Agiles Praxismanagement für Haus- und Fachärzte

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2.3 Positionierung

Unter der Positionierung Ihrer Praxis versteht man die Identität, mit Hilfe derer Sie sich in den Augen Ihrer Patienten von anderen Praxen unterscheiden möchten. Sie besteht aus materiellen Bausteinen – z. B. die Art des Leistungsangebots oder die Gestaltung der Praxisräume – und immateriellen Elementen, z. B. der Freundlichkeit Ihres Personals oder der Intensität Ihrer Patientengespräche.

2.4 Zielgruppen

Zielgruppen sind die mit Ihrem Leistungsangebot anzusprechenden Patientenkreise. Sie können medizinisch definiert sein, z. B. nach Krankheitsbildern, aber auch demographisch (Rentner, junge Patienten) oder nach anderen Kriterien (Bereitschaft zur Selbstzahlung, Interesse an Naturheilverfahren etc.). Je genauer Ihre Zielgruppen definiert sind, desto besser können Sie Ihre Praxisstrategie hiernach ausrichten.

3 Patientenmanagement
3.1 Gestaltungsdimensionen der Arzt-Patienten-Kommunikation

Der Untersuchungsbereich „Patientenmanagement“ wird neben der allgemeinen Betreuung vor allem durch die Arzt-Patienten-Kommunikation dominiert. Agilität in diesem Bereich bedeutet, die Patienten-Gespräche adaptiv und antizipativ so zu führen, dass die Anforderungen der Patienten an die Inhalte mit dem medizinisch notwendigen Informations- und Wissenstransfer synchronisiert werden. Auf diese Weise wird es möglich, die Kontakte deutlich effizienter zu gestalten, zum Beispiel in der Form, dass die Patienten zu Therapie-Verfahren schneller überzeugt werden und Gespräche dadurch in ihrer Dauer verkürzbar, in ihrer Anzahl reduzierbar und in ihren Effekten (Therapie-Treue) steigerbar sind.

Hierfür sind vier Best-Practice-Gestaltungsdimensionen relevant:

GesprächsrahmenDer Gesprächsrahmen umfasst die Faktoren, die das Umfeld der Arzt-Patienten-Kommunikation bestimmen:

 Organisation: Wartezeit bis zum Gespräch, Länge des Gesprächs, Ungestörtheit

 Ambiente: Einrichtung, Atmosphäre, Gesprächsposition

GesprächsinhaltDer Gesprächsinhalt bezeichnet den konkreten Inhalt der Arzt-Patienten-Kommunikation:

 Befunde: Erhebung, Erklärung

 Beratung: Umfang, Verständlichkeit, Anwendbarkeit

Gesprächstechnik

Die Gesprächstechnik beinhaltet alle Instrumente, die dazu beitragen können, die Kommunikation möglichst optimal für Arzt und Patient zu gestalten:

 Rhetorik

 Non-verbale Kommunikation

 Verwendung von Gesprächshilfen (Schaubilder, Informationsblätter etc.)

Gesprächsverhalten

Zum Bereich „Gesprächsverhalten“ zählen die sog. „weichen“ Kommunikationsfaktoren, mit deren Hilfe die Gesprächsatmosphäre erzeugt wird:

 Emotionale Grundstimmung

 Offenheit

 Ruhe

 Sympathie

 Empathie

Aus medizinischer und betriebswirtschaftlicher Sicht geht es bei der Arzt-Patienten-Kommunikation darum, die o.a. Gestaltungsdimensionen so auszurichten, dass unter Beachtung des individuell notwendigen Vorgehens je Patient die für die Kommunikation aufzuwendende Zeit minimiert und gleichzeitig der Informationsaustausch so maximiert wird, dass sowohl die Arzt- als auch die Patientenziele erreicht werden.

3.2 Best-Practice-Kommunikationsregeln

Doch wie kommuniziert man in diesem Sinne effizient? Die folgenden Punkte zeigen Ihnen die im Zusammenhang mit der Patientenkommunikation am häufigsten zu beobachtenden Fehler und die Best-Practice-Maßnahmen, um diese zu vermeiden:

(1) Eine der wichtigsten Einflussgrößen ist die Praxisorganisation. Sind Bestellsystem, Arbeitsabläufe und ärztliches Zeitmanagement nicht aufeinander abgestimmt, kommt es zu längeren Wartezeiten. Die Folgen: sowohl der Zeitdruck des Arztes als auch die Erwartungshaltung der Patienten an das Arztgespräch steigen. Diese Konstellation führt zu dem fast schon als „klassisch“ zu bezeichnenden Dilemma der einseitigen Kommunikation: der Arzt übernimmt die Gesprächsführung und reduziert durch Ja-Nein-Fragen die Patienten auf möglichst kurze Antworten. Der Dialog, der von den meisten erwartet wird, kann unter diesen Umständen gar nicht erst zustandekommen. Für manche Situationen ist dieses Vorgehen durchaus geeignet, z. B. um gehemmten Patienten zu helfen oder um Vielredner zu stoppen, das Gros der Patienten schätzt diese Gesprächsform jedoch nicht. Will man die Kommunikation optimieren, steht somit an erster Stelle die Überprüfung der Praxisorganisation. Ziel ist, die Anzahl der Patienten und die Arbeitskapazität des Praxisteams sowohl zeitlich als auch quantitativ aufeinander abzustimmen, um insgesamt einen harmonischen und stressfreien Arbeitsablauf zu erhalten. Gelingt dies, greift ein wichtiger Mechanismus: bei gleicher Gesprächslänge beurteilen Patienten die Gesamtqualität des Gesprächs mit einem entspannten Arzt durchschnittlich mit der Note „1,6“ (Basis: Schulnotenskalierung), bei einem angespannt wirkenden Arzt lediglich mit der Note „3,9“. Zur Organisation gehört auch, dass Patientenkontakte, von denen bereits im Vorfeld bekannt ist, dass sie länger dauern werden, auf Randzeiten der Sprechstunde verlegt werden. Ebenso ist es unerlässlich, Pufferzeiten einzuplanen und vor allem ein striktes Terminsystem zu etablieren, da das „Einschieben“ von Patienten zu den häufigsten Störgrößen des Praxisablaufs und damit der Kommunikation gehört. (2) Patienten erwarten eine uneingeschränkte Kommunikation ohne Störungen mit dem Arzt. Doch das Durchstellen sog „wichtiger“ Telefonate oder das Einholen von Unterschriften für die Betreuung anderer Patienten durch die Mitarbeiterinnen gehören in vielen Arztpraxen zur Regel. Das empfinden Patienten nicht nur als unhöflich, sondern Störungen führen auch zu Konzentrationsverlusten bei den Ärzten. Die häufig verwendete Formel „Ja, wo waren wir noch einmal, ach ja…“ verdeutlicht dieses Phänomen sehr plastisch. Störungen führen immer zu Verlängerungen von Gesprächen, die dann nicht harmonisch, sondern eher abrupt-gehetzt enden - für die Patienten ein weiteres negatives Erlebnis. Dabei ist die Lösung dieser Probleme sehr einfach: mit dem Personal wird verabredet, dass Störungen grundsätzlich ausgeschlossen sind, für telefonische Rückrufe werden entsprechende Blockzeiten eingeplant, notwendige Absprachen werden zwischen Patientenkontakten getroffen. (3) Effiziente Kommunikation im Sinne eines Informationsaustausches wird erst möglich, wenn zwischen Arzt und Patienten keine Kommunikationsbarrieren existieren. Diese bestehen zum einen in räumlichen Anordnungen: der niedrige Patientenstuhl vor dem hohen Arztschreibtisch, die große Distanz zum Arzt über die Schreibtischfläche oder die durch einen Computerbildschirm teilweise verstellte Sicht sind solche Barrieren. Sie schrecken ab, verhindern ein Sich-Öffnen und können sogar zu Abwehrhaltungen führen. Zum anderen werden Barrieren durch eine nicht patientengerechte Sprache aufgebaut. Das Unverständnis führt auf Seiten der Patienten zu Einschüchterung, zu einem In-Sich-Zurückziehen und zu Unzufriedenheit. Untersuchungen belegen, dass die Verwendung verständlicher Erläuterungen nicht zu der vielfach befürchteten Verlängerung von Patientengesprächen führt, dafür aber die Compliance und vor allem die Arzt-Patientenbindung verstärken. Voraussetzung einer effizienten Kommunikation ist in diesem Kontext die initiale Analyse des Wissenstands der Patienten zu ihren Erkrankungen und den Therapiemöglichkeiten („Haben Sie hiervon schon einmal gehört…?“).

(4) Arzt-Patientenkommunikation erfordert – soll sie für beide Seiten zufriedenstellend sein – im Grundsatz als Dialog angelegt zu sein. Natürlich muss der Arzt, um überhaupt eine Diagnose stellen oder eine Beratung durchführen zu können, bestimmte Fragen stellen. Das wird auch von ihm erwartet. Die drei wichtigsten Grundregeln eines dialogorientierten Arzt-Patienten-Gesprächs lauten:

 Patienten möglichst nicht bei ihren Schilderungen unterbrechen

 Emotionen der Patienten nicht ignorieren und

 eindeutige Erklärungen abgeben.

Mit Hilfe einer kurzer Zusammenfassung lässt sich überprüfen, ob die Gesprächspartner alle Informationen verstanden haben, mit Kopfnicken und anderen non-verbalen Signalen können Zuwendung und Interesse gezeigt werden.

(5) Bei der Untersuchung von Kommunikationsprozessen in Arztpraxen stößt man immer wieder auf ein für viele Praxisinhaber sehr wichtiges Thema: die „schwierigen Patienten“. Das Spektrum dieses Patiententyps ist sehr groß, denn das Label „schwierig“ wird leider sehr schnell und zu häufig vergeben, z. B. wenn

 Mitarbeiterinnen mit Patienten nicht zurechtkommen und diese dann dem Arzt als „schwierig“ ankündigen,

 Patienten detailliert nachfragen, der Arzt aber unter Zeitdruck steht,

 empfohlene Therapien nicht ohne weiteres angenommen werden („Gibt es denn nicht auch etwas Natürliches…?) und erstreckt sich

 bis hin zu Patienten, denen Diagnosen mitgeteilt werden müssen, die ihr Leben negativ verändern werden.

Insgesamt gesehen besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der Anzahl der als schwierig eingestuften Patienten und der Stressbelastung eines Praxisteams. Dabei ist Anzahl wirklich schwieriger Patienten – wie bereits angeführt - sehr gering. Im Kern geht es um schwierige Gesprächssituationen. „Schwierig“ wird es immer dann, wenn die Ziele des Arztes nicht mit denen der Patienten übereinstimmen. Ist eine Zielharmonie dauerhaft nicht erreichbar, handelt es sich um einen „echte“ schwierigen Patienten. Das können z. B. Fälle sein, in denen vom Arzt Verordnungen oder sonstige Leistungen gefordert werden, die er so nicht erfüllen kann oder will, auf denen die Patienten aber beharren.

 

Einen Sonderfall stellt sicherlich die Übermittlung lebensverändernder Diagnosen dar. In diesen Situationen ist es vor allem wichtig:

 sich gut auf das Gespräch vorzubereiten,

 die Fakten verständlich, aber kurz und knapp darzulegen,

 soweit möglich, auch positive Botschaften zu übermitteln

 alle Informationen zu übermitteln,

 zurückhaltende Empathie zu zeigen,

 sich genügend Zeit zu nehmen und diese vor allem dem Patienten für die Akzeptanz der Nachricht und für seine Fragen zu geben,

 mögliche weitere Schritte (z.B. Kontrolluntersuchungen) schon vorbereitet oder vorgeplant zu haben

 unsichere Versprechen bezüglich des möglichen Krankheitsverlaufes zu vermeiden und – ganz wichtig –

 einen Spielraum für eigene Entscheidungen der Patienten zu schaffen.

3.3 Best-Practice-Verhaltensweisen

Doch was können Sie – über die aufgeführten Best-Practice-Grundregeln hinaus – noch tun, um „gute“ Patientengespräche zu führen? Folgende Best-Practice-Verhaltensweisen haben sich bewährt:

Gesprächsführung

 Sprechen Sie flüssig ohne „Ähs“.

 Verwenden Sie einen langsameren Sprachstil.

 Achten Sie auf eine deutliche Aussprache.

 Setzen Sie knappe, kurze Sätze ein.

 Hören Sie aktiv zu (Zeigen Sie durch Blickkontakt und Kopfnicken dem Gegenüber Ihre Aufmerksamkeit).

 Lassen Sie Ihre Gesprächspartner ausreden.

 Reden Sie grundsätzlich in der Ich-Form („Ich denke...“, „Ich meine...“, „Aus meiner Sicht...“).

 Vermeiden Sie Behauptungen.

 Verwenden Sie überwiegend „W“-Fragen (wer, was warum, wie etc.).

 Schalten Sie konsequent Signale von Hektik und Gereiztheit aus.

 Verzichten Sie auf das Wort „nicht“.

 Vermeiden Sie Worte wie „müssen“, „sollen“, „dürfen“.

Kontaktaufbau und –pflege

 Achten Sie auf einen roten Faden im Gespräch.

 Eröffnen Sie jedes Gespräch mit dem Aufbau einer Sympathie-Atmosphäre (Small Talk zu einem Thema, das Sie und Ihren Patienten verbindet).

 Stellen Sie zu allen Diagnosen und therapeutischen Konsequenzen auch die positiven Aspekte heraus.

 Geben Sie kleine Einblicke in Ihr Privatleben („Meine Tochter fragt auch immer...“).

 Zeigen Sie Interesse an Leben und Hobbies Ihrer Patienten.

Ausstrahlung

 Demonstrieren Sie eine positive Ausstrahlung.

 Gehen Sie offen auf Menschen zu.

 Freuen Sie sich auf Ihre Patienten.

 Lächeln Sie während Ihrer Patientengespräche.

Körpersprache

Drücken Sie in Mimik, Gestik und Körperhaltung aus, dass Sie positiv eingestellt sind:

 direkter Augenkontakt,

 leicht geneigter Kopf, wenn Sie auf andere zugehen,

 geöffnete Armhaltung,

 geöffnete, nach oben zeigende Handflächen als Geste der Offenheit,

 Einhaltung einer mittleren Körperdistanz (etwa 80 bis 100 cm) bei Gesprächen.

3.4 Adhärenz

Die Ergebnisse von Zufriedenheits-Befragungen in Arztpraxen zeigen in zunehmendem Umfang den Wunsch von Patienten, besser über ihre Erkrankungen und die Therapie-Möglichkeiten informiert und vor allem intensiver in die Entscheidungen über den Behandlungsprozess einbezogen zu werden. Die Forderung nach einer gezielten Adhärenz-Förderung, d. h. der aktiven Einbeziehung der Patienten in die Behandlungs-Entscheidungen und ihre Motivation zum Erreichen der gemeinsam entwickelten Therapie-Ziele ist damit kein Trend mehr, sondern eine manifeste Entwicklung.

Das Adhärenz-Prinzip nutzt dabei nicht nur den Patienten, sondern allen direkt oder indirekt an Therapieprozessen Beteiligten. Diese Nutzenstiftung begründet eine starke Zukunftsorientierung und Nachhaltigkeit des Ansatzes, so dass er auch ein Bestandteil eines agilen Patientenmanagements ist.

Adhärenz-fördernde Patientenkommunikation basiert auf sieben einfach umzusetzenden Aktionsbausteinen:

(1) Versuchen Sie, sich in die Lage und Sichtweise Ihrer Patienten zu versetzen und stellen Sie sich vor, wie Sie behandelt werden möchten. Mittels dieses einfachen, aber hocheffizienten Rollenspiels haben schon viele Ihrer Kollegen herausgefunden, wie „gute“ Patientenkommunikation und ablauforganisatorische Aspekte „unter einen Hut“ zu bringen sind. (2) Setzen Sie sowohl verbale und nonverbale Techniken ein, um die Grundvoraussetzung effektiver Patientenkommunikation, eine angenehme Gesprächsatmosphäre, zu schaffen und Vertrauen aufzubauen. Seien Sie ein guter Zuhörer und kontrollieren Sie vor allem, ob der Patient Ihnen auch zugehört und alles verstanden hat. Einfaches Kopfnicken ist hierfür ein schlechter Indikator. Führen Sie das Gespräch mit Fragen, um den Antworten nicht nur Informationen für die Behandlung zu entnehmen, sondern auch den Grad des Verständnisses seitens Ihres Gegenübers zu ermitteln. (3) Sichern Sie sich den Respekt Ihrer Patienten, indem Sie selbst auch Ihre Patienten respektieren. Verwerfen Sie deshalb Patientenmeinungen nicht einfach und blocken Sie deren Argumente nicht gleich ab. Dieses Verhalten fördert Ablehnung und schadet zudem Ihrer Souveränität. Versuchen Sie vielmehr, mit Fakten und einfachen Beispielen eine gemeinsame Gesprächsgrundlage zu erhalten. Sprechen Sie ruhig und entspannt, zeigen Sie in der gleichen Weise dem Patienten auch die „Grenzen des Möglichen“, z.B. bei besonderen Verordnungswünschen, auf. (4) Halten Sie sowohl von der Raumausstattung als auch von der Sitzposition her eine „nahe Distanz“, d.h. den richtigen Körperabstand zu Ihrem Gegenüber. Die Kontrolle ist einfach: beobachten Sie die Reaktionen Ihrer Patienten. Lehnt dieser zurück? Dann besteht eine zu große Nähe. Bewegt er sich in Ihre Richtung? Dann wünscht er sich eine größere Nähe und empfindet die Distanz als zu groß. (5) Geben Sie keine Anweisungen, sondern suchen Sie immer die Kooperation des Patienten und bitten Sie ihn direkt darum. Verdeutlichen Sie, dass nur ein gemeinsames, abgestimmtes Vorgehen zum Erfolg führt. Stellen Sie immer die Verantwortung des Patienten für sich selbst heraus und verdeutlichen Sie Ihre Rolle als Berater. (6) Gehen Sie auf die Individualität Ihrer Patienten ein und versuchen Sie nicht, Standard-Kommunikationsformen für alle Ihre Gesprächspartner einzusetzen. Verdeutlichen Sie dem zurückhaltenden Patienten, dass ihm nur dann optimal geholfen werden kann, wenn er Ihnen alle notwendigen Informationen bereitstellt. Bitten Sie den redefreudigen Patienten freundlich, aber direkt, auf den Punkt zu kommen. (7) Fixieren Sie Therapieziele und Behandlungsstrategien. Hierdurch geben Sie nicht nur sich selbst einen Anhaltspunkt, sondern vermitteln dem Patienten eine Perspektive, welcher Erfolg mit dem für ihn gewählten Behandlungskonzept angestrebt wird. Legen Sie die möglichen Ziele im Gespräch mit dem Patienten gemeinsam fest. Hierbei werden die Wünsche des Patienten, die ja meistens mit den Zielen des Arztes identisch sind (Beschwerdelinderung oder Beschwerdefreiheit), mit einbezogen. Das stärkt nicht nur das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, sondern verbessert gleichzeitig auch die Mitarbeit. Zudem schaffen Sie sich einen größeren "Kritikspielraum", falls der Patient therapeutische Maßnahmen vernachlässigt. Im Hinblick auf die Festlegung der Behandlungsstrategie eignen sich in Begleitung des Gesprächs die Erstellung eines kurzen schriftlichen Plans sowie die Fixierung von Kontrollterminen, ggf. ergänzt um ein Patienten-Tagebuch.

3.5 Das „nette Nein“

Worum es gehtGetränke und freies WLAN für die Wartezeit, die Möglichkeit von Online-Terminvereinbarungen oder Anfragen-Versand per E-Mail: zu den Veränderungen, die das Gesundheitswesen in allen Bereichen prägen, zählen auch die Anforderungen der Patienten an die Arbeit von Arztpraxen. Ob und in welchem Umfang Sie und Ihre Mitarbeiterinnen diesen Wünschen nachkommen möchten, können Sie unter Berücksichtigung Ihrer Praxis-Strategie und der Gesamtsituation Ihrer Arbeit in Ruhe entscheiden. Doch es gibt auch Forderungen, die die Grenze des Erlaubten und Möglichen überschreiten, z. B. Wunsch-Verordnungen bestimmter Medikamente, sofortige Termine oder Verschreibungen von Heil- und Hilfsmitteln. In diesen Situationen müssen Sie und Ihre Mitarbeiterinnen direkt handeln und die Bitten im persönlichen Gespräch ablehnen. Wer hierzu professionell in der Lage ist, gewinnt Agilität.

Das Dilemma einer AblehnungDoch einfach das notwendige „Nein“ auszusprechen scheitert oft daran, dass es ist nicht immer einschätzbar ist, wie ein Patient in einer solchen Situation reagieren wird: lenkt er ein, ist er verärgert oder kommt es vielleicht sogar zu einem Streitgespräch? Diese Unsicherheit und das Bestreben nach einer harmonischen Patientenbeziehung führen oftmals zu einer „Ausweich-Lösung“, die darin besteht, dass eine Ablehnung unterbleibt oder vertagt wird. Das verschafft zwar akute Entlastung, aber beseitigt das grundsätzliche Problem nicht, denn

 Gefälligkeiten führen automatisch zu weiteren Forderungen und sprechen sich vor allem im Patientenkreis herum,

 Hinauszögerungen und Vertröstungen vertagen die Entscheidung nur und provozieren bei einer späteren Absage erst recht negative Reaktionen.

Das „nette Nein“ und seine zehn BausteineSo bleibt die Frage, was Sie konkret tun können, um nicht erfüllbaren Forderungen erfolgreich zu begegnen. Für die Ansprüche, die Sie bereits kennen, empfiehlt es sich als erstes, klare Regelungen zu entwickeln, die von allen Teammitgliedern ohne Ausnahme eingehalten werden („eine Sprache sprechen“). So stellen Sie sicher, dass Patienten nicht versuchen, die Mitglieder Ihres Teams gegeneinander auszuspielen. In den konkreten Gesprächen mit den Patienten können Sie und Ihre Mitarbeiterinnen dann die folgenden Bausteine für ein „nettes Nein“ verwenden:

 Lassen Sie sich in Ihrer Grundhaltung auf keinen Kompromiss und keine Verhandlungen ein. Solange ein Patient noch auf die Erfüllung seiner Forderung hoffen kann, wird er keine Ruhe geben.

 Vermeiden Sie eine schroffe Ablehnung, auch wenn Sie das Anliegen als „Zumutung“ empfinden und halten Sie die Gesprächsatmosphäre auf einem positiven Niveau.

 Versuchen Sie, sich in die Position Ihres Gegenübers zu versetzen, um sich mit Ihrer Argumentation auf seine möglichen Reaktionen einzustellen.

 Begründen und erklären Sie Ihr „Nein“ möglichst verständlich, damit Ihr Gesprächspartner Ihr Handeln versteht, belehren Sie ihn aber nicht. Zitieren Sie - wenn möglich - Regelungen oder Instanzen, die Sie zu Ihrem Handeln zwingen, vermeiden Sie dabei aber Abwertungen, da Ihnen dieses Verhalten als Schwäche ausgelegt wird.

 Verdeutlichen Sie unterstützend mögliche negative Folgen einer Zustimmung Ihrerseits.

 Achten Sie auf Ihre Wortwahl. In derartigen Gesprächssituationen können sich schon einfache, aber stark ablehnende Formulierungen wie "Nie“, „Das geht überhaupt nicht." oder: “Das gibt es nicht." ungünstig auf das Gesprächsklima auswirken.

 Übergehen Sie diskret mögliche Hinweise des Patienten auf entgegengesetzte Erfahrungen in anderen Praxen, denn Sie können sie nicht überprüfen.

 Zeigen Sie Verständnis für die Enttäuschung Ihres Gegenübers statt ihn um Verständnis zu bitten. Bleiben Sie dabei aber konsequent bei Ihrer Linie.

 Bieten Sie nach Möglichkeit eine Alternative an.

 

 Sorgen Sie für einen positiven Gesprächsabschluss.

Formulierungs-Beispiele für ein „nettes Nein“Die folgende Übersicht vermittelt Beispiele für Formulierungen, die zur Abwehr überzogener Patientenforderungen verwendet werden können. Deren Einsatz ist natürlich auch kombiniert möglich.Formulierungen, mit denen die Grundhaltung kommuniziert werden kann

 Herr K, hierfür brauche ich gar nicht erst beim Doktor nachzufragen, grundsätzlich gilt bei uns, dass...

 Ich bedauere, dass ich Ihnen hierbei nicht mehr entgegenkommen kann, aber wir haben klare Anweisung, dass…

 Es tut mir leid, aber wir machen das prinzipiell nicht

Formulierungen, um eine Erklärung des Sachverhalts einzuleiten

 Ich verstehe Ihre Situation, aber …

 Diesen Wunsch können wir Ihnen leider nicht erfüllen, denn…

 Leider kann ich Sie grundsätzlich nur dann aufnehmen, wenn ...

Formulierungen, mit denen mögliche negative Konsequenzen verdeutlicht werden können

 Wenn wir Patienten einschieben, dann müssen alle anderen länger warten...

 Wenn wir das so machen, wie Sie es vorschlagen, dann riskieren wir dabei …

 Das machen wir grundsätzlich nicht, denn dadurch…

Formulierungen, die Verständnis zeigen

 Ich weiß, dass das für Sie eine größere Anstrengung ist, aber...

 Diese Umstellung ist nicht nur für Sie gewöhnungsbedürftig, auch andere Patienten sind betroffen...

 Ihre Bedenken sind für mich nachvollziehbar, allerdings…

Formulierungen, um Alternativen anzubieten

 Diese Woche ist kein Termin möglich, aber in der kommenden Woche kann ich Ihnen den … anbieten…

 Die Abwicklung des Antrags müssten Sie selbst übernehmen, wir können Ihnen aber alle notwendigen Formulare bereitstellen...

 Die Daten Ihres Blutdruckmessgerätes können wir bei uns leider nicht einlesen, ein Ausdruck wäre für Frau Doktor aber sehr hilfreich...

Formulierungen zum Gesprächs-Abschluss

 Ich freue mich, wenn wir uns zu Ihrem nächsten Termin am…wiedersehen...

 Prima, dass wir den Punkt klären konnten...

 Konkret konnte ich Ihnen ja jetzt leider nicht helfen, sollten Sie aber noch weitere Fragen haben, rufen Sie einfach an...