Schmerzfrei ohne Medikamente

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Darüber hinaus sollten Sie tagsüber etwas Spielraum für sich haben, damit sich ein achtsamer Umgang mit sich selbst auch im Alltag etabliert. Sie können Ihre Arbeit, Ihre Freizeitaktivitäten, Ihre Vorhaben und Hobbys genauso organisieren wie bisher, nur wäre währenddessen ein wenig mehr „Luft“ oder Spielraum gut, damit Sie neuen und aktualisierten Bedürfnissen auch folgen können.

Vielleicht wird Ihnen jetzt erst bewusst, dass das Schmerzprogramm etwas Besonderes, „Ihre“ persönliche Zeit, und wenn Sie so wollen, ein Investment in Sie selbst ist. Anstatt in Aktien, Autos, Häuser oder Grundstücke zu investieren, stecken Sie hier Ihre Energie in Ihr Leben, in Ihre Gesundheit und in sich selbst. Und dabei knausern Sie bitte nicht! Seien Sie großzügig und investitionshungrig. Ich bin mir sicher, dass diese Art Investition Ihnen sehr gut bekommen wird.

Investitionsmangel erkennen

Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass damit noch ganz andere Implikationen ins Spiel kommen können. Ich habe einige Klienten kennengelernt, die gezielte Schritte zur Schmerzlinderung nicht wahrnahmen, weil sie hinsichtlich ihrer Investitionen mit ihrer Zeit geizten oder sich nicht imstande fühlten, innerhalb ihres Alltags Extraraum für sich freizuschaufeln. Stattdessen widmeten sie ihre volle Aufmerksamkeit jemand anderem, den sie pflegten, beaufsichtigten, betreuten oder dem sie sich verpflichtet fühlten.

Während der Vorbereitung des Buches habe ich mir die Anamnesen Schmerzbetroffener unter diesem Aspekt noch einmal angesehen. Ich war selbst erstaunt, als ich sah, dass die Hälfte der Menschen, die sich aus Schmerzgründen bei mir vorgestellt hatten, die Bedürfnisse anderer ganz oder teilweise über die eigenen stellten. Fünfzig Prozent! Viele von ihnen gaben dies als Grund dafür an, dass sie bestimmte therapeutische Maßnahmen, Aufgaben oder Bewusstheitsübungen, die ich ihnen empfahl, vernachlässigten oder negierten. Während sie andere Menschen umsorgten, betreuten oder verwöhnten, fanden sie keine Viertelstunde für sich selbst.

Schmerzlösung live

Thea

litt unter schubweisen Rückenschmerzen. Doch diese standen nicht im Mittelpunkt ihrer Heilungsversuche. Hauptsächlich kümmerte sie sich um ihren depressiven Partner, der ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Sie habe deshalb keine Zeit für Eigenübungen. Auch kürzere Aufgaben im Alltag, die keine Extrazeit verlangten, seien ausgeschlossen. Selbst wenn sie unterwegs war, rief sie ihren Mann viele Male an und erkundigte sich nach seinem Befinden. Wenn er nicht ans Telefon ging, wurde sie sofort von schlechtem Gewissen geplagt, weil sie glaubte, nicht genügend für ihn da zu sein.

Nach einem Moment der inneren Einkehr wurde Thea bewusst, dass ihr Körper mit der Zeit immer schmerzempfindlicher geworden war und ihre Bandscheibenvorfälle nicht mehr alle zwei Jahre, sondern zweimal jährlich auftraten. Aber auch das veranlasste sie noch nicht, an ihren Gewohnheiten etwas zu verändern. Erst als ihre Beinnerven taub wurden und der Orthopäde zur Operation riet, begann sie zu handeln. Ihre Schmerzen lösten sich erst, als ihr Partner eine Tagesbetreuung erhielt und sie sich täglich eine dreißigminütige Auszeit nahm.

Ilona

weigerte sich, während der Sitzungen das Handy auszuschalten, weil ihr Vater eventuell anrufen könnte. Wie häufig er das pro Tag tue, fragte ich sie. „Nicht so oft …“, Ilona überlegte: „So … einmal im halben Jahr.“ Doch ausschalten könne sie das Handy trotzdem nicht. Sie wolle nicht die Schuld tragen, wenn ihm etwas passiere. Ilona stand permanent unter Strom. Als sie ihr Handy erstmals auf „lautlos“ stellte, saß sie stocksteif vor mir und hielt den Atem an. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass sich ihr Schmerz wie ein Wahnsinniger benahm.

Ich habe dieses Thema des „Für-sich-Daseins“ nicht ohne Grund so ausführlich thematisiert. Es ist tatsächlich nicht für jeden Menschen selbstverständlich, sich selbst gegenüber aufmerksam zu sein und die eigenen Bedürfnisse zu stillen. Bei nicht wenigen Schmerzerfahrenen spielt dieses Geschehen eine maßgebliche Rolle. Sie rangieren in der Reihenfolge der Wertigkeiten ihres Lebens grundsätzlich auf Platz zwei, fünf oder zehn.

Auch wenn die von mir angegebenen Zahlen wissenschaftlichen Standards nicht genügen, sind es ernstzunehmende Beobachtungen, die im Vorfeld des Schmerzprogramms durchaus die Frage rechtfertigen, ob in Ihrem Alltagsleben genügend Zeit und Freiraum für das Schmerzprogramm vorhanden ist. Es wäre schade, wenn Sie das Programm beginnen würden, es aber entweder nur halbherzig durchführen könnten oder es sogar abbrechen müssten, weil Ihnen alles über den Kopf wächst.

Die Fallhöhe

Falls Ihnen diese Szenarien bekannt vorkommen, das Schmerzprogramm aber dennoch attraktiv für Sie ist, steht an dieser Stelle für Sie ein wenig Klärungsarbeit an. Vielleicht können Sie zeitweilige Hilfe organisieren oder andere Arrangements treffen. Möglicherweise ist es sowieso längst an der Zeit, umzudenken. Und ganz nebenbei: Es ist ja niemandem geholfen, wenn Sie als betreuende, therapierende, versorgende Person selbst unter Schmerzen leiden und am Ende Ihrer Kräfte sind. Aus der Nähe betrachtet, können Sie nicht wirklich hilfreich für einen anderen Menschen sein, wenn Ihre Anspannung hoch, Ihr Stresspegel bedenklich und Ihr Schmerz im Kriegszustand ist.

Die anstehende Entscheidungsfindung können Sie auch dazu nutzen, im Vorfeld zu prüfen, ob Ihr Schmerz sogar durch einschlägige Umstände ausgelöst, verstärkt oder sogar chronisch geworden ist. In einem solchen Fall scheint es ohnehin an der Zeit, dass Sie vor Beginn des Schmerzprogramms aktiv werden. Denn: Kein Schmerzprogramm der Welt und schon gar nicht das „Mittel Meditation” hat die Kraft, gegen Schmerzkatalysatoren wie diese anzutreten. Setzen Sie deshalb vor dem Programmbeginn unbedingt Prioritäten. Stellen Sie sicher, dass Sie mindestens für dreißig Tage im Mittelpunkt Ihrer Aufmerksamkeit stehen.

Erste Bilanz

Fassen Sie nun zusammen, wie weit Sie gekommen sind: Als Erstes setzen Sie den großen Rahmen für das Absolvieren des Programms und klopfen ab, ob es Ihnen möglich ist, mindestens einen Monat lang vorrangig für sich selbst da zu sein. Wenn Sie das bejahen, legen Sie fest, ob Sie Ihr Schmerzprogramm in Ihrer gewohnten Umgebung oder an einem anderen Ort absolvieren möchten. Hier wäre auch eine Kombination aus beidem möglich, indem Sie das Schmerzprogramm anderswo beginnen, um sich in die Abläufe einzuschleichen, den verbleibenden Teil aber zu Hause beenden. Ich bin mir sicher, dass Sie bereits beim Lesen bemerkt haben, zu welcher Variante Sie sich hingezogen fühlen.

Das richtige Timing

Leicht ist richtig

Sobald Sie die Rahmenbedingungen für das Programm geklärt haben, schließen Sie die konkrete Zeitplanung an. Werfen Sie zunächst einen Blick in Ihren Kalender. Vielleicht ergibt sich beim bloßen Hinsehen bereits das günstigste Zeitfenster. Das kann eine Phase sein, in der Sie nur wenige verbindliche Termine notiert haben oder Ihnen aufgrund bestimmter beruflicher Planungen eine lockere Zeiteinteilung gelingt. Spüren Sie Zeiträume auf, in denen Sie keine größeren Ereignisse, Verpflichtungen oder fordernde Events vorgesehen haben. Sehen Sie hier, was es alles zu bedenken geben kann.

Berufliches: Vergewissern Sie sich, dass Sie keine beruflichen Spitzenprojekte vor sich haben, bei denen Sie uneingeschränkt funktionieren müssen, weil extreme geistige oder körperliche Herausforderungen oder besondere energetische Strapazen auf Sie zukommen. Wenn Sie auf Dienstreisen sind, womöglich Langstreckenflüge zu bewältigen haben und von sich wissen, dass Ihnen der Jetlag jedes Mal zu schaffen macht, wäre diese Zeitspanne ebenso mit einem Fragezeichen zu versehen.

Stressiges: Wenn Sie wissen, dass Ihre „Rechte Hand“ im Büro im Urlaub ist und Sie erfahrungsgemäß mehr Arbeit übernehmen müssen, sodass Überstunden selbstverständlich sind, wäre das ebenfalls ein fragwürdiger Moment für einen Start. Wenn Sie vor einer wichtigen Prüfung stehen, eine Magisterarbeit oder Dissertation vorbereiten, auf extreme mentale Aufgaben zusteuern oder in einem eng getakteten Projekt stecken, für das es eine druckerzeugende „Deadline“ gibt, lassen Sie diese Herausforderungen erst einmal vorübergehen und steigen Sie danach ein.

Medizinisches: Wenn Sie bereits eine Reihe ärztlicher oder therapeutischer Termine im Kalender notiert haben, die Sie einhalten wollen und müssen, könnte sich auch das ungünstig, weil ablenkend auf den Verlauf auswirken. Ein eng gestrickter Physiotherapie- oder Massageplan beispielsweise verträgt sich nicht ganz mit der Strategie des Schmerzprogramms. Die Reaktionen auf die Impulse vermischten sich und wären weder für Sie noch für Ihren behandelnden Therapeuten nachvollziehbar. Klopfen Sie das Vorgehen auf Einheitlichkeit ab.

Familiäres: Wenn Sie wissen, dass Sie zu bestimmten Zeiten mehr Aufmerksamkeit für familiäre Verpflichtungen aufbringen werden und sich diesen weder entziehen möchten noch können, dann ist das sicherlich nicht die günstigste Zeit für eine Wende Ihrer neuronalen Gewohnheiten. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn Sie Gäste haben, den hundertsten Geburtstag Ihrer Großmutter oder die Hochzeit Ihrer Tochter organisieren, das Kind Ihrer Schwester regelmäßig am Abend babysitten oder beim Hausbau Ihres Bruders helfen. Prüfen Sie außerdem, ob hier eine Hinwendung zu sich selbst realistisch ist.

Aktuelles: Es macht ebenso wenig Sinn, das Programm in Zeiten zu legen, wenn Sie von vornherein wissen, dass dann zu viel anliegen wird. Beispielsweise wusste einer meiner Münchener Klienten ganz genau, dass es keine gute Idee wäre, den Körper während des Oktoberfestes mit neuen neuronalen Impulsen bekannt zu machen. Christine war klar, dass sie ab Mitte Dezember Weihnachtsfeiern, ausgiebigen Einkaufsbummeln und Fahrten zu Weihnachtsmärkten den Vorrang geben würde, ganz zu schweigen von den Feiertagen. Ulrich wusste, dass die Winterzeit, wenn er an jedem Wochenende auf die Skipiste fuhr, der ungünstigste Zeitpunkt für außerordentliche Veränderungen wäre.

 

Schauen Sie also mit diesen Anregungen und Ihren Gewohnheiten im Hinterkopf in Ihren Kalender und filtern Sie die günstigste Zeit heraus. Gestalten Sie den Beginn leicht!

Unvorbereitetes

Ein Blick vorweg: Falls ein ungeplanter Zwischenfall eintreten sollte, nachdem Sie das Programm begonnen haben, gibt es natürlich verschiedene Alternativen: Wenn Sie in der ersten Hälfte des Programms unerwartet stark beansprucht sind und plötzlich nur wenig Raum für Ihre Experimente bleibt, können Sie es natürlich abbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt neu beginnen. Fällt ein solches unvorhergesehenes Ereignis in die zweite Hälfte, sind Sie möglicherweise schon ganz gut im Geschehen drin. Dann ziehen Sie Bilanz, pausieren Sie und steigen Sie später mit den Aufgaben der bereits begonnenen Woche wieder ein. Eine solche zeitweilige Unterbrechung sollte allerdings sieben Tage nicht überschreiten. Tut sie es doch, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Ihnen der Zusammenhang verloren geht und der unmittelbare Effekt erlischt.

Es bedeutet nicht das Ende der Welt, wenn Sie mit dem Programm temporär pausieren. Nur weiß ich aus Erfahrung eines sehr genau: Je mehr Sie hin und her lavieren, je mehr Sie sich das Aufschieben oder „Verhandeln“ als Option offenhalten, desto mehr verwässern Sie Ihr inneres Engagement. Sie berauben sich Ihrer eigenen Kräfte, die in das Programm fließen, und ziehen den „Saft“ aus der Übungspraxis heraus.

Wesentlich einfacher ist das Gegenteil: Wenn Sie das Programm starten, sich Schritt für Schritt immer tiefer einlassen und es zügig über die Bühne bringen, ist das der idealste Verlauf. Sie bewegen sich wie auf einer Welle sitzend durch das Programm, was das praktische Vorgehen aufgrund seiner Eigendynamik leicht und natürlich macht.

Den Rücken frei haben

Nachdem Sie den richtigen Zeitpunkt für den Programmstart herausgearbeitet haben, bereiten Sie sich nun darauf vor, während dieser vier Wochen höchstwahrscheinlich etwas andere Prioritäten zu setzen als gewohnt. Stimmen Sie die Menschen in Ihrer näheren Umgebung darauf ein, dass Sie deren Erwartungen möglicherweise nicht entsprechen. Kommunizieren Sie auch, dass Sie weder verplant noch zusätzlich beansprucht werden möchten. Behalten Sie die Kontrolle über Ihr Zeitbudget unbedingt in Ihrer Hand!

Halten Sie sich während der dreißig Tage außerdem bewusst von Menschen fern, die zur Vereinnahmung neigen, als Energieräuber bekannt sind oder Ihrer Schmerzkur nicht positiv gegenüberstehen. Meiden Sie die notorischen „Ja, aber …“-Sager, die Miesepeter, Nörgler, Berufskritiker, Dauerdiskutierer, Zaunsitzer, Veränderungsmuffel und Küchentischphilosophen. Das gilt auch für Freunde, Kollegen oder Bekannte, die den Kopf über Ihr Vorhaben schütteln, weil sie von Meditation nichts halten oder den Weg der konventionellen Schmerzintervention als den einzig richtigen ansehen.

Stattdessen mag es Ihnen besser bekommen, wenn Sie die Nähe von Menschen suchen, die Ihnen generell guttun und von denen Sie wissen, dass Sie ein Interesse am Gelingen Ihrer Kur haben. Das können Menschen sein, die auch meditieren, sich beispielsweise in Meditationszentren zusammenfinden, Yoga praktizieren oder generell eine ermutigende Lebenshaltung einnehmen. Erzählen Sie ihnen von Ihrer Vision, dass Sie Ihre Schmerzintervention von einer „inneren Perspektive aus” einleiten möchten, und erklären Sie, warum Sie das tun. Sie werden sehen, wie positiv sich das auf Ihr Selbstbild auswirkt, wie Sie sich dabei aufrichten und wie es Ihre Übungspraxis beflügelt.

Am stimulierendsten mag es sein, wenn Sie das Programm zeitgleich mit einem anderen von Schmerz Betroffenen durchführen, sodass Sie sich austauschen oder sich sogar zu bestimmten Übungssequenzen treffen können. Selbst eine Kleingruppe ist denkbar, die sich beispielsweise aus dem Freundes- oder Kollegenkreis, einer Meditations-, Yoga- oder Selbsthilfegruppe heraus rekrutieren kann. Das wäre sicher wunderbar! Doch klären Sie von vornherein, dass Sie trotz Gruppenkontext Ihre Freiheit beibehalten und auf individuelle Entwicklungen reagieren können.

Wie auch immer Sie vorgehen, Ihre Grundprämisse muss heißen: Alle „Erfolgsbooster“ sind willkommen. Alles, was Ihre Energie in Schwung bringt, was Ihnen Rückenwind gibt und Sie bestärkt, arbeitet in Ihrem Sinn. Jeder Mensch, der Ihr Programm unterstützt, ist für Sie gut.

Tägliche Routine

Wie bereits erwähnt, benötigen Sie täglich zwei halbe Stunden Extrazeit für das Programm, von denen die zweite halbe Stunde, wie Sie bereits wissen, am Abend liegen soll. Sie könnten auch eine volle Stunde für sich am Abend einplanen, aber das probieren Sie am besten aus, wenn es aktuell wird. Ich empfehle Ihnen, diese Zeiteinheit(en) möglichst zu derselben Tageszeit und an demselben Ort zu planen. Blocken Sie in Ihrem Terminkalender zwei halbe „Stunden X“, ob getrennt oder hintereinander, und kalkulieren Sie auch die räumliche Logistik ein. Insbesondere bei Familien kann dieser Punkt eine wahre Herausforderung sein.

Besetzen Sie zu Ihrer gewählten Zeit einen bestimmten Raum, in dem Sie sich wohlfühlen, und vergewissern Sie sich im Voraus, dass Sie beim Üben ungestört sind. Es wäre schade, wenn jemand unvorhergesehen zur Tür hereinplatzen würde.

In diesem Zusammenhang fällt mir Werner ein, der das Gefühl hatte, dass ihn seine Familie ausgerechnet in den Momenten dringend für etwas brauchte, in denen er sich zur Meditation zurückzog. Nachdem er viele Male darum gebeten hatte, ungestört zu sein, jedoch sein Sohn oder seine Frau immer wieder beteuerten, ihn nicht absichtlich zu unterbrechen, fiel ihm etwas ein. Er drapierte eine Lichterkette um seinen Türrahmen, die er sonst nur um die Weihnachtszeit herausholte. Sobald er sich zurückzog, schloss er sie an. Während sie rot und grün aufblinkte, machte er es seiner Familie unmöglich, die Türschwelle versehentlich zu passieren.

Wohlfühlklima

Außerdem möchte ich, dass Sie während des Programms das Wort „wohlfühlen“ zum Leben erwecken: Wenn Sie Ihren Übungsplatz wählen, verbannen Sie sich keinesfalls in die letzte Ecke des Kinderzimmers, weder in den Hobbyraum im Keller noch zwischen die mannshohen Bücherregale in Ihrem Büro. Sie werden Ihre Übungen definitiv als positiver erleben, wenn Sie Platz und Licht haben, in einem Wintergarten, einem Raum mit freundlichem Ambiente oder einem offenen Blick ins Freie üben. Eine helle und bejahende Atmosphäre entspricht dem Grundcharakter des Programms.

Kündigen Sie außerdem an, dass Sie das Telefon blockieren werden, wenn dieses in der Nähe Ihres „Retreatplatzes“ liegt. Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie alle digitalen Geräte, über die Sie mit „Piep“, „Ding“, „Dong“, „Swish“, „Swoosh“ und „Gong“ erreichbar sind, zur Zeit der Übungspraxis und idealerweise auch danach ausgeschaltet lassen.

Das Danach

Außerdem ist es gut, wenn Sie nach dem Absolvieren Ihrer Tagesaufgabe von physisch herausfordernden, extremen oder seelisch beanspruchenden Aktivitäten Abstand nehmen und sich vollkommen Ihrem aktuellen Befinden hingeben können. Diesen Punkt halte ich aus der Erfahrung heraus für besonders wichtig! Stellen Sie sich einmal vor, dass Sie gerade eine sehr wertvolle Erfahrung mit sich gemacht haben, jedoch Ihre geplante halbe Stunde vorüber ist und Sie augenblicklich auf Ihren normalen Funktionsmodus umschalten müssen. Ich glaube, Sie sehen selbst, wie schade das wäre. Nicht selten habe ich das in der Praxis erlebt.

Schmerzlösung live

Wolfgang

hat sich in diesem Kontext besonders in meine Erinnerung eingeprägt. Seine Herausforderung bestand darin, vor seiner Frau dafür geradezustehen, dass er überhaupt Extrazeit für sich in Anspruch nahm, in die sie nicht involviert war. Nachdem er sich seine Übungszeiten regelrecht „erkämpft“ hatte, fühlte er sich schon einmal überhaupt nicht gut. Doch noch mehr quälte ihn seine „Selbstsucht“, wie er es nannte, wenn er über seine Übungszeit hinaus lieber in sich gekehrt blieb und weniger auf äußere Aktionen ausgerichtet war.

Als er sich wieder einmal selbst überging, machte er eine wertvolle Erfahrung: Wider Willen sah er sich gemeinsam mit seiner Frau direkt nach seiner abendlichen Meditationsübung einen Thriller an. Während in den ersten zehn Minuten drei brutale Morde über den Bildschirm liefen, wäre Wolfgang am liebsten geflüchtet. Er spürte in „Slow motion“, wie sein Körper gefror und der unmittelbare Effekt der Meditation verblasste. Doch das war noch nicht alles. Wolfgang hatte in der nachfolgenden Nacht Albträume und wachte am Morgen schweißgebadet, zermartert und uneins mit sich auf. Er fühlte sich, wie er sagte, als sei er „frisch verprügelt“ worden, und sein Nacken kündigte eine größere Revolte an. In diesem Moment wurde ihm klar, dass seine Regenerationsphasen einen anderen Rahmen brauchten. Er hatte für seine Bedürfnisse einzustehen, damit eine Abnahme seiner Nackenbeschwerden realistisch wurde.

Esther

berichtete von einigen Tagen, an denen sie nach der Meditationspraxis gern allein gewesen wäre und am liebsten „nur so herumgetrödelt“ hätte, was jedoch aufgrund der Kinderbetreuung undenkbar war. Die Kinder forderten das Gute-Nacht-Ritual ein, und während sie es erfüllte, war sie dem Weinen nahe. Sie spürte, wie sie sich gegen ihren Körper stellte, der gerade weder Gute-Nacht-Lieder singen noch die Puppen tanzen lassen wollte. Sie sah regelrecht, wie sie gegen sich vorging und ihre taufrische Erfahrung mit jeder Minute vertrieb.

Weil sie das kein zweites Mal so habe wollte, verlegte sie ihre Praxisaufgaben auf den Morgen, wenn die Kinder noch schliefen. Auch wenn sie nun früher aufstehen musste, gab ihr dies genug Spielraum, um danach „einfach so“ für sich allein zu sein.

Wie Sie sehen, gibt es während des Schmerzprogramms einiges zu bedenken. Besonders im familiären Rahmen tun sich hier oftmals wahre Herausforderungen auf. Fakt ist, dass Sie neue Erfahrungen mit sich machen werden und Sie sich deshalb für deren innere Verarbeitung genügend Spielraum geben sollten.

Der Starttag: Das richtige Timing

Bleiben Sie noch bei der Zeitplanung und setzen Sie jetzt den richtigen Termin für den Start: Für viele Menschen ist ein Wochenende ein guter Ausgangspunkt, um in eine neue Routine zu starten, andere nutzen lieber den Wochenbeginn. Manche Klienten bevorzugen den Beginn einer Urlaubswoche oder wählen den ersten Frühlingstag, ihren Geburtstag oder den ersten Tag im neuen Jahr.

Und jetzt bringe ich einen anderen Aspekt in Ihre Planung ein: Aus neurophysiologischer Sicht wäre der ideale Beginn ein Zeitpunkt, zu dem Sie am stressfreisten, schmerzärmsten und stimmungsvollsten sind. Vielleicht staunen Sie jetzt. Es ist eine Tatsache, dass Ihr Gehirn die größte Empfänglichkeit für neue Impulse zeigt, wenn Sie „gut drauf“ sind, sich in Ihrer „Hochform“ oder Ihrer besten Verfassung befinden. Das mag der menschlichen Logik widersprechen, weil der Antrieb zu Veränderung dann am massivsten ist, wenn Dinge schwierig sind und die Nachfrage nach Lösungen am meisten drängt. Doch dann, und das mag Ihnen einleuchten, ist das Gehirn am wenigsten dazu bereit, seine Strategien der Informationsverarbeitung zu revidieren. Während es Probleme lösen muss, verlässt es sich lieber auf die eingespielten Mechanismen und ist weniger bereit, neue und deshalb unsichere Impulse entgegenzunehmen.

Ein Beispiel: Erfahrungsgemäß klagen viele von Rückenschmerz betroffene Klienten über zunehmende Beschwerden im Herbst und Winter. Das ist nachvollziehbar, weil die Muskeln in dieser Zeit der Kälte wegen angespannter und deshalb bei eh schon angespannten Menschen noch weniger funktionstüchtig sind. Vielen vom „November-Blues“ betroffenen Menschen ist das bekannt. Hinzu kommt, dass der Vorweihnachtsstress der Anspannung noch eins draufsetzen kann und die Kürze der Tage mit wenig Licht nicht unbedingt für Stimmungshochs sorgt. Ich kenne eine Reihe von Klienten, die dieser Zeit jährlich mit Grauen entgegensehen, weil sie sich nicht nur psychisch herausgefordert fühlen, sondern weil sich ihr Schmerz dann am unkooperativsten verhält. Logischerweise würden sie die Schmerzkur bewusst in diese Zeit legen, weil sie sich davon die größte Hilfe beim Durchleben der dunklen Wochen erhoffen. Das können sie natürlich versuchen. Doch intelligenter wäre es, wenn sie das Schmerzprogramm bewusst so einfügen, dass es kurz vor den „grauen“ Tagen liegt.

 

Vielleicht mag es Ihnen absurd erscheinen, zu einer Zeit mit dem Programm zu beginnen, in der Sie es gar nicht dringend finden. Doch es ist zu kurzsichtig gedacht, genau dann Veränderung einzuleiten, wenn das physische Desaster in vollem Gange ist. Versuchen Sie sich einmal in die Lage Ihres Gehirns zu versetzen, was ich Ihnen ohnehin während des Schmerzprogramms des Öfteren ans Herz legen möchte: Wie soll es gewohnte Prozesse umorganisieren, wenn es herausgefordert, beansprucht oder gestresst ist und physisch in der Klemme steckt?

Ein treffendes Beispiel sind die Raucher: Wenn sich jemand das Rauchen abgewöhnen möchte, empfiehlt man ihm auf keinen Fall, dies in einer stressigen oder besonders beanspruchten Zeit zu tun. Hier ist leicht nachzuvollziehen, dass der Entzug am besten in einer „ruhigeren Zeit“ gelingt. Und so ist es auch in der Schmerzintervention: Schauen Sie einmal, ob Sie das Programm so einfügen können, dass Sie es nicht inmitten einer physischen Krisenzeit, eines Schmerzschubs oder in der größten Aufgewühltheit beginnen. Ein massiver Teil der Impulse würde zunächst in die ersten „Rettungsmaßnahmen“ fließen müssen, ohne dass die eigentliche Schmerzintervention zum Tragen käme.

Deshalb: Wählen Sie einen Termin, an dem Ihnen ein guter und ermunternder Auftakt am besten gelingt. Viele gesundheitliche Schäden, chronische Erkrankungen und insbesondere langwierige Schmerzen könnten kürzere und weniger dramatische Verläufe nehmen, wenn neuronale Veränderungen in einer günstigen und vergleichsweise „besseren“ Zeit eingeschleußt würden.

Begleitende Therapie

Nachdem Sie den Zeitraum für das Schmerzprogramm nun schon eingekreist haben, werfen Sie einen Blick auf etwaige Termine bei Therapeuten, Masseuren, Heilern, Heilpraktikern oder bei Ihrem behandelnden Arzt. Stellen Sie sicher, dass Sie während der Zeit des Schmerzprogramms keine neuen Behandlungsformen einleiten oder Anwendungen mit extremen Impulsen planen, die den Schmerz provozieren könnten.

Vergewissern Sie sich außerdem, dass Spitzenbelastungen, grenzwertige Bewegungen, das betonte Stretchen der Muskeln sowie jegliche Anwendungen oder Manipulationen im Schmerzgebiet unterlassen werden. Neue, und vor allem gegensätzliche Impulse können Ihr Gehirn verwirren und Ihnen einen klaren Effekt verbauen. Auf den Punkt gebracht: Verzichten Sie während des Programms auf therapeutische Experimente und jede Art von physischen Extremen.

Bekannte und gewohnte Therapien können Sie währenddessen weiterführen. Da Sie mit deren Effekten vertraut sind, sind Sie in der Lage, zu unterscheiden, welche Reaktionen Sie welcher Anwendung zuordnen können. Ideal wäre es, wenn Ihr Behandler ein offenes Ohr für Ihre „private Schmerzkur“ hat oder idealerweise sogar selbst meditiert. Falls Sie Schmerzmedikamente einnehmen, wäre es generell das Beste, wenn Sie Ihren Arzt ins Boot holen. Dazu erfahren Sie im zweiten Kapitel mehr.

Ermutigung

Falls es für Sie komplett abwegig ist und Sie von therapeutischer Seite aus eher Steine in den Weg gelegt bekommen und eher ent- als ermutigt werden, empfehle ich Ihnen, absolut unumgehbare Termine nicht unbedingt in die ersten zwei Wochen des Programms zu legen. In dieser Phase ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass Ihre Explorationen noch neu und uneinschätzbar für Sie sind. Mitunter kann eine einzige unachtsame Bemerkung von außen den Schwung aus Ihrem Vorgehen ziehen. Besonders wenn Veränderungen noch leise sind, haben unsachgemäße Kommentare allemal die Kraft, Ihre Erfahrung mit einem Mal verpuffen zu lassen, vor allem, wenn sie von medizinischen Fachkräften stammen. Nicht alle Menschen aus dem therapeutisch-medizinischen Bereich stehen der Meditation positiv gegenüber. Ich kenne einige Klienten, bei denen wir uns sehr lange um solche ins Denken „eingebrannten“ Sätze kümmern mussten, die ihnen bezüglich der Meditation gesagt wurden.

Schmerzlösung live

Mareike

solle doch bitteschön solchen Blödsinn (das Meditieren) unterlassen und sich in professionelle Hände begeben.

Hildegard

wurde gesagt, dass sie zu alt für jegliche Intervention sei und dass sie sich nicht in solchen „Eso-Quatsch“ verrennen solle. Es sei ja schon gut, dass sie ihre „degenerativen“ (also altersbedingten) Schmerzen erst mit Mitte fünfzig bekommen habe. Andere Menschen seien da schon viel früher fällig.

Michaela

gab man keinen Folgetermin mehr, weil bei ihr „sowieso nichts mehr zu machen“ sei. Sie solle sich endlich damit abfinden, dass ihre Nackenwirbel verschlissen seien und sie die einer Sechzehnjährigen sowieso niemals wiederbekomme. Den ganzen Aufwand (das Anwenden von Körperbewusstheit) könne sie sich sparen. Wenn es wirklich helfen würde, hätte man schon mehr davon gehört.

Zurück zur Programmplanung: Vermeiden Sie mindestens in den ersten zwei Wochen Besuche bei Ärzten oder Fachkräften, von denen Sie sich solche oder ähnlich gelagerte Sätze einfangen könnten. Diese werden sehr schnell zu inneren Barrieren, die Sie, wenn auch subtil, immer irgendwie zweifeln lassen: „Vielleicht hatte diese Person ja doch recht …“, „Vielleicht muss ich mich tatsächlich mit meiner Situation abfinden …“, „Vielleicht ist wirklich alles schon zu spät …“

Wenn sich solche Befürchtungen einmal im Kopf eingenistet haben, sind sie allemal kräftig genug, das Schmerzprogramm zu sabotieren. Nein, ich übertreibe nicht! Ich habe es einige Male „live“ miterlebt. Und vielleicht wissen Sie ja bereits aus eigener Erfahrung, wie machtvoll destruktive und verunsichernde Bewertungen sein können, die einmal damit begonnen haben, dauerhaft in Ihren Gedanken zu kreisen.

Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass Sie mit dem Absolvieren des bewusstheitsorientierten 30-Tage-Programms zu den Wegbereitern in Sachen Schmerzintervention zählen und Sie deshalb besonders stark auf Ihren Eigeninstinkt angewiesen sind. Wachen Sie genaustens darüber, wie Sie Ihre Erfahrungen hüten und Ihre positive Grundstimmung pflegen.

Behandlungen

Welche Methoden denn mit der Schmerzkur am besten harmonieren, werde ich nicht selten gefragt. Das ist eine berechtigte Frage, die aber auch nicht ganz leicht zu beantworten ist. Denn es kommt weniger auf die Methode als solche an, sondern darauf, WIE sie appliziert wird.

Eine begleitende Massage beispielsweise kann etwas sehr Schönes und Unterstützendes sein, wenn sie sich weich und mit einer angemessenen Griffstärke an die Konstitution Ihres Körpers anpasst. Doch Massageformen gibt es viele, von denen wiederum nicht alle angenehm, gehirnaffin und nett zu Ihrem Körper sind. Genauso kann sich eine begleitende Osteopathiebehandlung mit dem Programm wunderbar vertragen. Doch wenn der Osteopath auch ein Chiropraktiker ist, der renkt, stretcht und manipuliert, kann die Behandlung den Erfolg Ihrer Übungspraxis durchaus unterminieren.

Sagen wir es einmal andersherum: Richtig liegen Sie grundsätzlich dann, wenn Sie sich an Methoden der somatischen Integration orientieren. Zu diesen gehören beispielsweise die Feldenkraismethode, die Alexander-Technik, das System von „Sensory Awareness“, Hanna Somatics, die Bowen- oder die Tragermethodik, um nur einige zu nennen.

Somatische Integration

Das Wort »somatisch« mag grundsätzlich fehlleiten. Im Kontext der »Somatics« heißt es nämlich „nicht rein körperlich oder auf die Materie Körper bezogen.” Wenn das so wäre, würde man derselben schmalspurigen Idee folgen, dass Schmerz und Spannung rein körperliche Parameter sind, deren Verbesserung allein auf struktureller Ebene zu implementieren sei. Somatiker fassen den Begriff wesentlich weiter. Das sogenannte „Soma“ bezieht sich auf das Erleben des Körpers von innen heraus. Im Englischen beschreibt man es mit sehr einfachen Worten als „the body experienced from within”.