Der Reisebericht des Hieronymus Münzer

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Über BenaventeBenavente, Ort und seine Wehrbefestigung(en)

BenaventeBenavente, Ort ist keine sehr große Stadt, schlecht gebaut und mit vier reformierten Klöstern ausgestattet: das der FranziskanerBenavente, OrtFranziskanerkl., der DominikanerBenavente, OrtDominikanerkl., das zum Heiligen GeistBenavente, OrtHeilig-Geist-Kl. und das der heiligen KlaraBenavente, OrtKloster zur heiligen Klara. Die Stadt liegt in einer fruchtbaren und wunderbaren Ebene, die vom Fluss EslaEsla, Fluß durchquert wird1. Darin schwimmen gute Forellen; der Fluss mündet mit anderen kleinen Flüsschen in den DueroDuero, Fluß, der sich in der Nähe von PortoPorto, Ort2 ins Meer ergießt. Die Stadt gehört Don RodrigoRodrigo Alonso de Pimentel, Gf. von Benavente und Mayorga (1473–1499), dem Grafen von Benavente3, der mit dem Herzog von SevillaSevilla, Ort4 zu den besten und reichsten Adeligen des Königs von SpanienSpanien, L. zählt. Er besitzt nämlich viele und sehr große Höfe und erhält wegen der langen Kriegshandlungen mit den SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) in früheren Zeiten die Hälfte aller Zehnten des Distriktes und die Kollation aller Pfründen, und dies alles durch päpstliche Verleihung. In früheren Zeiten führte er auch stets erfolgreiche Kriege mit den Königen von KastilienKastilien, L., denn er stammt aus dem Blut der Könige von Kastilien5.

Über das SchlossBenavente, OrtCastillo de la Mota von BenaventeBenavente, Ort

Dessen SchlossBenavente, OrtCastillo de la Mota1 gehört zu den edelsten und schönsten ganz KastiliensKastilien, L., außer den Befestigungen von GranadaGranada, Ort und SevillaSevilla, Ort gibt es in SpanienSpanien, L. nichts Vergleichbares. Es liegt außerhalb der Stadt auf einem kleinen Berg, ist quadratisch, und in jeder der 4 Ecken erhebt sich ein gut bewehrter Turm mit Gräben und sehr gut befestigten Vormauern. Innen ist der quadratische Hof mit Kapellen, mit Palästen mit Hallen und mit verschiedenen Arten gebrannter Kacheln geschmückt. Alle Dächer in den Hallen und Palästen sind mit Gold und Marmorsäulen reichhaltig verziert. Was gibt es noch? Alles ist dort zur größeren Ausschmückung angeordnet. Am Fuß des Schlossberges fließt der Fluss ÓrbigoÓrbigo, Fluß. Die Fundamente des Schlosses sind überall voll von Gewölben, Kellern und Ställen und so vielgestaltig, dass du dich in einem Labyrinth wähnst2. Es existiert ein unterirdischer Gang zum Fluss, so dass die Pferde hinuntersteigen können, und dieser Abstieg ist sehr lang, denn es gibt zahlreiche verschiedene Keller- und Höhlenräume für Mühlen, die Wasser herbeischaffen, so dass ich dies, hätte ich es nicht gesehen, niemals geglaubt hätte. Noch nie sah ich auf Erden ein ähnliches Schloss mit solchen unterirdischen Höhlen und so schön ausgestattet.

Der Graf, ein sehr ehrwürdiger und äußerst großzügiger Mann, war nicht anwesend, jedoch der Kastellan, den man in spanischer Sprache Alcalde3 nennt; er zeigte uns alles persönlich. Der Graf erfreut sich an verschiedenen Tieren4. Er hatte neun Löwen, ebenso in einem Käfig zwei weitere und einen Wolf, die dort unversehrt miteinander fraßen. Wir sahen einen schwarzen Äthiopier zu ihnen hineingehen und sahen, wie er sie streichelte, was ihnen gefiel. Man siehe doch, was die Vertrautheit bewirkt, die sogar wildeste Tiere ihrem Wärter gegenüber zutraulich macht. Der Halter versicherte uns, dass sie jährlich fünfzehnhundert Dukaten zum Unterhalt dieser Tiere benötigten. Er hatte auch vor wenigen Jahren noch einen Elefanten, der während des Winters starb, weil er die Kälte nicht ertragen konnte. Viel gäbe es über dieses edle Schloss zu schreiben, aber ich lasse dies aus Gründen der Kürze weg. Jedoch ist besonders der Blick auf den Fluss in alle Richtungen äußerst schön.

Über NumantiaNumantia, Ort, heute ZamoraZamora, Ort, eine Stadt Kastiliens1Kastilien, L.

Am 2. Januar erreichten wir früh ZamoraZamora, Ort, vormals NumantiaNumantia, Ort2, das von BenaventeBenavente, Ort zehn Meilen entfernt ist. Die Stadt liegt in einem ebenen und besten Land, fruchtbar an Weinreben und Getreide. Die Stadt ist so groß wie UlmUlm, Ort, aber dreieckig in Form einer Pyramide. Im Osten außerhalb der Mauern wird der Ort fast zur Hälfte von dem bekanntesten Fluss SpaniensSpanien, L., dem DueroDuero, Fluß, gesäumt, der in PortugalPortugal, L. ins Meer mündet. Es ist ein wunderbarer, klarer Fluss mit Mühlen, mit einer Brücke, mit süßem Wasser und vorzüglichen Fischen. Unter der neuen Brücke kann man noch die Fundamente der alten BrückeZamora, OrtPuento Viejo erkennen, die es seit langer Zeit gab3. In einem spitzen Winkel in Richtung auf den Fluss hin liegt ein schönes königliches SchlossZamora, OrtPalacio de los Condes de Alba y Aliste4 und damit zusammenhängend die KathedralkircheZamora, OrtSan Salvador, K. des Bischofs, die zu Ehren des heiligen Erlösers geweiht ist5. Dort gibt es 25 Kanoniker und 6 weitere Würdenträger, ohne die Pfründner zu zählen. Es ist eine wunderschöne Kirche in altem Stil mit einer sehr hohen Spitze, unterhalb des Chors ist sie vorzüglich mit Tafelbildern und anderen Malereien ausgestattet. Es gibt auch einen wunderschönen und phantastischen Umgang mit einer vergoldeten Bedachung nach Art der Spanier6. Ich stieg auf den sehr hohen Turm, betrachtete die Lage des Ortes und des Landes, und es gefiel mir sehr gut.

Abb. 6:

Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 431, fol. 183r

Münzer erzählt nicht nur vom Widerstand der Bewohner Numantias gegen die Römer, sondern fügt seinem Itinerarium auch einen Lageplan des alten Numantia am dort bezeichneten Fluss Duero bei. Die kleine Karte ist geostet, Occidens (Westen) und Oriens (Osten) erscheinen ebenso wie die Unterscheidung der civitas im Norden von der Befestigung (castra) in Süden in der Nähe des Flusses. Die archäologische Stätte wurde unter deutscher Beteiligung ergraben und liegt bei Zamora.

Dieses NumantiaNumantia, Ort widerstand, wie ich euch sage, im Jahre 600 nach der Gründung Roms den Römern sehr tapfer, mit nur viertausend Bürgern brachten diese im Verlauf der Zeit mehr als sechzigtausend römischen Kämpfern den Tod7. Schließlich unterwarf der vom Senat geliebte ScipioP. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus minor Numantinus († 129 v. Chr.), röm. Politiker und Feldherr Africanus die Bevölkerung, eher durch Geschick als durch Gewalt, indem er die Versorgung der Stadt von der Umgebung abschnitt und an den Mauern weder den Ein- noch den Ausgang zuließ. Schließlich wählten die Bewohner, durch den Hunger gezwungen, die Übergabe der Stadt, falls man ihnen erträgliche Bedingungen einräume, ansonsten würden sie im Krieg wie Männer sterben. Beides wurde ihnen verweigert, so dass sie, durch den Hunger gezwungen, die ganze Stadt und sich selbst durch Feuer verbrannten, damit dem Sieger nichts bleibe, dessen er sich rühmen könne. So wurde NumantiaNumantia, Ort durch das Feuer besiegt, und (den Römern) blieb nichts weiter als die sichere Lage des Ortes. Scipio fragte einen gewissen Spanier namens CyrenäusCyreneus, keltischer Fürst, wie sie den Römern so viele Jahre mit so wenigen Kräften widerstanden hätten. Darauf antwortete dieser ihm: „Die Eintracht ist unbesiegbar, die Zwietracht war ihr Verderben“8. Dieses Sprichwort las man im Senat noch nach vielen Jahren an bestimmten Tagen. Ich glaube, dass du alle diese Ereignisse ausführlicher bei Titus LiviusT. Livius Patavinus (Titus Livius) († 17), röm. Historiograph in seinen Berichten über die Taten des Scipio findest9.

Die Gegend von NumantiaNumantia, Ort ist gut, fruchtbar und bringt vorzüglichen Weizen, Wein und andere Früchte hervor.

Über SalamancaSalamanca, Ort und das dortige Studium Generale

SalamancaSalamanca, Ort ist 10 Meilen von NumantiaNumantia, Ort entfernt und liegt am Fluss TormesTormes, Berg und Fluß, der vom Berg Tormes herunterfließt1. Obwohl dieser Fluss klein ist, gibt es eine vorzügliche Brücke mit 23 kleinen Bögen. Die Stadt liegt bestens in einer Ebene. Ich stieg auf den höchsten Turm der Kathedrale2, und die Stadt kam mir etwas größer als NürnbergNürnberg, Ort vor. Sie hat viele reformierte Klöster3 und unter anderem die KathedralkircheSalamanca, OrtSanta María de la Sede / Catedral Vieja, K., die der Himmelfahrt der seligen JungfrauMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi geweiht ist, ein gut befestigtes Gebäude aus Steinquadern mit einer sehr hohen Kuppel vor dem Chorraum, mit einem sehr geschmückten Kreuzgang und zahlreichen Radialkapellen, die sehr reich verziert sind. Den Nebengebäuden des Kreuzganges angeschlossen ist die Bibliothek4, ich habe bisher in ganz SpanienSpanien, L. keine vergleichbare gesehen. Es ist ein phantastisches Gebäude mit einem Gewölbe wie in einer Kirche, mit alten und besten Büchern in Pergament aus allen Fakultäten, besonders der Philosophie und Theologie. Es gibt 25 Kanoniker und ebenso viele Pfründner, 18 Kapläne und 8 weitere Würdenträger. Die Pfründen sind fett, und die gelehrten Männer erwiesen sich mir gegenüber als sehr zuvorkommend. Die Kurie des BischofsSalamanca, OrtBischofspalast ist ebenso ein schönes Gebäude5. Die Leute sind recht zugänglich und leben von den Gütern des Landes sowie vom Handel. Alle Lebensmittel sind sehr günstig. Man kann sechs Hammel für einen Dukaten kaufen und so weiter.

Über das Salmantiner Studium

Es gibt in ganz SpanienSpanien, L. kein bekannteres Studium Generale1 als das von SalamancaSalamanca, Ort. Als ich dort war, versicherte man mir, dass an den Vorlesungen etwa fünftausend Studenten aus allen Fakultäten teilnähmen. Die Fruchtbarkeit des Landes, das alle Lebensmittel günstig bereitstellt, ist der Grund dafür, dass die Studenten in Scharen herbeiströmen, außerdem die Qualität der Doktoren, die unterrichten. Dort steht ein sehr schönes Kolleg2, das jüngst auf Kosten des Königs erbaut wurde, aus behauenen Steinen in der Art der Kreuzgänge der Klöster, mit großen hellen und gut verzierten Pulten. Es gibt ebenso eine große Bibliothek mit Gewölbe; im oberen Teil sind die Zeichen des Himmels und der freien Künste aufgemalt. Sie ist so groß wie die Kapelle der seligen JungfrauMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi von NürnbergNürnberg, Ort3. Wir sahen, wie die Studenten lasen und rezitierten. Sie sind willfährig, gut gekleidet, aber sie staunten über uns wegen unserer Kleidung und unserer Sprache. Mir gefiel dieses Studium sehr gut. Es gibt andere Studienorte in Spanien, so in ValladolidValladolid, Ort4, in LissabonLissabon, Ort5 und in ToledoToledo, Ort6, aber in keiner Weise gleichen sie diesem in Salamanca.

 

Über die Höhle der Nigromantik

Es gibt eine unterirdische Höhle mit vielen Gewölben und Krypten. Darüber steht eine Kapelle des seligen CyprianusSalamanca, OrtSan Cebrián / Sankt Cyprian, K.Salamanca, OrtSan Cebrián / Sankt Cyprian K.1. Vor der Ankunft des Herrn und noch zur Zeit der Muslime praktizierte man vielfach magischen Aberglauben in PersienPersien, L., SpanienSpanien, L. und in BritannienBretagne, L., wie du im 30. Buch der Naturgeschichte des PliniusG. Plinius Secundus Maior († 79), röm. Staatsmann und Gelehrter sehen2 kannst. Aber es gibt niemanden, der wüsste oder der glaubt gehört zu haben, dass dort Magie praktiziert wurde. Ich denke, es war eine sibyllinische Grotte, und alte Orakel wurden dort verkündet, wie in der Grotte der Sibylle in der Gegend von NeapelNeapel, Ort3. Das Volk berichtet viele wirre Geschichten über diese Grotte. Es existiert auch in der Bibliothek der Kathedrale ein astronomisches Buch mit Himmelszeichen, mit Punkten, Zahlen und Buchstaben, das fälschlich als magisches Buch angesehen wird.

Es gibt zudem ein vorzügliches HausSalamanca, OrtColegio de San Bartolomé, das auf Kosten des Erzbischofs von SevillaSevilla, Ort errichtet wurde4, mit Einkünften, Materialien und anderen Dingen; dort leben 18 Studenten bestens, von denen 2 Philosophie studieren, 4 Medizin, 4 Theologie, 4 kanonisches Recht und 4 Rechtswissenschaft. Ein schönes Kolleg! In der Stadt sind keine weiteren herausragenden Dinge anzusehen. Es gibt jedoch viele Ritter und Adlige, die von ihren Einnahmen leben.

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Am 4. Januar verließen wir nach dem Essen SalamancaSalamanca, Ort und gelangten nach 4 Meilen zum Ort AlbaAlba de Tormes, Ort unter der Herrschaft Friedrichs von ToledoÁlvarez de Toledo, Fadrique (Fridericus de Toleto), Hzg. von Alba de Tormes (1523–1531), des Herzogs von Alba und Grafen von SalvatierraSalvatierra de Tormes, Ort2, der dort eine wunderbare Burg besitzt3. Wir erhoben uns wiederum früh, und über BonillaBonilla de la Sierra, Ort (de la Sierra) gelangten wir nach 8 Meilen nach VillafrancaVillafranca de la Sierra, Ort.

Am 6. Januar ritten wir, nachdem wir die Messe gehört und gefrühstückt hatten, durch hohe und schneebedeckte Berge 6 Meilen lang; am folgenden Tag stiegen wir von dort in ein anmutiges Tal hinab, voller Wein, Oliven und sehr großer Kastanienbäume. Schließlich gelangten wir zur Stadt ColmenaresColmenar de Montemayor, Ort, und nach Durchquerung einer schönen Ebene kamen wir zum Ort El Puente del ArzobispoEl Puente del Arzobispo, Ort. Die Brücke ist tatsächlich herausragend und sehr hoch, sie ist mit 6 Bedachungen und zwei sehr bewehrten Türmen ausgestattet und wurde von einem gewissen Erzbischof erbaut4. Am siebten Tag kamen wir, nachdem wir durch sehr hohe und unwegsame Berglandschaften hart geritten waren, zum hochberühmten und sehr bekannten Kloster GuadalupeGuadalupe, OrtSanta María de Guadalupe, Kl..

Über das Kloster GuadalupeGuadalupe, OrtSanta María de Guadalupe, Kl.

Auf dem Weg zwischen SalamancaSalamanca, Ort und SevillaSevilla, Ort, in Richtung Süden, gibt es einige sehr hohe Gebirgszüge, die sieben oder 8 Meilen breit sind1. Ich sage euch, es sind Berge mit Schlupfwinkeln für wilde Tiere, mit steilen Tälern, voll von Abgründen, und in der Mitte liegt wie in der Mitte eines Kreises am kleinen Fluss GuadalupejoGuadalupejo ( Lupus), Fluß das genannte KlosterGuadalupe, OrtSanta María de Guadalupe, Kl.. „Gwada“ bedeutet in der Sprache der Mauren Fluss. Deshalb entspricht „Gwadaluppa“ Fluss der Wölfe, denn diese Gegend ist voll von diesen Tieren2.

Als aber vor 700 Jahren die ganze BaeticaBaetica (Hispania Betica), röm. Provinz und SevillaSevilla, Ort3 von den Mauren beherrscht wurde, die nach dem Gesetz MohammedsMohammed / Muhammad, Begründer des Islam leben, vergrub ein gewisser Erzbischof von Sevilla, der den Niedergang SpaniensSpanien, L. sah, Reliquien an verschiedenen Orten; einige seiner Kleriker, die geflohen waren, versteckten ein Bild der seligen JungfrauMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi in dieser waldreichen Gegend, abseits der Wege4. LeanderLeander, Ebf. von Sevilla (579?–599), Erzbischof von SevillaSevilla, Ort5, schickte seinen Bruder IsidorIsidor, Hl., Ebf. von Sevilla (599–636), Kirchenlehrer und Autor6 nach RomRom, Ort zu Papst Gregor (I.)Gregor I. der Große, Hl., Kirchenvater, P. (590–604)7, der ihm dieses Bild schenkte. Der Papst hatte es in Zeiten einer großen Epidemie in Rom zu den Stationen der Heiligen tragen lassen. Als LeanderLeander, Ebf. von Sevilla (579?–599) starb, folgte IsidorIsidor, Hl., Ebf. von Sevilla (599–636), Kirchenlehrer und Autor als Erzbischof. Nachdem SevillaSevilla, Ort viele Jahre später von König FerdinandFerdinand II., Kg. von Aragón (1479–1516) (III.)Ferdinand III. der Hl., Kg. von Kastilien und León (1217–1252)8 wiedergewonnen worden war, hörte ein Hirte, der eine Kuh verloren hatte, eine Stimme, die ihm sagte: „Geh zu diesem Ort, und Du wirst Deine Kuh dort tot finden; aber grabe an diesem Ort, und Du wirst eines meiner Bilder entdecken, und dies wird Deiner Kuh das Leben wiedergeben, wenn Du das Bild auf sie legst. Gehe daraufhin zum Erzbischof von SevillaSevilla, Ort, erzähle, was Du gesehen hast, und trage ihm auf, dass er an diesem versteckten und wilden Ort zu meiner Ehre eine Kapelle errichte, in der ich verehrt werden soll“. So tat es der Hirte; und es wurde dort zunächst eine gewisse Einsiedelei erbaut, aber später, nachdem die seligste Jungfrau sich dort mit vielen Wundern bekannt gemacht hatte, errichtete man dieses KlosterGuadalupe, OrtSanta María de Guadalupe, Kl.9. Es ist ein so wunderbares, geschmücktes und den lokalen Gegebenheiten entsprechend ausgestattetes Bauwerk, es gibt nichts Schöneres.

Über die Lage des Klosters

Das KlosterGuadalupe, OrtSanta María de Guadalupe, Kl. liegt südlich am Fuß eines sehr hohen Berges, wo vier Quellen entspringen und in verschiedene Richtungen fließen. Es ist ganz von Bergketten umgürtet außer im Süden, dort liegt nach einigen kleinen Hügeln die Ebene der BaeticaBaetica (Hispania Betica), röm. Provinz1. Deshalb ist der Ort sehr geschützt, es gibt reichlich Weinstöcke, Oliven, Apfelsinen und andere Früchte im Überfluss. In der Oktav des Januars (8. Januar) sangen in den Olivenhainen Amseln und andere Vögel, so wie bei uns im Mai. So warm ist es hier an diesem Ort GuadalupeGuadalupe, Ort! Durch das Tal fließt der Lupus (GuadalupejoGuadalupejo ( Lupus), Fluß), ein kleiner Fluss, aber mit gutem Wasser, das Forellen und andere Fische nährt.

Über die Kirche des KlostersGuadalupe, OrtSanta María de Guadalupe, Kl.

Wir gingen also zunächst in die Kirche und sagten der unversehrten Jungfrau Dank; wir besichtigten den Bau selbst, der hoch, wunderbar und hervorragend mit einer hohen Kuppel vor dem Chorraum gestaltet ist. Gegenüber dem Chor liegt der Hauptaltar, durch 13 Stufen weiter erhöht. So können die Patres leicht die Geheimnisse der Messe von ihrem niedrig gelegenen Chorraum aus sehen1. Die Altartafel ist sehr groß und sehr hoch, sie ist aus Gold und Elfenbein gefertigt2. In deren Mitte gibt es das skulpturierte Bildnis der seligen JungfrauMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi, wie es vom Hirten entdeckt wurde3. Davor brennen 16 Lampen aus Silber oder einige aus vergoldetem Silber, sie leuchten Tag und Nacht. In der Mitte hängt die größte von allen, 128 Silbermark schwer, die von den Hirten dieser Gegend gestiftet wurde, deren Vorfahren das Bild zuerst entdeckt hatten. Weitere Lampen stammen vom König und anderen Vornehmen. Wir sahen auch auf einer Seite eine Kerze aus schneeweißem Wachs, die 15 oder 16 Zentner wiegt und die der König von PortugalPortugal, L. der seligen Jungfrau stiftete, weil eine gewisse Epidemie Portugal heimgesucht hatte und weil einige seiner Gefolgsleute aus einer sehr großen Meeresgefahr gerettet und zum sicheren Hafen geleitet worden waren4. Wir sahen ebenso eiserne Fußfesseln in unzähliger Zahl, welche christliche Gefangene, die durch Interzession der seligen Jungfrau von den SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) befreit worden waren, dorthin brachten. Manche wogen sehr viel, 20 oder 45 Pfund5. Wie schrecklich ist es zu sehen und zu hören, dass christliche Menschen mit diesem schweren Gewicht als Sklaven die härtesten Arbeiten haben verrichten müssen!

Es ereignen sich dort täglich so viele und so große Wunder, dass schon drei große Bände vollgeschrieben sind und ein weiterer fortlaufend gefüllt wird6. Und dies ist nicht verwunderlich, denn bei Gott ist kein Ding unmöglich7.

Dort sahen wir die Haut eines enormen Krokodils, das gewisse Portugiesen gebracht hatten, die in GuineaGuinea, L. auf Bitten der seligen Maria aus Gefahren befreit worden waren8. Wir gewahrten auch einen sehr großen gewölbten Panzer, das heißt einer „Schiltkroten“, darin kann sich eine ganze Person wie in einem Becken waschen, weiterhin zwei sehr große Barten9 von vier Ellen Länge und zwei Handspannen Breite, die man in PortugalPortugal, L. einem sehr großen Fisch weggenommen hatte, der 1200 Gräten hatte, und schließlich einen sehr langen Elefantenzahn.

Der Chor der Patres liegt im hinteren Teil der Kirche, er ist hoch und groß, hat ein schönes Chorgestühl10 und sehr schöne Choralbücher, wie ich sie in meinem Leben noch nie gesehen habe11. Die Blätter maßen 4 Handspannen in der Breite und 6 in der Länge, und jedes (Pergament-)Blatt stammte von einer ganzen Tierhaut. Mehr als dreißig Altäre stehen in der Kirche, alle Kapellen sind reichhaltig verziert. Es gibt 140 Patres mit den Konversen, darunter 70 Priester12, weiterhin viele Amtsträger, unzählige Handwerker, Hirten, Bauern und Arbeiter, dass im KlosterGuadalupe, OrtSanta María de Guadalupe, Kl. und außerhalb des Klosters täglich 900 Personen verköstigt werden. Dazu kommen die Almosen, die allen, die darum bitten, überreich gegeben werden. Außer den vielen Amtsträgern, Handwerkern, Hirten und Bauern, die ich schon erwähnt habe, gibt es mehrere, die ihnen eines Gelübdes wegen dienen. Aus Liebe zur seligen JungfrauMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi sind sie besonders eifrig13. Sie folgen der Regel des heiligen AugustinusAurelius Augustinus Hl., Kirchenvater, Bf. von Hippo (395–430), und ihre Ordenstracht ist die der Hieronymiten: eine weiße Kutte und Skapuliere in tiefbrauner Farbe, der Farbe der Naturwolle. Gregor XI.Gregor XI., P. (1371–1378) gründete diesen Orden und gab ihnen die entsprechenden Konstitutionen14.