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Die Harfenjule

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Melancholie

 
Schau, den Finger in der Nase, oder an der Stirn, zeitigt manche fette Phrase das geölte Hirn.
Warum liebt der die Erotik? Jener die Zigarrn? Der die Aeropilotik? Der den Kaiserschmarrn?
Warum geht's uns meistens dreckig? Weshalb schreib ich dies Gedicht? Warum ist das Zebra fleckig und Mariechen nicht?
Dennoch ahnt man irgendwie Gottes Qualverwandtschaft, trifft man unerwartet sie draußen in der Landschaft.
 

Ad notam

 
Nachts bis drei Uhr im Café wichtig tun und dösen, wenn ich eure Fratzen seh, wünsch ich mir den Bösen.
Und ihr schnüffelt und ihr grunzt mit gefurchten Mienen über eure Pseudokunst, die der Mond beschienen.
Doch die Kunst lebt nur besonnt, läßt sich nicht beriechen, und sie zeigt die Hinterfront dem Melangeniechen.
Arbeit, Arbeit, still gewagt, die Moral vom Liede, wenn sie euch auch nicht behagt: Songez au solide!
 

Der Verzweifelte

1

 
Noch nie hat mir der Herbst so weh getan, daß ich mich ohne Freundin blaß begnüge. Am Bahnhof steh' ich oft und seh' die Züge einlaufen nach des Kursbuch's rotem Plan.
Hier kommt ein Zug um fünf und dort um sechs. Der aus Polzin. Und der aus Samarkand. So oft ich mich an eine Frau gewandt, entfloh sie mit dem Zeichen höchsten Schrecks.
Man wundert sich, daß ich so kopflos bin und daß ich ohne Beine gehen kann, und daß ich ohne Männlichkeit ein Mann, und daß ich ohne Sinnlichkeit ein Sinn.
 

2

 
Mich liebt kein Mensch. Ich sitze hier beim Tee. Es schmerzt das Herz, die Niere tut mir weh. Die Mädchen, welche mich geschminkt begrüßen, sie sind mit großer Vorsicht zu genießen.
Sie stellen mit des Abenteurers Buntheit Anforderung an unsre Gesundheit. Die ist mir heilig. Etwas andres nicht. Kein Mensch, kein Tier, kein Stern und kein Gedicht.
Wenn ich hier Verse reimend niederschreibe, geschieht es nur zu meinem Zeitvertreibe. Man glaube nicht an Absicht oder Zweck. Ich bin ein hirnlich infizierter Dreck.
Der fiel von einem Pferd, das fern enttrabt. Ich werde weder gern noch sonst gehabt. Man sieht durch mich hindurch. Man geht an mir vorbei. Und niemand hört des Stummen Klageschrei.
 

Unglücksfall

 
Es stehen vor dem Hebekran ein kleines Kind, ein Hund, ein Mann. Die Eisenkette rollt und rinnt, es staunen Mann und Hund und Kind. Da saust sie nieder auf den Grund, zerschmettert Mann und Kind und Hund. Gemäßigt naht die Polizei, ein Chemiker ist auch dabei, bis er den Totbestand befund: Ein kleines Kind, ein Mann, ein Hund.
 

Der kleine Mörder

 
Er wußte nicht, warum er so elend war und warum der Himmel an jenem Abend so schwelend war. Sein Schädeldeckel war aufgeklappt und Fliegen setzten sich auf sein rosiges Hirn und leckten daran. Göttliche Gedanken schienen ihn zu durchirr'n. Wenn er das Messer nähme und sich die große Zehe abschnitt? Oder ginge er lieber auf den Abtritt, und spielte mit sich, über den Abfluß geneigt? – da hat sich seine kleine Schwester in der Küche gezeigt. Er hob ihr den Rock hoch und stieß ihr die große Kelle in den Schoß, daß sie schrie. Ihn trug die Welle des Abendrotes durch die Wolken hin. Er sah nichts mehr. Er fühlte nichts mehr. Ihn trieb die rote Flut, das rote Meer zu einem uferlosen Ziel. Er fiel lächelnd über die kleine Leiche hin.
 

Der Backfisch

1

 
Papa ist heute furchtbar aufgeschwemmt. Er blinzelt müde in die Morgenzeitung. Mama im Morgenrock und ungekämmt, befaßt sich mit des Kaffees Zubereitung.
Dann spricht sie: Anton! Komm! Es wird bald Zeit! Du darfst mir das Büro nicht noch versäumen! – Ich sitz am Tisch in meinem Rosakleid und will den ganzen Tag in Rosa träumen.
 

2

 
Sie sagen in der ersten Mädchenklasse manchmal unanständige Sachen. Ob Maria sich damit befasse? Der Primaner Hubert hat doch Rasse. Und sie lachen.
Und wir heben unsre Kleider, zeigen unsre hübschen Beine. Manche möchte mit nervösen Fingern sich zum Scherz ihr Mieder lösen … Und ich weine …
 

Tango

 
Tango tönt durch Nacht und Flieder. Ist's im Kurhaus die Kapelle? Doch es springt mir in die Glieder, und ich dreh' mich schnell und schnelle.
Tango – alle Muskeln spannt er. Urwald und Lianentriebe, Jagd und Kampf – und wie ein Panther schleich ich durch die Nacht nach Liebe.
 

Das Wassermädel

 
Ich liebe ein Wassermädel vom Café Arkadia, bin siebzehn Jahr' und erstes Semester in München. Ich kann mein Herz nicht mit Erfahrungen übertünchen, wenn ich den Frauen unter die Hüte sah. Und immer, wenn sich eine mir freundlich zugewandt: ein Kind vor dem Christbaum oder vor den Glaskugeln im Parke stand. Oder ich sah blaue Pferde, erstaunlichstes Getier. Eine Stute mit schlanken Fohlen sprang spielerisch zu mir. Und als das Wassermädel schlief bei mir zur Nacht – war sie Jungfrau? Oder hatte sie sich zur Jungfrau gemacht? Sie war mir wie ein Lächeln im Dunkel zugetan … weißes Segelboot … Südwind wehte um unsere Rahn … die ewige Föhrde lag im Morgenscheine da … Ich liebe ein Wassermädel vom Café Arkadia.
 

Münchner Sonette

I. Frühschoppen im Hofbräuhause

 
Hier steht ein Faß – und an das Faß geschweißt, dem Fasse ähnlich, dick und rund gerollt: Ein k. b. Rat … ein Dienstmann … und ein Bold, der sich (mit Gamsbart) als ein Preuß' erweist.
Derselbe überzeugt durch Witz und Geist, wenn er den Maßkrug im Komment erhebt und sich im boar'schen Dialekt bestrebt und seinen Radi samt dem Grünzeug speist.
Ein blütenzartbestaubter Lindenbaum steht zag im Duft von Bier und Rauch und Schweiß. Ihn zieren keines Vogels holde Nester …
Ein schönes Mädchen, ganz in Blond und Weiß, geht wie verlassen durch den grauen Raum. Da sagt sie zu der schönen Linde: Schwester …
 

II. Auf der Auer Dult

 
Hier ist viel Kram und Tand und Traum geschichtet … ein alter Stich, von Staub und Rost befleckt: Prometheus, wie er seine Fackel reckt, hier Dante, wie er die Comedia dichtet.
Vor einer Süßigkeitenbude schleckt ein kleines Mädel für ein Zehnerl Süßes. Sie hebt den Kinderblick. O sprich und grüß es, eh' ihre Seele sich mit Rost befleckt …
Laß sie um zwanzig Jahre älter sein … dann hat hier auf der Dult sie ihren Stand: feil hält sie ihres Lebens Lug und Tand – und es wird eine kleine Welt her sein, daß du sie dunkel einst erröten machtest, weil ihrem Kinderlächeln du entgegenlachtest …
 

Montreux

 
Hier sieht die Landschaft man nicht vor Hotels. Es riecht nach Beefsteak und nach faulen Eiern. Schloß Chillon steht betrübt auf einem Fels und ist berühmt durch Dichtungen von Byron.
Der Tag beginnt mit einem fetten Lunch, dann schiebt zum Liegestuhl man sacht den vollen geliebten Bauch. Und Wesen, die sich Mensch (mit Unrecht) nennen, hügelabwärts rollen.
Wer unter hundert Franken Rente hat, (pro Tag), der ist ein wüster Proletarier. Man frißt an Hummer sich und Kaviar satt, und ist kein Kassenhaß von Jud' und Arier.
In tausend Meter Höhe erst ist Luft, dort findet man zwei ärmliche Narzissen. Sie wachsen einer Jungfrau aus der Gruft und sind versehentlich nicht ausgerissen.
 

Theater

 
Wir heben unsre Beine wie an Schnüren, und unsre Herzen sind Papiermaché. Woran wir auch mit unsren Worten rühren: Sei's Lust, sei's Weh: Gott wird uns schon das richtige Wort soufflieren. Paß nur auf deinen Stich – denn im Parkett, da sitzt der Teufel, und ohne Zweifel, er amüsiert sich königlich …
 

Der Romanschriftsteller

 
Graugelb ist sein Gesicht. Die Nase / steigt klippenspitz empor. Die Augen liegen fleckig / mißtrauisch von den Wimpern tief beschattet, / geduckt zum Sprung wie Panther in der Höhlung. / Der rechte Arm mit der Zigarre steht / steif wie ein Schwert, als wolle er damit / sich von den andern sondern, die ihm widerwärtig / und dennoch so sympathisch sind. / Schlägt er die Asche ab, / so fällt wie Hohn sie aufs Gespräch. / Ein kurzes »Ja«, ein scharfes »Nein« / wirft er zuweilen in die Unterhaltung. / Mit diesem spitzen »Ja« und »Nein« / spießt er die Leute wie auf Nadeln auf / und nimmt sie mit nach Hause / für seine Käfersammlung. / – – – Schlägt man das nächste Buch des Dichters auf. / O Gott! Schon ist man selber drin verzeichnet / und wer sich in gerechter Selbsterkenntnis / für ein libellenähnlich' Wesen hielt, / der findet sich erstaunt als Mistbock wieder.
 

Der Lehrer

 
Meist war er klein und kroch am Boden hin wie eine Küchenschabe braun und eklig. Er stak in abgeschabten Loden drin und stank nach Fusel und nach Schweiß unsäglich.
Doch manchmal wuchs er riesig in das Licht, wuchs übern Kirchturm, schattete die Erde. Am Himmel brannte groß sein Angesicht, damit die Schöpfung seines Glanzes werde.
Er schlug das Aug' auf wie das Testament (mich graust, wenn ich dran denk'), pfiff wie im Rohr die Dom meln, ließ donnern, blitzte, hob die Sonnenfaust und ließ sie furchtbar auf uns niedertrommeln.
 

An die Natur

(Gedicht des Lehrers.)
 
Natur! Natur! Du Götterwelt! Wie bist du prächtig aufgestellt mit Bergen groß und Tälern klein, es hat wohl müssen also sein.
Und mittendrin in der Natur dehnt sich die grüne Wiesenflur, im Winter ist sie weiß beschneit, so hat ein Jedes seine Zeit.
Auch du, auch du, o Menschenkind, bedenke, wie die Zeit verrinnt. Heut rauscht sie mächtig noch daher und morgen sieht man sie nicht mehr.
Frisch auf, frisch auf, mit Hörnerklang durch das verschneite Tal entlang, die Glöckchen klingeln am Geläut: Gestern war gestern, morgen wird morgen sein, heute ist heut.
 

Winterschlaf

 
Indem man sich nunmehr zum Winter wendet, hat es der Dichter schwer, der Sommer ist geendet, und eine Blume wächst nicht mehr.
Was soll man da besingen? Die meisten Requisiten sind vereist. Man muß schon in die eigene Seele dringen – jedoch, da haperts meist.
Man sitzt besorgt auf seinen Hintern, man sinnt und sitzt sich seine Hose durch, – da hilft das eben nichts, da muß man eben überwintern wie Frosch und Lurch.
 

Nach der Schlacht an der englischen Front

 
Die Totengräber haben schon die Schaufeln angesetzt, da naht sich holpernd ein Viererzug, und ihm entsteigen stolpernd die Reisenden der Firma Cook and Son.
Eifrig und ernst begibt man sich ans Sammeln leerer Patronenhülsen oder -taschen. Indem die steifen Missis Kognakbohnen naschen, hört man Verwundete nach Wasser stammeln.
Ein toter Belgier … Man hätte beinah was verpaßt … ein Fußballspieler schätzt den grünen Rasen. Ein leiser Knall … Trompetenblasen … und ein ergrauter Lord erblaßt.
 

Pogrom

 
Am Sonntag fällt ein kleines Wort im Dom, am Montag rollt es wachsend durch die Gasse, am Dienstag spricht man schon vom Rassenhasse, am Mittwoch rauscht und raschelt es: Pogrom!
Am Donnerstag weiß man es ganz bestimmt: Die Juden sind an Rußlands Elend schuldig! Wir waren nur bis dato zu geduldig. (Worauf man einige Schlucke Wodka nimmt …)
Der Freitag bringt die rituelle Leiche, man stößt den Juden Flüche in die Rippen mit festen Messern, daß sie rückwärts kippen. Die Frauen wirft man in diverse Teiche.
Am Samstag liest man in der »guten« Presse: Die kleine Rauferei sei schon behoben, man müsse Gott und die Regierung loben … (denn andernfalls kriegt man eins in die Fresse.)
 

Der neue Rattenfänger

 
Und Väterchen befiehlt den weißen Schimmel und ruft sein Heer. Es schreiten Popen mit Gebimmel vor seinem Heiligenbildnis her.
Es flammt sein Blick in Fieberröten vor Furcht und Qual und Hohn. Er bläst auf zwei geborstnen Flöten den alten Panslawistenton.
Er lockt sein Volk zum Berg der Millionen Knochen, sein Kopf bebt wie ein Schädel aus dem Pelz. Am Boden zucken abertausend Mutterherzen gramzerbrochen, ein Fluß von Kindertränen rauscht vom Fels.
Es schlingen dürre Arme sich wie Algen um Nacken ihm und Rumpf, und riesenhaft entsteigt ein Galgen dem Sumpf.