BETTINAS ENTSCHEIDUNG

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Z serii: Blutbande #2
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Fünf Jahre nach Abschluss ihrer Berufsausbildung, und mehreren weiterführenden Lehrgängen, war Bettina die rechte Hand des leitenden Direktors einer Kölner Nobelherberge. Sie bewohnte ein sehr modernes und hell eingerichtetes Appartement in unmittelbarer Nähe zu ihrem Arbeitsplatz. Außerdem besaß sie einen kleinen Sportwagen, den sie sich selbst zum einundzwanzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Bei ihrem Vorgesetzten und den Kollegen war sie beliebt, weil sie stets mit Rat und Tat parat stand, wenn es Probleme gab. Darüber hinaus wurde sie von den Männern bewundert und begehrt, ließ sich jedoch auf keine engere Beziehung ein, weil keiner unter ihren Verehrern war, den sie ständig um sich haben wollte. Und so fühlte sie sich oft sehr allein, wenn sie nach Hause kam und nur leere Räume vorfand. Sobald sich ihr jedoch Gedanken zu den möglichen Gründen dafür aufdrängten, schob sie diese gleich wieder beiseite, weil sie keinen Sinn darin sah, sich selbst analysieren zu wollen. Sie war, wie sie war. Und damit hatte es sich!

*

Peer van Halderen war einer der Eigentümer einer renommierten Hotelkette, welche sich über halb Europa verteilte. Damit war er auch der Arbeitgeber unzähliger Menschen, deren Arbeitsplatz – und somit auch ihr Leben! – von seinem Wohlwollen abhing. Der Endzwanziger war ein hochgewachsener, sportlich wirkender Mann mit grünen Augen und rabenschwarzem Haar. Sein forsches Auftreten war hingegen das Resultat seines Bewusstseins, ein einflussreiches Mitglied der High Society zu sein. Allerdings hielt er nichts davon, sich um Dinge zu kümmern, für deren Erledigung man eigens dafür ausgebildete Leute eingestellt hatte. Er widmete sich lieber exklusiven Reisen und dem Sammeln verschiedener Kunstobjekte, welche ihm unterwegs ins Auge fielen.

Bettina war ihrem obersten Vorgesetzten nie persönlich begegnet, kannte den gutaussehenden Mann aber aus der Regenbogenpresse. Man bescheinigte Peer van Halderen einen erlesenen Geschmack, was Kleidung und Autos betraf, erinnerte sie sich. Aber man hütete sich, offen über seine häufig wechselnden persönlichen Sekretärinnen zu sprechen oder gar zu schreiben, weil man sich sicher sein konnte, anderenfalls eine Rufmord-Klage in Millionenhöhe angehängt zu bekommen. Nichtsdestotrotz behaupteten böse Zungen hinter vorgehaltener Hand, er sei bloß ein berechnender Emporkömmling, der es Ende der Siebzigerjahre allein durch seine jugendliche Frische geschafft habe, eine sehr reiche und um zwei Jahrzehnte ältere Hotelerbin so zu beeindrucken, dass sie ihn zu ihrem Ehemann machte. Saskia van Halderen, einzige Tochter eines millionenschweren Hotel-Magnaten, sei ihrem Adonis-Gatten in der Tat hörig, hieß es, und würde daher bewusst über seine Eskapaden hinweggehen, so als wären sie nicht real. Nun, ihr selbst konnte das alles egal sein, dachte Bettina, während sie zu ihrem Büro eilte, um sich auf die Ankunft des VIP-Gastes vorzubereiten, der an diesem Tag erwartet wurde. Sie musste ihre Arbeit tun, denn die erledigte sich nicht von alleine, nur weil der Big-Boss im Haus war!

Dass Peer van Halderen ausschließlich ihr seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit widmete, sobald er im Hotel eintraf, stürzte Bettina zunächst in arge Verwirrung. Obwohl er eine ungemein hübsche junge Dame bei sich hatte, die zu allem anderen fähig schien, bloß nicht zum Briefe tippen, hatte er nur Augen für seine Angestellte. Als ihr jedoch aufging, dass sie in der Tat seine direkte Ansprechpartnerin war, weil der Hotelmanager selbst momentan mit Fieber im heimischen Bett lag, schalt sie sich eine alberne Gans. Sicher, das begehrliche Glimmen in den Augen ihres Gegenübers war eindeutig. Und sein offenkundiges Interesse schmeichelte ihrem Ego. Außerdem übte er vom ersten Moment an eine Anziehungskraft auf sie aus, die sie nie zuvor so intensiv erlebt hatte. Sein Blick jagte heiße Wellen durch ihren Körper und ließ zudem auch noch jede ihrer Nervenfasern vor Erwartung beben. Auch der Geruch von teurem Aftershave, der sich mit seiner eigenen Note zu einem fast schon narkotischen Duft vermischte, ließ ihre Knie zittern, sobald er in ihrer Nähe auftauchte. Dennoch war sie wahrscheinlich nur eine von vielen, die dem verwöhnten Playboy zwar kurzzeitig auffiel, die aber sofort wieder in der tiefsten Schublade seiner Erinnerung versinken würde, sobald er eine andere Frau erblickte, die ihm interessanter erschien. Nun, sie hatte keine Lust darauf, als Spielzeug betrachtet und nach kürzester Zeit wieder abserviert zu werden. Er war der Chef, dem sie einen gewissen Respekt schuldig war. Aber mehr kam nicht infrage!

Am nächsten Tag wurde Bettina vom Big-Boss persönlich gebeten, sie möge ihn doch freundlicherweise zu einem geschäftlichen Dinner begleiten. Eigentlich brauchte er keine Unterstützung, um die Preisverhandlungen mit dem Kunsthändler zu führen, von dem er zwei Bilder zu kaufen gedachte. Da er aber gewohnt war, immer und überall von einer schönen Frau begleitet zu werden, seine derzeitige Assistentin jedoch aufgrund einer rasant um sich greifenden Grippe mit Glieder-und Kopfschmerzen im Bett lag, wollte er seine Angestellte mitnehmen.

Und so betrat Bettina zur verabredeten Zeit an der Seite ihres Arbeitgebers das Restaurant, in dem das Meeting stattfinden sollte. Als sie jedoch das bereits wartende Paar entdeckte, war sie heilfroh, statt des roten, hauteng anliegenden Samtkleides einen schwarzen Hosenanzug mit hellgrüner Seidenbluse angezogen zu haben. Der Kontrast wäre in der Tat ziemlich krass gewesen, dachte sie für sich, während sie die kleine, unscheinbar wirkende Frau des Galeristen begrüßte, die ein dunkles, geschäftsmäßig wirkendes Kostüm und dazu ein farblich passendes Edel-Shirt trug.

Während des Essens diskutierten die beiden Männer über verschiedene Künstler und deren Arbeiten. Sie hörten sich auch Bettinas Kommentare an. Allerdings ließ der Kunsthändler deutlich erkennen, dass er einer schönen Blondine weder Verstand noch Fachkenntnis zutraute.

Bettina ärgerte sich über die unverhohlene Geringschätzung, die ihr von dem Galeristen entgegengebracht wurde, trug aber trotzdem ein zuvorkommendes Lächeln zur Schau. Als es ihr schließlich zu viel wurde, ständig mitten im Satz unterbrochen zu werden, konzentrierte sie sich auf ihre Stuhl-Nachbarin, die bisher zwar der Unterhaltung interessiert gelauscht, selbst aber so gut wie nichts dazu beigetragen hatte. Bei dem nachfolgenden Gespräch mit ihrer Tischgenossin merkte sie dann relativ schnell, wer tatsächlich das Sagen hatte, was die finanzielle Seite des Handels betraf. Also lenkte sie die Aufmerksamkeit ihres eigenen Begleiters immer wieder auf die Galeristen-Gattin, sodass Peer am Ende ausschließlich mit der kleinen Frau sprach und somit einen für ihn akzeptablen Preis aushandeln konnte.

Am Morgen nach dem erfolgreichen Geschäftsessen wollte der glückliche Kunstsammler seine Dankbarkeit mit einem Geschenk deutlich machen.

„Aber … Das …“ Sein plötzliches Auftauchen in ihrem Büro, und die Tatsache, dass sie sich nun zum ersten Mal völlig allein mit dem aufregenden Mann in einem Raum befand, brachte Bettina so durcheinander, dass sie nicht gleich die richtigen Worte fand, um sein Geschenk abzulehnen. Doch dann nahm sie sich zusammen. „Danke, aber das kann ich nicht annehmen“, erklärte sie mit leicht belegter Stimme.

Peer starrte seine Angestellte zunächst nur verständnislos an. Dass eine Frau so eine wertvolle Gabe aus seiner Hand ablehnte, brachte ihn in der Tat ein wenig aus der Fassung, denn es war kein gewöhnlicher Strauß Blumen, den er überreichen wollte, sondern eine goldene Halskette, an welcher ein kleiner Jade-Anhänger in Tropfenform baumelte.

„Aber wie soll ich mich denn sonst bei Ihnen bedanken?“, wollte er wissen.

„Gar nicht“, erwiderte sie. „Schließlich gehört es zu meinen Aufgaben, auch solche Dinge zu erledigen, wenn es erforderlich ist.“

„Hm.“ Sein Gegenüber von Kopf bis Fuß musternd, nickte Peer am Ende leicht. „Dann könnte ich Sie ja rein theoretisch jeden Abend um solch einen Gefallen bitten, solange ich hier bin. Ja? Was würden Sie denn sagen, wenn ich einfach nur mit Ihnen essen gehen wollte?“

„Warum ich?“ Sie war alles andere als ruhig, hatte sich jetzt aber so weit unter Kontrolle, dass es tatsächlich so aussah, als würden weder seine Gegenwart noch sein Angebot sie besonders beeindrucken.

„Weil Sie nicht nur schön, sondern auch klug sind“, antwortete er mit einem treuherzigen Augenaufschlag. „Es macht einfach Spaß, mit Ihnen zusammen zu sein.“

Im ersten Moment war Bettina geschmeichelt, denn sein Kompliment klang vollkommen aufrichtig. Als ihr jedoch aufging, dass das vermutlich eine bereits mehrfach erprobte und durch Erfolg belohnte Eroberungs-Masche eines notorischen Schürzenjägers war, rief sie sich ihren ursprünglichen Vorsatz in Erinnerung. Nein, stellte sie im Stillen für sich fest, sie wollte sich weder durch seine Großzügigkeit noch durch seine Schmeichelei einlullen lassen. Er verfolgte nämlich eine bestimmte Absicht. Hätte er sich einfach nur bedanken wollen, wäre das entsprechende Wort vollkommen ausreichend gewesen!

„Wenn da allerdings jemand ist, der sehnsüchtig auf Ihre Heimkehr wartet“, redete Peer unterdessen weiter, „dann verzichte ich natürlich auf Ihre Begleitung. Ich will doch keine Beziehungskrise heraufbeschwören.“

„Es gibt momentan niemanden, der auf mich wartet.“ Die Worte waren kaum ausgesprochen, da bereute sie diese auch schon, weil ihr unbedachtes Geständnis in der Tat wie eine Ermunterung zu einem Flirt ausgelegt werden konnte. „Aber das heißt nicht …“

„Das gibt’s doch gar nicht“, unterbrach er scheinbar verblüfft. „Sie und allein?“

„Ja und?“ Die Augen leicht verengt, maß sie ihn mit einem bewusst abweisenden Blick. „Ist das etwa ein Verbrechen?“

 

„Nein, das nicht“, antwortete Peer, indem er ein Lächeln auf seine Lippen zauberte, welches zum einen um Vergebung bat, und zum anderen betören sollte. „Aber unglaublich ist es allemal. Eine so schöne Frau, wie Sie, hat doch normalerweise an jedem Finger mindestens fünf Verehrer, sodass sie keinen Abend alleine verbringen muss!“

„Im Moment möchte ich es gar nicht anders haben“, behauptete sie.

„Wohl gerade eine unerfreuliche Trennung hinter sich gebracht?“ Sein Lächeln schwand nicht, bekam aber einen merklich mitfühlenden Ausdruck.

„Das geht Sie nichts an“, wies sie ihn zurecht.

„Seien Sie froh, dass Sie ihn los sind“, stellte er unbeeindruckt fest. „Ein Mann, der Sie aufgibt, kann nur ein Idiot sein.“

„Wie ich schon sagte: Mein Privatleben geht Sie nichts an“, wiederholte sie.

Sie standen sich direkt gegenüber, kaum einen Schritt voneinander entfernt, und sahen sich in die Augen.

Bettina fühlte, wie die Hitze in ihre Wangen schoss, konnte jedoch nichts dagegen tun. Ebenso wenig vermochte sie die beständig stärker werdende Erregung zu unterdrücken, die seine körperliche Nähe in ihr hervorrief. Da sie jedoch nicht weggehen konnte, ohne sichtbar werden zu lassen, wie sehr ihr die Knie zitterten, stand sie wie festgenagelt auf der Stelle.

Peer indes fand ihr scheinbar verärgertes Erröten ungemein süß, und beugte sich spontan vor, um sie auf den Mund zu küssen. Allerdings berührten seine Lippen kaum die ihren, da zuckte sie auch schon zurück, so als hätte sie sich an ihm verbrannt.

„So etwas gehört nicht zu den Dienstleistungen, die in mein Aufgabengebiet gehören.“ Sie ärgerte sich über seine eigenmächtige Zudringlichkeit, obwohl ihr der Kuss durchaus gefallen hatte. „Gehen Sie jetzt bitte. Ich habe zu tun.“

„Ach ja?“ Er war nun vollends für sie entbrannt, sodass er sich nicht abwimmeln lassen wollte, bevor er nicht ausgelotet hatte, ob sie nicht doch herumzukriegen war.

„Ja!“ Sie wollte jetzt doch an ihm vorbei, um zu ihrem Schreibtisch zu gehen, hinter dem sie sich verschanzen konnte. Sie kam jedoch nicht weit, denn er packte sie unvermittelt am Arm, um sie sogleich an sich zu ziehen. „Lassen Sie …“ Weiter kam sie nicht, weil sein Mund jeglichen Protest schon im Ansatz erstickte. Aber nur einen Atemzug später stieß sie ihn mit aller Kraft von sich. „Das reicht jetzt.“ Dass ihre Stimme ein wenig belegt und zittrig klang, machte sie nun fast so wütend, wie die Tatsache, dass ihr Arbeitgeber meinte, ihre vorangegangene Zurechtweisung sei getrost zu ignorieren, weil sie ja ohnehin keine Chance hätte, sich gegen seine Verführungskünste zu wehren. „Gehen Sie!“

„Du magst mich also nicht.“ Peer wirkte so enttäuscht, wie ein kleiner Junge, dem man gerade erklärt hatte, er bekäme die versprochenen Süßigkeiten nicht, weil er seine Aufgabe nicht zufriedenstellend erledigt habe.

„Natürlich mag ich Sie“, stellte Bettina klar, indem sie ihre Kleidung sorgfältig glattstrich und dabei seinem Blick auswich. „Schließlich sind Sie ja mein Boss, der mir meinen Lohn und somit auch meine Brötchen bezahlt.“

„Aber ich bin auch ein Mann“, stellte er fest.

„Das ist wohl wahr“, versuchte sie ironisch zu sein, wobei sie ihn nun wieder voll ansah und dabei so viel Ablehnung in ihren Blick legte, wie es ihr möglich war.

„Keine Chance?“ Man konnte ihm ansehen, dass er zwar eine negative Antwort erwartete, im Grunde aber hoffte, sie würde ihre Meinung doch noch ändern.

„Wo soll denn das hinführen?“, fragte sie, erwartete darauf aber nicht wirklich eine Antwort. „Sie sind ein verheirateter Mann.“

„Das heißt doch aber nicht, dass wir nicht trotzdem ein bisschen Spaß miteinander haben können.“ Noch während er sprach, fasste er sie vorsichtig um die Taille, um sie erneut an sich zu ziehen. Doch ging er diesmal so sanft vor, als hätte er Angst, ihr wehzutun. „Meine Frau ist weit weg und zudem nicht wirklich in der Lage, meinen Bedürfnissen gerecht zu werden. Daher hat sie nichts dagegen, wenn ich mir bei anderen hole, was sie mir nicht geben kann. Und du bist im Moment ohnehin solo. Also wäre es dumm, wenn ein jeder von uns allein in sein leeres Bett steigen würde, wo es doch weit angenehmer ist, aneinander gekuschelt einzuschlummern.“

Er hatte also beschlossen, mit offenen Karten weiterzuspielen, stellte Bettina im Stillen für sich fest. Und jetzt war es an ihr, entsprechend zu kontern. Die Frage war bloß: Wollte sie sich tatsächlich auf diesen Mann einlassen? Nun, ihr Kopf sagte Nein, denn es war klar, dass er sie nur als Lustobjekt betrachtete. Ihr Körper hingegen schrie förmlich danach, von ihm genommen zu werden, weil es viel zu lange her war, dass sie zum letzten Mal geliebt worden war. Vielleicht … Was war schon dabei, wenn sie ein oder zweimal miteinander schliefen. Er würde nicht der Erste und auch nicht der letzte sein, mit dem sie ein paar lustvolle Stunden verbrachte, bevor jeder von ihnen wieder seiner Wege ging. Also musste sie sich überlegen, wie sie ihren Sinneswandel deutlich machen konnte, ohne dass es so wirkte, als hätte sie sich bisher nur geziert, um sein Verlangen zusätzlich anzustacheln.

„Ich soll also dein Bett wärmen, ja?“ Sie ließ ihre Hände absichtlich an ihren Seiten herabhängen und sah ihn dabei herausfordernd an. „Was ist denn mit deiner Assistentin? Ich kann doch nicht einfach ihren Job …“

„Alicia ist wirklich nur meine Sekretärin.“ Peers Tonfall klang leicht ungeduldig, so als wäre er es tatsächlich leid, länger als notwendig über Belangloses sprechen zu müssen. „Also mach dir keine Gedanken.“ Er wollte nun nicht länger warten. Bettinas Mund erneut in Besitz nehmend, drückte er sie gleichzeitig an sich, damit sie spüren sollte, wie es um ihn stand. Als sie daraufhin die Lippen öffnete, um seinen fordernden Kuss zu erwidern, und gleichzeitig ihre Arme hob, um sie mit einem leisen Seufzer um seinen Nacken zu schlingen, hätte er sie am liebsten sofort genommen. Allein ein letzter Funke seines berechnenden Verstandes mahnte zur Vernunft, sodass er schon bald von ihr abließ.

„Komm nachher in meine Suite“, verlangte er. „Ich werde es so einrichten, dass uns niemand stört. Bitte“, fügte er hinzu, als er ihren konsternierten Blick auffing. „Ich will dich so sehr, dass es wehtut.“

Bettina nickte bloß, denn ihr ging es nicht besser. Sie meinte zwar immer noch, sowohl sich selbst als auch die Situation im Griff zu haben, war aber schon längst auf dem besten Wege, all ihre Prinzipien über Bord zu werfen.

Während der folgenden Woche wurde Bettina wiederholt in Peers Suite gerufen, weil angeblich geschäftliche Angelegenheiten zu besprechen seien. Also ging sie hin und verbrachte eine überaus aufregende halbe Stunde in seinem Bett, nicht merkend, dass ihre Gefühle für den Mann immer intensiver wurden. Als ihr aber wieder einfiel, dass ja von seiner Seite aus nur ein kurzer Besuch geplant war, begann sie innerlich zu zittern. Sie war ihm mit Haut und Haaren verfallen, erkannte sie voller Schrecken. Ja, sie konnte sich gar nicht mehr vorstellen, wie sie früher ohne ihn existiert hatte! Wie eine Süchtige fieberte sie ständig ihrem nächsten Treffen entgegen, und fühlte die Sehnsucht nach ihm wie einen körperlichen Schmerz, der immer schlimmer wurde, je länger sie von ihm getrennt war. Als sie ihm schließlich sagte, wie schwer es ihr fiel, ohne ihn zu sein, lachte er sie aus.

„Du wirst sicher schon bald wieder einen anderen Mann finden, der deinen enormen Hunger stillen kann“, behauptete er im herablassenden Tonfall.

Für diese Worte handelte er sich eine Ohrfeige ein. Doch im selben Augenblick, in dem sie zuschlug, hob er die Hand ebenfalls und schlug zurück.

Geschockt durch Peers Reaktion, starrte Bettina ihn für einen atemlosen Moment mit riesigen Augen an. Doch dann ging sie auf ihm los. Wie eine Wildkatze stürzte sie sich auf ihn, biss und kratzte, schlug und beschimpfte ihn. Dabei wurde sie immer wütender, weil er sich völlig unbeeindruckt gab und bloß festzuhalten versuchte, damit sie ihm keine weitere sichtbare Verletzung zufügte.

Der sportlich durchtrainierte Mann hatte zunächst keine Chance, weil sich seine Geliebte immer wieder aus seiner Umarmung wand. Aber dann gelang es ihm doch noch, sie so zu fassen, dass sie ihn nicht länger attackieren konnte. Ungeachtet ihrer zornig blitzenden Augen hielt er sie fest und beugte sich dabei über sie, mit der Absicht, sie küssen zu wollen. Weil sie sich aber nach wie vor mit aller Macht gegen ihn wehrte, presste er sie immer fester an sich und wollte alsbald etwas ganz Anderes, als gegen sie zu kämpfen.

„Lass mich los“, verlangte sie aufgebracht.

„Ich denk ja gar nicht daran“, erwiderte er mutwillig grinsend, indem er sie trotz ihrer anhaltenden Gegenwehr auf die Matratze hinunterdrückte. „Außerdem willst du doch gar nicht, dass ich dich gehen lasse.“ Ein brutal anmutender Kuss verhinderte eine Erwiderung. Allerdings musste er dafür einen schmerzhaften Biss in seine Unterlippe einstecken, was er mit einer ähnlichen Aktion strafte. Ein paar Sekunden später mündete das Gerangel in eine unbeherrschte Vereinigung.

Bettina fühlte sich im wahrsten Sinne des Wortes gepfählt, weil Peers Erregung beim Kampf immer mehr zugenommen hatte. Entsprechend prall und hart war sein Glied, als er es in sie rammte. Doch der Schmerz, der sie bei seinem rücksichtslosen Eindringen durchzuckt hatte, wandelte sich schnell in ein so gieriges Verlangen, dass es sie selbst erschreckte. Nichtsdestotrotz verging sie fast vor Lust, weil er ihr so nahe war, wie nie zuvor. Mit einer Hand ihre Arme über ihrem Kopf fixierend, hielt er sie mit dem anderen Arm an sich gepresst. Zudem lastete nun sein gesamtes Gewicht auf ihr, sodass sie keinen Millimeter weichen konnte. Und sein Mund ließ sie kaum noch zu Atem kommen, weil er sich gnadenlos auf ihre Lippen presste, während er sich über und in ihr zu einem extrem starken Orgasmus trieb, der ihm auf dem Höhepunkt seiner Lust einen heiseren Schrei der Befriedigung entlockte.

Bettina indes war halb ohnmächtig, aber nicht weniger überwältigt, als sie kurz darauf selbst Erlösung fand. Und so dauerte es ein paar Sekunden, bis sie wieder zu sich kam und klar denken konnte. Unfähig, sich zu bewegen, weil Peer immer noch keuchend vor Anstrengung auf ihr lag, sah sie zu seinem erhitzten Gesicht hinauf. Dabei wurde ihr mit einem Mal bewusst, dass sie ihn mehr liebte als irgendeinen anderen Menschen auf der Welt. Was auch immer er von ihr verlangte, sie würde es für ihn tun. Nur gehen lassen wollte sie ihn nicht, weil sie ohne ihn nicht mehr leben konnte!

„Nimm mich mit“, bat sie.

„Wie stellst du dir das vor?“, fragte er ernüchtert, indem er sich von ihr löste, um sogleich aus dem Bett zu steigen.

„Ich könnte doch deine neue Assistentin werden.“ Sie stand ebenfalls auf, um nicht länger wie eine unterwürfige Dienerin zu ihm hinaufsehen zu müssen. „Organisieren ist eine meiner besonderen Stärken. Und Tippen kann ich auch.“

„Sicher kannst du das.“ Seinen Bademantel überstreifend, sah Peer seine Bettgespielin an, bemerkte dabei den verräterischen Glanz ihrer Augen und fühlte sogleich Widerwillen in sich aufsteigen, weil er heulende Frauen nicht ausstehen konnte. „Trotzdem geht es nicht, weil Alicia von meiner Frau eingestellt wurde, und ich sie daher nicht ohne triftigen Grund abschieben kann. Selbst wenn ich die kleine Lesbe loswerden könnte, würde meine nächste Assistentin wieder von Saskia eingestellt!“ Da Bettina aufbegehren wollte, redete er schnell weiter: „Du hast doch eine gute Position hier, die zudem extrem hoch vergütet wird, weil du wirklich ausgezeichnete Arbeit leistest. Außerdem habe ich dir niemals Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft gemacht“, stellte er klar. „Wir wollten Spaß miteinander haben, mehr nicht!“

„Ich konnte doch nicht wissen, dass ich mich ernsthaft in dich verlieben würde.“ Die Augen brannten ihr so sehr, dass sie mehrmals blinzeln musste, um wieder einen klaren Blick zu bekommen. Außerdem war ihr die Kehle so eng, dass sie meinte, jeden Moment ersticken zu müssen. „Nimm mich mit. Bitte! Du … Ich verlange doch gar nicht, dass du dich mit mir in der Öffentlichkeit zeigst! Ich möchte doch nur in deiner Nähe sein!“

„Dafür müsstest du hier alles aufgeben und ein Zigeunerleben beginnen, weil ich nämlich ständig unterwegs bin“, gab er zu bedenken. „Nein, das geht einfach nicht. Du weißt, man beobachtet mich ohnehin schon sehr genau. Wie lange, glaubst du, würde es dauern, bis unser Verhältnis aufgedeckt wird?“

 

„Ich kann mich ja selbst um eine Unterkunft kümmern“, schlug sie vor. „Mir reicht auch eine einfache Kammer, wenn’s sein muss.“

Peer war für einen Moment hin-und hergerissen. Zum einen verachtete er nun seine neueste Eroberung, weil sie, entgegen aller vorherigen Annahmen, doch nur eine gefühlsduselige Frau war, die sich zudem auch noch als schwer abzuschüttelnde Klette erwies. Zum anderen verspürte er so etwas wie Bedauern darüber, dass er sie aufgeben musste, denn sie war bisher die einzige gewesen, die ihn nicht nur körperlich befriedigt, sondern auch durch ihre Klugheit und ihren Charme beeindruckt hatte.

„Ich kann dich nicht finanzieren, weil ich meiner Frau über jeden ausgegebenen Pfennig Rechenschaft ablegen muss.“ Er wählte absichtlich eine schonungslose Redeweise, weil er sicherstellen wollte, dass dadurch jede falsche Hoffnung schon im Keim erstickt wurde. „Aber ich werde so oft wie möglich herkommen.“ Das war vermutlich die einzige Möglichkeit, sie ruhig zu halten, dachte er. Wenn er sie nämlich gleich zum Teufel jagte, würde sie garantiert Mittel und Wege finden, um ihm die Abfuhr heimzuzahlen. Also würde er tatsächlich ab und zu hier aufkreuzen, ein paar nette Stunden mit ihr verbringen und dann wieder eigene Wege gehen. Wenn er sie richtig einschätzte, würde sie das nicht lange mitmachen. Sie war eine sehr leidenschaftlich veranlagte Frau und brauchte daher den Sex wie die Luft zum Atmen. Wenn er sich also lange genug rarmachte, würde sie bestimmt zur Vernunft kommen und sich nach einem Ersatzmann umschauen!

Bettina ahnte bereits, dass Peer ihrer schon überdrüssig war, wollte sich jedoch nicht eingestehen, dass ihre Beziehung tatsächlich keine Zukunft hatte. Dennoch weinte sie nicht. Sie flehte ihn auch nicht an, er solle das Ganze noch einmal überdenken. Stattdessen entschied sie, dass sie vorerst nehmen wollte, was auch immer er ihr zugestand. Irgendwann, da würde er erkennen, dass niemand ihn so sehr liebte, wie sie es tat, da war sie sich ganz sicher. Und dann würde er Saskia verlassen und ein neues Leben mit der Frau beginnen, die ihm all das geben konnte, was es für Geld nicht zu kaufen gab! Dass ihre momentane Denkweise im krassen Gegensatz zu dem stand, was sie unter gleichberechtigter Partnerschaft verstand, in der Vor-und Nachteile einer Beziehung gleichermaßen verteilt waren, verdrängte sie völlig. Auch ihren Schwur, dass ein Mann niemals Mittelpunkt und Zweck ihres Lebens sein sollte, vergaß sie. Was in diesem Moment zählte, war allein der Mann, der sie so glücklich machte, wie kein anderer vor ihm, und ihr Wunsch, ihn ganz und gar für sich gewinnen zu können, sodass er keine andere mehr ansah.

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