Za darmo

Moreau

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Man möge ihn zur Strafe, und der Arglose wandelte sich tückisch, in seinem Herzen treffen …

Moreaus Vater starb unter der Guillotine, am 28. Juli 1794. Denselben Tag, als Moreau die Insel Cadsand, trotz stärksten feindlichen Feuers und verzweifelter Gegenwehr, eroberte.

Die letzten Worte des Ermordeten waren: »Mein Sohn«

Madame Moreau, die man gezwungen hatte, dem Schauspiel beizuwohnen, brach ohnmächtig am Schafott zusammen.

Man trug sie nach Hause, und sie genaß eines toten Kindes.

Die Stadt witzelte über diese Geburt.

Herr Moreau war siebzig Jahre alt gewesen.

»Sieh da, eine artige Frau. Ergattert nach einem halben Dutzend Kinder und sechzig Jahren noch einen Liebhaber. Wer mag es wohl sein. Der lahme und übelriechende Laternenanzünder Clermont? Und wird sie nunmehr Madame Clermont heißen?

Was wird ihr großer Sohn zu seinem neuen Vater sagen?«

Madame Moreau hörte hinter den geschlossenen Fensterläden die Stimme des Pöbels lärmen.

Sie saß hoch und wie eine Heilige im Erker ihres kleinen Hauses bei einer Kerze, das tote Kind in einem Glase Spiritus vor sich auf dem Fensterbrett, und sagte: »Ein Kind der mörderischen Zeit. Alle Frauen werden nur noch tote Kinder gebären. Es wird durch Vererbung nur noch tote Menschen geben.«

Madame Moreau lachte still für sich.

»Sie ist verrückt«, sagten die Leute der Stadt.

»Sie muß ins Irrenhaus. Sie ist eine Royalistin.«

Moreau sah den Tod seines Vaters wie eine Vision am Himmel.

Es war ein stürmischer Abend.

Die Kanonen von Cadsand vermischten sich mit dem Donner des aufsteigenden Gewitters.

Wolken zischten zusammen und nahmen die Form einer Guillotine an.

Viele kamen herbei, rot, als Henkersknechte gekleidet.

Sie schleiften eine graue Wolke heran.

»Vater«, schrie Moreau.

Da sauste blitzend das Messer der Guillotine nieder.

Der Himmel fiel ins Dunkel.

Meer rann rollend ins Meer.

Nacht war da.

Moreau erwachte fiebernd. Christophe spielte die Flöte.

Aber das Fieber wich nicht.

»Hast du einen Vater, Christophe?« fragte Moreau.

Christophe schüttelte den Kopf.

»Hast du eine Mutter, Christophe?«

Christophe schüttelte den Kopf.

»Ich weiß nicht, wer mich in die Welt gesetzt hat. Vielleicht hat mich ein Kuckuck ausgebrütet. Oder ein Delphin hat mich an den Strand geworfen.«

Rapatel brachte einen Arzt.

Einen freundlichen Herrn, der das Französische mit italienischem Akzent sprach.

Er bediente sich schmaler, frauenhafter Hände, und seine Manipulationen wurden schmerzlos und gütig ausgeführt.

Er kochte alle Getränke und Medizinen selbst.

Er erlaubte niemand den Zutritt zu Moreaus Krankenbett.

Nach acht Tagen war Moreau wiederhergestellt.

»Eine schwere Woche haben wir hinter uns, mein Herr«, sagte Moreau, und eine Möve kreuzte kreischend seinen Blick.

»Es ist gut, wenn man das sagen kann: hinter uns«, erwiderte höflich der Arzt. »Es ist unerfreulicher, sagen zu müssen: Schlimmes steht uns noch bevor.«

»Wer weiß,« sagte Moreau, »ob dem nicht so ist.«

Sie schritten durch die Lagergasse.

Ein alter Korporal warf den Hut in die Luft.

»Vive Moreau«

»Vive la France« entgegnete Moreau.

»Ist es Ihnen damit so ernst?« fragte der Arzt.

»Womit?«

»Mit diesem: Vive la France.«

Moreau stutzte.

Der Arzt bestand hartnäckig:

»Hat Frankreich nicht frevelhaft an Ihnen gehandelt, um ein mildes Wort zu gebrauchen. Kann man es noch lieben, wie es sich gibt: wüst, roh, maßlos, terroristisch, kurz: revolutionär …«

Sie hielten auf einen kleinen Hügel zu.

Unter einem platanenähnlichen Baum warf sich Moreau erregt ins Gras und lud den Arzt ein, neben ihm Platz zu nehmen.

»Frankreich,« sagte Moreau, »das sind nicht die Franzosen des Konvents.«

»Aber sie scheinen es zu sein«, gab der Arzt vorsichtig zu bedenken.

Die Ebene breitete sich vor ihnen aus.

Schmetterlinge stiegen aus den Wiesen und Rauch aus den Dörfern.

Die Luft vibrierte. »Dies alles gehört Ihnen«, scherzte der Arzt und strich mit der Hand über den Horizont.

Moreau grübelte.

»Woher sind Sie so bibelkundig.«

»Wissen Sie, wer ich bin?«

Moreau sah auf.

»Ein Freund Pichegrues.«

»Er ist ein Verräter. Ich weiß. Ich soll ihn im Oberkommando ersetzen und den Oberbefehl über die Nordarmee übernehmen. Ich habe heute das Patent empfangen.«

Der Arzt knirschte.

»Habe ich meine Mission zu spät angetreten?«

Er hatte sich erhoben und stand aufgerichtet neben dem Baum.

Moreau zuckte mit keiner Wimper.

»Sie sind ein Jesuit. Die Bourbonen schicken Sie.«

Der andere nickte, kaum verwundert.

Moreau sprach in die Erde hinein. Er spielte mit einem Maulwurfshügel. Der lockere Sand lief zwischen seinen Fingern durch.

»Pichegrue ist unvorsichtig. Man wird ihn köpfen. Sagen Sie das den Bourbonen. Vorläufig will ich meinen Kopf noch behalten.«

Der andere, höflich:

»Aber Ihr Herr Vater hat, wie mir scheint, schon keinen Kopf mehr.«

Die große Ader auf Moreaus Stirn schwoll.

»Ich pflege zu wissen, was ich tue. Ich tue alles, was ich weiß. Ich weiß viel. Gehen Sie.«

Der andere verneigte sich und schritt langsam den Hügel herab ins Lager.

Moreau lag im Grase.

Einmal nur träumen dürfen Ein Schlaf mit wolkigen Träumen. Sanften Kindern. Spielenden Blumen. Tanzenden Sternen. Ein Traum ohne Soldaten. Ich habe noch nie im Leben geträumt. Ich sehe alles, wie es ist. Ich muß immer handeln. Ich werde noch bersten vor Taten. Ich werde Taten wie Hagel in die Welt schleudern. Eisblumen sollen vor meinem Hauch an allen Fenstern frieren. Dies Volk, dies Gemensch, verdient nicht, daß man seinetwegen lebt, seinetwegen stirbt. Ich speie darauf, in seinem Gedächtnis unsterblich zu sein. Denn es ist stinkend wie eine faule Pfütze. Ich werde dich abschwören, Volk.

Ich will mein eigenes Volk sein.

Als Moreau den Namen Bonaparte hörte, stutzte er.

»Bonaparte? Das ist kein Franzose. Und er will Franzosen befehlen?«

»Der Konvent heischt es.«

Moreau sinnt: eigentlich habe ich nichts in der Hand als meine Siege. Und diese Siege sind wiederum auch nur dazu gut, neue Siege zu erringen. Aber Macht: habe ich Macht? Was kann ich gegen eine Herde von Eseln, Konvent genannt. Sie fressen Heu und denken Dreck.

»Bonaparte ist ein Italiener?«

»Ein Korse, General.«

In Korsika regiert die Blutrache. Also ist er nach Frankreich gekommen, um sein Blut zu rächen. Wir werden gut tun, unser Blut zu hüten.

Bonaparte … wir werden sehen, ob er das gute Teil erwählt hat.

Drei Heere sollen wie drei Pfeile auf ein Ziel, das Herz Österreichs gerichtet, in Aktion treten: Die Sambre- und Maasarmee unter Jourdan. Die italienische Armee unter Bonaparte. Zwischen beiden Moreau mit der Rhein- und Moselarmee.

Der Feldherr, der damals den Franzosen am Rhein gegenüberstand, Erzherzog Karl, ist allein berufen, Moreaus Kriegskunst zu würdigen. Er hat es getan in der strategischen Darstellung des Feldzuges von 1796. Der genaue Titel seiner Schrift lautet: »Grundsätze der Strategie, erläutert durch die Darstellung des Feldzuges von 1796 in Deutschland. Mit Karten und Plänen. Wien 1814. Drei Teile.«

Moreau weiß, daß die Zeit gekommen ist, über den Rhein zu gehen.

Ich habe nicht umsonst den »Bellum gallicum« gelesen, denkt er fröhlich.

Er führt die Brücke, die er einst aus Holz und Pappe verfertigte, noch immer mit sich herum.

Er zeigt sie Christophe.

»Sieh, auf dieser Brücke werden wir über den Rhein schreiten.«

»Wer?« fragt Christophe leise.

»Achtzigtausend Mann Infanterie und siebentausend Mann Reiter.«

»Die Brücke ist so klein, daß ich sie mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand emporheben kann.«

»Du kannst die ganze Welt mit Daumen und Zeigefinger emporheben wie diese Brücke, wenn du den richtigen Moment und die richtige Stelle erfaßt. Du brauchst nur einen richtigen Gedanken zu haben, und die Welt ist vernichtet.«

»Ich will keinen richtigen Gedanken haben, denn ich will nicht, daß die Welt zugrunde geht«, flüsterte Christophe.

Moreau streichelte ihm das Haar.

»Guter Junge. Ich habe doch einen Traum. Das bist du.«

Eine dunkle Nacht.

Aber zu hell für Moreau.

Dann und wann fliegen Sterne wie goldene Fliegen hinter den Wolken hervor.

»Eine Fliegenklatsche her« schreit Moreau. »Verdammtes Gesindel«

Ha jetzt steigen die Raketen aus den Geschützen auf.

Ein Feuerwerk wie in Rennes bei den Studentenfesten. Und er ist jetzt der Feuerwerker.

Drauf auf Kehl. In sechs Stunden ist es genommen.

Die befestigte Feldstellung bei Renschen wird überrannt.

Marsch. Vorwärts. Marsch. Marsch.

»Werdet ihr laufen, ihr Kerle. Werdet ihr singen, ihr Schweine.«

»Vive Moreau Vive la France

A bas l'Autriche A bas l'alliance

Moreau est notre espérance.

En avant En avant Il avance. Il avance.«

Die Zunge schlappt den Infanteristen bis in den Staub der Straße. Die Pferde knicken mit den Beinen zusammen, wie weiland der König nach einem Besuch bei der Gräfin Saiten.

Marsch. Gefecht. Marsch. Gefecht.

Schlacht bei Rastatt. 5. Juli. General Latour wird geschlagen.

Herren-Alb 9. Juli.

Der Erzherzog flüchtet hinter den Neckar zurück.

Die Türme von Ulm wachsen aus der Ebene.

Der Erzherzog beißt verzweifelt um sich wie ein Köter.

Siebzehn Stunden ringen sie ineinander verbissen bei Neersheim amn. August.

Moreau läßt nicht locker.

Bürger gegen Adel.

Republik gegen Monarchie.

Zukunft gegen Vergangenheit.

Moreau eilt über die Donau. Über den Lech. Er besetzt Augsburg.

 

Jourdan nähert sich mit seinen Armeen Regensburg. Steht nur noch sieben Meilen davon entfernt.

Moreau erwartet den Anschluß Jourdans an seinen linken Flügel.

Er schickt einen Adjutanten nach dem ändern.

Jourdan hört nicht auf ihn.

Jourdan will der erste in Österreich sein.

Er wiehert hochmütig:

Er brauche Moreau nicht. Er werde allein mit diesem Erzherzog fertig. Dem werde er es beibringen, seine Stiefel zu putzen und seine Pferde zu füttern. -

Der Stiefelputzer und Pferdeknecht wendet sich in verschleierten Märschen gegen Jourdan. Er schlägt ihn aufs Haupt.

In Düsseldorf vermag Jourdan kaum die Reste seines Heeres zu sammeln. Er muß über den Rhein zurück.

»Alle müssen unfreiwillig über den Rhein zurück, die ihn nicht mit mir überschritten haben«, sagt Moreau zu Christophe. »Aber ich werde gehen, wenn ich gehen muß. Man muß selber sein Schicksal spielen, auch sein schlimmes. Schicksal heißt nur Einsicht.«

Moreau ist vollkommen vom Feinde eingeschlossen. Latour steht in seinem Rücken. Der Erzherzog wartet am Oberrhein. Fröhlich schmeißt die Franzosen aus Immenstadt und Kempten.

Als Moreau von der Auflösung der Heere Jourdans hört, verfärbt er sich. Er hatte nur an einen Rückzug geglaubt.

Nun: wieder einmal stehe ich allein. Ganz allein für mich. Aber ich stehe.

Mir gegenüber sind drei, und ich bin einer.

Ein Tier mit drei Köpfen und ein Mensch mit einem Kopf.

Wir werden sehen.

Moreau nimmt sein Heer auf die Fittiche seines Glaubens und seiner Zuversicht und entfliegt wie ein Adler dem Feinde.

Ein Wunder.

Er schien keine andere Wahl zu haben als Vernichtung oder Gefangenschaft.

Die Straßen sind aufgeweicht wie Sümpfe.

Es regnet Tag und Nacht. Er hat fünfzig Meilen gut, bis er sich Ruhe gönnen darf.

Er fliegt. Er fliegt.

Erstaunt sieht er die Heere seines Gegners unter sich im Nebel.

Ihn trägt die Sonne.

Ein blauer Himmel betaut seine Augen.

Er überfliegt den Schwarzwald – und stößt nieder wie ein Geier.

Der Feind ist geschlagen, fünftausend Gefangene, zwanzig Kanonen läßt er in seiner Hand.

Moreau ist wieder auf der Erde.

Er schlängelt sich wie ein Drachen durch das Höllental nach Freiburg.

Das Tal ist von den Österreichern besetzt.

Er speit sie an mit Rauch und Feuer, und sie ersticken.

Moreau hat Frankreich gerettet. Paris hallt vom Jubel seines Namens. Man verkauft Fahnen mit seinem Bildnis. Die Straßen verkauf er schreien: »Kaufen Sie einen kleinen Moreau für vier Sous«

– Und haben ganze Stellagen voll tönerner Moreaus.

Ein Parfümeur bringt eine feinriechende Seife »Moreau« auf den Markt.

Jedermann wäscht sich mit »Moreau«.

Die Kinder spielen »Moreau«.

Die Frauen singen:

»Moreau est notre espe«rance«

Aber sie denken an anderes als die Straßenhändler, Kinder und Erfinder wohlriechender Seifen.

Sie denken an Moreau und meinen den Frieden.

Das Direktorium und sein Gegner, der Erzherzog, nennen den Rückzug Moreaus eine der merkwürdigsten Unternehmungen in der Kriegsgeschichte aller Zeiten.

Moreau schickt sich an, von neuem gegen den Schwarzwald vorzudringen, da trifft ihn die Nachricht vom Abschluß des Vorfriedens zu Leoben. Er wacht eines Morgens auf, und es ist Frühling. Es ist Friede. Wie ein Schuljunge, der Ferien hat und keine Aufgaben mehr zu machen braucht, taumelt er durch die Sonne.

Er läßt Alarm blasen. Freut sich, wie das Lager wild und zwecklos durcheinanderwimmelt.

Dann läßt er das Korps, in dessen Mitte er sich befindet, in Karree antreten.

»Brüder Bürger Soldaten Es wird Friede …«

Er stockt. Kann nicht weiterreden. Tränen rinnen ihm über die Wange.

Soldaten und Offiziere umarmen sich.

»Nach Hause Zu unsern Frauen Zu unsern Kindern Zu unsern Seelen Seht die Veilchen an den Ufern der Bäche, das grünende Gesträuch, das dunkle Laub des neu erwachten Waldes.«

»Es lebe der Frühling Es lebe der Friede Es lebe Moreau«

Der Zeichner Boubourouche, welcher beauftragt ist, Moreau für den Konvent zu zeichnen, trifft im Vorzimmer des Hotel Moreau in Paris eine kleine elegante Figur in kurzen Hosen: hohe glatte Stirn, schwarze Haare und klare, blaue Augen, die mit einer kindlichen Inbrunst in die Welt sehen.

»Haben Sie die Güte,« wendet sich der Zeichner an den jungen Mann, den er für einen Pagen oder Bedienten Moreaus hält, »mich Ihrem Herrn zu melden.«

»Mein Herr ist die Republik«, tönt die gefällige Antwort.

Der Zeichner streift mit einem ärgerlichen Blick den Kleinen.

»Sie sollen mich, bitte, bei Ihrem Herrn, dem General Moreau, melden.«

Der Kleine springt höflich und exaltiert auf ihn zu:

»General Moreau, mein Lieber – das bin ich.«

»Ich habe den ehrenvollen Auftrag,« stotterte verblüfft der Künstler, »den siegreichen Feldherrn, den bedeutenden Organisator, den großen Menschen für den Konvent zu zeichnen. Darf ich um eine Sitzung bitten?«

»Wollen Sie mich in dieser Maske zeichnen? Mit einer spitzen, gelben Tüte auf dem Kopf und den Feldherrnstab in der Rechten?«

Der Künstler findet sich wieder zurecht.

»Sie werden bitter, mein General. Nicht mit Unrecht. Das Vaterland schuldet Ihnen viel. Man hängt ein Porträt von Ihnen im Konvent auf -«

«Zwischen einem Porträt und seinem menschlichen Abbild pflegt der Konvent manchmal keinen großen Unterschied zu machen.«

»Man stellt eine Büste von Ihnen im Pantheon auf – gut – was bedeutet das? Wenig. Oder nichts. Eine Farce.«

Moreau läßt sich in einen Lehnstuhl fallen.

»Darf ich Sie fragen, weshalb Sie einen Auftrag angenommen haben, der Ihnen – nicht wahr? – so wenig zu bedeuten scheint.«

Der Zeichner hat seinen Block hervorgezogen und zeichnet emsig mit gekräuselter Stirn.

»Ich bin nicht der, der ich scheine …«

Moreau lehnt den Kopf an den roten Samt des Stuhles zurück und blickt zu den Putten und Amoretten an der Decke.

»Wie sie spielen, ganz spielender Stein. So ernst gefaßt. So leicht gewollt. Die Kunst ist etwas Großes.«

»Es ist größer, ein Heer zu führen. Am allergrößten: ein Volk.«

Der Maler sagt es wie zerstreut.

Moreau spricht langsam und kaut jedes Wort in seinem Munde: »Ich hasse das Volk, nachgerade, einzeln und in Masse. Was wollen Sie von mir? Es ist Friede. Können die Bourbonen noch immer nicht schlafen, wenn sie nachts an Frankreich denken?«

»Sie träumen auch am Tage von Frankreich.«

Der Zeichner strichelt an seinem Blatt.

»Man will eine Diktatur errichten. Bonaparte ist aus Ägypten zurückgerufen. Man schwankt zwischen Bonaparte und – Ihnen. Die Tugend und ihr Recht, General, ist auf Ihrer Seite. Warum zögern Sie? Ein Wort – und Sie sind Frankreichs Konsul. Das Volk liebt Sie. Es fürchtet Bonaparte.«

»Ich hasse das Volk. Darum wünsche ich ihm Bonaparte. Er wird es zugrunde richten. Ich werde denken: er ist das Werkzeug meiner Hand – weil meine Hand ihn gewähren ließ -, wenn er Frankreich quält. Denn es kostete mich – kaum ein Wort, nur eine winzige Tat, und Frankreich segelte nach meinem Winde. Aber ich bin Soldat. Nur Soldat. Verstehe mich nicht aufs Regieren. Nehmt den kleinen Korporal.«

Der Wagen rauscht durch die herbstliche Landschaft. Nebel hängt sich an die Flanken der Pferde.

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