser Fürst kann das erreichen.«

Der Herzog sprach: »Wenn ich nicht so töricht wäre, hätte ich auch diese Lehre des Edlen nicht vernommen.«

7. Wie man alt wird

Herzog Ai fragte den Meister Kung und sprach: »Erreicht der Weise ein hohes Alter? Erreicht der Gütige ein hohes Alter?«

Meister Kung erwiderte: »Ja. Dem Menschen drohen drei Todesarten, die ihm nicht vom Schicksal bestimmt sind, sondern die er sich selber zuzieht. Die beim Schlaf und beim Ruhen nicht die rechte Zeit beobachten, die beim Essen und Trinken nicht mäßig sind, die in Muße oder Anstrengung die Grenzen überschreiten, die tötet alle die Krankheit. Die in niedrigem Stande weilend ihren Fürsten belästigen, die unersättlich sind in Lüsten und Begierden und ihren Wünschen kein Ziel setzen, die tötet alle die Strafe. Die, selbst in der Minderheit, sich gegen die Mehrheit auflehnen, die, selbst schwach, die Starken beleidigen, die im Zorn vernunftwidrig handeln und ihre Kräfte nicht abschätzen, die töten alle die Waffen. Diese drei Todesarten sind nicht Schicksal, sondern der Mensch zieht sie sich selbst zu. Ein weiser Ritter und gütiger Mann, der in seinem Leben sich zu beschränken weiß, der in Tun und Lassen sich an die Pflicht hält, der in Freude und Zorn die rechte Zeit trifft und seine Natur nicht schädigt: Ist es nicht ganz in der Ordnung, daß er langes Leben erlangt?«

8. KAPITEL
DSCHÏ SÏ / Gedankenschau

Das 8. Kapitel enthält zwanzig Anekdoten und Aussprüche des Konfuzius, von denen viele erst in der Han-Zeit in die konfuzianische Tradition eingedrungen sein können. Begriffe und Grundsätze, die darin vorkommen, sind vielfach aus anderen Schulen übernommen und erst verhältnismäßig spät dem Konfuzianismus eingegliedert worden. Sämtliche Abschnitte dieses Kapitels finden sich auch, zum Teil in recht abweichender Form, im Schuo Yüan des Liu Hiang.

1. Gedankenschau

Meister Kung wanderte nach Norden und stieg auf den Ackerberg. Dsï Lu, Dsï Gung und Yen Yüan waren in seiner Umgebung. Meister Kung blickte sich nach allen Seiten um und seufzte tief atmend und sprach: »In Gedanken kann man alles, was man will, erreichen. Kinder, sage jeder seine Absichten, ich will dann wählen.« Dsï Lu trat hervor und sprach: »Ich möchte Federbüschel, weiß wie der Mond und rot wie die Sonne, Glocken und Trommeln, die mit ihrem Klang den Himmel erschüttern, und eine wirbelnde Menge von Flaggen und Fahnen, die die Erde bedecken. Da möchte ich den Befehl über ein Heer haben und angreifen. Ich würde dem Gegner sicher tausend Meilen Land entreißen, das feindliche Heerbanner erbeuten und die abgeschnittenen Ohren der getöteten Feinde sammeln. Das ist etwas, das nur ich kann, Ihr beiden Freunde müßt mir nachstehen.«

Der Meister sprach: »Wie mutig!«

Danach trat Dsï Gung vor und sprach: »Ich möchte es treffen, wenn Tsi und Tschu zum Kampfe ausziehen auf weitem Blachfeld. Die beiden Lager sind in Gesichtsweite. Schon wirbelt Staub und Erde auf, schon kreuzen sich die Waffen: Da möchte ich im weißen Gewand und weißen Hut dazwischentreten mit meinem Rat und ihnen Gewinn und Schaden klarmachen und die Not der Länder wenden. Das ist etwas, das nur ich kann. Die beiden Freunde müssen mir nachstehen.«

Der Meister sprach: »Wie beredt!«

Yen Hui zog sich zurück und erwiderte nichts.

Meister Kung sprach: »Hui, komm, warum hast du allein keine Wünsche?«

Yen Hui erwiderte: »Die Angelegenheiten des Friedens und des Krieges haben die beiden Freunde schon besprochen; was soll ich da noch sagen?«

Meister Kung sprach: »Immerhin, jeder sage seine Absichten! Rede, mein Sohn!«

Da erwiderte er: »Es heißt: Duftende Kräuter und stinkende Wasserpflanzen bewahrt man nicht im selben Gefäß auf. Ein Yau und ein Gië regieren nicht gemeinsam1: Ihre Art ist zu verschieden. Ich möchte einen weisen König und heiligen Herrn, dem ich mit meinem Rat zur Seite stünde, um die fünf Gebote zu verkündigen und durch Sitte und Musik den Staat zu leiten, daß die Menschen keine Mauern und Wälle mehr zu bauen brauchten, daß Gräben und Weiher nicht mehr überquert zu werden brauchten, daß man Schwerter und Hellebarden umschmelzen mag zu Geräten des Ackerbaus, daß Pferde und Rinder weiden auf Ebenen und Wiesen, daß die Familienangehörigen nicht mehr an Trennung und Einsamkeit zu denken brauchten und auf tausend Jahre hinaus das Leid des Krieges gebannt wäre. Dann brauchte Yu nicht mehr seinen Mut und Sï nicht mehr seine Beredsamkeit.«

Der Meister atmete tief und sprach: »Wie schön ist dein Geist!«

Dsï Lu erhob die Hand und sprach: »Und was wählt Ihr, o Meister?«

Meister Kung sprach: »Güter nicht verschwenden, die Menschen nicht schädigen, die Worte nicht vergeuden, das ist’s, was der Sohn Yens sein Eigentum nennt!2«

2. Das geringe Geschenk

In Lu lebte ein Geizhals, der in einem tönernen Tiegel Reis gekocht hatte. Als er ihn kostete, schmeckte er ihm besonders gut, darum tat er ihn in einen irdenen Topf und brachte ihn dem Meister Kung dar. Meister Kung nahm das Geschenk an und war so erfreut darüber wie über eine Spende vom großen Opfer.

Dsï Lu sprach: »Ein tönerner Topf ist ein geringes Geschirr, gekochter Reis ist eine gemeine Speise; warum seid ihr so sehr darüber erfreut, Meister?«

Der Meister sprach: »Wer bereit ist, Ermahnungen zu erteilen, der denkt an seinen Fürsten. Wer gutes Essen hat, der denkt an die, die er liebt. Nicht daß ich die Speise oder das Geschirr für etwas Besonderes hielte. Das Besondere ist, daß er, als ihm das Essen schmeckte, an mich gedacht hat.«

3. Der geschenkte Fisch

Als der Meister nach Tschu kam, da war ein Fischer, der ihm einen Fisch darbrachte. Der Meister wollte ihn nicht annehmen. Da sprach der Fischer: »Das Wetter ist heiß, und der Markt ist weit, ich kann ihn nicht verkaufen, und da habe ich gedacht, ehe ich ihn in die Mistgrube werfe, bringe ich ihn doch lieber einem edlen Manne zum Geschenk. Darum wagte ich, ihn anzubieten.«

Darauf verneigte sich der Meister zweimal und nahm ihn an. Er ließ seine Schüler den Boden kehren, um ihn als Opfer darzubringen.

Die Schüler sprachen: »Jener hätte ihn beinahe weggeworfen, und Ihr wollt ihn als Opfer darbringen. Warum das?«

Meister Kung sprach: »Ich habe sagen hören, wem es leid tut, daß seine Speise verdirbt, so daß er sie lieber verschenkt, der zeigt Züge eines gütigen Menschen. Wie sollte ich es versäumen, die Gabe eines gütigen Mannes als Opfer darzubringen?«

4. Der edle Sträfling

Gi Gau3 war Strafrichter in We und verurteilte einen Mann zum Abhacken der Füße. Nach einiger Zeit kam es zu den Unruhen des Kuai Wai4. Gi Gau wollte ihnen entgehen und ging nach dem Stadttor. Der Mann mit den abgehackten Füßen war Torhüter. Er sprach zu Gi Gau: »Dort ist eine Lücke.« Gi Gau sprach: »Der Edle klettert nicht über Mauern.« Da sprach er wieder: »Dort ist ein Loch in der Mauer.« Gi Gau sprach: »Der Edle kriecht nicht durch Löcher.« Da sprach jener abermals: »Hier ist ein Haus.« Gi Gau trat ein.

Als die Verfolger vorüber waren und Gi Gau im Begriff war weiterzugehen, da sprach er zu dem Mann mit den abgehackten Füßen: »Ich konnte seinerzeit nicht umhin, in Ausübung der Gesetze meines Herrn selbst Euch die Füße abhacken zu lassen. Nun bin ich in Schwierigkeiten, das wäre gerade die richtige Zeit für Euch gewesen, mir Euern Groll heimzuzahlen, stattdessen habt Ihr mir dreimal durchgeholfen. Was ist der Grund davon?«

Der Mann mit den abgehackten Füßen sprach: »Daß mir die Füße abgehackt wurden, daran war ich selber schuld, da ließ sich nichts machen. Aber als Ihr damals mich zu richten hattet nach den Gesetzen, da suchtet Ihr nach einem Vorgang für meinen Fall, um mir die Strafe zu ersparen. Das wußte ich. Als dann der Fall erledigt war und die Strafe festgesetzt und es dazu kam, das Urteil zu verkündigen, da wart Ihr unruhig und betrübt. Als ich Eure Mienen sah, wußte ich das auch. Ihr habt wirklich nicht unrecht an mir getan. Wenn der Himmel einen Edlen hervorbringt, so legt er ihm den Weg (Tao) ins Herz; darum habe ich Euch durchgeholfen.«

Meister Kung hörte den Vorfall und sprach: »Trefflich, wer als Beamter das Gesetz einheitlich anwendet und doch auf Güte und Rücksicht bedacht ist, der pflanzt Gutes. Wer Härte und Strenge anwendet, der pflanzt Groll. Meister Gau verstand es, unparteiisch zu handeln.«

5. Hilfe der Umstände

Meister Kung sprach: »Von dem Zeitpunkt an, als der Herr von Gi-sun mir tausend Maß Korn als Einkommen gab, wurden meine Freunde immer intimer. Von da an, als Nan-Gung Ging-Schu meinen Wagen fuhr, breiteten sich meine Lehren immer mehr aus. Darum, die Lehre mag noch so wertvoll sein, es muß die Zeit erfüllt sein, dann erst wird sie wichtig genommen; man muß die nötige Autorität haben, dann erst setzt sie sich durch. Ohne die Gaben jener beiden Herren wäre meine Lehre vielleicht untergegangen5

6. Über König Wen

Meister Kung sprach: »Unter den Königen sind solche, die Frühling und Herbst gleichen. Der König Wen hatte den Wang Gi zum Vater, die Tai Jen zur Mutter, die Tai Sï zur Gattin, den König Wu und den Herzog von Dschou zu Söhnen, den Tai Diën und Hung Yau zu Beamten. So war die Grundlage, die er legte, gut. König Wu machte dadurch, daß er seine eigene Person recht machte, sein Reich recht und dadurch, daß er sein Reich recht machte, die Welt recht. Er bekämpfte die Zuchtlosen und strafte die Sünder. Er brauchte sich nur einmal in Bewegung zu setzen, und die ganze Welt war recht, und seine Arbeit war vollendet. Frühling und Herbst nahen mit ihrer Zeit, und alle Wesen werden lebendig. Ein König naht mit seinem Weg, und alles Volk kommt in Ordnung. Der Herzog von Dschou arbeitete an sich selbst, um Wandlungen hervorzubringen, und alle Welt folgte ihm. Das war seine höchste Wahrhaftigkeit.«

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