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Störtebecker

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Störtebecker versuchte, die Augen ganz aufzureißen.

Er hatte eine Binde um den Schädel und um den Hals.

Er erhob sich, Toelen stützte ihn.

Er stapfte einige Schritte. Strauchelte und fiel an die Tür.

Griff wie Simson nach links und nach rechts an die Pfosten.

Und stampfte und schwankte bis in die Nebenkajüte.

Anke saß am Fußende und spielte mit Sitas Füßen.

Sie küßte ihre Zehen, einen nach dem andern.

Sie gab ihnen Namen: nannte die große Zehe Grete, die kleine Anna und so fort und sagte: Ich liebe Grete, ich liebe Anna, ich liebe alle, alle.

Ich liebe die große Zehe, ich liebe die kleine Zehe. Ich liebe alle Zehen.

Ich liebe Klaus Toelen. Ich liebe Bockemühl. Ich liebe Störtebecker -

Störtebecker stand im Türrahmen.

Das Schiff schwankte.

Er hielt sich links und rechts am Holz fest. Anke Hansen schwieg.

Sie ließ die Füße Sitas fahren.

Sita schlief.

Ruhig atmeten unter dem groben Leinwandhemd, das man ihr angezogen hatte, ihre kleinen Brüste.

Störtebecker ging ein paar Schritte vorwärts. Geh, er versuchte seiner rauhen Stimme einen zarten Klang zu geben, geh, Anke, laß mich allein mit dem Mädchen.

Er setzte sich auf die Pritsche und betrachtete die Schlafende.

Er saß eine Stunde unbeweglich.

Da erwachte Sita, sah ihn groß an, schloß die Augen und schlief weiter.

Er räusperte sich.

Sie erwachte.

Warum laßt Ihr mich nicht schlafen? Es ist mein einziges Gut. Ich kann mir vorstellen, daß ich im Sterben liege. Warum tötet Ihr mich nicht?

Störtebecker schwieg. Dann:

Bockemühl schlug vor, Euch aufzuhängen.

Sita sah ihn fragend an:

Und -? warum tut Ihr es nicht?

Störtebecker hielt ihren Blick.

Vielleicht könntet Ihr mir noch einige Dienste erweisen?

Sita lächelte:

Ich? Dienste? Wodurch? Wenn Ihr mich freiließet, wäre es mein erstes, eine neue Flotte gegen Euch auszurüsten, denn ich würde es nicht ertragen, daß mein erster Anschlag mißlang. Ihr werdet Euch wundern, wenn ich Euch ganz ruhig sage, daß ich Euch hasse. Weil Ihr die Stärke seid und ich die Schwäche. Weil Ihr ein Mann seid und ich ein Weib. Ja: darum hasse ich Euch und bin bestrebt, Euch zu vernichten.

Störtebecker:

Ihr sprecht wie ein Professor der Beredsamkeit oder Moralwissenschaft. All das ist müßig: Ihr seid in meiner Gewalt, und ich tue mit Euch, was ich will.

Zweifellos. Es wäre töricht, wenn Ihr das nicht tätet.

Störtebecker zupfte sich an seinen über der Stirn zusammengewachsenen Augenbrauen: Wieviel Lösegeld, glaubt Ihr, würde Euer Vater zahlen, wenn ich Euch ihm heimschickte?

Blut schoß in ihre blasse Stirne.

Ich weigere mich, einem solchen schimpflichen Handel als Objekt zu dienen. Er kann mit dem Gold, das Ihr verlangen würdet, eine ganze Flotte gegen Euch rüsten. Was tut's, wenn ich draufgehe? Ich habe mich in St. Nicolai dem Dienst Gottes gewidmet. Und weil Ihr der Teufel in eigener Person seid, kämpfe ich gegen Euch: mit den reinsten Waffen und dem reinsten Herzen.

Dem reinsten Herzen?

Störtebecker lachte.

Ist Euch noch nie ein Gelüst nach einem Manne gekommen? He? Zum Beispiel jetzt nach mir? Ich kann nicht leugnen, daß die zarte Brust, die unter dem rauhen Hemd so sanft sich bewegt, mich reizt, sie zu packen und die Narbe zu küssen, die ich ihr schlug.

Sita schwieg.

Sie schlug das Kreuz über ihrer Brust.

Nun – nun -

Er grinste.

Auch wir haben unser Kreuz zu tragen. Aber wir sind keine Christen. Nein. Denn wir wollen das Kreuz, das Ihr und Euresgleichen uns auferlegt, von uns werfen und in der Johannisnacht unseres Gottes verbrennen. Ja, schrie er, und seine Stimme schlug über, ich glaube nicht an Euren schamlosen, duldenden, kriechenden Christengott: ich glaube an den heidnischen Donnergott Perkun, der seine Feinde mit seinem silbernen Blitzschwert zerschmettert. Ich glaube an Wodan. Und, schrie er, ich glaube an die Walküren. Liegt nicht leibhaftig hier eine vor mir? Wehrt Euch, soviel Ihr wollt: Ihr seid eines Blutes mit mir, seitdem auf dem Deck des Schlachtschiffes unser Blut ineinanderfloß. Vereinigt Euch mit mir, so werde ich unüberwindlich sein, und auf dem St. Nikolaiturm in Hamburg wird die rote Fahne wehen. Wir werden den Gekreuzigten von seinem Kreuz reißen, mit seinem Kreuz Feuer machen, in dem Weihwasser unsere blutbefleckten Hände reinigen und an seinem Altar dem einzigen Gott opfern, dem es wert ist, ein Opfer zu bringen: dem lebendigen Leben.

Er stand mit gebogenen Knien in der Kajüte. Das Schiff schwankte.

Die Binde um seine Stirn rötete sich mit frischem Blut.

Sita hatte sich halb aufgerichtet; sie stützte sich mit der Rechten und warf die Linke gegen ihn wie ein Pfeil:

Apage, Satanas!

Ihm wurde rot vor den Augen.

Schwindel packte ihn.

Er fiel vor ihr zusammen.

Sie setzten Störtebecker in einen eisernen Käfig und fuhren ihn im Triumph durch die Stadt.

Er saß darin wie ein Adler in der Gefangenschaft, stolz und schweigsam.

Die Kinder in den Straßen warfen Pferdedreck nach ihm, der ihm im Barte hängen blieb.

Die Frauen spieen ihm ins Gesicht. Du Mörder unserer Männer! unseres Glückes!

Du Bastard eines Stinktieres und einer Hyäne! Wo ist jetzt dein Hochmut? He?

Man wird dir die Gedärme aus dem Leibe wringen und dich daran aufhängen.

Mit der Zange wird man dir das Herz aus dem Bauche zwacken und es in dein Maul hängen.

Der Käfig wurde acht Tage am Pranger der St. Nikolaikirche aufgehängt.

Es regnete unaufhörlich.

Die vom Kampf ramponierten Kleider und Stiefel wurden ihm vom Leibe geschwemmt.

Schon am fünften Tage stand er nackt im Käfig.

Seine breite braune Brust atmete dem Himmel entgegen.

In einer Nacht begann der Regen nachzulassen.

Plötzlich setzte er ganz aus.

Es war eine undurchdringliche Finsternis. Plötzlich erklang eine Stimme:

Störtebecker!

Störtebecker lauschte.

Störtebecker!

Die Stimme klang wie im Gebet.

Störtebecker gab Antwort: Wer ruft mich?

Fragt mich nicht nach dem Wer. Wer ist wer? Was ist was? Das Dunkel ruft Euch. Die Nacht. Ich liebe Euch.

Wer liebt mich? Ich werde nur gehaßt.

Ein Mensch liebt Euch. Wenn nur ein Mensch Euch liebt: so seid Ihr gerettet.

Niemand vermag mich zu retten.

Doch: Ihr selbst.

Wodurch?

Durch den Glauben.

An wen?

An mich!

Wer bist du?

Die Liebe.

Die Liebe ist ein abstractum.

Ich bin ein Mensch, der liebt.

Ihr täuscht Euch, Ihr habt Mitleid mit mir, weil ich hier hänge in Sturm und Regen.

Ich habe kein Mitleid mit Euch. Ich kann nicht mit Euch leiden, weil Ihr nicht leidet.

Woher wißt Ihr das?

Ich fühle es.

So müßt Ihr lieben: in der Tat.

Ja: in der Tat will ich Euch lieben. Ich will Euch befreien.

Ihr könnt mich aus dem Käfig befreien, vielleicht, wenn Ihr Leiter, Feile und Hammer habt. Aus dem Käfig meines Hirns und meines Willens befreit mich kein Mensch. -

Kein Gott?

Kein Gott und kein Teufel. -

Man setzte eine Leiter an den Stein des Turms. Jemand kletterte empor.

Feilen. Sägen. Leises Hämmern.

Das Gitter brach.

Sita stand im Käfig.

Sie riß sich den Mantel und das Hemd vom Leibe und warf sich nackt dem Nackten an die Brust.

Sie sprachen kein Wort mehr.

Sie standen tief umschlungen, bis der Morgen graute.

Da löste sich Sita aus seinen Armen.

Du folgst mir nicht? Ein Boot liegt an der nächsten Twiete.

Ich habe Kleider und – - -

Störtebecker schüttelte den Kopf-

Was soll's? Die Brüder sind mir erschlagen. Mein Herz schlägt nur langsam noch. Ich bin müde. Zur neuen Tat nicht mehr fähig. Es werden andere kommen, die rote Fahne aus dem Staub zu holen, in den wir Ahnungslosen selbst sie getreten.

Sie stieg die Leiter hinunter. Warf Leiter, Feile, Hammer ins Wasser.

Noch einmal wandte sie den Kopf. Um seine Stirne spielten schon die ersten Strahlen der aufsteigenden Sonne wie silberne Wellen.

Die Aufregung in der Bürgerschaft war groß, als man entdeckte, daß der Käfig Störtebeckers durchgefeilt war. Noch größer aber die Verwunderung, daß Störtebecker nicht geflohen war.

Der Henker warf ihm das rote Hemd der Mörder und Verbrecher über. Die Hände auf dem Rücken gefesselt, schritt er inmitten der Wache, die mit ihren Spießen das Volk abwehrte, ihn zu lynchen. Er schritt aufrecht und fest zum Richtplatz, obgleich er zehn Tage keinerlei Speise zu sich genommen.

Der Richtplatz war von einer schwarzen wimmelnden und murmelnden Menge erfüllt. Als er das Gerüst betrat, lastete plötzlich ein Schweigen über dem Platz. Man sah, wie er den Geistlichen zurückwies und einsam in seinem roten Hemd, über das sein roter Bart herniederwallte, im Morgenrot stand.

Er hob die Hand. Und augenblicklich trat Ruhe ein.

Ihr Menschen, er sprach langsam, ich habe euch geliebt. Ich habe euch befreien wollen von den Götzen. Vergebt mir! Denn nichts wollt' ich für mich selber. Auch jetzt bitte ich nur für meine gefangenen Kameraden. Ich will, nach der Hinrichtung, an ihnen vorbei schreiten und soweit ich komme, die sollen frei und ihrer Bande ledig sein.