Geh nie alleine essen! - Neuauflage

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Dritter Schritt: Der persönliche „Beraterstab“

Wie alles andere, über das ich in diesem Buch schreibe, kann man auch Ziele nicht alleine erreichen. Wenn man einen Plan gemacht hat, braucht man Bestärkung, damit man bei der Stange bleibt. Wie in jedem Unternehmen profitieren selbst die am besten konzipierten Pläne von einer externen Überprüfung.

Es ist gut, wenn man einen verständigen Berater oder zwei oder drei Personen hat, die einen sowohl anfeuern als auch mit Argusaugen überwachen und zur Rechenschaft ziehen. Ich bezeichne diese Gruppe von Menschen als meinen persönlichen Beraterstab. Er kann zum Beispiel aus Familienmitgliedern bestehen, ein Mentor kann dazu gehören, oder ein oder zwei gute Freunde.

Mir hat der Beraterstab einmal sehr geholfen, als ich an einem kritischen Punkt in meiner Karriere angelangt war. Ich hatte gerade Starwood Hotels and Resorts verlassen – die Gesellschaft, zu der so bekannte Marken wie W Hotel und Westin gehören. Ich war hilflos. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich weder Titel noch Arbeit. Ich musste meine Mission neu überdenken.

Von Deloitte war ich zu Starwood gewechselt, um ein unwiderstehliche Angebot anzunehmen: Ich wurde der jüngste Generaldirektor der Marketingabteilung eines Fortune-500-Unternehmens (ein Ziel, das ich mir drei Jahre zuvor gesteckt hatte) und konnte den Marketingansatz einer ganzen Branche neu erfinden.

Aber mein neuer Job lief nicht so ganz nach Plan.

Jürgen Bartels, der Präsident von Starwood, der mich eingestellt hatte, versprach mir, dass er mein Mentor sein und mir den Weg in die Führungsspitze ebnen würde. Meine Ziele für Starwood waren groß und erforderten die Änderung der Denkweise des gesamten Unternehmens.

Bis zu diesem Zeitpunkt war Marketing in der Hotelbranche eine regionale Angelegenheit gewesen, die häufig den einzelnen Hotels überlassen blieb. Diese Regelung ging jedoch auf Kosten der unternehmensweiten Einheitlichkeit der Marke. Wir hatten nun vor, die Marketingaktivitäten unter einem global orientierten Dach zu konsolidieren. Anstatt jede Weltregion ihre eigene Marketingstrategie fahren zu lassen, wollte ich das Marketing mehr zentralisieren, damit eine deutlichere Botschaft geschaffen werden konnte und wir mit einer einheitlichen Marke eine größere Wirkung auf den Markt erzielen konnten. Schließlich waren ja unsere Hauptkunden – Geschäftsreisende – zunehmend global orientiert und sie erwarteten Konsistenz.

Allerdings verließ Jürgen Bartels das Unternehmen kurz nach meiner Einstellung. Wie alle Bürokratien wehren sich auch Unternehmen tendenziell gegen Veränderungen, vor allem, wenn das Topmanagement nicht hinter den Veränderungen steht. Nach meinem ersten Jahr in dem Unternehmen war klar, dass ich mir unter dem neuen Präsidenten auf keinen Fall die Unterstützung innerhalb des Unternehmens verschaffen konnte, die ich für eine derart radikale Neuorganisation gebraucht hätte.

Der neue Präsident stellte klar, dass er unseren Plan zur Reorganisation der Marketingabteilung nicht fortführen wollte. Die Tage des Plans und damit die meinigen waren gezählt. Ohne das Okay für die gewagten Entscheidungen, die meiner Meinung nach für den Erfolg des Unternehmens und meinen persönlichen Aufstieg nötig waren, konnte ich meine Ziele in dem Unternehmen nicht erreichen, so viel wusste ich.

Ich war geschockt. Ich hörte an jenem Tag früher auf zu arbeiten und joggte eine Meile nach der anderen über die schönen Wege des New Yorker Central Parks. Sportliche Betätigung war für mich schon immer eine Zuflucht und dabei kann ich am besten denken. Aber gut zehn Meilen später stand ich immer noch unter Schock.

Als ich am nächsten Morgen mein Büro betrat, wusste ich, dass meine Zukunft anderswo lag. Die ganzen Annehmlichkeiten, die das Leben als Topmanager mit sich bringt – das große, bequeme Büro, die Mahagonimöbel, der Firmenjet, der hübsche Titel an der Bürotür –, waren nichts wert, wenn ich nicht die Ideen einbringen konnte, die Spaß, Kreativität und Begeisterung bedeuteten. Ich kündigte kurz danach offiziell und wenn ich es nicht getan hätte, weiß ich, dass ich sowieso nicht lange in dem Unternehmen geblieben wäre.

Es war Zeit für mich, ein neues Ziel festzulegen. Sollte ich anderswo eine Stellung als Marketingchef suchen und mich dadurch beweisen, dass ich größere, bessere Marken aufbaute, nach mehr Umsatz (und Gewinn) strebte und zu der Verwandlung eines Unternehmens in eine Markenikone beitrug? Oder sollte ich noch höher greifen? Mein letztes Ziel war eine Position als CEO. Aber dorthin gelangt man selten über das Marketing. Ich hatte zwar einen großen Teil meiner Karriere damit verbracht, die Führungsmannschaft davon zu überzeugen, dass Marketing sämtliche betrieblichen Aktivitäten beeinflussen könnte und sollte, aber ich war trotzdem nicht für alle diese Aktivitäten verantwortlich.

Die ultimative Marketingposition, um eine Marke zu definieren, war der CEO-Posten. Falls ich mich für diese Richtung entscheiden sollte, was musste ich noch lernen, um CEO zu werden? Welche Chancen hatte ich, eine solche Position zu finden? Welche Opfer und Risiken waren damit verbunden?

Ehrlich gesagt war ich mir über diese Fragen damals nicht im Klaren. Nachdem es bei mir jahrelang immer fröhlich aufwärtsgegangen war, fühlte ich mich nach dieser Enttäuschung richtig verloren. Ich musste wieder völlig neu herausfinden, was ich werden wollte.

Und ich hatte Angst. Zum ersten Mal seit Urzeiten hatte ich kein Unternehmen, das ich mit meinem Namen verbinden konnte. Ich hasste die Vorstellung, Menschen kennenzulernen, denen ich nicht klar sagen konnte, was ich beruflich machte.

Im Laufe der nächsten Monate führte ich Hunderte von Gesprächen mit den Menschen, denen ich vertraue. Ich machte einen Kurs in Vipassana-Meditation, wo ich zehn Tage lang jeden Tag zehn Stunden lang schweigend sitzen musste. Für einen Menschen wie mich, der den Mund nicht halten kann, war das eine Tortur. Ich fragte mich, ob die viele Zeit des Nachdenkens nicht vergeudet war und ob ich nicht nach Pennsylvania zurückkehren und ein kleiner Fisch in einem kleinen Teich bleiben sollte.

In dieser Zeit schrieb ich ein 12-seitiges Mission Statement, in dem ich mir unter anderem folgende Fragen stellte: Was sind meine Stärken? Was sind meine Schwächen? Welche Branchen stehen mir offen? Ich notierte die Wagniskapitalgeber, mit denen ich sprechen wollte, die CEOs, die ich kannte, die Leader, die ich um Rat fragen konnte, und die Unternehmen, die ich bewunderte. Ich ließ alle Möglichkeiten offen: Lehrer, Minister, Politiker, CEO. Für jede mögliche Richtung füllte ich einen eigenen BAP aus.

Als ich alles ausformuliert hatte, wandte ich mich an meinen privaten Beraterstab. Ich war nicht qualifiziert, CEO eines Großunternehmens zu werden, aber wenn ich in mich hineinsah, war das genau das, was ich wollte.

Tad Smith, Manager im Verlagswesen und einer meiner besten Freunde und Berater, sagte mir in einem Gespräch, ich müsste den Ehrgeiz ablegen, für ein Fortune-500-Unternehmen arbeiten zu wollen. Wenn ich CEO werden wollte, müsste ich ein Unternehmen finden, mit dem ich wachsen könnte.

Das war genau der Rat, den ich gebraucht hatte. Ich hatte mich zu sehr auf Großunternehmen versteift. Der Dotcom-Crash ließ zwar den Eintritt in die digitale Welt lange nicht mehr so verlockend wie vorher erscheinen, aber es gab immer noch ein paar sehr gute Unternehmen, die ein unternehmerisches Fundament brauchten. Jetzt wusste ich, wo ich suchen musste, und ich verfeinerte meinen BAP.

Von diesem Tag an verfolgte ich mit Anrufen und mit dem Besuch von Tagungen und Vorträgen den Zweck, das richtige Kleinunternehmen zu finden, das meine Heimat werden könnte. Nach drei Monaten hatte ich fünf Stellenangebote.

Ich hatte mich unter anderem an Sandy Climan gewandt, einen bekannten Geschäftsmann aus Hollywood, der früher bei Creative Artists Agency die rechte Hand von Michael Ovitz gewesen war und der inzwischen in Los Angeles eine Venturecapital-Gesellschaft namens Entertainment Media Ventures betrieb. Ich hatte Sandy kennengelernt, als ich noch bei Deloitte war und nach Wegen in die Welt der Unterhaltungsbranche suchte. Sandy machte mich mit den Mitarbeitern eines Unternehmens namens YaYa bekannt, in das seine Firma investiert hatte.

YaYa war ein Marketingunternehmen und ein Pionier auf dem Gebiet der Werbung über Onlinespiele. Das Unternehmen hatte ein gutes Konzept und konnte als Stärke engagierte Mitarbeiter und Gründer verbuchen. Es brauchte allerdings eine größere Vision, damit der Markt aufmerksam wurde, irgendeinen Aufhänger für das bislang noch unbekannte Produkt und jemanden, der all das nutzen konnte, um zu verkaufen, verkaufen, verkaufen.

Als mir YaYa im November 2000 den Posten als CEO anbot, wusste ich, dass alles stimmte. Das Unternehmen hatte seinen Sitz in Los Angeles, es eröffnete genau den unkonventionellen Weg in die Welt der Unterhaltung, den ich gesucht hatte, und es bot mir die Möglichkeit, meine Marketingerfahrung in den CEO-Job einzubringen.

Wenn Virginia das kann, kannst du das auch

Vor ein paar Monaten erzählte mir ein Freund von einer Frau namens Virginia Feigles, die in der Nähe des Ortes lebte, in dem ich aufgewachsen war. Die Geschichte ihres Triumphs hatte ihn fasziniert. Als ich ihre Geschichte hörte, ging es mir genauso.

Feigles hatte mit 44 Jahren beschlossen, dass sie nicht mehr Friseurin sein wollte. Sie wollte Ingenieurin werden. Von Anfang an gab es Bremser, die hartnäckig behaupteten, das sei unmöglich. Aber deren Negativität goss nur noch mehr Öl in ihr Feuer.

„Ich habe bei dieser ganzen Sache viele Freunde verloren“, so Feigles. „Die Menschen werden neidisch, wenn man sich zu etwas entschließt, von dem niemand gedacht hatte, dass man es tun würde oder könnte. Da muss man sich einfach durchboxen.“

 

Ihr Abenteuer liest sich wie ein Karriereberatungsbuch, in dem eine kühne Mission und die Bereitschaft, sich an andere Menschen zu wenden, Chancen schaffen, die einem Highschool-Absolventen vorher nicht offenstanden. Sie vermittelt aber auch eine ernüchternde Dosis Realismus: Veränderung ist hart. Man kann Freunde verlieren, auf scheinbar unüberwindliche Hindernisse stoßen und vor der problematischsten Hürde von allen stehen – dem eigenen Selbstzweifel.

Feigles wollte eigentlich schon immer aufs College gehen. Ihre Mutter hatte sie in der Kleinstadt Milton in Pennsylvania alleine aufgezogen, sodass sie kaum Möglichkeiten hatte.

Sie heiratete mit 17 und war ein Jahr danach schwanger. Sie arbeitete im Friseursalon ihres Mannes in Vollzeit und zog ihren einzigen Sohn auf. Zwanzig Jahre vergingen. Nach der zweiten Scheidung überdachte Feigles ihr Leben. Wachstum, so überlegte sie, kommt nur durch Veränderung. Und Veränderung kommt nur durch neue Ziele.

Sie arbeitete als Teilzeitsekretärin in der Handelskammer, aber sie begriff bald, dass das Leben noch mehr zu bieten hatte. „Ich dachte mir nur: ‚Das ist doch dämlich. Warum sitze ich am falschen Ende? Nicht jeder, der einen Doktor in Physik hat, ist gleich Albert Einstein.‘ “

Es stimmt zwar, dass nicht jeder Ingenieur ein Genie ist, aber alle Ingenieure beherrschen die Algebra – was Feigles nicht von sich behaupten konnte. Deshalb klemmte sie sich dahinter und lernte es innerhalb weniger Monate.

Nach einem Sommerkurs am örtlichen College beschloss sie, sich an einer der besten Ingenieurschulen des Landes, der Bucknell University, zu bewerben. Die stellvertretende Fakultätsleiterin Trudy Cunningham beschönigte die Situation keineswegs.

„Als sie herkam, sagte ich ihr, dass sie es schwer haben würde. Sie war erwachsen, hatte ein Leben, eine Wohnung, ein Auto und sie musste mit jungen Leuten konkurrieren, die im Wohnheim wohnten und denen das Essen gekocht wurde.“ Zum Glück war Feigles ihr Leben lang als „Connector“ aktiv gewesen. Sie war Mitglied in mehreren Organisationen, sie gehörte dem Vorstand des YMCA, der Handelskammer von Milton und des Parks and Recreation Committee an. Zeitweise war sie auch Mitglied im Gartenbauverein und in der Milton Business Association. Sie hatte überall Freunde und Ratgeber, die sie unterstützten.

Die anderen Studenten feierten nach den Lehrveranstaltungen Partys und gingen zu Footballspielen. Feigles arbeite abends im Friseursalon und hatte danach noch ein anstrengendes Lernpensum vor sich. Sie kann sich an keinen Tag erinnern, an dem sie nicht daran dachte, aufzugeben.

Sie erinnert sich an die Rückgabe der ersten Physikklausur. Sie war durchgefallen.

„Eine andere Studentin dachte, das wäre der Weltuntergang. Ich sagte ihr, sie solle sich keine Sorgen machen, ich würde mich schon nicht umbringen“, erinnert sie sich mit der Abgeklärtheit derjenigen, die das alles hinter sich haben. Am Ende bekam sie die Note 3.

Viele schlaflose Nächte und einige 3er-Benotungen später fand sich Feigles im Jahre 1999 unter 137 anderen Ingenieurabsolventen wieder. Niemand staunte darüber mehr als die Absolventin selber: „Ich dachte die ganze Zeit: ‚Was habe ich da bloß gemacht?‘ Und dann sagte ich mir immer wieder: ‚Ich habe es geschafft, ich habe es tatsächlich geschafft!‘ “

Nachdem sie ihre Ziele erreicht hatte, wuchs ihr Netzwerk weiter – und zwar nicht nur was Freundschaften und Geschäftskontakte angeht. Inzwischen ist sie nämlich wiederverheiratet – mit ihrem früheren Chef aus der Handelskammer – und hat eine berufliche Laufbahn im Verkehrsministerium von Pennsylvania begonnen. Seit Kurzem ist sie Vorsitzende des Planungsausschusses, für den sie früher als Sekretärin Notizen machte.

Die eigenen Ziele zu erreichen kann schwierig sein. Aber wenn Sie erst einmal Ziele haben, einen realisierbaren Plan, diese zu erreichen, und eine Reihe vertrauenswürdiger Freunde, die Ihnen dabei helfen können, dann können Sie so ziemlich alles schaffen – sogar mit über vierzig noch Ingenieur werden.

PORTRÄTS GROSSER „CONNECTORS“

Bill Clinton

„Erkenne deine Lebensaufgabe.“

Im Jahre 1968 lernte William Jefferson Clinton, der mit einem Rhodes-Stipendium an der Oxford University studierte, auf einer Party einen Studenten namens Jeffrey Stamps kennen. Clinton zog prompt ein schwarzes Adressbuch aus der Tasche und fragte: „Was machst du hier in Oxford, Jeff?“

„Ich bin mit einem Fulbright-Stipendium in Pembroke“, antwortete Jeff. Clinton notierte „Pembroke“ und fragte Stamps, wo er vorher studiert hatte und was sein jetziges Hauptfach war. „Bill, warum schreibst du dir das auf?“, fragte Stamps.

„Ich gehe in die Politik; ich will Gouverneur von Arkansas werden und notiere mir alle Menschen, die ich kennenlerne“, sagte darauf Clinton.

Diese Geschichte, an die sich Stamps erinnerte, ist ein prägnantes Beispiel dafür, dass Bill Clinton schon damals direkt auf andere Menschen zuging und sie in seine Mission einbezog. Schon damals wusste er, dass er für ein öffentliches Amt kandidieren wollte, und seine Zielstrebigkeit bestärkte ihn in seinen Bemühungen, dies sowohl mit Leidenschaft als auch mit Ernsthaftigkeit zu erreichen. Der 42. Präsident der Vereinigten Staaten hatte sich schon während seines Erststudiums in Georgetown angewöhnt, jeden Abend die Namen aller Menschen, die er an diesem Tag getroffen hatte, auf Karteikarten zu notieren.

Sein politischer Ehrgeiz und seine Fähigkeit, auf andere zuzugehen, gingen während seiner gesamten politischen Laufbahn Hand in Hand. Als er im Jahre 1984 Gouverneur von Arkansas war, besuchte er zum ersten Mal eine Veranstaltung über landesweites Networking und geistige Führung – das Renaissance Weekend in Hilton Head in South Carolina. Clinton hatte die Einladung von seinem Freund Richard Riley bekommen, der damals Gouverneur von South Carolina war. Für einen Menschen wie Clinton, der keine Gelegenheit verstreichen ließ, Freundschaften zu schließen und neue Menschen kennenzulernen, war das Renaissance Weekend wie ein Besuch im Spielzeugladen. Die Washington Post beschrieb Clintons Teilnahme an der Veranstaltung in einem Artikel im Dezember 1992 so:

„Viele Teilnehmer erinnern sich bei dem Gedanken an Clintons Anwesenheit eher an Bilder als an Worte: wie er von einer Diskussion zur nächsten ging, wie er sich einen Platz am Rand des Saals suchte und sich entspannt an die Wand lehnte; dass er jeden zu kennen schien, und zwar nicht nur die Namen der Personen, weil jeder ein Schildchen trug, sondern auch was sie beruflich machten und wofür sie sich interessierten. ‚Er umarmt einen‘, erzählt Max Heller, ehemaliger Bürgermeister von Greenville. ‚Er umarmt einen nicht nur körperlich, sondern mit seinem gesamten Wesen.‘ “

Heller bezieht sich damit auf Clintons einmalige Fähigkeit, mit jedem beliebigen Gesprächspartner fast augenblicklich eine intime Atmosphäre zu erzeugen. Clinton erinnert sich nicht einfach nur an persönliche Details; er benutzt diese Informationen vielmehr, um ein Band mit dem Gesprächspartner zu knüpfen.

Man kann von Clinton zwei Dinge lernen: Erstens, je konkreter man weiß, wohin man im Leben kommen will, desto leichter kann man eine passende Networking-Strategie entwickeln, um dieses Ziel zu erreichen.

Zweitens, seien Sie sensibel und stellen Sie bei Ihren Interaktionen mit anderen Menschen echte Verbindungen her. Normalerweise rechnen wir ja schon damit, dass Menschen, die reich oder mächtig werden, andere von oben herab behandeln. Clinton beweist, wie charmant und beliebt man werden und bleiben kann, wenn man jeden ernst nimmt, den man kennenlernt.

4
Bauen Sie es auf, bevor Sie es brauchen

„Bauen Sie eine kleine Gemeinschaft von Menschen auf, die Sie lieben und von denen Sie geliebt werden.“

– Mitch Albom

Vergessen Sie die Bilder, die wir alle im Kopf haben: verzweifelte arbeitslose Menschen, die jede sichtbare Visitenkarte einstecken, während sie mit Feuereifer Geschäftskongresse und Jobmessen besuchen. Der große Mythos des „Networking“ besagt, dass man sich erst dann an andere Menschen wendet, wenn man zum Beispiel einen Job braucht. Die Menschen, die die meisten Kontakte, Mentoren und Freunde haben, wissen allerdings, dass man auf Menschen zugehen muss, lange bevor man überhaupt etwas braucht.

Nehmen wir einmal George, einen intelligenten jungen Mann in den Zwanzigern, den mir ein gemeinsamer Freund vorstellte. George arbeitete in New York im Werbegeschäft und wollte seine eigene Werbeagentur gründen. Er fragte mich, ob ich einmal mit ihm essen gehen würde, weil er Rat und Ermunterung suchte.

Zehn Minuten nachdem wir uns hingesetzt hatten, wusste ich, dass er auf dem falschen Dampfer war.

„Haben Sie schon versucht, mit potenziellen Kunden in Kontakt zu treten?“, fragte ich ihn.

„Nein“, sagte er, „ich gehe Schritt für Schritt vor. Ich habe vor, mich in meinem jetzigen Unternehmen bis zu dem Punkt hochzuarbeiten, wo ich es mir leisten kann, zu gehen. Dann gründe ich eine Gesellschaft, miete ein Büro und mache mich auf die Suche nach ersten Kunden. Ich will keine Termine mit potenziellen Kunden machen, bevor ich mich als glaubwürdiger Werbefachmann mit eigener Firma präsentieren kann.“

„Sie machen das völlig verkehrt“, sagt ich zu ihm. „Sie verurteilen sich zum Scheitern.“

Ich riet ihm, künftige Kunden schon heute zu suchen. Hatte er sich schon überlegt, auf welche Branche er sich spezialisieren wollte? Hatte er sich gefragt, wo sich die Spitzenleute dieser Branche aufhalten? Wenn er diese Fragen beantwortet hätte, wäre der nächste Schritt gewesen, sich in diesem neuen Kreis von Menschen zu bewegen.

„Das Wichtigste ist, dass man diese Menschen als Freunde und nicht als potenzielle Kunden kennenlernt“, sagte ich. „Mit einem haben Sie allerdings recht: Egal wie freundlich Sie sind, wenn die Menschen, an die Sie herantreten, auf ihrem Gebiet gut sind, engagieren sie Sie nicht vom Fleck weg für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Deshalb sollten Sie Ihre Dienste kostenlos anbieten – jedenfalls am Anfang. Sie könnten zum Beispiel ehrenamtlich für eine gemeinnützige Organisation arbeiten, mit der Sie zu tun haben, oder Sie könnten die Werbetrommel zur Geldbeschaffung für eine Schule rühren, in die Ihre Kinder gehen.“

„Aber wird sich mein Arbeitgeber nicht ärgern, wenn ich so viel Energie auf andere Dinge verwende?“, fragte George.

„Bei Ihrem Arbeitgeber gute Arbeit abzuliefern kommt an erster Stelle“, sagte ich ihm. „Es liegt in Ihrer Verantwortung, Zeit für Ihre sonstigen Aktivitäten zu finden. Konzentrieren Sie sich auf eine Branche, die Ihr derzeitiger Arbeitgeber nicht bedient. Denken Sie daran, dass Sie im Nullkommanichts wieder in Ihrem alten Job landen, wenn Sie bis zu dem Tag, an dem Sie beschließen, Ihre eigene Firma zu eröffnen, nicht die nötige Vorarbeit geleistet haben.“

„Ich soll also umsonst für diese Leute arbeiten?“

„Absolut“, sagte ich. „Bis jetzt haben Sie sich noch nicht die Sporen verdient und es ist schwer, da hineinzukommen. Aber irgendwann haben Sie einen wachsenden Kreis von Menschen, die Ihre Arbeit gesehen haben und die an Sie glauben. Man muss sich solche Connections beschaffen, wenn man ein Unternehmen eröffnen, die Stelle wechseln oder eine andere Laufbahn einschlagen will.

Versuchen Sie irgendwann, während Sie noch für Ihre jetzige Firma arbeiten, aus einem Ihrer Kontakte einen echten, zahlenden Kunden zu machen. Wenn Sie einmal einen festen Kunden haben, der Referenzen und Mundpropaganda liefert, haben Sie schon die halbe Miete. Dann – wirklich erst dann – können Sie mit Ihrer Firma reden und fragen, ob Sie nicht auf Teilzeitbasis weiterarbeiten könnten oder, was noch besser ist, sie zu Ihrem zweiten zahlenden Kunden machen könnten. Wenn Sie an diesem Punkt kündigen, haben Sie sich abgesichert. Sie haben dann eine Gruppe von Menschen, die Ihnen beim Übergang in eine neue Karriere helfen.“

Die letzte halbe Stunde unseres gemeinsamen Essens verbrachten wir damit, über Menschen aus seinem jetzigen Bekanntenkreis nachzudenken, die ihm am Anfang helfen könnten. Ich bot ihm den einen oder anderen Namen aus meinem eigenen Netz an und schon wuchs Georges Selbstbewusstsein. Ich bin zuversichtlich, dass seine Versuche, mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen, jetzt nicht mehr von Hoffnungslosigkeit verdüstert werden. Er wird jetzt nach Möglichkeiten suchen, anderen zu helfen, und davon kann jeder ein kleines bisschen profitieren.

 

Die Gedanken, die man sich bei einer Unternehmensgründung machen muss, unterscheiden sich nicht von den Gedanken, die man sich machen muss, wenn man in seinem Unternehmen zum Überflieger werden will – von neuen Jobchancen und der Sicherung des Arbeitsplatzes ganz zu schweigen. Ich weiß, angesichts des aktuellen wirtschaftlichen Umfelds ist das schwer zu glauben. Auch wenn die Arbeitslosigkeit seit ihrem letzten Höhepunkt 2010 zurückgegangen ist, ist sie immer noch hart, besonders, wenn man noch sehr jung ist oder sich dem Ende des Erwerbslebens nähert. Frischgebackene Absolventen werden feststellen, dass viele Einstiegspositionen von unbezahlten oder gering bezahlten Praktikanten übernommen wurden. Die Arbeitssuchenden von heute müssen schon mehr tun, als Stellenanzeigen zu lesen oder Bewerbungen zu verschicken, um ihre nächste Stelle zu ergattern.

Nur allzu oft verrennen wir uns, weil wir im Endeffekt ineffiziente Dinge tun und uns ausschließlich auf die Arbeit konzentrieren, die uns über Wasser hält. Es geht ja nicht darum, sich gleich morgen ein anderes Umfeld zu suchen – sei es ein neuer Job oder ein neuer Wirtschaftszweig –, sondern beständig das Umfeld und die Gemeinschaft zu schaffen, die man haben will, komme, was wolle.

Die Schaffung einer solchen Gemeinschaft ist allerdings keine kurzfristige Lösung und keine einmalige Aktion, die man nur bei Bedarf durchführt. Der Aufbau einer Beziehung verläuft notwendigerweise in kleinen Schritten. Man kann das Vertrauen und das Engagement eines Menschen nur mit der Zeit und Stück für Stück erwerben.

Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie Sie genau jetzt anfangen können, die Art von Gemeinschaft zu schaffen, die Ihre Karriere fördert. Sie können erstens mit dem Segen Ihres Arbeitgebers ein Projekt starten, das Sie zum Erwerb neuer Fähigkeiten zwingt und Sie innerhalb Ihres Unternehmens mit neuen Menschen zusammenbringt. Sie können zweitens im Rahmen Ihrer Hobbys und bei sonstigen Organisationen, die Sie interessieren, Führungspositionen übernehmen. Sie können drittens in eine örtliche Organisation ehemaliger Studenten eintreten und Zeit mit den Menschen verbringen, die genau die Jobs haben, die Sie gern hätten. Sie können viertens an ihrer Volkshochschule einen Kurs belegen, der mit Ihrem jetzigen Job oder mit Ihrem gewünschten künftigen Job zu tun hat.

Alle genannten Vorschläge helfen Ihnen, Menschen kennenzulernen. Und nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit laufen Ihnen umso mehr Gelegenheiten über den Weg und Sie bekommen an entscheidenden Punkten Ihrer Karriere mehr Hilfe, je mehr Menschen Sie kennen.

Während meines ersten Jahrs auf der Business School fing ich an, zusammen mit meinem Freund Tad Smith Beraterjobs zu machen. Wir hatten nicht vor, eine dauerhafte Beraterfirma zu gründen, die wir nach dem Studium betreiben wollten. Stattdessen wollten wir unser Wissen und unser Arbeitsethos kleinen Firmen zu Spottpreisen zur Verfügung stellen. Im Gegenzug würden wir etwas über neue Branchen erfahren, praktische Fertigkeiten erwerben, bis zu unserem Abschluss eine Liste von Referenzen und Kontakten haben und dazu noch bares Geld verdienen.

In was für einer Welt leben Sie im Moment? Machen Sie das Beste aus den Beziehungen, die Sie schon haben?

Stellen Sie sich einmal vor, Ihre Familie, Ihre Freunde und Ihre Kollegen wären Teile eines Gartens. Machen Sie einen Spaziergang durch diesen Beziehungsgarten. Was sehen Sie?

Wenn Sie so sind wie die meisten Menschen, sehen Sie ein winziges, sauber gemähtes Rasenstück, das aus den üblichen Verdächtigen besteht – den 20 oder 30 Menschen, die sich im oberen Bereich Ihres E-Mail-Posteingangs tummeln. Das sind Ihre unmittelbaren Freunde, Mitarbeiter und Geschäftspartner: diejenigen, die einem sofort einfallen.

Ihr tatsächliches Netzwerk ist aber ein wuchernder Dschungel mit unendlich vielen vernachlässigten Plätzchen und Winkeln.

Ihr Verbindungspotenzial ist jetzt in diesem Augenblick weitaus größer, als Sie sich vorstellen können. Überall um Sie herum gibt es vielversprechende Gelegenheiten, Beziehungen zu Menschen, die Sie schon kennen, weiterzuentwickeln; diese kennen Menschen, die Sie nicht kennen, und die wiederum kennen noch mehr Menschen.

Sie können mehrere Dinge tun, um Ihr bereits existierendes Netzwerk zu nutzen. Sind Sie schon den Freunden und Bekannten Ihrer Eltern nachgegangen? Was ist mit Ihren Geschwistern? Mit Ihren Freunden vom College und von der Uni? Was ist mit der Kirche, dem Kegelklub, dem Fitnessstudio? Wie sieht es mit Ihrem Arzt, Ihrem Anwalt, Ihrem Immobilienmakler oder Ihrem Broker aus?

Unter Geschäftsleuten sagt man immer, die besten Kunden sind die jetzigen Kunden. Das heißt, die meisten erfolgreichen Geschäftsanbahnungen resultieren aus dem bereits erfolgten Umsatz. Die größten Erträge kommen nicht aus dem Neugeschäft; sie kommen zu dem etablierten Kundenstamm hinzu. Am einfachsten kommt man an Menschen heran, die zumindest am Rande zu Ihrem Netzwerk gehören.

Die größten Hürden beim Networking tauchen bei der Kaltakquise, beim Kennenlernen und bei allen Aktivitäten auf, die mit der Aktivierung Unbekannter zu tun haben. Aber der erste Schritt hat gar nichts mit Fremden zu tun; Sie sollten als Erstes mit Menschen Kontakt aufnehmen, die Sie schon kennen.

Konzentrieren Sie sich auf Ihr unmittelbares Netzwerk: Freunde von Freunden, Bekannte aus der Schulzeit, die Familie. Ich vermute, Sie haben noch nie Ihre Cousins und Cousinen, Ihre Brüder oder Schwäger gefragt, ob Sie jemanden kennen, mit dem sie Sie bekannt machen könnten, und die Ihnen beim Erreichen Ihrer Ziele helfen könnten.

Jedermann, von Ihrer Verwandtschaft bis hin zum Postboten, ist das Tor zu einer ganz neuen Gruppe von Menschen.

Gehen Sie also nicht erst dann auf andere zu, wenn Sie Ihren Job verloren haben oder auf sich alleine gestellt sind. Sie müssen eine Gemeinschaft von Kollegen und Freunden schaffen, bevor Sie sie brauchen. Die Menschen in Ihrer Umgebung helfen Ihnen mit größerer Wahrscheinlichkeit, wenn sie Sie schon kennen und Sie mögen. Fangen Sie jetzt an zu gärtnern. Sie werden es nicht glauben, welche Schätze Sie hinter Ihrem eigenen Haus finden können.